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Der leichte Regen in Valencia war kein Spielverderber. Yomif Kejelcha unterbot den Weltrekord im Halbmarathon von Jacob Kiplimo um eine Sekunde. Auch Frauen-Siegerin Agnes Ngetich war lange Zeit auf Weltrekordkurs. Die Halbmarathonstrecke in Valencia erwies sich ein weiteres Mal als superschnell.
Valencia behauptet von sich, die schnellste Halbmarathonstrecke der Welt zu besitzen. Angesichts der unheimlichen Anzahl von starken über bärenstarken bis hin zu wundersamen Zeiten in den letzten Jahren ein verständlicher Claim der Hafenstadt – schließlich wird in Valencia immer schnell gelaufen: ob über zehn Kilometer im Jänner, im Halbmarathon im Oktober oder im Marathon im Dezember. Nun hat Valencia eine wichtige Zutat bekommen, die der Bezeichnung „schnellster Halbmarathon der Welt“ Vollendung schenkt – den Weltrekord.
57 Minuten und 30 Sekunden lang war Yomif Kejelcha gestern im Laufschritt unterwegs. Von der Start- bis zur Ziellinie. Das entspricht einer aufgerundeten Durchschnittsgeschwindigkeit von 2:44 Minuten pro Kilometer. Dafür brauchte Yomif Kejelcha nicht einmal die Valencia-typischen Idealbedingungen, es regnete gestern nämlich leicht. „Wir können stolz auf den Weltrekord sein. Auch wenn wir in Valencia schon einige erlebt haben, ist es dennoch kein alltägliches Ereignis. Überhaupt, weil das Wetter es uns nicht leicht gemacht hat“, strahlte der beim Rennen für die internationalen Athleten verantwortliche Marc Roig. Paco Borao, Präsident der verantwortlichen Organisation für die Durchführung, ergänzte: „Wir sind sehr nah am Unmöglichen. Es ist ein historischer Tag. Valencia hat gezeigt, dass es die Stadt des Laufens ist: im Regen und im Trockenen!“
Mit einem energischen Schlussspurt unterbot der Äthiopier die bisherige Weltrekordmarke von Jacob Kiplimo vom Lissabon Halbmarathon 2021 um eine Sekunde. „Ich habe die Uhr am Auto genau verfolgt. Ich wusste, der Weltrekord wäre trotz der Wetterbedingungen möglich. Ich war zuversichtlich, aber je näher es dem Ziel zuging, desto nervöser wurde ich und ich habe den Rhythmus gewechselt. Es war mein Traum, den Weltrekord zu brechen und ich bin froh, dass ich es geschafft habe“, gab der Triumphator zu Protokoll. Es war erst der sechste Halbmarathon für den erfolgreichen Bahnläufer. Die Strapazen haben sich für die Weltrekordprämie von 70.000 Euro jedenfalls gelohnt.
Kiplimo hatte damals Kibiwott Kandie den Weltrekord um ebenfalls eine Sekunde weggeschnappt. Kandies 57:32 Minuten markierten den bisherigen Streckenrekord in Valencia. Den hatte der Veranstalter bereits im vergangenen Jahr in Angriff genommen, doch Kandie, Kejelcha und Hagos Gebrhiwet verpassten ihn um wenige Sekunden. Somit sind nun acht der neun schnellsten Halbmarathonzeiten der Geschichte bei den Männern in Valencia gelaufen worden – ein unfassbares Statement des schnellsten Halbmarathons der Welt.
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr gab es keinen Schlussspurt um den Sieg. Kejelchas Tempodiktat war so eindrucksvoll, dass die Konkurrenz nach Kilometer 15 keine Chance mehr hatte, das furiose Tempo zu halten. Daniel Mateiko, der zuletzt von Eliud Kipchoge höchstpersönlich auf der medialen Bühne das Potenzial zugesprochen bekam, in naher Zukunft fähig zu sein, in die Fußstapfen der kenianischen Legende zu treten, verbesserte seine persönliche Bestleistung auf eine Zeit von 58:17 Minuten und gewann damit den Kampf um Platz zwei um vier Sekunden gegen seinen Landsmann Isaia Lasoi. Der 26-jährige Mateiko steigerte seinen Bestwert vom Valencia Halbmarathon 2021 um neun Sekunden und lieferte bereits zum siebten Mal im neunten Halbmarathon seiner Karriere eine Zeit unter 59 Minuten ab. Der 25-jährige Lasoi unterbot zum dritten Mal die Zeit von 59 Minuten, vor sechs Wochen war er in Kopenhagen noch einmal elf Sekunden schneller als in Valencia. Gemechu Dida, Vincent Langat und Selemon Barega, der über eine Minute hinter seiner letztjährigen Leistung zurückblieb, blieben ebenfalls unter 59 Minuten.
Geburtsdatum: 1. August 1997
Nationalität: äthiopisch
Erfolge:
Weltrekordhalter im Halbmarathon (57:30, Valencia 2024)
Weltrekordhalter im Indoor-Meilenrennen (3:47,01, Boston 2019)
Sieger beim Valencia Halbmarathon 2019 & 2024
Hallen-Weltmeister im 3.000m-Lauf (2016 & 2018)
WM-Silbermedaille im 5km-Straßenlauf (2023)
WM-Silbermedaille über 10.000m (2019)
2x Top-Ten bei Olympischen Spielen(10.000m)
4x Top-Ten bei Weltmeisterschaften (5.000m)
Junioren-Weltmeister im 5.000m-Lauf (2014)
Stärkster Europäer im Rennen war der Neo-Spanier Thierry Ndikumwenayo, der als 16. Europäer in der Geschichte unter einer Stunde blieb. Der 27-jährige EM-Bronzemedaillengewinner über 10.000m verfehlte den im Vorjahr hier aufgestellten spanischen Rekord von Carlos Mayo um drei Sekunden. Ihm folgten Etienne Daguinos, in 59:46 Minuten ebenfalls sensationell unter einer Stunde, und Bastian Augusto aus Frankreich. Der 24-jährige Daguinos, der bisher nie mit diesem Leistungsniveau aufgefallen ist und seinen erst zweiten Halbmarathon bestritt, egalisierte die zweitschnellste französische Halbmarathonzeit der Geschichte von Jimmy Gressier, sechs Sekunden hinter dem nationalen Rekord von Morhad Amdouni. Der 25-jährige Augusto ist nun die Nummer vier der französischen Bestenliste.
24.137 Läuferinnen überquerten gestern die Ziellinie des Valencia Halbmarathon und erzielten damit bei der 33. Auflage des Events einen neuen Teilnehmerrekord. Die 25.000 zur Disposition stehenden Startplätze waren bereits neun Monate vor dem Event ausverkauft, obwohl 3.000 mehr angeboten wurden als vor einem Jahr. Gut die Hälfte der Teilnehmerinnen kam aus der Region um Valencia, ein Fünftel aus dem restlichen Spanien, knapp 30% aus dem Ausland.
Auch im Rennen der Frauen lag der Weltrekord in der Luft. Debütantin Agnes Ngetich hat im Jänner in Valencia den Weltrekord im 10km-Straßenlauf in neue Sphären gehievt. Getrieben von der Empfehlung dieser Leistung von 28:46 Minuten kam die 23-jährige Kenianerin gestern in die Nähe des auf dieser Strecke 2021 aufgestellten Halbmarathon-Weltrekords von Letesenbet Gidey (1:02:52).
Letztendlich fehlten zwölf Sekunden, Ngetich ordnete sich mit einem neuen kenianischen Rekord, den sie von der neuen Marathon-Weltrekordhalterin Ruth Chepngetich übernahm, auf Position zwei der ewigen Halbmarathon-Bestenliste ein. „Ich bin wirklich glücklich und so stolz auf das, was ich heute bei meinem ersten Halbmarathon überhaupt erreicht habe. Valencia wird immer einen speziellen Platz in meinem Herzen halten“, so die Siegerin. Die ultraschnelle Angangsweise in der ersten Halbzeit, unterstützt natürlich von zwei männlichen Tempomachern aus Kenia, sah sie im Siegerinterview nicht als taktischen Fehler. „Irgendwann werde ich den Weltrekord noch einmal probieren!“
Ngetich startete gemeinsam mit 5km-Weltrekordhalterin Ejgayehu Taye, die ebenfalls ihr Halbmarathon-Debüt gab, mit einem absurden Tempo ins Rennen. Nach 14:38 Minuten waren bereits die ersten fünf Kilometer absolviert. Mit Lilian Rengeruk folgte 17 Sekunden dahinter die dritte hochkarätige Debütantin im Rennen, dahinter liefen die Äthiopierinnen Fotyen Tesfay und Tsige Gebreselama ebenfalls unter 15 Minuten an.
Ngetich und Taye blieben weiterhin klar unter den Splits von drei Minuten pro Kilometer, die Durchgangszeit bei Kilometer zehn von 29:18 Minuten bedeutete, dass nur drei Athletinnen jemals auf dieser Distanz schneller gelaufen sind – als nach zehn Kilometern die Ziellinie erreicht war. Taye konnte dieses absurde Tempo wenig später nicht mehr mitgehen und fiel bis auf Platz fünf zurück. Über eine Debützeit von 1:04:14 Stunden hätte man vor kurzem noch laut gejubelt, sie ist schließlich die achtschnellste der Welt. Aber die Äthiopierin war nur die drittschnellste Debütantin des Tages.
Auch Ngetich musste ein bisschen reduzieren und verlor den Weltrekord tatsächlich noch aus den Augen. In einer Zeit von 1:03:04 Stunden, einer Endzeit, die einen Schnitt von unter drei Minuten pro Kilometer erfordert, lag sie am Ende überraschend wenig vor den nächsten Läuferinnen. Denn Fotyen Tesfay katapultierte sich mit einer Leistung von 1:03:21 Stunden auf Platz drei, Lilian Rengeruk mit 1:03:32 Stunden auf Platz vier der ewigen Bestenliste im Halbmarathon. Die schnellsten fünf Halbmarathonzeiten der Geschichte wurden bei den Frauen nun in Valencia erzielt.
Geburtsdatum: 23. Jänner 2001
Nationalität: kenianisch
Erfolge:
Weltrekordhalterin im 10km-Straßenlauf (28:46 Minuten)
Siegerin beim Valencia Halbmarathon 2024 (1:03:04 Stunden)
WM-Bronzemedaille im Crosslauf 2023
WM-Fünfte im Crosslauf 2024
WM-Sechste im 10.000m-Lauf 2023
Die in Marokko geborene Kaoutar Boulaid verbesserte laut übereinstimmenden spanischen Medienberichten und laut der Kommunikation des Veranstalters den spanischen Rekord im Halbmarathon der Frauen auf eine Zeit von 1:08:47 Stunden. Die 35-Jährige war um zehn Sekunden schneller als im Vorjahr in Gijon. Die Rekordlisten von World Athletics führen aber Laura Luengo als alte und neue spanische Rekordhalterin. Die 27-Jährige, die vor einem Jahr den spanischen Rekord auf eine Zeit von 1:09:41 Stunden gesenkt hatte, lief heuer eine Zeit von 1:08:50 Stunden – und damit noch einmal 51 Sekunden schneller.
Bestechend unterwegs war auch ihre Landsfrau Irene Sanchez-Escribano, eine Spezialistin für 3.000m-Hindernisläufe und in dieser Disziplin heuer Olympia-Finalistin, die in 1:09:10 Stunden zehn Sekunden hinter der starken Britin Clara Evans ins Ziel kam. Die spanische Sportzeitung „Marca“ berichtete unter Berufung auf soziale Netzwerke, dass Sanchez-Escribano bei ihrem Halbmarathon-Debüt als beste Spanierin ins Ziel gelaufen wäre, wäre sie nicht bei Kilometer 18 schmerzhaft gestürzt.
Einen neuen tschechischen Landesrekord markierte Moira Stewartova in einer Zeit von 1:08:44 Stunden. Die 29-Jährige erzielte dabei einem besonderen Meilenstein: Es war die erste Halbmarathonzeit einer tschechischen Läuferin unter 1:10 Stunden.
Am Ende einer Aufbausaison nach langwierigen gesundheitlichen Problemen ist Konstanze Klosterhalfen am Sonntag zurück auf die Straßenlauf-Bühne gekehrt. In ihrem zweiten Halbmarathon nach dem Sieg in Valencia 2022 finishte sie in einer Zeit von 1:07:07 Stunden auf Platz neun und zeigte damit nach einem durchwachsenen Sommer, währenddessen sie länger im Red Bull Trainingszentrum nahe Salzburg trainierte, eine gute Leistung. Der zehnte Platz ging an ihre Landsfrau Eva Dieterich. Die 25-Jährige steigerte sich um fast drei Minuten auf eine Zeit von 1:08:26 Stunden und rangiert nun auf Platz vier der ewigen deutschen Bestenliste. Vor zwei Wochen hatte Dieterich ihre Top-Verfassung bereits bei einem 10km-Sieg in Berlin in 31:48 Minuten unter Beweis gestellt.
Bei den Männern waren Aaron Bienenfeld mit einer persönlichen Bestleistung von 1:01:45 Stunden und Richard Ringer, Olympia-Zwölfter im Marathon, in 1:02:01 Stunden die besten Deutschen. Ringer war direkt aus dem Trainingslager in Kenia nach Spanien geflogen.
Der Veranstalter des Valencia Marathon und des Valencia Halbmarathon hat zu Beginn des Jahres die Zusammenarbeit mit der spanischen Anti-Doping-Agentur CELAD beendet, nachdem Investigativberichte Vertuschungen von positiven Dopingproben innerhalb der CELAD zu Tage gebracht haben. „Unser Vertrauen in die spanische Anti-Doping-Behörde und deren Kontrollmechanismus haben Schaden genommen“, erklärte Renndirektor Juan Manuel Botella. Die Anti-Doping-Aktivitäten werden seither direkt mit der Welt Anti Doping Agentur (WADA) umgesetzt.
„Wir erwarten uns den höchsten Standard im Vorgehen gegen Betrug und Doping. Unsere Investments sind vom Traum getrieben, saubere und wahre Champions zu küren“, so Botella weiter. Seine Organisation gebe jährlich rund 35.000 Euro für Anti-Doping-Aktivitäten aus, zusätzlich zur Pauschale, die sie für beide Events an World Athletics überweisen.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © Valencia Ciudad del Running, Cesar March