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Auch Gesetze können widerlegt werden, besonders, wenn es sich um ungeschriebene handelt. Im internationalen Berglauf herrschte in den letzten Jahren ein Gesetz: Immer wenn Andrea Mayr (SVS Leichtathletik) an der Startlinie steht, gewinnt sie das Rennen auch. Diese Serie, die…
Auch Gesetze können widerlegt werden, besonders, wenn es sich um ungeschriebene handelt. Im internationalen Berglauf herrschte in den letzten Jahren ein Gesetz: Immer wenn Andrea Mayr (SVS Leichtathletik) an der Startlinie steht, gewinnt sie das Rennen auch. Diese Serie, die zwischendurch in einer beängstigenden Dominanz ausartete, ist seit vergangenem Samstag Geschichte. Es war einer dieser Momente im Sport, in denen gerne von „Vermenschlichung“ gesprochen wird. Ein Zeichen, dass ein sportlicher Wettkampf nicht immer nach Plan abläuft. Nach vier Berglauf-Europameistertitel musste sich Andrea Mayr im slowenischen Kamnik überraschend mit Rang drei und der Bronzemedaille zufrieden geben. Eine empfindliche Niederlage, die jedoch auch ins Rampenlicht rückte, dass Siege bei internationalen Berglauf-Meisterschaften keine Selbstverständlichkeit darstellen, sondern das Produkt von sportlicher Höchstleistung sind. Und irgendwann musste der Tag kommen, an dem die Berglauf-Queen entthront wird.
Die Enttäuschung war der erfahrenen Österreicherin nach dem Rennen deutlich anzumerken. Dass sie nicht gewinnen würde, damit hatte sie auch selbst nicht gerechnet. Nach einigen Problemen im Frühjahr verliefen die finalen Vorbereitungen gut, ein Testlauf auf der EM-Strecke nährte die Hoffnung auf EM-Gold. Doch am Tag X konnte die Oberösterreicherin nicht ihre Top-Leistung abrufen. Dies kündigte sich bereits früh an, als die klare Favoritin bei der Zwischenzeit kurz nach Halbzeit deutlich hinter der Schweizerin Maude Mathys zurücklag. Auch die Britin Sarah Tunstall lag vor Mayr, die das Blatt nicht mehr wenden konnte. Die Zeit stoppte nach 8,3 Kilometern und 1.035 Höhenmetern nach 51:43 Minuten. Als Belohnung gab es die Bronzemedaille – freilich mit einem weinenden und einem lachenden Auge.
Es lag vor allem an Maude Mathys, dass die Siegesserie Andrea Mayrs in Kamnik endete. Die 30-Jährige lieferte in Slowenien eine Glanzleistung ab und dominierte das Rennen von Beginn an. Im Ziel hatte sie in einer Zeit von 49:30 Minuten 81 Sekunden Vorsprung auf die Silbermedaillengewinnerin Sarah Tunstall aus Großbritannien und über zwei Minuten Vorsprung auf die vierfache Europameisterin Andrea Mayr – eine unerwartete Dominanz! Nach ihrem Triumph inklusive Streckenrekord beim Berglauf Montreux-Les Rochers de Naye am letzten Wochenende habe sie an ihre Medaillenchance geglaubt, erzählte Mathys später. „Eine Medaille war mein Ziel, aber die Goldene war nicht mehr als ein Traum. Es macht mich sehr glücklich, dass alles so gut gegangen ist. Das ist ein schöner Lohn für die viele Arbeit, die dahinter steckt“, wird die Westschweizerin auf der Website des Schweizer Leichtathletik-Verband (Swiss Athletics) zitiert. Die Eidgenossen haben damit ihre Position als Berglauf-Nation Nummer eins bei Europameisterschaften gefestigt. Nach Eroica Spiess (1995 und 1997), Martina Strähl (2009 und 2011) sowie Monika Furholz (2012) war dies Titel Nummer sechs. Auf Rang zwei der ewigen Europameisterinnen-Liste folgt Österreich mit den vier Titeln von Mayr.
Für Mathys ist es die erste internationale Medaille im Berglauf. Ein Erfolg, der gut zwei Jahre nach einer Hiobsbotschaft kommt. Im März 2015 wurde die Schweizerin, damals aktiv als Skibergsteigerin, zweimal positiv auf eine verbotene Substanz getestet, die sie während ihrer Schwangerschaft genommen hatte. Wochen und Monate der Unklarheit folgten, ihr Fall wurde von Anti Doping Schweiz behandelt. Mathys, die heute von einer „Fehlinterpretation“ und „Naivität“ spricht, wurde nicht gesperrt, sondern lediglich verwarnt, weil sie die verbotene Substanz nicht zur Leistungssteigerung, sondern als Medikament für die anstehende Schwangerschaft genommen hatte.
Die Berglauf-Europameisterschaften 2017 endeten für den Österreichischen Leichtathletik-Verband (ÖLV) mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Der Wunsch des EM-Titels durch Andrea Mayr erfüllte sich nicht, dafür aber jener nach einer Team-Medaille. Neben Mayrs medaillenwürdigem Auftritt gilt es insbesondere den Auftritt von Sandrina Illes (LV Marswiese) hervorzuheben. Der zehnte Platz der Wienerin war maßgeblich dafür mitverantwortlich, dass Österreich die Bronzemedaille in der Teamwertung gewann. Als dritte Läuferin kam Routinier Karin Freitag (LG Decker Itter) in die Wertung, die ihre Aufgabe auf Rang 27 ordentlich erledigte. Mit 40 Punkten musste sich Österreich lediglich hinter dem neuen Team-Europameister Großbritannien, das neben Tunstall noch die fünftplatzierte Victoria Wilkinson ins Spitzenfeld brachte, und Italien, das ohne Einzelmedaille blieb, einordnen. Die vierte Österreicherin, Alexandra Hauser (Kolland Topsport Gaal) erzielte Rang 36.
Beste Italienerin im Feld war Valentina Belotti auf Rang sechs. Als Achte kam Monique Siegel ins Ziel, ihre deutsche Landsfrau Melanie Noll folgte auf Rang 14. Mitfavoritin Sarah Kistner musste ihren geplanten Start kurzfristig aufgrund einer Verletzung absagen, weshalb Deutschland auch nicht in die Teamwertung fiel. Ebenfalls nicht in der Teamwertung befindet sich die Schweiz, da Mathys die einzige Schweizerin am Start war.
Der RunAustria-Bericht über alle weiteren Bewerbe: Berglauf-EM: Nur eine italienische Serie hält
Gold: Maude Mathys (Schweiz) 49:30 Minuten
Silber: Sarah Tunstall (Großbritannien) 50:51 Minuten
Bronze: Andrea Mayr (Österreich) 51:43 Minuten
4. Karoline Holsten Kyte (Norwegen) 53:16 Minuten
5. Victoria Wilkinson (Großbritannien) 54:05 Minuten
6. Valentina Belotti (Italien) 54:30 Minuten
7. Axelle Mollaret (Frankreich) 54:37 Minuten
8. Monique Siegel (Deutschland) 55:21 Minuten
9. Silvia Schwaiger (Slowakei) 55:27 Minuten
10. Sandrina Illes (Österreich) 55:39 Minuten
…
14. Melanie Noll (Deutschland) 56:10 Minuten
27. Karin Freitag (Österreich) 58:47 Minuten
36. Alexandra Hauser (Österreich) 1:01:13 Stunden
Gold: Großbritannien 19 Punkte
Silber: Italien 33 Punkte
Bronze: Österreich 40 Punkte
4. Norwegen 50 Punkte
5. Tschechische Republik 52 Punkte
6. Frankreich 60 Punkte
7. Slowakei 82 Punkte
8. Polen 84 Punkte
9. Portugal 91 Punkte
10. Irland 95 Punkte
Berglauf-Europameisterschaften 2017 in Kamnik