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Aus der Wüste in die Berge und dann hoch hinaus

Elhousine Elazzaoui hat sich mit dem Sieg der Global Trail World Series in den Geschichtsbücher des Trailrunnings verewigt. Der Marokkaner läuft seinen Träumen entgegen, ohne dabei sich und seine Heimat aus den Augen zu verlieren. 
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© colin-olivero-production

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Mitte Oktober hat Elhousine Elazzaoui sein größtes Ziel erreicht. Er hat sich beim großen Finale der Golden Trail World Series in seiner Wahlheimat Tessin gegen die Weltspitze des Trailrunnings durchgesetzt und als erster Afrikaner den Weg ganz oben aufs Treppchen geschafft. Für seine Karriere als Trailrunner und diesen Erfolg hat Elazzaoui in seinem Leben viel verändert. Die Hälfte des Jahres lebt der gebürtige Marokkaner in der Schweiz. Dort bereitet er sich auf seine Rennen vor. Im Winter kehrt er in die Wüste zurück.

Aufgewachsen ist Elazzaoui in der südmarokkanischen Wüste und hat dort als Sohn einer Hirtenfamilie eine tiefe Verbundenheit zur heimischen Natur entwickelt, die ihn bis heute begleitet. 

Seine Laufkarriere hat in der heimischen Wüstenlandschaft seinen Anfang gefunden, als er mit seinen Freunden in der Natur umhergelaufen ist. Es habe sich daraus eine Begeisterung fürs Laufen entwickelt und das Rennen sei für ihn Freiheit, mache ihn glücklich, sagte er in einem Interview in den Schweizer Medien.

Für die Karriere in die Schweizer Alpen

Wenn er auf seine Anfänge im Laufen angesprochen wird, betont er, dass er mit dem Training in der Wüste einen guten und wichtigen Grundstein für seine Karriere gelegt habe. Für den Sprung in die Weltspitze musste er aber einen Schritt weiter und höher gehen. Er habe höhere Berge gebraucht, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Er beschloss die Schweizer Alpen zu seiner Wahlheimat zu machen und lebt und trainiert seither während der Saison in Tessin. Seine Liebe zu seiner Heimat hat er dabei aber nicht aus den Augen verloren.

Marokkanische Kultur in den Bergen

Seine tiefe Heimatverbundenheit trägt er auch in der Schweiz mit sich. Während seiner Trainingsblöcke lebt er in Bellinzona e Valli auf einer Hütte in den Bergen. Wenn er nicht gerade auf den Trails unterwegs ist, teilt er seine Kultur gerne mit seinen Mitmenschen und den Gästen auf der Hütte. Er kocht und serviert regelmäßig traditionelle Gerichte aus der marokkanischen Küche. Er möchte damit zum Einen selbst seiner Heimat nahe bleiben, aber auch anderen die Möglichkeit geben, in seine Kultur einzutauchen. Für ihn sei das die beste Möglichkeit, seine Heimat mit seiner Karriere in Europa zu verbinden.

Seit 2018 geht Elazzaoui seiner Leidenschaft professionell nach und ist als Trailrunner in der Weltspitze unterwegs. Wie viel sein Ortswechsel und sein Training in den Schweizer Alpen gebracht haben, stellt er seitdem dauerhaft unter Beweis. Auf den Ranglisten kämpfte er sich nach und nach ganz nach oben, lief bei immer mehr Wettbewerben aufs Podest und immer öfter als erster über die Ziellinie. 2022 gewann er unter anderem den Jungfrau Marathon, 2023 lief er beim DoloMyths Run und beim Finale der Golden Trail Series ganz oben aufs Treppchen. In diesem Jahr wollte er sich seinen größten Traum erfüllen: Den Gesamtsieg der Golden Trail World Series. 

Beste Voraussetzungen für den größten Erfolg

Vor dem großen Finale im Schweizer Locarno hätten die Voraussetzungen für den 32-jährigen nicht besser sein können. Er lag in der Gesamtwertung – wenn auch nur knapp – vor seinen Konkurrenten Patrick Kipngeno und Philemon Kiriago aus Kenia. Der Gesamtsieg war zum Greifen nahe und er musste sein Können nur noch auf die Strecke bringen. Er ging als Favorit an den Start. In einem Interview vor dem entscheidenden Rennen war für ihn klar: „Nein, ich fühle keinen Druck!“ und er wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Beim großen entscheidenden Finale lieferte er sich noch einen hart umkämpften Zweikampf mit dem Schweizer Rémi Bonnet. Getragen von den jubelnden Fans entlang der Strecke konnte er ihn aber auf den letzten Meter hinter sich lassen und lief als Erster über die Ziellinie. Mit diesem Sieg sicherte er sich vor Patrick Kipngeno und Rémi Bonnet den ersten Rang im Gesamtklassement und feierte den größten Erfolg seiner Trailrunningkarriere.

Vom Treppchen herunter und zurück in die Wüste

Nach dem Trubel und der Aufmerksamkeit eines solchen großen Erfolges wird sich der heimatverbundene Elazzaoui aber wahrscheinlich bald wieder in seine Off-Season-Routine einfinden. Er spüre eine tiefe Heimatverbundenheit und schätze Land und Leute, betont er oft. Die Wüste gebe ihm Kraft und deswegen verbringe er den Winter am liebsten als Nomade in der marokkanischen Wüste, umgeben von seinen Freunden und der Einzigartigkeit der Wüste. 

Und wenn er nicht gerade durch die Wildnis zieht, ist er auch als Tourguide anzutreffen. Während seiner Jugend gab es in der Region kaum berufliche Perspektiven und so arbeitete er in der Reiseagentur seines Bruders, erlangte die Lizenz zum offiziellen Tourguide. Auch jetzt noch, als professioneller Trailrunner auf dem Höhepunkt seiner Karriere, hilft er bei Bedarf im Unternehmen seines Bruders aus, und führt Touristen durch seine Heimat.

Über den Winter wird Elazzaoui seine beeindruckende und erfolgreiche Saison wohl umgeben von der unendlichen Weite der marokkanischen Wüste Revue passieren lassen. Was für ihn jetzt das nächste große Ziel am Horizont ist, wird sich dann im Frühjahr zeigen, wenn er wieder den Weg in in die Schweizer Alpen macht.

Autorin: Eva Bernhard

Foto: © colin-olivero-production

Quellen: SRF.ch , trail-magazin.de

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