Die WHO empfiehlt Kindern eine Stunde moderate bis stark körperliche Bewegung pro Tag. Das sei das empfohlene Mindestmaß, hält der Salzburger Kinder- und Sportarzt Dr. Holger Förster fest und untermalt, dass österreichische Kinder und Jugendliche diesen Richtwert spätestens ab dem Volksschulalter weit verfehlen. Außerdem erklärt er im RunUp-Interview, worauf es bei Bewegung in jungen Jahren besonders ankommt und warum sie wichtig für einen nachhaltig gesunden Lebensstil ist.
RunUp: Schildern Sie uns bitte das Idealszenario: Welchen Bewegungsumfang haben Kinder und Jugendliche und welche Bewegungsformen üben sie aus?
Die Empfehlung der WHO, eine Stunde pro Tag moderate bis stark körperliche Bewegung, halte ich für die Mindestanforderung. Sie soll von der Intensität so gestaltet sein, dass die Kinder ins Schwitzen kommen, aber gerade noch sprechen können. Diese Empfehlung wird bei uns ja nur in den Kleinkindgruppen und der ersten Volksschulzeit einigermaßen gut umgesetzt, bei Burschen mehr als bei Mädchen. Bei den 15- bis 17-Jährigen erreichen wir nicht einmal mehr ein Drittel dieser Bewegungsempfehlung. Wir erkennen also mit zunehmendem Alter eine rapide Abwärtstendenz.
Abhängig vom Alter unterscheidet sich meine Empfehlung der Aktivität. Bei kleinen Kindern bis ins Volksschulalter sind koordinative Spielübungen wie Fangenspielen, Versteckspiele oder andere Suchspiele ideal. Sie bieten die wünschenswerte Verbindung zwischen Spiel und Bewegung, somit entdecken Kinder ihre Umwelt spielerisch und entwickeln koordinative Fähigkeiten und Ausdauer. Kinder sind von Natur aus extensive Ausdauersportler und bleiben selbst bei intensiven Belastungen wie Intervallen immer im aeroben Fettstoffwechselbereich. Wichtig ist, dass Kinder Spaß an diesen Spielen haben und nie Monotonie aufkommt.
Mit zunehmendem Alter entwickelt sich ein Wettkampfgeist, wieder bei den Burschen stärker als bei den Mädchen. Wer läuft schneller, wer springt höher, wer kann etwas besser? Das sind Vergleiche, die immer interessanter werden genauso wie Mannschaftssportarten. In der Pubertät wird die Lust an Sport und Bewegung naturgemäß schwächer, bei Mädchen früher als bei Burschen. In dieser Zeit sind Vereine besonders als sozialer Treffpunkt sehr wichtig.
Diese Diskrepanzen zwischen den Geschlechtern und die Abnahme der Bewegungsmotivation in der Pubertät – ist das genetisch zu erklären oder durch den gesellschaftlichen Kontext?
Dieser Unterschied ist durch die Gesellschaft bedingt. Denn biologisch sind beide Geschlechter bis zur Pubertät identisch, was Kraft und Ausdauer betrifft. Mädchen werden oft mehr behütet, während bei Burschen leichter akzeptiert wird, wenn sie Gas geben. Diese Haltung motiviert Mädchen automatisch, ihren Bewegungsdrang nicht mehr auszuleben. Diese Stereotypen wären leicht zu brechen, zum Beispiel mit richtigem Sportangebot. Schließlich gibt es eine Diskrepanz des Angebots zwischen den Geschlechtern. Bis zur Pubertät gibt es weder medizinisch noch biologisch einen Grund für eine Geschlechtertrennung beim Sport.
Die fehlende Bewegung bei jungen Menschen ist natürlich durch die Entwicklung unserer Lebensweise mitbegründet. Früher hatte die Freizeitaktivität der Kinder automatisch viel mit Bewegung zu tun. Das hat sich leider geändert. Auch, weil es im urbanen Raum wenig Möglichkeiten gibt, Bewegung auszuleben, ohne dass es gefährlich wird. Mittlerweile müssen sogar Spielgärten und -parks DIN-Normen erfüllen und wenn sich ein Kind verletzt, gibt’s laute Aufschreie und alles ordnet sich der Schuldfrage unter. Heute sind immer die anderen schuld. Diese gesellschaftliche Entwicklung verhindert Bewegung eher als dass sie sie fördert. Umso wichtiger ist es unter diesem Gesichtspunkt, den Schul- und Vereinssport mit verantwortungsvollen Aufsichtspersonen gesellschaftlich zu fördern.
Wie viel Luft nach oben sehen Sie im österreichischen Bildungssystem, gute Voraussetzungen für ausreichend Bewegung der Kinder und Jugendlichen zu sorgen?
In der heutigen Gesellschaft steht der organisierte Sport immer mehr im Vordergrund und gehört daher auch besser gefördert. Das ist entscheidend. Die Schulen müssen erkennen, wie wichtig ein entsprechendes Maß an sportlicher Bewegung für die Gesamtentwicklung des Kindes ist. Man muss in den Köpfen der Verantwortlichen endlich verankern, dass Bewegung keine verlorene Zeit ist, sondern ganz im Gegenteil zu besserer Aufmerksamkeit und Konzentration führt. Alle Vorstöße von Seiten der Sportmedizin und der Pädiatrie, die Schulsportstunden zu forcieren, werden von der Politik reihenweise abgeblockt.
Wie lautet Ihr Appell an die elterliche Verantwortung?
Von Anfang an Bewegung selber mitmachen und vorleben – das ist das A und O. Ich sehe die positiven Entwicklungen bei Jungeltern. Sie gehen an die frische Luft und bewegen sich, angefangen beim Spazieren mit dem Kinderwagen. Da ist die Fortsetzung der Vorbildfunktion gefragt, denn sobald sich das Kind selber bewegt, wird es mühsamer für die Eltern. Es ist wichtig, dass diese angesprochene Stunde Bewegung nicht den Vorstellungen der Erwachsenen entspricht, die bestimmte Ziele verfolgen und Zeitpläne im Hinterkopf haben. Kinder haben andere Interessen, folglich müssen Eltern sich auf das Niveau des Kindes zurückbewegen, die Aktivitäten der Kinder von der Ausdauer über die Koordination bis hin zur Geschicklichkeit übernehmen und mit ihnen die Freude an neu erlernten motorischen Fähigkeiten teilen. Diese positive Rückmeldung ist für sie enorm bedeutend.
Es ist eminent wichtig, das Krabbelgruppen- und Kindergartenalter gut dafür zu nützen, die Freude an Bewegung zu etablieren und Potenziale auszuschöpfen, auf denen das ganze Leben aufgebaut wird. Ist das Kind älter, sind unterschiedliche Aktivitäten bei gemeinsamer Bewegungszeit, die beiden Spaß machen – zum Beispiel läuft Mama und das Kind begleitet sie mit dem Rad – empfehlenswert. Am besten immer draußen im Freien. Ein Motivationsloch in der „pubertären Krisenzeit“ ist normal. In dieser Zeit ist es wichtig, dass die Eltern ihr Schema beibehalten und weiterhin ihren Sport machen. Nach der Pubertät kommt bei den Jungen oft die Freude an der Bewegung zurück und die Radtour mit dem Papa ist plötzlich wieder interessant.
Kann das Zuwenig an Bewegung im Kindesalter im späteren Leben aufgeholt werden?
Energetisch, natürlich. Das geht in jedem Alter und erfordert viel Kopfarbeit und Willensstärke sowie eine große Motivation. Die Koordination dagegen nicht. Die Grundlagen dafür, wie Bewegung ablaufen muss, werden im Kindesalter als Schablonen im Kleinhirn abgelegt. Wird diese Chance verpasst, kann man Koordination nicht mehr erlernen. Hat man sie genützt, hat man alle Voraussetzungen für einen bunten, aktiven und gesunden Lebensstil.
Ich kann das mithilfe eines Bildes skizzieren. Stellen Sie sich eine Wiese vor, auf der ein Kleinkind ungezwungen herumläuft. Es findet überall Wege in allen Richtungen, läuft kreuz und quer. Welche dieser Wege davon ein Leben lang benutzt werden, hängt davon ab, welche auch gebraucht worden sind. Wenn ein Kind immer nur auf dem asphaltierten Weg mitten durch die Wiese spaziert, wird es als Erwachsener Schwierigkeiten haben, über einen Feldweg zu spazieren, geschweige denn im Hochgebirge zu wandern. Das kann man hundertmal wollen und vom Gewicht und Ausdauer her drauf haben, die schlechte koordinative Ausbildung verhindert es.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: Holger Förster | Header-Foto von RUN 4 FFWPU von Pexels
Der Autor
Dr. Holger Förster, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, ist Präsident der AVOS GmbH, ein gemeinnütziger Arbeitskreis für Vorsorgemedizin, der u.a. mit gezielten Initiativen Gesundheitsförderungen in Kindergärten und Schulen im Bundesland Salzburg durchführt. In der Österreichischen Gesellschaft für Kinderheilkunde ist er zuständig für Kindersport und außerdem Vize-Präsident der Gesellschaft für pädiatrische Sportmedizin.
#Mehr Artikel
Training | Equipment | Ernährung | Gesundheit
Phantasm – der Salomon für die Straße
Du bist auf der Suche nach einem Laufschuh, der dich vorantreibt und der dir dank der hauseigenen Energy Blade-Technologie einen kräftigen, reaktiven Abstoß bei jedem Laufschritt gibt? Dann dürfte dir der Salomon Phantasm gefallen.
Mit Geschwindigkeit durch die Natur mit dem Pulsar Trail von Salomon
Flotten Schrittes auf deinen Lieblingstrail – das verspricht Salomon mit dem neuen Pulsar Trail. Mehr Reaktionsfreudigkeit, Stabilität und Komfort steigern dein Naturerlebnis im Laufschritt.
Polar Pacer Pro – Für alle, die besser laufen wollen
Mit der neuen Pacer Pro richtet Polar ein spezielles Angebot an Laufbegeisterte. Die Uhr wurde nämlich speziell für den Laufsport kreiert. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die sinnvolle Anleitung und Unterstützung für einen gesünderen, aktiveren Lebensstil zu bieten“, erklärt Sander Werring, CEO von Polar Electro, und betont das Laufen als beliebteste Sportart der Nutzerinnen und Nutzer von Polar-Trainingscomputern.
Laufpartner und smarter Datensammler
Moderne Sportuhren sammeln etliche wichtige Daten, die den Gesundheits- und Fitnesszustand darstellen. Die Erkenntnisse daraus helfen, mit gezielten Maßnahmen die Gesundheit zu verbessern und das Training zu optimieren.
Lauf, Österreich, lauf!
Vom Stillstand zur Bewegungsoffensive. Jeder und jede kann das machen. Es braucht aber mehr als Privatinitiative. Wie Österreich so richtig ins Laufen kommen kann.
Für gesünderes und effektiveres Laufen mit den Run Bras von Brooks
Mit seiner neuen Run Bra-Kollektion garantiert Brooks sicheres und gesundes Laufen und macht dich startklar für die neue Laufsaison mit vielen unbeschwerten Lauferlebnissen.
Monstermäßiger Lauf mit dem On Cloudmonster
Von leichten Erholungsläufen bis dynamischen, langen Läufen – der neue Performance-Laufschuh aus dem Hause der Schweizer Laufmarke On garantiert spaßiges Tragegefühl und besten Support bei Laufausflügen aller Art.
10.000 Schritte – jeder zählt!
10.000 Schritte, das klingt nach viel. Sie sind aber ein etablierter Messwert für gesundheitsförderndes Verhalten.
Event Highlights
Die Laufsportveranstalter*innen sind mit vollem Elan dabei ein unvergessliches Jahr 2022 zu planen! Die Event-Highlights findest du hier:
Grüner Laufschuhabdruck
Ein sportlich aktiver Lebensstil und umweltbewusstes Verhalten treffen den Zeitgeist. Nachhaltigkeit ist für Läuferinnen und Läufer sowohl auf individueller als auch gesellschaftlicher Ebene bedeutend.
Energiezuschuss für unterwegs
Läufst du länger, läufst du weiter, ist es wichtig, deinen Körper nicht nur mit Flüssigkeit, sondern auch mit Power zu versorgen. Energieriegel und -gels gehören laut Umfragen zum fixen Repertoire von mehr als der Hälfte aller Marathonläuferinnen und Marathonläufer.
#runtheskyline-Feeling in Frankfurt
Laufen mit dem Blick auf Deutschlands einzigartige Hochhauskulisse – der Mainova Frankfurt Marathon macht es möglich. Erlebe am 30. Oktober 2022 ein unvergessliches Lauferlebnis auf einer der schnellsten Marathonstrecken Deutschlands!
Weil Laufen gut tut
Jede Krise kennt Gewinner und Verlierer. Kurzzeitig schien die Sportartikelbranche auf der ungünstigen Seite, doch im Laufe des Jahres 2020 federte der, überwiegend online, gut laufende Verkauf vieles ab. Laufen verspricht offensichtlich wirtschaftlichen Erfolg und viele Unternehmen entwickeln passende Strategien. Ein gemeinsamer Nenner: Laufen für das psychische Wohlbefinden.
MoN Sports – Edeltreibstoff für Läufer
MoN Sports liefert hochwertige, effektive Energie aus natürlichen Inhaltsstoffen für Läuferinnen und Läufer beim Laufen und bei der Regeneration. Österreichs Marathon-Rekordhalter Peter Herzog schwört darauf.
Puma Electrify Nitro: „Sitzt, passt, fühlt sich gut an“
RunUp-Testerin Judith hat den neuen Electrify Nitro Elite getestet. Die 28-Jährige ist eine begeisterte Läuferin und gerne auf Trails und langen asphaltierten Strecken unterwegs.
Naschen und Trinken: Das richtige Maß
Eine Laufrunde befriedigt unser Belohnungszentrum im Gehirn. Das ist ein Grund, warum wir uns in der Regel nach dem Laufen besser fühlen. „Ernährungssünden“ tun das auch, mit dem Potenzial negativer Auswirkungen. Allerdings nicht bei einem geregelten Konsum.
Salomon S/LAB Pulsar: Anschnallen – ready for take-off!
Nicht jeder bezwingt die Trails so legendär wie Testimonial Kilian Jornet, für den der S/LAB Pulsar von Salomon konzipiert wurde, aber viele Läuferinnen und Läufer dürfen sich mit dem neuen Modell über Superleichtes und Zündendes an ihren Füßen freuen.
Booster für das Immunsystem
Laufen leistet einen wesentlichen Beitrag für ein gestärktes Immunsystem. Warum ist dem so und wie funktioniert unser Immunsystem?
Innovativ nachhaltig: Laufschuhe aus Emissionen
Der Schweizer Laufschuhhersteller On verkündet eine Top-Innovation in der Laufschuhherstellung. Rohstoffe aus dem Erdölabbau werden durch umweltschädliche Emissionen ersetzt. Dieser beeindruckende Schritt ist eine weiterer wichtiger im Prozess hin zu nachhaltigerem Laufsport. Denn Nachhaltigkeit ist in der Laufszene auf mehreren Ebenen immer bedeutender.
Musik im Läuferohr
Der richtige Song kitzelt die Emotionen aus der Lethargie, verleiht Aufbruchstimmung und Tatendrang. Er kann entspannen und ein Wohlgefühl hervorrufen. Ist Musik ein geeigneter Laufpartner? Kann der richtige Beat tatsächlich den Laufrhythmus vorgeben? Kann die Musik gar in schwierigen Laufmomenten helfen?