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9:57,50 Minuten – kurioses EM-Déjà-vu für Millonig

Mit der exakt gleichen Laufzeit wie vor zwei Jahren endete Lena Millonigs EM-Teilnahme in Rom nach dem Vorlauf, der ein beachtliches Niveau aufwies.
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Lena Millonig ist im 3.000m-Hindernisvorlauf im Rahmen der Europameisterschaften in Rom ausgeschieden. Bei sommerlicher Mittagshitze und in der prallen Sonne, die auf die Laufbahn des Stadio Olimpico brannte, hielt die Niederösterreicherin zwei Drittel lang das Tempo Richtung ÖLV-Rekord. Dann musste sie es reduzieren. Generell blieb trotz ihrer Enttäuschung die Erkenntnis, dass die Trauben für eine Finalteilnahme zu hoch hingen.

Die statistische Wahrscheinlichkeit, zweimal in einer Karriere die auf die Hundertstelsekunde genau gleiche Zeit zu laufen, ist marginal. Noch wesentlich geringer ist sie, es zweimal in Folge bei Vorläufen im Rahmen von Europameisterschaften zu schaffen. Für diese außergewöhnliche Kuriosität kann sich Lena Millonig (ULC Riverside Mödling) freilich nichts kaufen. 9:57,50 Minuten in München 2022, 9:57,50 Minuten in Rom 2024. „Es war keine Absicht, ich wäre heute gerne schneller gelaufen“, kommentierte die 26-Jährige recht nüchtern. Beide Male reichte es nicht für den Einzug ins EM-Finale und die Leistung war vor zwei Jahren aufgrund der Entwicklung seither freilich zufriedenstellender als heute, aber die Trauben hängen im europäischen Hindernislauf hoch. Um den achten Platz im Vorlauf zu erreichen und damit ins Finale aufzusteigen, hätte die 26-Jährige ihren österreichischen Rekord um über zehn Sekunden pulverisieren müssen. „Ein Wahnsinnsniveau“, erkannte die Österreicherin neidlos an.

© ÖLV / @ wolf.amri

Schlussdrittel hinterlässt Enttäuschung

So blieb es am Ende beim lobenswerten Versuch, es bei Temperaturen von jenseits der 30°C-Marke in der italienischen Mittagshitze zu versuchen, dem Tempo des Feldes im ersten von zwei Vorläufen zu folgen. Die sechsfache Staatsmeisterin in dieser Disziplin reihte sich nach dem Start hinten in der großen Gruppe ein und pendelte zwischen den Positionen zwölf und 14. Ein schnelles Anfangstempo führte die 26-Jährige zu einer Zwischenzeit von 3:12,35 Minuten nach 1.000m. Auch das Mitteldrittel war mit einer Teilzeit von 3:14,04 Minuten hochklassig.

Oft ist diese Phase die langsamste in einem Rennen, nicht in diesem Fall. Denn Stella Rutto aus Rumänien hat sich bereits in der zweiten Runde vom Feld abgesetzt und zwang damit auch die Besten im ersten Vorlauf, darunter die Europameisterinnen der letzten drei Ausgaben, Gesa Krause und Titelverteidigerin Luiza Gega, ein flottes Tempo anzuschlagen, um die Rennkontrolle zu behalten. „Meine Enttäuschung bezieht sich nicht primär darauf, das Finale nicht erreicht zu haben“, bilanzierte Millonig, „denn dafür hätte ich eine unglaubliche Leistung gebraucht. Ich wäre nur gerne ein besseres Rennen gelaufen, konkret ein besseres Schlussdrittel.“

Ergebnis 3.000m-Hindernislauf (erster Vorlauf), EM 2024
1. Stella Rutto (Rumänien) 9:30,00 Minuten
2. Lea Meyer (Deutschland) 9:30,63 Minuten
3. Gesa Krause (Deutschland) 9:31,52 Minuten
4. Kinga Krolik (Polen) 9:31,84 Minuten
5. Aude Clavier (Frankreich) 9:34,54 Minuten
6. Linn Söderholm (Schweden) 9:34,62 Minuten
7. Irene Sanchez-Escribano (Spanien) 9:34,80 Minuten
8. Luiza Gega (Albanien) 9:35,77 Minuten

15. Lena Millonig (Österreich) 9:57,50 Minuten
DNF Chiara Scherrer (Schweiz)

Keine Erklärung für Einbruch

„Eigentlich hat sich der Rennverlauf optimal entwickelt. Ich konnte in der Gruppe mitgehen und das Tempo entsprach genau dem, was ich mit meinem Trainer besprochen hatte. Es war auch nicht überpact und ich habe mich bei 2.000m noch gut gefühlt“, schildert sie aus dem Rennen. Doch dann wurde das Rennen für die Österreicherin immer länger und sie konnte weder Position noch Tempo halten. Schon vor der Durchgangszeit bei 2.000m war ein kleines Grüppchen um sie von den Top-Elf abgerissen, die im Ausscheidungsverfahren die acht Finalplätze ausliefen. Millonig fiel auf Position 15 ab und überquerte die Ziellinie mit der viertschnellsten Zeit ihrer Karriere. „Plötzlich war es, als hätte irgendjemand den Stecker gezogen. Ich habe keine Erklärung, warum ich das Tempo nicht durchziehen konnte. Es hat sich nicht angedeutet“, wirkte sie in den Stunden nach dem Rennen ratlos.

Schnellste Vorläufe der EM-Geschichte

Dass Rutto, nachdem sie rund 750 Meter vor dem Ziel von Verfolgerin Lea Meyer eingeholt wurde, am Ende im Endspurt das Blatt noch wendete und den Vorlauf in einer Zeit von 9:30,00 Minuten gewann, ist eine weitere Kuriosität aus diesem Wettkampf. Freilich hat die zweitplatzierte Deutsche das zugelassen, für die Silbermedaillengewinnerin von vor zwei Jahren geht es im Finallauf am späten Sonntagabend um die Positionskämpfe. Die weiteren Medaillenkandidatinnen Krause (Dritte) und Gega (Achte), aber mit sicherem Polster nach hinten, hatten sichtlich ihre Energiehaushalte ökonomisch eingesetzt.

Die Schweizerin Chiara Scherrer musste wegen Erschöpfung frühzeitig aussteigen, dasselbe Schicksal erlitt ihre Landsfrau Shirley Lang im zweiten Vorlauf aufgrund einer durch die Spikes einer Kontrahentin zugefügten Verletzung. Im zweiten Vorlauf, der durch die lange Solisten-Führung der Schwedin Emilia Lillemo geprägt war, erzielte Alice Finot auf Frankreich bei ihrem Saisondebüt die schnellste aller Vorlaufzeiten von 9:29,28 Minuten. Die dritte deutsche Hindernisläuferin, U23-Europameisterin Olivia Gürth, qualifizierte sich souverän für das Finale. In keiner Laufdisziplin im Stadion sind deutsche Medaillengewinne so wahrscheinlich wie in dieser.

Gleich vier Läuferinnen blieben unter der bisher schnellsten Vorlaufzeit im Rahmen von Europameisterschaften, Hitze hin, Hitze her – ein weiteres Indiz für die hohe Qualität im Teilnehmerinnenfeld. Da fiel gar nicht ins Gewicht, dass mit der Slowenin Marusa Mismas-Zrimsek und der Britin Aimee Pratt zwei der Top-Europäerinnen im Feld fehlten. Für die kurioseste Szene sorgte die Französin Flavie Renouard, die mit der falschen Schrittfolge den vorletzten Wassergraben ansteuerte, nicht mehr abbremsen konnte und kopfüber in das an dieser Stelle einen halben Meter tiefe Wasser eintauchte. Die Fotografen nebenbei dürfte es gefreut haben.

© ÖLV / @ wolf.amri

Klarer Blick nach vorne

Auch wenn der Höhepunkt für Lena Millonig nun bereits vorüber ist, steht die 26-Jährige mitten in einer jungen Saison. „Wenn ich keine Form hätte, wäre ich nicht imstande gewesen, diese ersten beiden Tausender heute so zu laufen“, schätzt sie ein. Daher würde sie ihre Verfassung gerne in den nächsten Wochen für ein schnelles Hindernisrennen nutzen, in einem idealen Feld verbunden mit einem Angriff auf den eigenen ÖLV-Rekord von 9:46,17 Minuten. Danach ist ein Höhentrainingslager als Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte geplant, mit dem Hintergedanken, auch auf Flachdistanzen weitere Fortschritte zu machen.

An die Olympischen Spiele denkt sie nicht, das Limit von 9:23,00 Minuten ist für sie unerreichbar. Eine Qualifikation über die Weltrangliste benötigt realistischerweise ein Wunder.

Laufhighlights von Tag 1, Morning Session

Der Hallen-WM-Zweite gegen den Hallen-WM-Dritten von Glasgow 2024, dazu der Olympia-Fünfte von Tokio 2021 und zweimalige WM-Finalist sowie der EM-Dritte von 2016. Das war die Besetzung eines von vier Vorläufen über 800m der Männer. Die Konkurrenz war entsprechend, der Zieleinlauf eng und am Ende schaute Elliot Crestan aus Belgien trotz eines angedeuteten Hechtsprungs ins Ziel durch die Finger. Der Hallen-WM-Bronzemedaillengewinner belegte hinter Adrian Ben (Olympia-Fünfter), Elliot Giles und Andreas Kramer (Hallen-WM-Zweiter) nur Platz vier in diesem Lauf und scheiterte…

… weil nur den ersten Drei pro Lauf der Aufstieg ins Halbfinale sicher war und der letzte der vier Vorläufe so schnell war, dass alle vier Plätze über die Zeitregel aus diesem Vorlauf kamen. Einzig der für das hohe Tempo sorgende Pieter Sisk aus Belgien blieb in diesem Vorlauf auf der Strecke, eine böse Pointe in rabenschwarzen Momenten für die belgischen Läufer. Sage und schreibe acht Läufer blieben unter der bisherigen EM-Bestzeit für 800m-Vorläufe.

Die deutsche 1.500m-Läuferin Nele Weßel hat den Finallauf durch die Hintertür erreicht. Weil sie von ihrer zu Sturz kommenden italienischen Kontrahentin Marta Zenoni behindert wurde, hatte sie im Finale einen erheblichen Nachteil und schaffte den Top-Sechs-Platz nicht. Während die Deutsche befördert wurde, wurde die Italienerin disqualifiziert.

Autor: Thomas Kofler
Bilder: © ÖLV / @ wolf.amri

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