Newsletter Subscribe
Enter your email address below and subscribe to our newsletter
Der Berlin Marathon feiert einen runden Geburtstag! Zum bereits 50. Mal geht der Klassiker in der deutschen Hauptstadt am kommenden Sonntag über die Bühne. Zum Feiertag werden so viele Marathonläufer*innen wie nie über die Straßen Berlins laufen. In einem ausgeweiteten Eventspektakel will der Berlin Marathon fünf Jahrzehnte Leidenschaft und Emotionen spürbar machen. Die spitzensportliche Komponente nimmt dabei in den Annalen ein wichtiges Kapitel ein.
Martin W. Teague hatte eigentlich andere Pläne. Der US-Amerikaner diente 1974 als Soldat in Berlin und bereitete sich mit einigen Kollegen auf den Athen Marathon vor, erzählt Horst Milde, Gründer des Berlin Marathon, in einer Aussendung. Aufgrund eines politischen Konflikts zwischen Griechenland und der Türkei um die Mittelmeerinsel Zypern untersagte die US-Regierung dem Team aufgrund von Sicherheitsbedenken kurzfristig die Reise an die Wiege des Marathons.
Die Erstaustragung des „Berliner Volksmarathon“ am 13. Oktober 1974 wurde für Teague und seine Kollegen zur willkommenen Alternative. Mit der Startnummer sechs machte er sich auf den Weg und erreichte das Ziel nach 3:31:25 Stunden. 50 Jahre später wiederholt sich die Geschichte. Mit der Startnummer sechs will der Amerikaner seinen letzten Marathon laufen.
Der Kreis schließt sich bereits zum zweiten Mal. 1998 nahm Teague am 25. Berlin Marathon teil, um den 25. Hochzeitstag dort zu feiern, wo er seine Frau Jane kennengelernt hatte (vgl. German Road Races). Die durch die Pandemie bedingte Absage 2020 beeinträchtigte Zählweise verhindern, dass 50. Hochzeitstag und 50. Berlin Marathon synchron zusammenfallen.
286 starteten 1974 nach dem Startsignal durch, 244 erreichten die Ziellinie. Nicht mitten in der Stadt, sondern versteckt im Grunewald in Charlottenburg. Gemeinsam mit Peter Bartel, einer der Pioniere des Marathonlaufens in Berlin, suchte Veranstaltungsgründer Horst Milde gezielt nach Finisher*innen von damals. Bartel erreichte 33 – darunter auch die beiden damaligen Sieger Günther Hallas (2:44:53) und Jutta von Haase (3:22:01).
Ende August gab es ein von Milde organisiertes Treffen, bei dem sich 25 Erstfinisher*innen des Berlin Marathon einfanden. Vier aus diesem erlesenen Kreis werden auch in diesem Jahr an den Start gehen. Neben Teague, der im US-Bundesstaat Illinois zuhause ist, werden das auch der damalige Sieger Hallas, der nicht alle 42,195 Kilometer laufend absolvieren wird, und der Initiator der Wiedervereinigung der Finisher von damals, Bartel, sein. Hallas hat den Berlin Marathon 42mal beendet, einen Teilnehmer, der bei allen Ausgaben dabei war, kennt die Veranstaltung nicht.
Heuer mögen es erstmals über 50.000 Marathonläufer*innen (58.212 Laufbegeisterte sind angemeldet) und rund 150 im Starterfeld vertretene Nationalitäten sein – im Vergleich zu den vier Nationalitäten bei der Erstaustragung. Dazu kommen 10.000 Angemeldete im neuen Generali 5K am Tag vor dem Marathon und die Teilnehmenden an den Rollstuhl- und Skatingbewerben, die sich auf rund 80.000 Aktive summieren.
Mitte der 70er Jahre war Berlin eine geteilte Stadt. Der westliche Teil eine durch einen Korridor erreichbare Enklave der Bundesrepublik. Ein Stück westliche Welt im anderen Teil des geteilten Europas. Heute ist Berlin jene Stadt in der Europäischen Union mit den meisten Einwohner*innen. Sie ist Wohnort von Menschen aus geschätzt 190 verschiedenen Herkunftsländern.
Dass jene des Berlin Marathon zu den allerschnellsten Marathonstrecken der Welt gehört, beweist der Blick in die eindrucksvolle Siegerliste. Acht offizielle Weltrekorde wurden alleine seit 2003 bei den Männern in Berlin aufgestellt, einer – der aktuelle von Tigst Assefa – bei den Frauen. Dazu kommen noch vier Weltbestzeiten, drei davon bei den Frauen.
Meilensteine sind der erste Marathon unter 2:20 Stunden durch Naoko Takahashi 2001, der erste Marathonlauf unter unter 2:05 Stunden von Paul Tergat beim 30. Berlin Marathon im Jahr 2003, der erste Marathonlauf unter 2:04 Stunden von Haile Gebrselassie fünf Jahre später, der erste Marathonlauf unter 2:03 Stunden von Dennis Kimetto beim Berlin Marathon 2014 und der erste Marathonlauf unter 2:02 Stunden von Eliud Kipchoge 2018 – sowie natürlich der Fabel-Weltrekord bei den Frauen durch Vorjahressiegerin Tigst Assefa in 2:11:53 Stunden.
Zwölf der schnellsten 30 Marathonzeiten der Geschichte bei den Männern, aber nur zwei der schnellsten 30 Marathonzeiten bei den Frauen wurden auf der Berliner Marathonstrecke erzielt.
Sieben Jahre dauerte es, bis der Berlin Marathon sich aus dem Grunewald befreite und zum echten Stadtmarathon wurde. Rund 3.500 angemeldete Teilnehmer*innen machten den Schritt damals notwendig und verhalfen der Veranstaltung zu deutlichem Wachstum in den folgenden Jahren.
Mehrfach spiegelte der Berlin Marathon wichtige gesellschaftliche Ereignisse wieder. Der 3. Oktober 1990 ging als Tag der deutschen Wiedervereinigung in die Geschichte ein. Drei Tage zuvor ging der Berlin Marathon über die Bühne, erstmals führte die Strecke durch das Brandenburger Tor und auf Passagen durch den damaligen Ostteil der Stadt.
Gewonnen hat den Marathon damals übrigens DDR-Spitzenläuferin Uta Pippig. 25.000 Anmeldungen waren eingegangen, erstmals wurde der Berlin Marathon live im deutschen und japanischen Fernsehen übertragen. Elf Jahre später war der Berlin Marathon der erste große Marathonlauf nach den Terroranschlägen in New York – Solidaritätsbekundungen aus dem Teilnehmer*innenfeld verband die beiden Marathongrößen nachhaltig.
Seit 2003 befindet sich das Ziel des Berlin Marathon beim Brandenburger Tor, dem bekanntesten Wahrzeichen der Stadt. 2006 wurde der Berlin Marathon Gründungsmitglied der World Marathon Majors und ist noch heute der einzige kontinentaleuropäische Vertreter in der Serie.
Als drittgrößter Marathonlauf Europas und mehrfache Weltrekordstrecke ist der Berlin Marathon längst eine Vorzeigelaufveranstaltung weit über die deutschen Grenzen hinaus. Der runde Geburtstag animiert, dies in speziellen Programmpunkten darzustellen. Ein spektakulärer Bau beim Brandenburger Tor, namens „Move – Home of the Berlin-Marathon“, beherbergt eine Ausstellung zum Jubiläum und weitere sportliche und kulturelle Programmpunkte.
„Immer wieder Marathon!“ heißt ein vom Forum für Sportgeschichte aufgelegtes, 248-seitiges Buch. Walt Disney bringt eine limitierte Ausgabe des „Lustigen Taschenbuchs“ heraus, die laut der „Berliner Zeitung“ elf Geschichten rund um den größten deutschen Marathonlauf erzählen – natürlich mit Micky Mouse und Donald Duck in der Hauptrolle.
Der 50. BMW Berlin Marathon wird am Sonntag aber 50.000 emotionale Geschichten produzieren – und vielleicht noch mehr.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © SCC Events / Camera 4 (das Starterfeld beim Berlin Marathon 2018) & SCC Events