Enter your email address below and subscribe to our newsletter

Burgenländisches Duo bei Hallen-WM in Nanjing

Am Wochenende steht der Höhepunkt der diesjährigen Hallensaison auf dem Programm. Die rot-weiß-roten Farben vertritt ein Läufer-Duo aus dem Burgenland.
Weiterlesen

Share your love

Das Burgenland ist das östlich gelegenste, jüngste, drittkleinste und bevölkerungsärmste Bundesland Österreichs. Doch bei den Hallen-Weltmeisterschaften 2025 von Nanjing stellt es 100% der kleinen, aber feinen ÖLV-Delegation. 1.500m-Spezialist Raphael Pallitsch (Union St. Pölten) und 800m-Läuferin Caroline Bredlinger (LT Bgld Eisenstadt) sind die einzigen heimischen Athletinnen und Athleten, die den Doppelstart EM und WM unter dem Hallendach wagen. Sieben andere ÖLV-Athletinnen und -Athleten hätten die Qualifikationsvorgaben erfüllt, verzichten aber aus unterschiedlichen Gründen. Auch die restlichen heimischen Teilnehmer*innen an den Hallen-Europameisterschaften von Apeldoorn vor knapp zwei Wochen.

Für Raphael Pallitsch sind die Hallen-Weltmeisterschaften bereits das fünfte internationale Großereignis in den letzten eineinhalb Jahren. Die Trainingseinheiten nach Apeldoorn und vor der frühzeitigen Anreise nach China machen ihm Hoffnung, auch in Nanjing in bestmöglicher Form an den Start zu gehen. „Die Umfänge in meiner Saisonvorbereitung waren hoch und ich hab die Zeit gut genutzt. Daher fühle ich mich gut und richtig fit“, so der 35-Jährige.

Ein Copy-and-Paste-Szenario

Nach etlichen Absagen, vor allem aus Europa, ist der Österreicher vom 28. Platz der Qualifikationsliste auf den 15. gerückt. Damit ist seine Ausgangsposition ähnlich wie bei der EM. Dank einiger weniger afrikanischer Teilnehmer, darunter Titelverteidiger Samuel Tefera aus Äthiopien, der bei der Hallen-WM 2022 in Belgrad den großen Jakob Ingebrigtsen besiegen konnte, sowie dem Australier Oliver Hoare ist die Dichte ganz an der Spitze gemeinsam mit den besten Europäern etwas größer als in Apeldoorn, die Dichte im Mittelfeld ist im WM-Feld etwas geringer.

Die besten Europäer im Feld sind Europameister Jakob Ingebrigtsen, der sich trotz des direkt nach der WM anstehenden Gerichtsprozess gegen seinen Vater, in dem er Ankläger ist, kurzfristig für einen Start entschieden hat, der Bronzemedaillengewinner aus Apeldoorn, Isaac Nader aus Portugal, die Briten Neil Gourley und Adam Fogg, der Ire Andrew Coscoran, der in Apeldoorn die 3.000m gelaufen ist, sowie der Schwede Samuel Pihlström, der als Gesamtsieger der diesjährigen World Indoor Tour eine Wildcard hat. Dazu kommt 800m-Hallen-Europameister Samuel Chapple, der in Nanjing das Mittelstrecken-Doppel versucht.

Kleine Randnotiz: Jakob Ingebrigtsen war noch nie Hallen-Weltmeister, vielleicht kam auch daher eine Absage, ein Jahr, nachdem er die Hallen-WM von Glasgow verletzungsbedingt verpasst hatte, nicht in Frage.

Taktik nach der Auslosung

In Apeldoorn hatte Pallitsch nach einer nicht sehr glücklichen Auslosung das Duell gegen Pihlström um den Aufstieg ins Finale knapp verloren. „Wenn der Modus gleich ist wie bei der EM, ist das Finale an einem guten Tag drin. Das ist das Ziel, ich will mit dieser Hallen-WM einen Schritt vorwärts machen“, gibt der Burgenländer an. Diesen Schritt vorwärts würde er gegebenenfalls auch bei einem verpassten Finale sehen, nämlich „wenn ich mir nichts vorwerfen kann“. Taktische Überlegungen stellt er nach der Auslosung an: „Dann werde ich einen Plan machen, wie aktiv ich laufen will und wann ich gerne ins Wettkampfgeschehen aktiv eingreife.“ So wie bei der EM.

Raphael Pallitsch bei der Hallen-EM 2025. © ÖLV / Sona Maleterova

Pallitsch, der aus Oggau, auf Halbweg von der Landeshauptstadt Eisenstadt zum Neusiedlersee, stammt, blickt realistisch auf das Feld. Ihm ist bewusst, dass ihm ein ähnliches Schicksal wie in Apeldoorn blühen könnte. „Die Ausgangsposition ist ,Copy and Paste’ zur Hallen-EM. Also könnte es mir passieren, dass es mit dem Finale knapp nicht reicht. Auch mit einer guten Leistung.“

Hoffen auf Wettkampf-Glück

Der Olympia-Teilnehmer von Paris 2024 nutzt den Trip ins Reich der Mitte, um nach dem sportlichen Auftritt einen Kurzurlaub mit seiner Lebenspartnerin anzuschließen. Kurz durchschnaufen, bevor die Vorbereitung der Freiluftsaison mit Trainingslagern auf dem Programm steht. Die Reisestrapazen könnten auch auf die Leistungen im Feld eine Auswirkung haben. Außerdem hofft der Österreicher darauf, dass der ein oder andere Kontrahent am Ende der langen Saison nicht mehr in der Form vergangener Wochen ist. „Das sind aber Unbekannten, die nicht planbar sind, sondern erst nach dem Rennen sichtbar werden. Daher verschwende ich keinen Gedanken daran und muss davon ausgehen, dass jeder meiner Konkurrenten in Topform ist“, so Pallitsch.

„Falscher Ehrgeiz“

Dass doch einige Athleten die Hallen-WM auslassen, überrascht den Österreicher nicht – er hat es aus Gesprächen in Apeldoorn von den Europäern mitbekommen. Verständnis hat er keines: „Ich empfinde es als falschen Ehrgeiz, wenn jemand sagt, die Reise zur WM koste wertvolle Trainingszeit. Natürlich sind die Strapazen entsprechend, aber wir sind alle Profis und daher sollte es uns Wert sein, bei einer WM dabei zu sein – auch wenn sie in einer anderen Zeitzone über die Bühne geht.“ Diese Entscheidungen treiben kuriose Blüten: So ist das Schweizer Team mit 13 Athleten deutlich größer als das deutsche mit nur acht.

In Pallitschs Disziplin fehlen vom Finalfeld der Hallen-EM in Nanjing die Franzosen Azzedine Habz (2.), Louis Gilavert (5.) und Paul Anselmini sowie der Deutsche Robert Farken. Von der internationalen Konkurrenz glänzen das komplette Olympia-Stockerl von Paris (Cole Hocker, Josh Kerr und Yared Nuguse), dazu der US-amerikanische Meister Hobbs Kessler und der neuseeländische Titelverteidiger und Überraschungsweltmeister George Beamish aus Neuseeland durch Abwesenheit. Nur 24 der 30 verfügbaren Startplätze wurden überhaupt besetzt, exklusive Wildcards dürfen Nationen maximal zwei Athleten nominieren. Im üblichen harten Kampf der Limits und Weltranglistenpositionen eher ein erbärmliches Zeugnis für den situativen Moment.

Der Wettkampfplan für Pallitsch und Bredlinger

  • Freitag, 21. März ab 4:15 Uhr (MEZ) – Vorläufe im 800m-Lauf der Frauen
  • Freitag, 21. März ab 12:18 Uhr (MEZ) – Vorläufe im 1.500m-Lauf der Männer
  • Samstag, 22 März ab 5:05 Uhr (MEZ) – Halbfinalläufe im 800m-Lauf der Frauen
  • Sonntag, 23. März um 13:15 (MEZ) – Finale im 1.500m-Lauf der Männer
  • Sonntag, 23. März um 13:54 (MEZ) – Finale im 800m-Lauf der Frauen

Überraschende Qualifikation für Bredlinger

Dass mit Caroline Bredlinger eine „Fast-Nachbarin“ bei der Hallen-WM dabei ist, freut Routinier Pallitsch sehr. Die 23-Jährige, die sich in einem vierwöchigen Trainingslager an der Algarve auf die Hallensaison vorbereitet hat, ist sowohl in das Feld der Hallen-EM als auch in jenes der Hallen-WM gerutscht. Beide Zitterpartien gingen nach dem knapp verpassten EM-Limit bei den Staatsmeisterschaften in Linz gut aus für die junge Athletin, die aus Trausdorf in der Nähe von Eisenstadt stammt. Also gerade einmal zehn Kilometer Luftlinie von Oggau entfernt.

Dass die 800m-Läuferin mit ihrer Saisonbestleistung von 2:02,11 Minuten ins WM-Feld rutschen würde, war kaum absehbar und hat auch sie überrascht. Aber ihre Hartnäckigkeit beim Österreichischen Leichtathletik-Verband hat sich ausgezahlt, in der nach etlichen Absagen bereinigten Listen ist sie auf Platz 24 der 27 Läuferinnen umfassenden Qualifikationsliste mit dabei. Sieben Europäerinnen sind vor ihr gelistet, darunter das Schweizer Duo Audrey Werro und Rachel Pellaud sowie die polnische Hallen-Europameisterin Anna Wielgosz. „Die Hallen-EM hat mir gezeigt, dass auch in einem solchen Feld alles möglich sein kann. Ich werde versuchen, meine Chance zu suchen“, liebäugelt Caroline Bredlinger durchaus mit einem Halbfinal-Einzug. Die Qualifikation für die Hallen-WM vor einem Jahr in Glasgow hatte die Burgenländerin noch haarscharf verpasst.

Caroline Bredlinger bei der Hallen-EM 2025. © ÖLV / Sona Maleterova

Mit mehr Mut

In Apeldoorn hatte sie das Pech, im langsamsten der Vorläufe zu sein, und war in der Analyse nicht rundum zufrieden mit ihrem taktischen Verhalten in der Schlussphase. Dennoch fehlte nicht viel zu den renommierten Kontrahentinnen, die die beiden Halbfinalplätze in dem Vorlauf damals buchten. „Die Erkenntnis aus Apeldoorn lautet für mich: Mehr Mut zum aktiv Agieren!“, unterstreicht die mehrfache Staatsmeisterin. Für den WM-Auftritt will sie keinen zusätzlichen Druck aufbauen, sie kennt ihre Position als Außenseiterin: „Die Devise lautet: das Beste herausholen sowie bestmöglich positionieren und platzieren.“

Für die junge Mittelstreckenläuferin ist der Trip nach Nanjing der vorläufige Höhepunkt ihrer Karriere. „Einer, der mir als Athletin wichtige Erfahrungen für die weitere Karriere bringen wird“, ist sie überzeugt. Eine so lange Anreise zu einem Wettkampf ist neu für sie, eine so kleine Delegation ebenso. Erstmals bei einem wichtigen Wettkampf wird auch ihre Mutter und Trainerin Ursula in Nanjing nicht dabei sein.

Die Finalentscheidungen in den Laufdisziplinen

  • Samstag, 22. März um 12:15 Uhr (MEZ) – Finale im 3.000m-Lauf der Frauen
  • Samstag, 22. März um 12:33 Uhr (MEZ) – Finale im 3.000m-Lauf der Männer
  • Sonntag, 23. März um 13:15 Uhr (MEZ) – Finale im 1.500m-Lauf der Männer
  • Sonntag, 23. März um 13:28 Uhr (MEZ) – Finale im 1.500m-Lauf der Frauen
  • Sonntag, 23. März um 13:40 Uhr (MEZ) – Finale im 800m-Lauf der Männer
  • Sonntag, 23. März um 13:54 Uhr (MEZ) – Finale im 800m-Lauf der Frauen

Ingebrigtsen zielt auf Doppel ab

International lassen die Hallen-Weltmeisterschaften spannende Entscheidungen um die Medaillen erwarten, auch wenn, wie bei Hallen-Weltmeisterschaften nicht unüblich, etliche globale Stars fehlen. Besonders in Kenia spielt die Hallensaison traditionell kaum eine wichtige Rolle, viele Kenianerinnen und Kenianer laufen im Winter die heimischen Crossläufe oder internationale Straßenläufe. Gerade einmal zehn Sportler*innen umfasst das kenianische Team für Nanjing, darunter einige, die nicht in der Heimat leben und trainieren. Die 14 nominierten Athletinnen und Athleten aus Äthiopien weisen eine höhere Qualität auf.

Auch fast die komplette US-Spitze in den Laufdisziplinen fehlt. So könnte neuerlich Jakob Ingebrigtsen einer der Topstars des Events werden. Der Norweger plant einen Doppelstart über 1.500m und 3.000m. Da in beiden Disziplinen die Hauptkontrahenten bis auf eine Ausnahme auf globaler Ebene fehlen, ist Doppel-Gold trotz des engen Wettkampfprogramms für den Norweger vorstellbar. Im 3.000m-Lauf ist mit Berihu Aregawi ein zweiter Topstar dabei. Der Äthiopier, der eigentlich im März sein Halbmarathon-Debüt feiern wollte, wurde kurzfristig vom äthiopischen Verband nominiert. Im 800m-Lauf liegt die Favoritenrolle auf den Schultern von Josh Hoey, der nach seinem grandiosen US-Hallenrekord in New York (1:43,24) in die Fußstapfen seines diesmal abwesenden Landsmanns Bryce Hoppel treten könnte. Europäische Medaillenchancen haben Europameister Samuel Chapple aus Holland und Silbermedaillengewinner Eliott Crestan, der einzige im Feld, der in den Top-Ten der Weltrangliste liegt.

Äthiopische Favoritinnen

Bei den Frauen fehlt im 800m-Lauf die Engländerin Keely Hodgkinson, die nach ihrer Verletzung nicht rechtzeitig fit geworden ist. Favoritin ist die Hallen-Weltmeisterin von 2024, Tsige Duguma aus Äthiopien. Auch US-Meisterin Nia Akins sowie die beiden Olympia-Finalistinnen Shafiqua Maloney von der Inselgruppe St. Vincent und den Grenadinen und Prudence Sekgodiso aus Südafrika zeigten sich in den vergangenen Wochen gut in Form.

Im 1.500m-Lauf sind mit den Äthiopierinnen Gudaf Tsegay und Diribe Welteji zwei internationale Topnamen am Start. Nach der EM-Enttäuschung will Georgia Hunter-Bell Wiedergutmachung in einem insgesamt dünnen Feld der Medaillenkandidatinnen. Auch die Schweizerin Joceline Wind hat es ins Starterfeld geschafft, eine ähnliche Überraschung wie bei Bredlinger. Der 3.000m-Lauf wird ebenfalls von einem äthiopischen Duo angeführt, Freweyni Hailu und Birke Haylom. Die irische Hallen-Europameisterin Sarah Healy, die Australierin Jessica Hull und US-Meisterin Whittni Morgen sind in der Rolle der Herausforderinnen.

Vierter Versuch glückt

Die Hallen-Weltmeisterschaften von Nanjing hätten bereits im Jahr 2020 über die Bühne gehen sollen, fielen jedoch der COVID-19-Pandemie zum Opfer. Versuche, sie in den Jahren 2021 und 2023 nachzuholen, scheiterten an den damaligen Einreiseregeln nach China. Der vierte Versuch gelingt. Die Wettkämpfe, für die über 500 Leichtathlet*innen aus rund 120 Nationen in die ehemalige chinesische Hauptstadt fliegen, gehen im Nanjing’s Cube über die Bühne.

Es ist die 21. Auflage von Hallen-Weltmeisterschaften. Zum ersten Mal seit 1999 (Maebashi, Japan) finden sie in Ostasien statt, zum ersten Mal seit Doha 2010 ist der asiatische Kontinent Gastgeber der Hallen-Weltmeisterschaften. So spät wie in diesem Jahr stand noch nie eine Hallen-WM auf dem Programm, allerdings findet auch der Freiluft-Höhepunkt, die WM in Tokio, unüblich spät in der Saison statt.

Autor: Thomas Kofler
Bilder: © Olaf Brockmann, © ÖLV / Sona Maleterova

Share your love