Im Osten der Slowakei brennt am ersten Oktober-Wochenende das Marathonfeuer. Eine Entdeckungsreise zum ältesten Stadtmarathon Europas und dem zweitältesten der Welt.
Wenn von bedeutenden Marathonstädten die Rede ist, blitzen auf der imaginären Weltkarte des Laufsports Orte wie Berlin, London, New York und Boston auf. Dazu auch Athen, weil dort der historische und mythische Ursprung des Marathonlaufens liegt. Viele andere Städte haben dort ihren Platz verdient. Ganz sicher zählt Košice im Osten der Slowakei dazu. Ja, genau.
Weltklasse im Zeichen des Marathonfeuers

Die Stadt feiert am ersten Oktober-Wochenende die 100. Auflage ihres Marathons. Diese lange Austragungsdauer wird weltweit nur von Boston übertroffen, wo seit 1897 gelaufen wird. Zeitweise galt Košice als eines der sportlich wichtigsten Rennen weltweit. Olympiasieger wie der legendäre Äthiopier Abebe Bikila (1961) und Juan Carlos Zabala (1931) aus Argentinien – betreut vom Österreicher Alexander Stirling – haben hier gewonnen. In Košice brennt das Marathonfeuer, symbolisch und tatsächlich. Alle Gewinner sind namentlich auf dem Marathon-Monument in der Innenstadt verewigt, einer Läuferstatue auf hohem Sockel. Am Samstagabend vor dem Marathon wird bei einer Zeremonie eine Flamme entzündet, live zu sehen im slowakischen Fernsehen. Im Vorjahr wurde die Fackel gemeinsam von slowakischen und ukrainischen Studierenden gebracht. Viele Läufer*innen kommen hin, um Fotos und Videos davon zu machen und sich symbolisch noch Energie für den Lauf zu holen.
Marathon-Hauptstadt, eigentlich ganz nah
Von Wien aus gesehen liegt Košice nicht weiter entfernt als Innsbruck. Mit Zug oder Auto ist es gut erreichbar. Dennoch befindet es sich wie in einem blinden Fleck nicht nur der österreichischen der Sportwelt. 240.000 Einwohner zählt die alte Stahlstadt mit großartigem historischem Zentrum und kommunistischem Wohnbau-Erbe. 65 Kilometer ostwärts beginnt die Ukraine.
Die Marathonpremiere fand am 28. Oktober 1924 statt. Inspiriert von den Olympischen Spielen in Paris im gleichen Jahr gründete Vojtech Bukovský auch in seiner Heimatstadt einen Marathon. Seitdem wird das klassische Rennen fast ohne Unterbrechungen ausgetragen. „Europe’s Oldest“, so steht es auch auf der World Athletics Heritage Plaque, mit der die Veranstaltung ausgezeichnet worden ist. Der Ursprung des Marathons liegt selbstverständlich in Athen und Griechenland, doch der heutige Athens Classic Marathon wurde erst im Jahr 1980 erstmals durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Košice schon mehr als ein halbes Jahrhundert lang Marathons auf die Straßen gebracht. Jetzt, zum 100. Jubiläum, führt ein Staffellauf von der Slowakei nach Strasburg, wo im Europäischen Parlament eine Ausstellung über diese spezielle Marathon-Historie gezeigt wird.

Stolz und stimmungsvoll

In der Gegenwart ist Košice ein mittelgroßes Event mit einer attraktiven, schnellen Strecke, verlässlicher Organisation, sehr feiner Atmosphäre und einem beachtlichen Elitefeld. Man spürt in der Stadt einen Stolz auf den Marathon, zu Recht. Start und Ziel befinden sich im historischen Zentrum nahe des Elisabeth-Doms.
Rund 1.300 Personen sind bei der Auflage 2022 den Marathon gelaufen, 3.000 den Halbmarathon, 1.000 den Staffelmarathon und mehr als 2.000 haben am Samstag beim Family Run & Mini-Marathon teilgenommen. An der Spitze gab es mit Sieger Reuben Kiprop Kerio in 2:07:16 Stunden und fünf Männern unter 2:08 sowie einem neuen Streckenrekord bei den Frauen von 2:24:04 durch Margaret Argai sehr beachtliche Ergebnisse. Die Stimmung an der Strecke hat fast keinen Durchhänger. Für das Jahrhundertjubiläum werden mehr Teilnehmer erwartet. Die Einbindung aller Bewerbe wird etwas „tricky“, denn auf dem 2-Runden-Kurs des Marathons wird der Halbmarathon ab 1:30 Stunden ins laufende Marathonfeld integriert. Das ergibt einige Engstellen und kann ein limitierender Faktor sein.
100 Jahre fast ohne Pause
Zweimal seit 1924 fand in Košice genau genommen kein Marathon statt. Mit etwas Argumentation wird dennoch von der 100. Auflage gesprochen. Die Jahrhundert-Historie brachte viele Kreuzungspunkte mit Politik und Zeitgeschichte. Im Jahr 1938 war das Rennen praktisch fertig vorbereitet, es wurde jedoch eine Woche davor abgesagt. Grund war, dass die Organisatoren die sehr reale Befürchtung hatten, dass Košice in Folge des Münchner Abkommens aus der damaligen Tschechoslowakei herausgelöst und Ungarn zugesprochen werden würde. Mehrere angemeldete Teilnehmer reisten dennoch nach Košice, weil sie einfach nicht glauben konnte, dass es ein Jahr ohne Marathon geben sollte. Im folgenden Jahr 1939 wurde in Košice wieder Marathon gelaufen. Die Stadt war nun bereits ein Teil von Ungarn unter Miklós Horthy. 1940 wurde der Marathon als nationale ungarische Meisterschaft nach Budapest verlegt – der Košice Marathon fand also in Budapest statt, wenn man sich das so hinbiegen will. Ab 1941 kam der Marathon aber zurück, und selbst in den Kriegsjahren und danach wurde er wieder ohne Unterbrechung in Košice ausgetragen.

„Friedensmarathon“ mit Nordkorea & USA
Der in manchen Läuferkreisen noch bekannte Begriff des „Friedensmarathons“ von Košice – so heißt er offiziell bis heute – wird seit 1952 verwendet. Darin konnte man auch den Ton des Kalten Krieges vernehmen, wo Sportveranstaltungen in kommunistischen wie in westlichen Staaten jeweils für die eigene politische und gesellschaftliche Agenda genutzt wurden. Dass viele Athleten und Sieger aus kommunistischen Bruderländern stammten, ist kein Zufall. 1975 gab es sogar einen Dreifachsieg für Läufer aus Nordkorea. Das Teilnehmerfeld in Košice war aber dennoch stets international und über Grenzen hinweg ausgerichtet. Mehrere Sieger aus Skandinavien und Belgien wurden gefeiert. Der australische Weltrekordler Derek Clayton, der erste Mensch unter 2:10 am Marathon, trat hier an, ebenso Europameister Ron Hill aus Großbritannien und Weltrekordler Leonard „Buddy“ Edelen aus den USA.

Laufbesuch lohnt sich
Die allermeisten Teilnehmer in Košice kommen aus der Slowakei. Selbst aus den Nachbarländen Ungarn, Tschechien und Polen sind die Zahlen überschaubar. Aus Österreich schaffte es im Vorjahr neben dem Autor dieser Story nur ein weiterer Läufer im Marathonziel. Einige wenige haben zudem am Halbmarathon teilgenommen. Doch Košice ist zweifellos eine Stadt, die einen Marathonbesuch wert ist.
Autor: Andreas Maier
Bilder: Košice Marathon Archiv
#Mehr Artikel
Training | Equipment | Ernährung | Gesundheit
Die Wunderrübe in Purpur
Der Saft aus Roten Rüben erweckt aufgrund der Inhaltsstoffe hohe Erwartungen, denn er wird teilweise gar als „legales Bio-Doping“ beschrieben.
Schneller, höher, stärker
… lautete bis Juli 2021 das Motto der Olympischen Spiele. Oftmals bekommt man den Eindruck, dass dieses Motto für unsere ganze Gesellschaft gilt. Der Leistungsgedanke treibt uns an, nicht nur in Hinblick auf Beruf und Karriere, sondern auch unsere Freizeitaktivitäten stehen häufig unter seinem Stern. Welche Rolle spielt der Leistungsgedanke bei Freizeitsportler*innen und inwiefern ist er in uns verankert?
Kevin Kamenschak – ein Sternchen am Laufhimmel
Wird Kevin Kamenschak das Aushängeschild des heimischen Laufsports? RunUp hat den 19-jährigen gemeinsam mit seinem Trainer in Linz besucht.
ASICS denkt „New Personal Best“ neu
Eine neue Kampagne von ASICS wirft ein anderes Licht auf das Streben nach der „neuen persönlichen Bestleistung“. Sie reagiert damit auf aktuelle Forschungsergebnisse, die zur Erkenntnis kommen, dass sich in der Hochrechnung Millionen Deutsche wegen des Leistungsdrucks vom Sport abgeschreckt fühlen. „Personal Best“ sei keine Zahl mehr, sondern ein Gefühl.
Vantage V3 – das neue Meisterstück von Polar
„Act like an athlete“ – das ist der von Polar ausgegebene Leitspruch für den brandneuen Trainingscomputer am Handgelenk, die Polar Vantage V3. Die Premium-Multisportuhr mit modernster Biosense-Technologie ist eine Hommage an die Ursprungs-DNA des finnischen Unternehmens.
Kelvin Kiptum – drei Fakten zum Weltrekordlauf
Kelvin Kiptum heißt der neue Weltrekordhalter im Marathon. Er lief eine Zeit von 2:00:35 Stunden. Drei Zahlen zur Leistung von Kelvin Kiptum.
Ketone: Treibstoff mit vielen Fragezeichen
Wunderwaffe oder Marketinggag? Was ist an Ketonen wirklich dran? Die RunUp-Redaktion hat nachgefragt und mit zwei Experten gesprochen.
Die Socken locken!
Was bieten Laufsocken und warum brauchen wir sie? Wir haben im WeMove Running Store nachgefragt und mit RunUp-Leser*innen getestet.
Der DRX Bliss von Salomon – ein Laufschuh für jeden Tag
Mit dem neuen Laufschuhmodell DRX Bliss erweitert Salomon sein Sortiment im Straßenlauf. Der DRX Bliss ist eines der Steckenpferde der neuen Herbst- und Winterkollektion des Pioniers im Trail Running und verspricht den Läufer*innen komfortable und schnelle Trainingseinheiten auf festem Untergrund.
Run Visible – Laufen in Herbst und Winter mit Brooks
Im Dunkeln sicher laufen – das verspricht dir die „Run Visible“ Kollektion von Brooks Running. Dank optimierter Sichtbarkeit steht deinem Aktivitätsprogramm nichts im Wege, wenn die Sonnenstrahlen hinter dem Horizont verschwunden sind.
Ride the Wave of Energy
Mit dem neuen Wave Rider 27 von Mizuno läufst du mit Schwung in den Laufherbst – mit mehr Komfort, besserem Support und dem Potenzial, eine bessere Leistung abzurufen.
„Ready, Set, Peel!“
Brooks Running und Chiquita Bananen sehen in einer neuen Partnerschaft zahlreiche Gemeinsamkeiten, mit denen beide Unternehmen für mehr Gesundheit, Vitalität und ein aktiveres Leben werben möchten.
Dein perfekter Laufurlaub im Herbst
Widme dich beim Lauf-Retreat im GUT Trattlerhof & Chalets vier Tage lang unter fachkundiger Leitung deinen Laufschritten. Abseits des abwechslungsreichen Programms bleibt genug Zeit für Entspannung und Urlaubsfeeling in Bad Kleinkirchheim. Schlichtweg: ein perfekter Laufurlaub.
Bei Hitze schwitzen: Smartes Laufen im Sommer
Sommerliche Hitze kann die Laufroutine erschweren. Die hohen Temperaturen als Ausrede für weniger Bewegung zu missbrauchen, ist aber nicht förderlich. Mit einigen Tipps und leichten Maßnahmen gelingt dein Lieblingsgesundheitssport auch im Hochsommer.
Die Wunderkräfte der Heidelbeere
Ihre antioxidative und entzündungshemmende Wirkung wird in der Sportlerernährung gepriesen. Nicht nur deshalb wird die Heidelbeere, auch Blaubeere und in Österreich Schwarzbeere genannt, oft zurecht als heimisches „Superfood“ bezeichnet.
Hoher Komfort und Stabilität – der neue GEL-KAYANO 30
Der GEL-KAYANOTM 30, einer der beliebtesten Laufschuhe der Welt, ist in Berlin ans Licht der Öffentlichkeit getreten. Als einer von zwei österreichischen Medienvertretern war das RunUp in Berlin bei der offiziellen Präsentation von ASICS dabei.
Für uns! Raus in die Natur
Der Appell, raus in die Natur zu gehen und sich sportlich zu bewegen, schreibt sich eigentlich selbst. Laut wissenschaftlichem Erkenntnisstand wirkt „Green Exercise“ besser als jedes Medikament.
Dominic Lobalu – der steinige Weg vom Flüchtling zum Star
Die Schweizer Sportmarke On präsentiert den Kurzfilm „The Right To Race“ und erzählt darin die Geschichte des in der Schweiz lebenden Läufers Dominic Lobalu. Jahrelang hat er für das Recht, das Laufen als Wettkampfsport ausüben, gekämpft. Nun träumt er von einer Olympia-Teilnahme für die Schweiz. Sein Kampf für ein Startrecht ist noch nicht beendet.
ASICS: Gezielte Impulse für den Frauenlauf
In vier Wochen geht die bereits 35. Auflage des ASICS Österreichischer Frauenlauf im Wiener Prater über die Bühne. Jahr für Jahr bringen und halten die Initiativen der Veranstaltung Frauen im ganzen Land in Bewegung. Der Titelsponsor sendet auch mit Kampagnen und neuen Kollektionen Impulse an die Frauen, den Profit sportlicher Bewegung verstärkt auszukosten.
Ein gesunder Weg
Fit und gesund zu bleiben, ist das Hauptmotiv von Hunderttausenden sportlichen Menschen alleine in Österreich, regelmäßig die Laufschuhe zu schnüren. Die Auswirkungen der regelmäßigen Bewegung als Teil einer gesundheitsorientierten Strategie überzeugen.