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Beatrice Chebet schreibt mit zweitem Gold Geschichte

Beatrice Chebet gewann nach den 5.000m am Montag am Freitagabend auch den 10.000m-Lauf, als erste Kenianerin überhaupt. Dahinter gelang Nadia Battocletti eine Sensation.
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Beatrice Chebet ist die erste Leichtathletin, Männer und Frauen summiert, die in den Tagen der Olympischen Wettkämpfe von Paris zwei Einzel-Goldmedaillen gewonnen hat. Die kenianische Weltrekordläuferin krönte sich vier Tage nach ihrem beeindruckenden Triumph über ihre Landsfrau Faith Kipyegon zur Olympiasiegerin im 10.000m-Lauf und ist damit der Langstreckenstar dieser Spiele. Wie Tirunesh Dibaba in Peking 2008, damals übrigens wenige Monate davor wie Chebet 2024 auch Crosslauf-Weltmeisterin. Wie Sifan Hassan, dieses Mal hinter Nadia Battocletti Dritte, in Tokio 2021. Mit ihrem Triumph setzte Chebet auch einen Farbtupfer auf einem weißen Fleck Kenias auf der Olympischen Landkarte.

Beatrice Chebet hat es geschafft: Mit dem Ziel angetreten, ihre steil ansteigende Karriere im Jahr 2024 mit dem ersten globalen Gold in der Stadion-Leichtathletik zu veredeln, hat sie dies nun doppelt geschafft. Nach dem Olympiasieg im 5.000m-Lauf war die Kenianerin auch über die doppelte Distanz die Beste. „Ich bin so glücklich, es ist schließlich nicht einfach, binnen vier Tagen über 5.000m und 10.000m die Schnellste zu sein. Nur wenn man den richtigen Fokus hat, gelingt es“, wird sie auf der Website der Olympischen Spiele zitiert.

Chebet siegte in einer Zeit von 30:43,25 Minuten nach einem Wettkampf, der nach ihrem Geschmack ablief und in dem sie in der Schlussrunde ihr Können ausspielen konnte. 57,5 Sekunden brauchte sie in etwa, um die letzte Stadionrunde von insgesamt 25 in einem Steigerungslauf zu absolvieren. Mit den schnellsten Schritten des Wettkampfs die Zielgerade entlang.

Sieg im Duell mit der Überraschungsläuferin

Diese schnellen Schritte waren auch notwendig, denn eingangs der Zielgerade lag die als Favoritin ins Rennen gegangene 24-Jährige zwar in Führung, doch eine späte Wende schien angesichts der furios auftretenden Italienerin Nadia Battocletti wenige Wimpernschläge lang nicht ausgeschlossen. Der Triumph ist ein historischer: Noch nie konnte eine Kenianerin den zum nun zehnten Mal im Olympischen Programm stehenden 10.000m-Lauf der Frauen gewinnen. Bisher gelangen auch „nur“ vier Medaillen: zweimal Silber (2016 Vivian Cheruiyot und 2012 Sally Kipyego) und zweimal Bronze (2012 Cheruiyot, 2008 Linet Masai).

Cheruiyot hatte im Vorfeld die Chancen auf einen kenianischen Olympiasieg gegenüber der kenianischen Tageszeitung „Daily Nation“ auf 95% eingeschätzt. Eben weil sie gesehen habe, was Chebet drauf hätte. „Ich wollte unbedingt die Erste sein“, verriet die neue Olympiasiegerin, „Diese Medaille habe ich für das ganze Land gewonnen.“ Für die Athletin persönlich geht damit ein traumhaftes Jahr weiter: Nach dem 5km-Weltrekord am letzten Tag des vergangenen Jahres, dem Crosslauf-WM-Gold im März und dem 10.000m-Weltrekordlauf Ende Mai jubelte sie in Paris nun gleich zweimal über den größtmöglichen Triumph im Sport. Abgesehen von kenianischen Meisterschaften und Olympischen Vorläufen, wo der Sieg an sich jeweils unbedeutend war, hat Chebet bisher alle Wettkämpfe dieser Saison gewonnen, an denen sie teilgenommen hat.

Ergebnis Olympischer 10.000m-Lauf der Frauen, Paris 2024
Gold: Beatrice Chebet (Kenia) 30:43,25 Minuten
Silber: Nadia Battocletti (Italien) 30:43,35 Minuten (italienischer Rekord)
Bronze: Sifan Hassan (Niederlande) 30:44,12 Minuten

 
4. Margaret Kipkemboi (Kenia) 30:44,58 Minuten
5. Lilian Rengeruk (Kenia) 30:45,04 Minuten
6. Gudaf Tsegay (Äthiopien) 30:45,21 Minuten
7. Fotyen Tesfay (Äthiopien) 30:46,93 Minuten
8. Weini Kelati (USA) 30:49,98 Minuten
9. Karissa Schweizer (USA) 30:51,99 Minuten
10. Tsigie Gebreselama (Äthiopien) 30:45,57 Minuten
11. Parker Valby (USA) 30:59,28 Minuten
12. Sarah Chelangat (Uganda) 31:02,37 Minuten
13. Lauren Ryan (Australien) 31:13,25 Minuten
14. Francine Niyomukunzi (Burundi) 31:17,02 Minuten (persönliche Bestleistung)
15. Eilish McColgan (Großbritannien) 31:20,51 Minuten

Sensation durch Battocletti

Doch es war nicht Tokio-Siegerin Sifan Hassan und es war auch nicht Äthiopiens Star Gudaf Tsegay, die anderen beiden großen Namen im Rennen, die Chebets Triumph gefährdeten. Nadia Battocletti aus Italien absolvierte nach einer Reihe starker Leistungen in dieser Saison, angefangen beim doppelten Triumph mit zwei italienischen Landesrekorden bei den Heim-Europameisterschaften von Rom im Juni, den Wettkampf ihres bisherigen Lebens. Mit den schnellsten finalen 200 Metern im gesamten Feld stürmte die 24-Jährige zu einem neuen italienischen Rekord von 30:43,35 Minuten und zu einer glänzenden Silbermedaille. Bereits im 5.000m-Lauf, ihrer stärkeren Disziplin, überzeugte sie als Vierte mit einem neuen nationalen Rekord.

Über die 10.000m, die sie auf diesem Niveau erst heuer so läuft, verblüffte die Trentinerin die Laufwelt und holte die erste italienische Olympia-Medaille in einem Laufbewerb seit dem Marathon-Olympiasieg von Stefano Baldini 2004 in Athen. Die letzte italienische Läuferin mit einer Olympia-Medaille um den Hals war Roberta Brunet im Jahr 1996 (5.000m), die letzte 10.000m-Lauf-Medaille bei Olympischen Spielen durch Salvatore Antibo gelang vor 36 Jahren. Im 10.000m-Lauf der Frauen, seit 1988 im Olympischen Programm, war es die erste italienische Medaille überhaupt und die erste für eine in Europa geborene Läuferin seit Fernanda Ribeiro aus Portugal vor 24 Jahren, die damals Paula Radcliffe eine Olympia-Medaille verwehrte – wahrlich ein historisches Ereignis in einer Disziplin, die seit Jahrzehnten unter afrikanische Dominanz fällt.

Großer Jubel in italienischen Medien

Minutenlang jubelte die 24-Jährige lautstark und hielt einen ihrer gelben Laufschuhe triumphierend in die Höhe. „Ich bin stolz auf mich, welch starken Willen ich in den Wettkampf gelegt habe. Ich war unglaublich fokussiert und habe die letzten 500 Meter perfekt gelesen. Die letzten 100 Meter waren ein Wahnsinn, das heute war das perfekte Rennen für mich“, wird sie auf der Website des Italienischen Leichtathletik-Verbandes (FIDAL) zitiert. In ihrem Statement sagte sie auch, dass sie nach ihrem tollen vierten Platz im 5.000m-Lauf mit größerer Lockerheit in den 10.000m-Lauf gegangen ist.

Entsprechend reagierte auch die italienische Medienlandschaft. Battocletti habe ganz Italien ungläubig und sprachlos zurückgelassen, aber der Leichtathletik-Nation Herschlag-Momente verschafft, schrieb die italienische Sportzeitung „La Gazzetta dello Sport“ und fragte: „Nadia, wie ist dir das gelungen?“ Weitere Medien schrieben von einem Wunder, Eurosport Italia titelte auf seiner Website von einer „monumentalen Leistung“ und nannte den Erfolg eine „stratosphärische Silbermedaille“, die RAI schrieb in Kombination mit der parallel erfolgten Dreisprung-Medaille von Andy Diaz, die italienische Leichtathletik sei aufgewacht.

Idealer Rennverlauf für Battocletti

Battocletti profitierte neben einer neuerlich guten taktischen Darbietung davon, dass sich kein schnelles Rennen bis zum Finale entwickelte, wo sie aus ihren Kraftreserven heraus ein grandioses Finish produzierte. Das sich entwickelnde Tempo im Rennverlauf war für alle bis auf die britische EM-Medaillengewinnerin Magan Keith, die einen schlechten Tag erwischte, passabel. Es war sogar das laut Siegerzeit langsamste 10.000m-Rennen bei Olympischen Spielen dieses Jahrtausends und kam daher der Italienerin, die noch nie eine Weltklassezeit über diese Distanz gelaufen ist, entgegen.

Bereits im Winter hatte ihr Trainervater Giuliano, der gegen Ende des letzten Jahrhunderts eine postiven Dopingtest auf Nandrolon abgegeben hatte und gesperrt wurde, für Aufsehen gesorgt, als er gegenüber italienischen Medien verkündete, Richtung Paris das 1.500m-Training seiner Tochter zu intensivieren. Geplant war kein Umstieg auf die Mittelstrecke, sondern offenbar gezieltes Tempotraining, um die Schlussphasen ihrer Langstreckenrennen zu optimieren. Tatsächlich erörterte die US-amerikanische Laufplattform „Let’sRun.com“ ist Battoclettis 1.500m-Bestzeit deutlich besser als jene ihrer Kontrahentinnen direkt dahinter, freilich mit Ausnahme der Superstars Sifan Hassan und Gudaf Tsegay, die in anderen Mittelstreckensphären schon unterwegs waren.

Olympische Spiele 2024

Die Olympischen Leichtathletik-Bewerbe werden mit Ausnahme der Geh- und Marathonbewerbe im Stade de France in Saint-Denis in der Metropolregion von Paris ausgerichtet. Charakteristisch ist die in pink gehaltene Laufbahn. Die Wettbewerbe werden von einem bemerkenswerten Zuschaueraufkommen und großartiger Atmosphäre im Stadion begleitet.
Alle Ergebnisse findest du auf der offiziellen Website:

Langer Anlauf für Spannung zum Schluss

Der Olympische 10.000m-Lauf von Paris 2024 startete, nachdem ein kräftiger Regenschauer über das Stade de France aufgehört hatte. Es entwickelte sich keine Tempojagd wie von Almaz Ayana in Rio 2016 (damals Weltrekord) und auch kein schnelles Rennen mit einer Siegerzeit unter 30 Minuten wie von Sifan Hassan in Tokio 2021. Es entwickelte sich ein recht harmonischer Wettkampf ohne besondere Ereignisse. Das Feld glich zwar keinem Bummelzug, schnell war das Rennen trotzdem in der ersten Hälfte nicht. Franzine Niyomukunzi aus Burundi führte das Feld nach 15:38 Minuten in die zweite Rennhälfte, nachdem lange Zeit die Japanerin Rino Goshima in Führung gelegen war.

Während die Äthiopierinnen passiv liefen, übernahmen die Kenianerinnen allmählich die Regie. Doch zu keinem Zeitpunkt die spätere Siegerin, die stets windgeschützt in Optimalposition lief. Margaret Kipkemboi, über 5.000m Fünfte, übernahm den Großteil der Führungsarbeit und führte auch noch in die letzte Kurve hinein das Rennen an. Dort lancierte Chebet ihren langen Spurt und zog vorbei. Wenige Sekunden davor war Nadia Battocletti der entscheidende Move gelungen, als sie sich eingangs der letzten Kurve innen gegen die dritte Kenianerin, Lilian Rengeruk, und Sifan Hassan behauptete und damit Chebets Beschleunigung folgen konnte. Die unglückliche Kipkemboi fiel auf Platz vier zurück, eine knappe halbe Sekunde fehlte zur Medaille. Eine Schlussrunde von 58,9 Sekunden war nicht gut genug für Edelmetall.

Tsegay neuerlich schwer geschlagen

Während Kenia mit der historischen Gold-Premiere und zwei weiteren Läuferinnen in den Top-Fünf ein sehr gutes Ergebnis erzielte – allzu viel fehlte nicht vom von Lilian Rengeruk prognostizierten „Sweep“, erlitt Äthiopien nicht die erste schallende sportliche Ohrfeige in den Tagen von Paris. Gudaf Tsegay, bereits über 5.000m als Neunte eine Enttäuschung, kam als Beste ihres Teams auf Platz sechs ins Ziel, spielte im gesamten Rennen aber nur eine passive Rolle und konnte die Schlussrunde nicht unter 59 Sekunden drücken. Die 27-Jährige scheint in Paris weit abseits ihrer Topform.

Sie könnte zwar im 1.500m-Lauf tags darauf die Scharte noch auswetzen, doch nach den Eindrücken der ersten beiden Wettkämpfe müssen die Äthiopier sich auf der Mittelstrecke eher auf Diribe Welteji verlassen. Fotyen Tesfay wurde Siebte, Tsige Gebreselama, im Mittelteil des Rennens kurz ganz vorne, nur Zehnte. Dazwischen schoben sich die beiden US-Amerikanerinnen Weini Kelati und Karissa Schweizer.

Gebreselama war kurioserweise nur für den 10.000m-Lauf nominiert, nicht jedoch im 5.000m-Lauf, wo sie die Weltjahresbestleistung hält – eine von mehreren Entscheidungen des Verbandes, die im Vorfeld der Olympischen Spiele für Unruhe gesorgt hatte. Die Qualifikation für den 10.000m-Lauf erfolgte nach der Trial-Logik, wobei Tsegay nach ihrem Lauf in Eugene in die Nähe des äthiopischen Rekords einen Fixstartplatz hatte.

Autor: Thomas Kofler
Bild: © Christel Saneh for World Athletics

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