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3.000m-Hindernislauf der Männer, Vorschau: Schlägt das Imperium zurück?
Conseslus Kipruto lief einen Wettlauf gegen die Zeit. Mitte Mai, pünktlich zu Saisonbeginn, erlitt jener Mann, der die letzten Jahre im 3.000m-Hindernislauf alles dominierte, Olympiasieger von Rio und Weltmeister von London wurde, einen Ermüdungsbruch im linken Fuß, der ihn zu…
Conseslus Kipruto lief einen Wettlauf gegen die Zeit. Mitte Mai, pünktlich zu Saisonbeginn, erlitt jener Mann, der die letzten Jahre im 3.000m-Hindernislauf alles dominierte, Olympiasieger von Rio und Weltmeister von London wurde, einen Ermüdungsbruch im linken Fuß, der ihn zu einer Trainingspause gefolgt von einem Wiederaufbau zwang. Der 24-Jährige kam zum Diamond-League-Meeting in Paris zurück und wurde Fünfter. Bei den Afrikaspielen warf er das Handtuch, nachdem er im Kampf um die Medaillen schlechte Karten in der Hand hatte. Und beim Diamond-League-Finale in Brüssel wurde er lediglich Siebter. Trotz dieser Leistungen, mit denen er der Weltspitze deutlich hinterher hinkte, verlor der Kenianer nie seinen Optimismus.
Bewerb: 3.000m-Hindernislauf der Männer Startzeit: Freitag, 4. Oktober um 21:45 Uhr Ortszeit (20:45 Uhr MEZ) Olympiasieger 2016: Conseslus Kipruto (Kenia) Titelverteidiger: Conseslus Kipruto (Kenia) Rekord-Weltmeister: Ezekiel Kemboi (Kenia) mit vier WM-Titeln Erfolgreichste Nation: Kenia mit zwölf WM-Titeln WM-Rekord: Ezekiel Kemboi (Kenia) in 8:00,43 Minuten (Berlin 2019) Weltjahresbestleistung: Soufiane El Bakkali (Marokko) in 8:04,82 Minuten (Monaco) Favorit: offenes Rennen
Und dieser Optimismus ist nach dem Vorlauf noch größer. Souverän gewann Kipruto seinen Durchgang und tönte danach: „Ich bin bereit!“ Dass man einen Weltmeister nie abschreiben sollte, hat erst vor wenigen Tagen Muktar Edris im 5.000m-Lauf eindrucksvoll unter Beweis gestellt. „Was mir im Moment ein sehr gutes Gefühl verleiht, ist die Tatsache, dass ich gut trainiert habe. Wir haben alles so ausgelegt, dass ich im richtigen Moment in der richtigen Form bin, um Weltmeister zu werden. Daher habe ich gelächelt und den Fans zugewinkt. Wenn ich nicht in Top-Form bin, winke ich nicht“, erklärte der Titelverteidiger. Damit ist die Warnung an die Konkurrenz formuliert, dass er der Mann sein will, den es in Doha zu schlagen gilt.
Aufgrund der bisherigen Saison ist das Rennen um die Medaillen völlig offen. Denn auch aufgrund der verletzungsbedingten Ausfälle von Kipruto, vom US-amerikanischen WM-Bronzemedaillengewinner Evan Jager und vom zweifachen WM-Medaillengewinner Mahiedine Mekhissi-Benabbad, die im Gegensatz zu Kipruto auch bei der WM nicht starten können, hat sich die Weltspitze im 3.000m-Hindernislauf verändert. Soufiane El Bakkali ist der Schnellste, aber er läuft auch unkonstant. Vor zwei Jahren gewann der 23-Jährige Silber und ist der regelmäßige Herausforderer Kiprutos. Neu ist, dass Äthiopien mitmischt. Jene Nation, die noch nie in der Geschichte von Weltmeisterschaften eine Medaille im 3.000m-Hindernislauf gewonnen hat – bei Olympischen Spielen gab es eine Bronzemedaille im fernen Jahr 1980, als Kenia die Olympischen Spiele boykottierte. 2019 hat das ostafrikanische Land aber eine hochtalentierte junge Generation an Hindernisläufern zur Reife geführt. Getnet Wale, 19 Jahre jung, gewann das hart umgekämpfte Diamond-League-Finale in Brüssel, musste sich bei den Afrikaspielen hinter dem Kenianer Benjamin Kigen einordnen. El Bakkali wurde damals vor heimischem Publikum Dritter. Außerdem ist Wale, WM-Neunter von London und Junioren-WM-Dritter in den Jahren 2016 und 2018, seit dem Diamond-League-Meeting in Monaco in 8:05,51 Minuten äthiopischer Landesrekordhalter. Sein Landsmann Lamecha Girma empfahl sich mit seinem Sieg bei den Trials in Hengelo für das WM-Team und gewann ebenso wie Wale, der die schnellste Zeit aller Teilnehmer erzielte, seinen Vorlauf. Der dritte Äthiopier Beyo Chala, ebenfalls Außenseiter auf eine Medaille, ist fast fünf Jahre älter als Girma, nämlich 23.
Kenianische Durststrecke
Das Fehlen Kiprutos über weite Strecken der Saison hatte eine historische Folge: Die Kenianer konnten kein einziges Diamond-League-Rennen in ihrer Paradedisziplin gewinnen – eigentlich unvorstellbar. Mitte des Jahres äußerte sich Jack Tuwei, Präsident des Kenianischen Leichtathletik-Verbandes (Athletics Kenya) besorgt: „Wir müssen etwas unternehmen. Es ist belastend, zu sehen, dass unsere Hindernisläufer nicht konkurrenzfähig sind. Wir brauchen einen Plan, denn unter diesen Voraussetzungen sehe ich die WM-Goldmedaille in Gefahr.“ Die skizzierte Erfolglosigkeit brachte das Team in der Heimat ordentlich unter Druck. „Ich weiß, welcher Druck auf mich lastet. Erst recht, weil meine Verletzungspause so lange war. Ich konnte die Fans nur um Geduld bitten“, erzählt Kipruto. „Ich weiß, was dieses Event für mein Land bedeutet“, sagte er vor der Abreise in Nairobi. Ein kenianisches Scheitern, in dem Fall bedeutet Scheitern nicht Gold zu gewinnen, wäre nicht irgend ein Scheitern. Es hätte unvergleichliche historische Dimensionen. Seit den Olympischen Spielen 1988 in Seoul gewann immer ein in Kenia geborener Läufer Gold bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften.
Das einzige Rennen mit Meisterschaftscharakter in dieser Saison hat freilich Benjamin Kigen bei den Afrikaspielen für sich entschieden. Der 26-Jährige landete in der Diamond League fünfmal in den Top-vier und zählt damit als zweiter Kenianer neben Kipruto zum Kreis der Medaillenanwärter. Ein Medaillengewinn der weiteren kenianischen Teilnehmer Abraham Kibiwott und Leonard Bett, zarte 18 Jahre jung, wären dagegen ein Wunder.
Klare Worte von Bayer
Erste Anwärter auf einen Spitzenplatz eines Nicht-Afrikaners sind der US-Amerikaner Hillary Bor, heuer in der Diamond League immer in den Top-Sechs, der Spanier Fernando Carro, der Franzose Djilali Bedrani, der einen starken Vorlauf zeigte, und der Kanadier Matthew Hughes, der schon zweimal WM-Sechster war. Das Starterfeld besteht aus 16 Läufern, weil der Inder Avinash Sable im Vorlauf durch einen Konkurrenten behindert worden ist. Dort stellte der 25-Jährige übrigens einen indischen Landesrekord von 8:25,23 Minuten auf.
Ein Statement von Andy Bayer, einem Nike-Athleten, der allerdings nicht Teil des Nike Oregon Project ist, ist im Vorfeld des Finallaufs im 3.000m-Hindernislauf in Bezug nehmend auf die Suspendierung Alberto Salazars: „So überrascht bin ich nicht. Als sauberer Sportler, der sich seinen Arsch im Training aufreißt, pissen mich solche Betrüger an. Ich glaube nicht, dass jeder im NOP betrügt, aber ich bin froh, dass diese Geschichte an die Öffentlichkeit gekommen ist.“ Klare Worte des WM-Debütanten.
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