Francine Niyonsaba, eine Läuferin, die aufgrund erhöhter Testosteron-Werte auf den Mittelstrecken gegenwärtig nicht mehr in der Frauen-Kategorie startberechtigt ist, war die letzte, die Ajee Wilson in einem Hallenrennen besiegen konnte. Das war im Rahmen der Hallen-Weltmeisterschaften 2018 in Birmingham, als sich das Ergebnis von zwei Jahren zuvor wiederholte: Niyonsaba Gold, Wilson Silber.
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Ob Wilson nun eine ausgesprochene Hallen-Spezialistin ist oder ob die Serie ein Stück weit auch durch gewisse Umstände auf diese Weise zustande gekommen ist, ist Interpretationssache. Beeindruckend ist sie jedenfalls, fünf Jahre ist schließlich eine lange Zeitspanne. Und sie wurde mit einem Titel gekrönt, nämlich jenen bei den Hallen-Weltmeisterschaften 2022 in Belgrad, wohingegen es in der Freiluftsaison nicht ganz nach Wunsch verlief. 2019, nachdem Wilson die Saison dominierte, gewann sie bei der WM „nur“ Bronze, bei den Olympischen Spielen und bei der WM 2022 ging sie leer aus.
Starke Leistungen unter dem Hallendach
Freilich gab es in den letzten drei Jahren in der Hallensaison kein Aufeinandertreffen mit Olympiasiegerin und Weltmeisterin Athing Mu, auch gegen Keely Hodgkinson oder Mary Moraa ist Wilson unter dem Hallendach noch nie gelaufen. Dazu wird es auch in Boston, beim zweiten World Athletics Indoor Tour Meeting der Klasse Gold nicht kommen. Andererseits waren Wilsons Winterleistungen stets von hoher Qualität. Bei der WM 2022 war sie überaus souverän, außerdem hält sie den US-Hallenrekord noch vor Mu. Fünfmal ist sie bereits unter zwei Minuten gelaufen, was in der Halle durch die engere Kurvenführung und die doppelte Anzahl von Kurven weit anspruchsvoller ist als im großen Stadion.
In Boston ist Wilson auch aufgrund ihres erfolgreichen Saisoneinstiegs letzte Woche in New York die Favoritin in einem US-amerikanisch-britischen Starterfeld, das durchaus dem Anspruch eines Gold-Meetings gerecht wird. Aus den USA sind neben ihr Olivia Baker, die einen großartigen Saisoneinstieg hatte, Kaela Edwards, Samantha Watson und College-Champion Kristie Schoffield am Start, aus Großbritannien U23-Europameisterin Isabelle Boffey, Ellie Baker und Lynsey Sharp, die sich in ihrer Comebacksaison nach der Geburt des Söhnchen Max im Jahr 2021 befindet – Max’ Vater ist Andrew Butchart, ebenfalls ein bekannter schottischer Läufer.
Duell Muir gegen Mageean über 3.000m
Sechs Laufentscheidungen stehen am Samstagnachmittag US-Zeit auf dem Programm. Neben dem 800m-Lauf der Frauen gibt es auch im Meilenrennen der Männer und im 3.000m-Lauf der Frauen Punkte für die World Athletics Indoor Tour Gesamtwertung. Das Meilenrennen der Männer ist quantitativ gut und international besetzt, die großen Namen fehlen nach der verletzungsbedingten Absage von 1.500m-Weltmeister Jake Wightman, was ein offenes Rennen verspricht. Auch Talente wie der Neuseeländer Sam Tanner, der Ire Luke McCann oder der Amerikaner Hobbs Kessler sollten ihre Chance auf ein gutes Resultat haben, Vorjahressieger (damals Pandemie bedingt in Staten Island) Andrew Coscoran aus Irland präsentierte sich zuletzt in guter Form.
Im 3.000m-Lauf der Frauen ist Laura Muir der große Name im Feld. Für die mehrfache Hallen-Europameisterin, die die vergangene Hallensaison aus gesundheitlichen Gründen verpasst hat, ist es der Saisonauftakt. Mit dabei sind auch die irische Mittelstreckenspezialistin Ciara Mageean sowie die deutsche Hindernislauf-EM-Silbermedaillengewinnerin Lea Meyer. Die 25-Jährige feiert ihr Comeback, nachdem sie bei ihrem letzten Rennen in der vergangenen Saison gestürzt ist und sich eine Knöchelverletzung zugezogen hat.
Stafford und Kincaid mit Selbstvertrauen
Die chronologisch erste Laufentscheidung des Meetings, ebenfalls bereits im internationalen TV-Fenster, ist das Meilenrennen der Frauen. Nach ihrem Kontinentalrekord über 1.000m vergangene Woche bei einem Meeting ebenfalls in Boston (siehe RunAustria-Bericht) ist Lucia Stafford aus Kanada eine der Mitfavoritinnen. Ebenfalls um den Sieg laufen die US-Amerikanerinnen Cory McGee und Heather MacLean, US-Topläuferin Elle Purrier-St. Pierre lässt die Saison aus – sie ist schwanger.
Im 800m-Lauf der Männer trifft Hallen-Weltmeister und Freiluft-Europameister Mariano Garcia aus Spanien auf den derzeit besten US-Amerikaner auf dieser Distanz, Hallen-WM-Medaillengewinner Bryce Hoppel. Und im großen Starterfeld über 3.000m befindet sich der Deutsche Maximilian Thorwirth. Favorit ist Woody Kincaid, der zuletzt einen Kontinentalrekord über 5.000m aufgestellt hat.
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