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41 Jahre ist es her, als 1981 der erste Rotterdam Marathon über die Bühne ging. Die Idee der Initiatoren, einen Top-Marathon aufzubauen, realisierte sich binnen kurzer Zeit und die Veranstaltung erlebte zahlreiche sportliche Höhepunkte im Verlaufe der Jahre: Vom Sieg des Australiers Rob de Castella 1983 über den Weltrekord von Carlos Lopes (2:07:12) zwei Jahre später, den Sieg des belgischen Nachbars Vincent Rousseau 1994, den spanischen Triumphen durch Martin Fiz und Fabian Roncero in den 90er-Jahren und den Ausnahmelauf von Duncan Kibet 2009 in die Nähe des Weltrekords bis zum Sieg von Eliud Kipchoge im Jahr 2014. Nur eines hat es in Rotterdam noch nie gegeben: einen holländischen Heimsieg. Bis gestern, als Abdi Nageeye im Endspurt Leul Gebresilase besiegte und mit einem neuen holländischen Marathonrekord von 2:04:56 Stunden für seine zweite Sternstunde binnen eines Dreiviertel Jahres sorgte.
Der 33-Jährige, der in Mogadischu geboren ist, als Kind vor dem Bürgerkrieg geflüchtet ist und seit 26 Jahren in den Niederlanden lebt, hatte vor dem Rotterdam Marathon die richtige Einschätzung parat. Einen neuen holländischen Rekord und eine Zeit von 2:04 traute er sich zu, er realisierte seine Zielsetzung prächtig. „Als ich 2010 vor der Frage stand, ob ich mich auf mein Studium oder auf eine Profikarriere als Läufer konzentriere sollte, hatte ich diesen Traum in mir. Einen Marathonsieg. Damals schien er ganz, ganz weit weg“, erzählte der strahlende Sieger der holländischen Tageszeitung „De Telegraaf“ nach einer sehr stimmungsvollen Ehrenrunde, Hand in Hand mit der strahlenden neuen holländischen Rekordhalterin Nienke Brinkman (siehe RunAustria-Bericht). Auch das Konkurrieren mit kenianischen und äthiopischen Topläufern blieb lange Zeit ein Sehnsuchtstraum, der Glaube und die strukturierte Arbeit mit Kipchoge-Coach Patrick Sang rentieren sich endlich. Vor drei Jahren zeigte Nageeye in Rotterdam erstmals sein Potenzial, als er den Landesrekord auf 2:06:17 Stunden stellte. Die süßen, reifen Früchte erntete er erstmals im Sommer als Olympischer Silbermedaillengewinner von Sapporo. Und nun der Triumph von Rotterdam. „Ich bin stolz und glücklich“, zitierte ihn „De Telegraaf“.
Beim mit Spannung erwarteten, weil hochkarätig besetzten Rotterdam Marathon der Männer entwickelte sich das erhoffte, schnelle und spannende Rennen. Nach 1:02:17 Stunden überquerte die Spitze die Zwischenzeit beim Halbmarathon. Die beiden europäischen Olympia-Medaillengewinner hinter Triumphator Eliud Kipchoge, Vorjahressieger Bashir Abdi und Abdi Nageeye absolvierten ein smartes Rennen. Sie verkrochen sich im Windschatten der Tempomacher und afrikanischen Eliteläufer und lauerten auf ihre Chance. Sieben Läufer – neben den beiden „Abdis“, wie die beiden Trainingspartner und Freunde dieser Tage fast ausschließlich genannt wurden, waren das die Kenianer Reuben Kipyego, Kenneth Kipkemoi, Dominic Kiptarus und Philemon Kacheran sowie der Äthiopier Leul Gebreslassie – lagen nach 30 Kilometern (Zwischenzeit 1:28:31) gleich auf. Mit Getaneh Molla und dem zweifachen kenianischen Rotterdam-Sieger Marius Kipserem waren zwei der großen Mitfavoriten zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr vorne vertreten.
Bei Kilometer 33 erfolgte die erste große Attacke durch Kipyego und Gebresilase, doch das befreundete Duo reagierte und ging mit. Nageeye ließ sich von Abdi ziehen, es entstand der Eindruck, als würde sich der Belgier in den Dienst des Holländers stellen. Wenige Kilometer vor dem Ziel war der Vorjahressieger und Europarekordhalter (2:03:36) geschlagen, kurze Zeit später musste auch Kipyego einige Meter abreißen lassen. Doch Nageeye hatte noch die Kraft, entlang der langen Zielgerade seinem Rivalen Leul Gebresilase die Zähne zu zeigen und ihn schlussendlich in einem spannenden wie engen Finale auf den zweiten Platz zu verweisen. Beide wurden mit einer Zeit von 2:04:56 Stunden gewertet. Während der Holländer die Zeit von 2:05 Stunden erstmals unterbot und nun hinter Abdi und Kaan Kigen Özbilen die Nummer drei der ewigen europäischen Bestenliste im Marathonlauf ist, hat der 29-jährige Äthiopier diese Marke bereits zum fünften Mal unterboten. In seiner Vita ragt aus etlichen Spitzenplatzierungen der Sieg in Valencia 2018 heraus.
Auch wenn Abdi den Ausnahmelauf vom Oktober in den Straßen Rotterdams nicht wiederholen konnte, sein drittschnellster Karriere-Marathon in 2:05:23 Stunden war keine Enttäuschung. So eng wie die beiden Abdis auf persönlicher Ebene sind, wird die Freude über den Triumph seines „Buddies“ überwiegt haben.
Eine deutliche Bestleistung schaffte der drittschnellste Kenianer Rodgers Gesabwa auf Rang sechs, ein sehr erfahrener Marathonläufer, der in Mexiko lebt und bei weitem noch nie in diese Sphären gelaufen ist. Freuen konnten sich noch weitere Europäer: Björn Koreman, Sieger des Marathons im Wiener Prater im Dezember 2020, verbesserte seine persönliche Bestleistung um 35 Sekunden auf eine Zeit von 2:10:32 Stunden und unterbot das holländische EM-Limit für München um knapp zwei Minuten, der Traum vom holländischen WM-Limit (2:10:00) blieb unerreicht. Ebenfalls für München ist Richard Douma qualifiziert. Der ehemalige 1.500m-Läufer finishte in 2:12:21 Stunden. Der Brite Weynay Ghebresilasie steigerte sich um über vier Minuten auf eine Zeit von 2:12:17 Stunden.
Weniger zu lachen zumute war einem anderen prominenten Marathon-Debütant, Ex-Fußballstar Arjen Robben, der gemeinsam mit dem ehemaligen Eisschnellläufer Erben Wennemars lief und in einer durchaus beachtlichen Zeit von 3:13:40 Stunden finishte. In seiner ersten Reaktion gegenüber dem holländischen Regionalsender RTV Rijnmond keuchte er ins Mikrophon: „Das war nicht lustig, wirklich nicht lustig. Ich habe es geschafft, aber das ist auch schon alles. Das war wirklich ein Kampf.“ Ein dickes Lob bekam das Publikum am Streckenrand.
Beim Rotterdam Marathon absolvierte Hans Peter Innerhofer (LC Oberpinzgau) seinen zweiten Marathon nach jenem in Wien im September, als er sein Wunschtempo auf der zweiten Hälfte nicht halten konnte und den Staatsmeistertitel verpasste. Dieses Mal lief es für den 26-Jährigen deutlich länger besser, er hielt 30 Kilometer lang seine Pace von ca. 3:15 Minuten pro Kilometer. Erst die letzten sechs, sieben Kilometer wurden für den Salzburger hart und er verlor eine Zeit von unter 2:20 Stunden aus den Augen. Am Ende fiel eine Leistung von 2:21:24 Stunden in die Statistik, womit er seine Bestleistung um elfeinhalb Minuten steigerte und Rang zwei in der heimischen Jahresbestenliste hinter Florian Prüller einnimmt.
Der Rotterdam Marathon ging gestern bei idealen Laufbedingungen, leichtem Sonnenschein und sehr zurückhaltendem Wind über die Bühne. 11.714 Läuferinnen und Läufer, darunter 9.183 Männer, überquerten die Marathon-Ziellinie, 12.790 Läuferinnen und Läufer absolvierten einen Viertelmarathon. Dazu kamen noch einige Tausend Teilnehmende an den Samstagsbewerben.
* neuer holländischer Landesrekord
** neue persönliche Bestleistung
*** Marathon-Debüt