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20 Sekunden unter dem Meetingrekord – Ayana neue Nummer zwei
Almaz Ayana hat alles, was in ihrem Körper steckte, herausgeholt. Ein emotionaler und aufgedrehter Stadionsprecher brüllte in sein Mikrophon und entfachte das Stadio Olimpico, das einen 5.000m-Lauf so gespannt folgte, wie selten zuvor. Und die knapp 40.000 Zuschauer im weiten…
14:11,15 Minuten – das war die begehrte Marke, der Weltrekord von Tirunesh Dibaba, aufgestellt fast auf den Tag genau vor acht Jahren in Oslo. Und das merkte man von Beginn an, die Pacemakerinnen Tamara Tverdostup aus der Ukraine und Beatrice Chepkoech aus Kenia schlugen vom ersten Meter ein unheimliches Tempo an. Dies brachte natürlich auf eine uninteressante Renngestaltung mit sich, denn bereits in Runde zwei war das Feld geteilt: Ayana gegen den Rest, ihre Landsfrau Genet Yalew versuchte vergeblich zu folgen. Es ist auch im Laufsport so: Die Besten bestimmen die Preise und gelaufen wird nach den Wünschen der Stars. Sieben Runden oder 2.800 Meter musste Ayana alleine laufen, bis dahin war sie perfekt betreut durch die Pacemakerinnen. Der Marschplan stimmte, die Zeichen standen Richtung Weltrekord. Auch der finale Einsatz, die Motivation in den Schlussrunden stimmte. Doch es war, wie in den letzten Rennen auch. Die entscheidenden Sekunden verlor die Äthiopierin auf dem vierten Kilometer. Also genau im Mittelabschnitt ihres erneut sehr beeindruckenden Solos.
Ein No Name stürmt in die Europaklasse
Alles, was sich hinter Ayana abspielte, war auf den ersten Blick unwichtig. Das gesamte Stadion fokussierte sich auf die Führende, die nach 14:12,59 Minuten ihr Rennen beendete und den ersten Weltrekord auf einer Laufstrecke in Rom seit 17 Jahren wahrlich hauchdünn verpasste. Binnen sechs Tagen war es der zweite Weltrekord im Laufbereich der Damen, der nur knapp überlebte. Doch es wäre gnadenlos unfair, Ayanas Mitstreiterinnen aus diesem großartigen Rennen auszuklammern. Denn wirft man einen genauen Blick auf den Rennverlauf, hat auch die lange sehr kompakte Verfolgergruppe herausragende Arbeit geleistet. Mercy Cherono verbesserte als Zweitplatzierte ihre persönliche Bestleistung auf eine Marke von 14:33,95 Minuten, knapp dahinter folgte ihr Landsfrau Viola Kibiwott über die Ziellinie. Sechs weitere Läuferinnen freuten sich über eine persönliche Bestleistung, darunter auch die Norwegerin Karoline Bjerkeli Grövdal, die ihre Bestmarke um rund 18 Sekunden steigerte und erstmals unter 15 Minuten blieb. So unglaublich dieser Leistungssprung auch erscheint, er steht im Schatten jenes der Türkin Yasemin Can. Die 24-Jährige (laut Diamond League, beim Welt-Leichtathletikverband und Europäischen Leichtathletikverband ist sie erst 19, Anm.) verbesserte ihren Hausrekord um sage und schreibe 55 Sekunden (!) und erzielte in einer Zeit von 14:37,61 Minuten den überragenden sechsten Platz. Seit sechs Jahren ist keine Europäerin mehr so schnell über diese Distanz gelaufen, wahrscheinlich erzielte sie einen neuen Junioren-Europarekord – über zehn Sekunden schneller als die Britin Zola Pieterse vor 31 Jahren in London. Gut einen Monat vor den Europameisterschaften in Amsterdam wird auch Jennifer Wenth die wundersamen Vorgänge in der Ewigen Stadt mit Beunruhigung verfolgt haben…
Die Kopie von Rabat
Neue Erkenntnisse brachte der 800m-Lauf der Damen in Rom nicht. Zum dritten Mal in dieser Saison gab es einen Sieg durch Caster Semenya, Francine Niyonsaba belegte zum zweiten Mal in Folge Rang zwei. Wären nicht die äußeren Umstände als eindeutiges Erkennungsmerkmal gewesen, man hätte die Rennen in Rabat und Rom verwechseln können. Anders war, dass Pacemakerin Ilona Usovich lieber ein höheres Tempo gegangen wäre, als das Feld aufnehmen wollte. Die Weißrussin wartete förmlich auf die Verfolgerinnen. Kaum war sie weg, lief das Rennen genau so ab wie vor zehn Tagen in der marokkanischen Hauptstadt. Francine Niyonsaba übernahm das Kommando, Caster Semenya setzte sich an Position zwei, gesellte in der Kurve außen neben ihre Gegnerin und 80 Meter vor dem Ziel schaltete die Südafrikanerin sichtlich locker zwei Gänge höher. Ein überlegener Sieg in exakt derselben Zeit wie in Rabat: 1:56,64 Minuten. „Die Konstanz gefällt mir, nun zählt es, diese Form bis zu den Olympischen Spielen zu konservieren. Die Goldmedaille in Rio ist mein großer Traum“, sagte die 25-Jährige im Anschluss. Gut eineinhalb Sekunden später überquerte die Hallen-Weltmeisterin das Ziel und war erneut chancenlos im Duell mit Semenya.
Büchel mit ordentlichem Auftakt
Eine bärenstarke Leistung lieferte die ehemalige Europameisterin Lynsey Sharp ab, die in einer Zeit von 1:59,03 Minuten den Kampf um Platz drei gegen die Französin Renelle Lamote gewann. Auch die amtierende Europameisterin Marina Arzamasova zeigte sich erheblich verbessert und wurde Fünfte vor Habitam Alemu und Melissa Bishop, die ebenfalls noch unter zwei Minuten blieb. Hätte man der Schweizerin Selina Büchel vor nicht allzu langer Zeit gesagt, sie würde ein Rennen vor Eunice Sum und Ajee Wilson beenden, wären ihr vielleicht die Dollar-Zeichen an die Stelle der Pupillen geschossen. Im Jahr 2016 scheint diese Leistung nicht mehr so viel Wert, Rang neun am Ende eines Rennens, das ablief, wie es zu erwarten war. Beim ersten ernsthaften Auftritt über ihre Spezialdisziplin in dieser Saison hielt sich die Hallen-Europameisterin am Ende des Feldes auf und beendete das Rennen in einer respektablen Zeit von 2:01,00 Minuten. Damit übertrumpfte sie die Kenianerin, deren Formkurve nach unten zeigt, und die junge US-Amerikanerin, die nach Silber bei der Hallen-WM und einer längeren Wettkampfpause den Tritt offensichtlich noch nicht wiedergefunden hat. „Ich hatte Mühe, das hohe Tempo mitzugehen. Einen solchen Rhythmus bin ich mir so früh in der Saison noch nicht gewohnt“, wird die Schweizerin, die sich laut eigenen Aussagen auf einem guten Weg Richtung Amsterdam befindet, auf der Website des Schweizer Leichtathletikverbandes zitiert.
Kipruto zum Dritten
Nicht nur im 800m-Lauf der Damen lief vieles ähnlich ab wie bei den bisherigen Diamond League Meetings. Das Duell im 3.000m-Hindernislauf der Herren lautete auch in der italienischen Hauptstadt Conseslus Kipruto gegen Jairus Birech. Die beiden hatten sich bereits frühzeitig deutlich abgesetzt, als der bullige Kipruto in der Schlussrunde von vorne beschleunigte, steckte der Verfolger auf. In einer Zeit von 8:01,41 Minuten freute sich der WM-Medaillengewinner von 2013 über eine neue Weltjahresbestleistung und beeindruckte damit, dass er im Finale einen Abstand von zehn Sekunden zwischen sich und dem erneut geschlagenen Birech legen konnte. Während Kipruto wie Semenya und Ayana nun mit 30 Punkten im Diamond Race unangefochten führt, kommt Birech mit drei dritten Plätzen auf 18 Punkte. Noch ohne Zähler ist übrigens Superstar Ezekiel Kemboi, der auch in Rom enttäuschte und nur Elfter wurde. Auch Rang 14 von Brimin Kipruto, immerhin WM-Medaillengewinner von Peking, wird nicht in die Geschichte eingehen. Für eine starke Leistung sorgte der französische Europameister Yoann Kowal, der in einer Zeit von 8:17,83 Minuten hinter Altstar Paul Koech Vierter wurde. Knapp dahinter freute sich der US-Amerikaner Stanley Kebenei über eine persönliche Bestleistung.
Endlich ein Sieg für Manangoi
In Rom hat der Kenianer Elijah Manangoi, standesgemäß jener Läufer der hinter Asbel Kiprop als Zweiter die Ziellinie überquert, die Abwesenheit seines großen Landsmannes genützt und seinen größten Erfolg gefeiert. Der Vize-Weltmeister siegte in einer Zeit von 3:33,96 Minuten und übernahm dadurch auch die Führung im Diamond Race. Doch der 23-Jährige hatte mehr zu kämpfen, als ihm lieb war. Von Beginn an lief er an der Spitze des Verfolgerfeldes hinter übermotivierten Pacemakern. Auf der Zielgerade widerstand er der Attacke des Australiers Ryan Gregson und verteidigte seine Position. Gregson verlor zwar den Schlusssprint um Rang zwei knapp gegen Robert Biwott, zeigte aber dennoch, dass der 1.500m-Lauf keine rein afrikanische Angelegenheit ist. Hinter ihm platzierten sich Silas Kiplagat und Aman Wote. Auch Homiyu Tesfaye zeigte ein gutes Rennen und lag lange Zeit in aussichtsreicher Position. Am Ende stand für ihn beim Diamond League Comeback Rang neun, als drittbester Europäer, zu Buche.
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