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Camille Herron ist in der Ultralaufszene eine prominenter Name. Zwölf Weltrekorde gehen auf das Konto der 42-Jährigen, sie ist mehrfache Weltmeisterin auf diversen Ultra-Straßenlauf-Distanzen. Sie gewann den berühmten Ultramarathon Comrades Marathon in Südafrika und den Spartathlon in Griechenland, diese Kombination ist einzigartig. Den berüchtigten Ultralauf Spartathlon absolvierte die Amerikanerin als erste Läuferin der Geschichte unter 24 Stunden. Außerdem gewann sie diverse Marathonläufe in den USA und hält den Guiness Weltrekord für den schnellsten Marathon in einem Spiderwomen-Kostüm.
Nun steht sie in der Szene allerdings massiv in Kritik. Der durchaus peinliche Vorwurf: Herron und ihr Ehemann Conor Holt, gleichzeitig ihr langjähriger Trainer, sollen systematisch und über Jahre hinweg unter Verwendung von Nicknames ihr eigenes Wikipedia-Profil wohlwollend und zum eigenen Vorteil sowie die Wikipedia-Seiten zahlreicher Kontrahent*innen, darunter auch die Ultralauf-Legenden Kilian Jornet und Courtney Dauwalter, abwertend und zu deren Nachteil manipuliert haben. Hauptsächlich ging es um Formulierungen der Einschätzungen von Leistungen und die Art und Weise der Begrifflichkeiten in Adjektiven.
Wikipedia hat Anfangs der Woche beide Nickname-Profile gesperrt. Davor hätte die Administration des informativen Onlineportals mehrere Verwarnungen aufgrund Verletzungen des Neutralitätsgebots ausgesprochen, berichten diverse Plattformen. Herron hat mittlerweile etliche ihrer sozialen Kommunikationskanäle gelöscht und sich bisher nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Ihr Ehemann übernahm in einer publizierten Nachricht an die US-Plattform „Let’sRun.com“ die volle Verantwortungen für die Aktivitäten und versuchte somit wohl, seine Frau zu schützen.
Erste Folgen des Skandals sind beträchtlich. Herrons wichtigster Sponsor Lululemon, ein Sportkleidungshersteller für Frauen, beendete postwendend die Partnerschaft. Das Vorgehen der Athletin sei nicht vereinbar mit den Werten des Unternehmens, heißt es in einem Statement gegenüber dem Canadian Running Magazine. Das Canadian Running Magazine war auch die erste Plattform, die über den Wikipedia-Skandal berichtete.
Ihr aktueller englischsprachiger Wikipedia-Artikel offenbart eine Reihe von tragischen, interessanten und beeindruckenden Fakten aus ihrem Leben abseits der sportlichen Leistungen. Camille Herron überzeugte als erfolgreiche Studentin an den Universitäten von Tulsa und in Oregon und beschäftigte sich dabei mit Verletzungen bei Läufer*innen sowie das Stressverhalten beim Sport auf den Organismus.
Herron ist seit Geburt schwerhörig, wäre im Alter von drei Jahren beinahe ertrunken und überlebte als Erwachsene einen schweren Autounfall. Als sie 17 war, fegte ein Tornado den Besitz ihrer Familie in Oklahoma weg. Das (lange) Laufen war offenbar seit ihrer Jugend das Instrument, eine positive Beziehung zum Leben aufzubauen und zu pflegen. Erst in diesem Jahr wurden ihr Autismus und ADHS diagnostiziert. Herron schrieb in einem Blog auf „Flow Space“ offen darüber und titelte, seit dieser Diagnose ergebe ihr ganzes Leben Sinn.
Autor: Thomas Kofler
Bild: © Unsplash / Luke Chesser