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Crosslauf-EM: Gastgeber Italien jubelt über zwei Goldene
Nadia Battocletti verteidigte in überzeugender Manier ihren Titel in der Altersklasse U23 genau wie der Brite Charles Hicks und verlängert ihre Erfolgsserie im Crosslauf. Die Mixed-Staffel entfachte dank eines dramatischen Finishs großen Jubel bei den Gastgebern.
Sie war das Gesicht dieser Crosslauf-Europameisterschaften von Piemont 2022 und sie hat geliefert. Nach zwei Junioren-EM-Titel vor der Pandemie hat Nadia Battocletti in einer sehr überzeugenden Art und Weise vor heimischem Publikum im Parco La Mandria nahe Turin ihren zweiten Crosslauf-EM-Titel in der Allgemeinen Klasse gefeiert. „Dieses Rennen war ein ganz spezielles. Natürlich war in meinem Kopf, dass diese Goldmedaille von mir gefordert wurde. Ich wollte sie unbedingt. Es war nicht meine schwierigste, das war die erste, als mich noch keiner kannte, und auch die im letzten Jahr war schwierig, weil ich damals in Dublin nicht bei 100% war. Aber diese heutige ist eine spezielle, weil ich sie zuhause gewonnen habe und die Fans am Streckenrand für mich gejubelt haben. Das hat mich zu diesem Erfolg getragen“, kommentierte die 22-Jährige.
In der Stunde des Erfolgs erinnerte die aus der norditalienischen Provinz Trentino stammende Athletin, die von ihrem Vater Giuliano, selbst früher ein Läufer, trainiert wird, an die schwierige Zeit in diesem Jahr. Nach dem erfolgreichen Wettkampfjahr 2021 inklusive eines starken siebten Platzes bei den Olympischen Spielen im 5.000m-Lauf bremste die Infektion am Pfeifferschen Drüsenfieber im Frühjahr ihren Fortschritt im Wettkampfsommer. Sie bestritt zwar die EM in München, blieb als Siebte aber weit unter ihren Möglichkeiten. „Es war ein langwieriger Kampf gegen diese Viren. Aber das macht diesen Sieg heute umso besonderer“, meinte sie nach der 15. Goldmedaille für den italienischen Verband bei Crosslauf-Europameisterschaften überhaupt. Zwei U23-Titel in Folge ist bei den Frauen in der Meisterschaftshistorie erst der Dänin Anna Emilie Möller gelungen.
Battocletti wurde ihrem Anspruch, den Titel aus Dublin erfolgreich zu verteidigen, vom Start des 6.000 Meter langen Rennens von Anfang an gerecht. Sie gestaltete das Tempo nach ihren Wünschen und teilte somit das Feld früh in eine achtköpfige Spitzengruppe, zu der anfangs auch ihre Landsfrau Anna Arnaudo, die als Turinerin ein waschechtes Heimspiel hatte, gehörte. Zu Rennmitte konnte nur noch Megan Keith, 2021 Crosslauf-Europameisterin bei den Juniorinnen und damit unmittelbare Nachfolgerin der Italienerin in dieser Altersklasse, mit Battoclettis Tempodiktat mitgehen. Anfangs der letzten Runde fiel die Vorentscheidung für die unwiderstehliche Favoritin, die ihrer Rolle nach 19:55 Minuten auch statistisch gerecht wurde.
Zwei Medaillen für Großbritannien
Keith lieferte ebenfalls eine vorzügliche Leistung ab und sicherte sich in einer Zeit von 20:08 Minuten die Silbermedaille. Die 20-Jährige ist eine Crosslauf-Spezialistin, auch weil ihre Leistungen abseits dieser Spezialdisziplin noch nicht diesen Glanz versprühten, 2021 war sie Vierte bei den Junioren-Europameisterschaften im 3.000m-Lauf. „Ich bin sicherlich stärker als im letzten Jahr und sehr zufrieden damit, wie ich heute mit der Distanz von sechs Kilometern zurecht gekommen ist. Nadia ist ein Phänomen. Ich bin so lange wie möglich an ihr dran geblieben. Sie war die große Favoritin, daher bin ich überglücklich mit der Silbermedaille – ein großartiger Tag für mich!“, jubelte die Zweitplatzierte.
Ihre Landsfrau Alexandra Millard entschied den engen Kampf um die Bronzemedaille für sich. „Ich habe das sehr genossen, es ist ein großer Spaß“, fand die 20-Jährige, die durchaus überraschend zu ihrem Erfolg kam. Ihre Leistung ist beispielgebend für das hervorragende Abschneiden des britischen Nachwuchses in Turin, der auch auf mehr Teilnahmen an international hochwertigen Crossläufen im Vorfeld nicht nur in der Heimat kommt als im Schnitt die ausländische Konkurrenz. Der Sieg in der Nationenwertung mit den Einzelrängen zwei, drei und fünf wurde in seiner Dominanz nur von jenem der deutschen Frauen in der Allgemeinen Klasse überboten.
Zu den Überraschungen des Rennens gehörte auch die viertplatzierte Holländerin Amina Maatoug, die für das herausragende Ergebnis eines ansonsten ernüchternden Crosslauf-Tages für das holländische Team sorgte. Völlig unter Wert ging auch das deutsche Team von der Strecke, das ein Jahr nach einem tollen Auftritt in der Altersklasse U20 auf der nächst höheren Altersstufe nicht in die Spitzenplätze laufen konnte. In der Nationenwertung gab es dafür nur Platz fünf, die Medaillen hinter den Britinnen gingen an Italien und Frankreich.
Traum-Finish von Sabbatini
Eine der wenigen Rennen, bei denen Großbritannien nicht erfolgreich abschloss, war die Mixed-Staffel über vier Runden à 1.500m, wo als favorisiertes Team lediglich der fünfte Platz übrig blieb. Der Teambewerb stand von Anfang an im Zeichen der „Azzurri“, die in diesem Bewerb, der seit 2017 im Programm ist, noch nie besser als Sechste waren. Pietro Arese brachte den italienischen Vierer in Führung. Federica Del Bouno hielt ihr Team trotz einer bemerkenswerten Aufholjagd der Rumänin Elena Adelina Panaet auf dem zweiten Teilstück als Zweite zur Halbzeit im Rennen, ehe Yassin Bouih die Führung wieder übernahm. Mit einigen Sekunden Vorsprung übergab er an Schlussläuferin GaiaSabbatini, Shootingstar im italienischen Team mit deutlich mehr Followern in ihren sozialen Netzwerken als im leichtathletischen Durchschnitt. Und es begann eine dramatische Schlussphase.
Die Schlussläuferinnen der französischen und spanischen Staffeln, Anais Bourgoin und Rosalia Tarraga machten den Rückstand auf die Italienerin schnell weg, vor allen Dingen die Spanierin konnte mit dem besten Schlussabschnitt aller Läuferinnen überzeugen. Sabbatini hatte bergauf zu kämpfen, hielt aber den Anschluss. Die Entscheidung musste ausgangs der Schlosspassage bergrunter fallen. Tarraga zündete den Turbo, Sabbatini überholte Bourgoin und machte sich mit einigen Metern Abstand auf die Verfolgung. Alles schien für einen spanischen Erfolg angerichtet (die Spanier hatten eine starke Besetzung auf den ersten drei Positionen), als die 1.500m-Spezialistin ihren Endspurt auf der knapp 50 Meter langen Geraden zündete. Mit einer enormen Anstrengung schaffte sie unmittelbar vor dem Zielband zur Freude der nach Informationen des italienischen Verbandes 15.000 Zuschauer das Überholmanöver und sicherte ihrem Team mit einer Gesamtzeit von 17:23 Minuten die Goldmedaille. Die Teamkollegen rissen die Schlussläuferin vor Freude direkt hinter der Ziellinie zu Boden, noch bevor diese richtig abgebremst hatte. „Es war meine Pflicht, das zu Ende zu bringen, was meine Kollegen vorbereitet haben. Es war hammerhart, Gott sei Dank haben die Zuschauer geholfen“, sagte die strahlende Sabbatini nüchtern.
Nicht nur aufgrund der sportlichen Erfolge seiner Landsleute strahlte Stefano Mei, Präsident des Italienischen Leichtathletik-Verbandes (FIDAL), nach der gelungenen Durchführung der Europameisterschaften, die er als „organisatorischen Erfolg“ bezeichnete. Außerdem lobte er das Publikum: „Wir können sehr, sehr glücklich mit der Organisation und der Stimmung sein. Es ist fantastisch, so viele Fans am Streckenrand zu sehen. Mein Dank gilt den lokalen Organisatoren für ihre exzellente Arbeit.“ Mei verspürt nun auch Rückenwind für die anstehende Organisation der Europameisterschaften von Rom 2024.
Die zwei Gold- und zwei Silbermedaillen hievten das gastgebende Land auf Rang zwei des Medaillenspiegels, deutlich hinter dem alles dominierenden britischen Team, was der nationale Verband natürlich als großen Erfolg verbuchte. So gut schnitt man zuletzt bei der Heim-EM 2006 in San Giorgio su Legnano ab, wie der italienische Nationaltrainer Antonio La Torre festhielt.
Erfolgreiche Titelverteidigung auch für Hicks
Im Rennen der Altersklasse U23 der Männer über die Distanz von 8.000 Metern konnte Sebastian Frey (DSG Wien) nicht mit der Spitzengruppe mithalten, büßte konstant rund eine halbe Minute pro großer Runde auf die Führenden ein und beendete das Rennen auf einem nicht zufriedenstellenden 58. Platz, 13 Ränge hinter Landsmann Marcel Tobler (ULC Riverside Mödling). Einen ausführlichen Bericht über Ihre Leistungen, ergänzt mit den Einschätzung der beiden, lesen Sie im RunAustria-Bericht über das Abschneiden des heimischen Nationalteams.
An der Spitze dominierten die Briten: Der seit Jahren in den USA lebende Charles Hicks verteidigte seinen Titel aus dem Vorjahr in einer Zeit von 23:40 Minuten mit acht Sekunden Vorsprung auf seinen Landsmann Zakariya Mahamed. Dritter wurde der Franzose Valentin Bresc, der in der Schlussphase noch seinen lange Zeit auf Rang drei laufenden Landsmann Etienne Daguinos noch einholte. Die Briten entschieden auch die Nationenwertung vor Frankreich, Dritter wurde das kompakte irische Team.
Ergebnisse Crosslauf-Europameisterschaften 2022 in Turin – U23, Männer (8.000m)
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