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Crosslauf-EM 2018: Anlaufen gegen die türkische Dominanz

Nach Jahren der Austragungen im östlichen oder südöstlichen Europa oder exotisch anmutende Rennen im mediterranen Klima kehrt Europas Leichtathletik erstmals seit acht Jahren (damals Albufeira in Portugal) an einen Ort mit großer Crosslauf-Tradition zurück, um die jährlichen Europameisterschaften auszutragen. Die…

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Andreas Vojta bei der Crosslauf-EM 2015 in Frankreich. © SIP / René van Zee
Nach Jahren der Austragungen im östlichen oder südöstlichen Europa oder exotisch anmutende Rennen im mediterranen Klima kehrt Europas Leichtathletik erstmals seit acht Jahren (damals Albufeira in Portugal) an einen Ort mit großer Crosslauf-Tradition zurück, um die jährlichen Europameisterschaften auszutragen. Die holländische Kleinstadt Tilburg hat sich für diesen Großanlass schick gemacht und ihre Crosslauf-Anlage im Vorjahr erneuert. Die neue Crosslauf-Strecke im Beekse Bergen Safari Park durften zahlreiche europäische Läuferinnen und Läufer bereits beim traditionellen Warandeloop vor gut einer Woche austesten – darunter auch die Österreicher Andreas Vojta, Luca Sinn und Timon Theuer. Vor 13 Jahren war Tilburg bereits einmal Gastgeber der Crosslauf-EM, damals mit dem Heimsieg von Lornah Kiplagat vor Sabrina Mockenhaupt und einem der zahlreichen Triumphe von Sergej Lebid.
 

Schwierige Strecke ohne Rhythmus

Dass Tilburg ein Ort ist, der echten Crosslauf lebt, erkennt man auch an der Strecke, die alle Herausforderungen und „Gemeinheiten“ eines Crosslaufs vereint. Wiesenboden, befestigter Boden und erwartet tiefer Boden am Seeufer mit möglichen natürlich gebildeten Wasserlöchern in engen Kurven wechseln sich ab. Es gibt lange Geraden genauso wie enge Kurven mit lästigen Brems- und Beschleunigungsmanövern, kurze, giftige Anstiege und Bergabpassagen genauso wie Rhythmusbrecher in Form von künstlichen Hindernissen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bietet sich am Sonntag, 9. Dezember eine schwierige Strecke, die vielen alles abverlangen wird.
 

Zehnter Auftritt für Vojta

Der Österreichische Leichtathletik-Verband (ÖLV) ist mit einem kleinen Team beim kontinentalen Höhepunkt der Crosslauf-Saison vertreten. Bei den Männern, die eine 10.300 Meter lange Strecke absolvieren müssen, sind Andreas Vojta (team2012.at) und Timon Theuer (DSG Wien) am Start (14:10 Uhr). Der 29-jährige mehrfache EM-Teilnehmer im Stadion startet bereits zum zehnten Mal bei Crosslauf-Europameisterschaften. Zum Jubiläum ist eine Verbesserung seines bisher besten Platzierung (Rang 32 im Vorjahr in Samorin) das Ziel. Immerhin: Durch seine Umorientierung auf die langen Strecken auf die Bahn kommt Vojta der Distanz bei Crosslauf-Europameisterschaften immer näher, dennoch wird das Rennen knochenhart, insbesondere bei dem zu erwartend hohen Tempo vom Start weg. Diese Ausgangsposition stellt den 24-jährigen Theuer vor eine enorme Aufgabe, die das wertvolle Sammeln von Erfahrungen vorsieht. Denn der Wiener ist zum zweiten Mal nach dem nicht beendeten Rennen 2017 in der Allgemeinen Klasse am Start, vor zwei Jahren war er in der Altersklasse U23 abgeschlagen, 2018 bei der Universiade auf Platz 39.
 

Türkische Serie

Zuletzt gewannen vier aus Kenia eingebürgerte Türken die Goldmedaille bei den Crosslauf-Europameisterschaften. Titelverteidiger ist Marathon-Spezialist Kaan Kigen Özbilen, der genauso wie seine Vorgänge Aras Kaya (2016) und Polat Kemboi Arikan (2014) auch heuer am Start ist. Özbilen lief vor eineinhalb Monaten einen starken Amsterdam Marathon (Fünfter) und belegte bei den Europameisterschaften von Berlin im 10.000m-Lauf den zehnten Platz. Außerdem zieren starke Halbmarahtons seine Saisonbilanz: Bronze bei den Mittelmeerspielen, Rang drei in Istanbul und Rang neun bei der WM in Valencia. Mit anderen Worten: Der 32-Jährige reist wohl in Top-Form nach Holland und zählt zu den ersten Anwärtern auf Gold. Die Saison von Arikan war eine mittelmäßige. Rang sechs bei den Europameisterschaften von Berlin (5.000m) und die Ränge sechs, sieben und 13 bei Halbmarathonläufen in Istanbul und zweimal in Lissabon waren die Highlights. Dagegen blickt Aras Kaya auf kein erfolgreiches Jahr zurück.
 

Herausforderer aus Südeuropa und Skandinavien

Angesichts des Abschneidens in den letzten Jahren gehen die Türken als Favoriten ins Rennen. Aber die Elite der restlichen europäischen Nationen wird ihnen versuchen, das Leben so schwer wie möglich zu machen. Traditionell stark sind die Spanier rund um Adel Mechaal, im Vorjahr Zweiter, Fernando Carro, Antonio Abadia und Javier Guerra. Wo immer Henrik Ingebrigtsen und sein Bruder Filip auf europäischem Parkett auftauchen, gehören sie automatisch zu den Medaillenkandidaten. Henrik gewann 2012 in der Altersklasse U23 die Goldmedaille, für Filip ist es das EM-Debüt in dieser Disziplin. Bei ihm bleibt die Frage, wie er als 1.500m-Spezialist mit der Distanz von 10,3 Kilometern zurecht kommen wird.
Zu den weiteren Medaillenkandidaten zählt auch der Italiener Yemaneberhan Crippa, der die Allgemeine Klasse dem U23-Rennen vorgezogen hat. Der 22-Jährige hat bereits vier Medaillen bei Crosslauf-Europameisterschaften gesammelt, darunter zwei Goldene bei den Junioren. Er kommt mit der Empfehlung der besten Saison seiner Karriere und Bronze bei den Europameisterschaften von Berlin im 10.000m-Lauf. Der Franzose Hassan Chahdi, der wie Vojta zum zehnten Mal teilnimmt, war 2010 U23-Europameister und gewann in den Jahren 2011 und 2012 in der allgemeinen Klasse zwei Medaillen. Im Vorjahr war er als Vierter knapp leer ausgegangen. Die stärksten Briten im Feld dürften Ross Millington und Dewi Griffiths sein, die belgische Hoffnung ist der ehemalige U23-Europameister Isaac Kimeli, die schwedische Napoleon Solomon.
 

Zwölfte EM für Lokalmatador Butter

Erfahrenster Läufer im Feld ist Lokalmatador Michel Butter, der in seine zwölfte Crosslauf-EM geht und bereits 2005 in Tilburg dabei war. Mehr haben nur der Neunfach-Europameister Sergej Lebid (1989 und der Italiener Gabriele de Nard (17). Butters bestes Resultat war übrigens ein neunter Platz 2008.
Deutschland schickt ein Sextett ins Rennen: Jannik Arbogast, Simon Boch, Martin Grau, Florian Orth, Philipp Reinhardt und Konstantin Wedel werden jedoch nicht um die Spitzenpositionen mitkämpfen können. Genau dasselbe gilt für das Schweizer Trio Ilias Hernandez, Marco Kern und Florian Lussy. 99 Athleten aus 26 Nationen stehen auf der Meldeliste.
 

ÖLV-Duo im U23-Rennen

Auch im 102 Läufer aus 25 Ländern umfassenden Starterfeld der Altersklasse U23 (8.300 Meter) sind mit Julian Kreutzer (SU IGLA long life) und Luca Sinn (UAB Athletics) zwei ÖLV-Läufer am Start (12:05 Uhr). Für Kreutzer ist es der zweite Auftritt nach Rang 66 vor zwei Jahren. EM-Teilnehmer Sinn muss sich am 57. Platz aus dem Vorjahr messen lassen.
Die Favoriten um Gold kommen aus Frankreich: Jimmy Gressier und Hugo Hay feierten in Samorin 2017 einen umjubelten Doppelsieg. Louis Chilavert, im Vorjahr Dritter in der Altersklasse U20, ist der dritte Medaillenanwärter der Grande Nation. Die stärksten Konkurrenten könnten der Belgier Simon Debognies, der Finne Topi Raitanen und der Deutsche Samuel Fitwi, Sieger des Crosslaufs in Darmstadt, sein. Für Deutschland gehen außerdem Markus Görger, Vorjahres-Zehnter bei den Junioren, Lukas Eisele, Davor Aaron Bienenfeld, Yannick Reihs und Jannik Seelhöfer ins Rennen.
 

Ingebrigtsen holt zum Hattrick aus

Im Rennen der Altersklasse U20 (Start: 11:05 Uhr) mit Beteiligung von 103 Athleten, welches über die Distanz von 6.300 Metern führt, wäre alles andere als der dritte Titel in Folge durch Jakob Ingebrigtsen eine wahre Sensation. Das norwegische Ausnahmetalent hat im laufenden Kalenderjahr bereits bewiesen, die Europaklasse auch in der Allgemeinen Klasse bereits zu beherrschen. Der 18-Jährige denkt schon einen Schritt weiter: „Mein Ziel ist es, bis Lissabon 2019 vier Goldmedaillen in der Altersklasse U20 zu gewinnen.“ Das sagte er gegenüber norwegischen Medien. Die Ingebrigtsen-Brüder bereiteten sich im US-amerikanischen Flagstaff auf die Crosslauf-EM vor. Mit Jake Heyward haben auch die Briten ein großes Talent im Team, das auf einen Medaillengewinn schielt. Er gewann bei den Junioren-Europameisterschaften 2017 in Grosseto Gold, nachdem Ingebrigtsen zu Sturz gekommen war, und belegte bei den Junioren-Weltmeisterschaften 2018 den respektablen vierten Platz – jeweils im 1.500m-Lauf.
Albert Kokaly (DSG Maria Elend) ist Österreichs Einzelkämpfer im Rennen. Der Kärntner kämpft um Wiedergutmachung nach einer enttäuschenden Crosslauf-EM 2017. Der DLV schickt Nick Jäger, Tade Kohn, Mohamed Mohumed, Dominik Müller, Elias Schreml und Jannik Weiß ins Rennen, Swiss Athletics hat Maurice Christen, Yvyes Cornillie, Nicola Hagger, Bjarne Kölle, Loris Pellaz und Julien Stalhandske nominiert. Beide nützen also das Maximal-Kontingent von sechs Läufern pro Nation aus.
 
Die RunAustria-Vorberichterstattung auf die Frauen-Rennen: Hattrick für Can?
 
 
Crosslauf-Europameisterschaften 2018 in Tilburg

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