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Crosslauf-EM 2024: Europas Stars in Antalya

Angeführt von Jakob Ingebrigtsen und Nadia Battocletti kämpfen zahlreiche europäische Laufstars in Antalya um Gold, Silber und Bronze bei der Crosslauf-EM 2024.
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Rein von der sportlichen Besetzung und der Qualität der Teilnehmerfelder ist es das Jahres-Highlight für den europäischen Laufsport abseits der Olympischen Spiele von Paris. Etliche der besten europäischen Läufer*innen von den Mittelstrecken bis hinauf zu den langen Straßenlauf-Distanzen sind bei der ersten Crosslauf-EM, die erstmals nicht auf europäischem Boden stattfindet, dabei. In den letzten Jahren dominierten Großbritannien in der Breite und Norwegens Stars an der Spitze der Allgemeinen Klasse, doch die dreifache Europameisterin Karoline Bjerkeli Grövdal hat ihren Start kurzfristig abgesagt. RunUp.eu blickt auf die wichtigsten Protagonist*innen des Spektakels am Sonntag – für Europa der Höhepunkt der diesjährigen Crosslauf-Saison.

RunUp.eu-Lesetipp: Die Crosslauf-EM-Vorbericht über die österreichischen Athletinnen und Athleten

Starkes U23-Team bei der Crosslauf-EM

Jakob Ingebrigtsen (Norwegen)

Europas Laufstar schlechthin, der zweifache Olympiasieger und zweifache Weltmeister auf der Bahn, war der große Abwesende im vergangenen Jahr, als eine Achillessehnenverletzung seinen Start in Brüssel verhinderte. Jakob Ingebrigtsen ist bei Crosslauf-Europameisterschaften ungeschlagen: Zwischen 2016 und 2019 gewann er viermal in Folge das Juniorenrennen, 2021 und 2022 holte er die Titel bei den Erwachsenen. In Antalya soll das Triple vollendet werden. Der 24-Jährige ist zweifelsohne der große Favorit und der Mann, den es am Sonntag zu schlagen gibt – und der im Normalfall unschlagbar ist, zumal ihm die verkürzte Distanz von weniger als 8.000 Metern entgegen kommen dürfte.

Ingebritsens Hauptkontrahenten

🇫🇷 Yann Schrub: In Abwesenheit Ingebrigtsens feierte Yann Schrub im vergangenen Jahr seinen größten Erfolg: Crosslauf-Europameister 2023. Auch sein Wettkampfjahr 2024 verlief mit der Silbermedaille bei der EM in Rom über 10.000m sowie der Finalteilnahme bei den Olympischen Spielen von Paris über 5.000m erfolgreich.

🇮🇹 Yemaneberhan Crippa: Der Italiener hat bereits fünf Medaillen bei Crosslauf-Europameisterschaften gewonnen, darunter zwei Junioren-Titel in der Zeit vor der Ingebrigtsen-Ära. Zuletzt hatte er eher Pech: 2021 musste er wegen Unwohlsein in der Spitzengruppe laufend aussteigen, 2022 verpasste er beim Heimspiel in Turin als Vierter knapp Edelmetall, 2023 war er einer der Opfer der für ihn suboptimalen Bedingungen.

🇪🇸 Thierry Ndikumwenayo: Der seit rund einem Jahr für Spanien startberechtigte Thierry Ndikumwenayo war als Neunter bei der Crosslauf-WM im März bester Europäer. Bei der EM in Rom gewann er Bronze im 10.000m-Lauf, bei den Olympischen Spielen gelangen dem 27-Jährigen zwei Top-15-Plätze. Vor drei Wochen gewann er den Crosslauf in Sevilla, einen der bestbesetzten des Jahres.

In der Nationenwertung feierte das belgische Team beim Heimspiel in Brüssel vor einem Jahr einen umjubelten Heimsieg. Das dafür verantwortliche Trio ist wieder am Start: Robin Hendrix, im Vorjahr Bronzemedaillengewinner im Einzel, John Heymans und Isaac Kimeli. Erster Herausforderer der Belgier sind wohl die Norweger, die neben Topfavorit Ingebrigtsen auch Magnus Tuv Myhre, letztjähriger Silbermedaillengewinner, am Start haben, sowie Frankreich rund um den amtierenden Europameister Yann Schrub. Die Franzosen müssen allerdings auf Jimmy Gressier verzichten, der sich in diesem Winter auf den Straßenlauf mit Blick auf die Straßenlauf-EM im April konzentrieren will. Auch die traditionellen Crosslauf-Nationen Großbritannien und Spanien können dank ausgeglichener Aufgebote auf Edelmetall hoffen.

Dass das norwegische Team nicht noch stärker besetzt ist, liegt übrigens an einem Wirbel, der durch die Nominierungen des Verbandes erzeugt wurde. Da dieser den ehemaligen Europameister Filip Ingebrigtsen anstelle von Per Svela nominierte, boykottierte Svelas Trainingspartner Narve Gilje Nordas die Crosslauf-EM. In der norwegischen Zeitung „VG“ bezeichnete der WM-Medaillengewinner im 1.500m-Lauf diese Entscheidung als „absurd und inakzeptabel“, da Svela im Herbst deutlich bessere Leistungen nachwies als Filip Ingebrigtsen. Brisant ist diese Geschichte auch deshalb, da Nordas von Gjert Ingebrigtsen trainiert wird. Der Vater und ehemalige Trainer der Ingebrigtsen-Brüder steht gegenwärtig nach Anklage seiner Söhne vor Gericht.

Österreich ist im Männerrennen mit einem Duo vertreten: Andreas Vojta (team2012.at) und Tobias Rattinger (LAC Amateure Steyr) wissen, dass die Trauben in diesem hochkarätig besetzten Wettkampf hoch hängen (siehe RunUp.eu-Vorbericht aus österreichischer Sicht). Aus dem deutschen Team ist der Vielseitigkeitsspezialist Filimon Abraham der aussichtsreichste Kandidat auf eine Spitzenplatzierung. Vor zwei Jahren war er Fünfter, die selektive Strecke in Turin mit steilen Anstiegen ist ihm wohl aber eher entgegengekommen als es der flache Kurs in Antalya tut.

RunUp.eu-Tipp: Die Crosslauf-EM 2024 wird in 15 Ländern live im Fernsehen übertragen. Im deutschen Sprachraum ist der Livestream auf der Website von European Athletics auch in deutscher Sprache verfügbar (kostenlos, aber anmeldepflichtig)

Nadia Battocletti (Italien)

Was Jakob Ingebrigtsen bei den Männern ist, ist Karoline Bjerkeli Grövdal bei den Frauen. Die Norwegerin dominiert die europäische Crosslauf-Szene seit Jahren nach Belieben und holte in den letzten drei Jahren den Titel – häufig in überragender Dominanz. Mit zehn Medaillen, darunter der Junioren-Titel 2009 und U20-Silber vor 18 (!) Jahren, ist die 34-Jährige die erfolgreichste Athletin in der Geschichte von Crosslauf-Europameisterschaften. Aber eine Erkankung im Vorfeld zwang die Skandinavierin zur Absage ihrer Teilnahme – nach acht Medaillengewinnen in Folge (!) ist Grövdal die große Abwesende in Antalya.

Das verhindert bedauerlicherweise auch das antizipierte Gigantinnen-Duell mit Nadia Battocletti. Die Italienerin hatte sich im Vorjahr zwar um fast eine Minute geschlagen geben müssen, doch nach einem enormen Entwicklungssprung im Wettkampfjahr 2024 wäre sie eine seriöse Herausfordererin Grövdals gewesen, selbst wenn die Norwegerin in Topform gewesen wäre. So liegt die Rolle der Favoritin nun auf den Schultern der 24-jährigen Battocletti.

Die Italienerin hat eine beeindruckende Saison mit diversen Landesrekorden hinter sich: Vor heimischem Publikum in Rom gewann sie EM-Gold im 5.000m- und 10.000m-Lauf. Noch erstaunlicher war der Gewinn der Olympischen Silbermedaille im 10.000m-Lauf, nachdem sie über die halbe Distanz knapp an Edelmetall vorbeigeschrammt war.

Battoclettis Hauptkontrahentinnen

🇹🇷 Yasemin Can: Vier Crosslauf-EM-Titel in der Allgemeinen Klasse hat bisher nur sie, Yasemin Can. Zwischen 2016 und 2019 holte die gebürtige Kenianerin viermal den Titel und dominierte regelmäßig die Konkurrenz, zu der jeweils auch Grövdal gehörte. Doch die Erfolgsserie der nun 27-Jährigen endete mit Platz sieben bei der Halbmarathon-WM 2020, den Plätzen acht und elf bei den Olympischen Spielen von Tokio (5.000m und 10.000m) sowie dem EM-Titel im 10.000m-Lauf von München 2022 und der Silbermedaille hinter Klosterhalfen über die halbe Distanz allmählich. Die Highlights wurden kontinuierlich weniger und blieben seit 2022 komplett aus. Hinter der Verfassung Yasemin Cans vor ihrem Heimspiel stehen also seriöse Fragezeichen.

🇩🇪 Konstanze Klosterhalfen: Die zweifache Junioren-Europameisterin im Crosslauf feiert ähnlich wie Can in Antalya eine Art Comeback auf dieser Bühne. Zwei Jahre, nachdem sich die Deutsche in Turin nur knapp gegen Grövdal geschlagen geben musste, führt die 27-Jährige ein starkes deutsches Team an. Wie gut in Schuss das einstige Supertalent jedoch ist, ist nach einer Serie an gesundheitlichen Problemen und körperlichen Beschwerden in den letzten Jahren freilich fraglich. Der Halbmarathon in Valencia in einer Zeit von 1:07:07 Stunden war aber mehr als nur ein positives Signal. Beim Crosslauf Ende November in Alcobendas verlor Klosterhalfen bei einer vergleichbaren Distanz mit der EM allerdings über eine Minute auf Siegerin Battocletti.

🇬🇧 Abbie Donnelly: Die 28-jährige Britin war als Bronzemedaillengewinnerin vor einem Jahr die Überraschung des Frauenrennens. Sie ist eine echte Spezialistin für Crossläufe, wie auch der 20. Platz bei der WM 2024 zeigt. In den vergangenen Monaten gelangen aber auch beeindruckende Fortschritte im Straßenlauf. Das Highlight: Platz sechs bei den Europameisterschaften von Rom im Halbmarathon.

Neben Klosterhalfen besteht das deutsche Team noch aus Hanna Klein, Eva Dieterich und Marathonläuferin Domenika Mayer und ist damit gemeinsam mit dem von Donnelly angeführten britischen Team ein aussichtsreicher Kandidat auf die Goldmedaille in der Nationenwertung. Auch Italien, Spanien und Schweden rechnen sich Chancen auf Edelmetall in der Nationenwertung aus.

Niels Laros (Niederlande)

Vor einem Jahr in Brüssel wurde Niels Laros, DAS Lauftalent auf europäischer Ebene schlechthin, vom Dänen Axel Vang Christensen düpiert. Die Silbermedaille damals war einer der wenigen Rückschläge der ansonsten steil nach oben führenden Karriere des 19-Jährigen, der in seiner Spezialdisziplin, dem 1.500m-Lauf, bereits Weltklasse ist. Davon zeugen der sechste Platz bei den Olympischen Spielen 2024, der zehnte bei den Weltmeisterschaften 2023 und der Junioren-Europarekord von 3:29,54 Minuten.

In Antalya geht es für den Ausnahmeläufer auch darum, die Scharte von 2023 auszuwetzen. Christensen ist übrigens der U20-Klasse mittlerweile entwachsen. Laros hofft in Antalya sogar auf zwei Goldmedaillen, mit Juan Zijderlaan ist ein zweiter sehr starker Läufer im holländischen Team. Zu den prominentesten Kontrahenten Laros’ zählt der Norweger Andreas Fjeld Halvorsen, der heuer sensationell Junioren-Weltmeister im 3.000m-Lauf wurde.

Österreich ist in beiden Entscheidungen der Altersklasse U20 nicht vertreten. Bei den Burschen könnte das talentierte Schweizer Team für eine Überraschung sorgen. Im Rennen der Juniorinnen ist die britische Titelverteidigerin Innes Fitzgerald, immer noch erst 18 Jahre alt, die große Favoritin. Mit der Dänin Sofia Thögersen und der Deutschen Julia Ehrle, die im Berglauf heuer beachtliche Erfolge erzielt hat, ist das Rennen an der Spitze bestens besetzt.

Die wichtigsten Protagonisten in den U23-Rennen, auf denen der Fokus aus rot-weiß-roter Sicht liegt, sind in der separaten Vorschau auf die österreichischen Teilnehmer*innen integriert (siehe RunUp.eu-Vorbericht). Auch in der Mixed-Staffel, die ein interessantes Angebot für Mittelstreckenläufer*innen bietet, ist Österreich nicht am Start. Das auf dem Papier stärkste Team stellt Spanien, das italienische Team könnte in die Herausfordererrolle treten.

Autor: Thomas Kofler
Bild: © Maja Hitij / Getty Images for European Athletics – Nadia Battocletti freute sich bei der Crosslauf-EM 2023 in Brüssel über die Silbermedaille.

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