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Crowd Science begleitet VCM beim Wachsen

Der Vienna City Marathon bedient sich der Expertise von Crowd Science Experten Marcel Altenburg, um die Erlebnisqualität für die Läufer*innen trotz Wachstums zu wahren.
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Der Vienna City Marathon 2025 wird der Größte seiner Geschichte. Mit den höchsten Anmeldezahlen sowohl im Marathon als auch insgesamt. Der Run auf Laufevents hat Österreich erreicht, die rasch steigenden Anmeldezahlen bereits im Herbst haben die Verantwortlichen vorgewarnt, die Organisationsqualität dem Wachstum anzupassen. Um das größte Teilnehmer*innenfeld der österreichischen Laufgeschichte am 6. April bestmöglich durch die Bundeshauptstadt zu lotsen, liefert die Crowd Science das notwendige Wissen aus Analysen. Auch andere bedeutende Laufveranstaltungen in Österreich wachsen beträchtlich. Dieses Wachstum erfordert gezielte Anpassungen in der organisatorischen Durchführung. Diese Herausforderungen sind individuell von Stadt zu Stadt unterschiedlich.

Gleich vorneweg: Es sind keine Revolutionen in der Veranstaltungsdurchführung, die Crowd Science Experte Marcel Altenburg dem Vienna City Marathon vorschlägt. Es sind marginale Adaptionen, zum Beispiel im Startprozedere. 30 Sekunden länger soll der Start zum Vienna City Marathon 2025 pro Startwelle dauern – das sind fünf Minuten bei sechs Wellen. Die Startaufstellung soll dafür etwas verengt werden, um das Ausströmen des Feldes gleichmäßiger zu gestalten. Binnen 40 Minuten begeben sich alle Läufer*innen über die Reichsbrücke Richtung Prater Hauptallee. Obwohl das Startprozedere fünf Minuten länger dauern wird als im Vorjahr, soll der Zielschluss dank des optimierten Laufens auf der Strecke derselbe sein.

Mehr Platz auf der Laufstrecke

Spektakulärer als die Maßnahmen klingen die Erwartungen. Trotz der Rekorddimension des Feldes sollen sie ein Teilnehmerplus von 20% und rund 18% mehr Platz pro Läufer*in bei gleichbleibender Qualität ermöglichen. Also eine geringere Laufdichte und mehr Laufkapazität, wie Marcel Altenburg vor einigen Wochen bei einem Online-Pressetermin des VCM formulierte. „Zeit und Platz sind endlich. Das größte Potenzial haben wir daher bei der Ordnung der Läufer*innen“, erklärt er.

Gleich nach dem Startschuss überquert das VCM-Feld die Reichsbrücke. © VCM / Serhii Aleksieiev

So die Theorie. Sie basiert auf 29 Millionen Kalkulationen, die er in seine Simulation einfließen ließ. „Jeder Lauf ist einzigartig. Jedes Läufer*innenfeld ist einzigartig. Jede Stadt ist einzigartig“, kann er nur zu einem Teil aus Erfahrungen bei anderen Marathons bauen. Beim VCM speziell ist, dass bei einer derartigen Größe des Feldes drei Bewerbe gleichzeitig starten: Marathon, Halbmarathon und Staffelmarathon. Das ist eine besondere Herausforderung in der Prognose der Laufgeschwindigkeit jedes einzelnen Protagonisten und jeder einzelnen Protagonistin. Dennoch betont VCM-Geschäftsführer Dominik Konrad den Vorteil der globalen Zusammenarbeit in der Veranstalterszene: „Wir haben sehr von der guten Vernetzung profitiert. Auf diese Weise wird hochprofessionell gearbeitet.“

Ein Marathon-Tag in der Theorie

Marcel Altenburg ist ein bekannter Name in der Szene der wichtigsten Laufveranstalter der Welt. Er berät alle sechs World Marathon Majors, die in den letzten Jahren enorme Teilnehmerfelder bewältigten. Seine bisher schwierigste Herausforderung war jedoch die Beerdigungszeremonie von Queen Elizabeth II. in London. Schließlich gab es keine Vergleichswerte und keine Vergleichsdimensionen für einen enormen Massenauflauf, der höchsten Sicherheitskriterien genügen und Unsicherheiten im Bewegungsverhalten der Menschenmenge mit einkalkuliert haben musste.

Altenburg ist Crowd Science Experte. Crowd Science beschreibt nichts anderes als die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Kollektivverhalten einer Menschenmenge, meistens aus Perspektive der Sicherheit. Als die Manchester Metropolitan University 2014 den Studiengang Crowd Science einführte, entschied sich der Deutsche, in den Nordwesten Englands zu ziehen. Mit dem Marathon hatte er schon Erfahrung.

Marcel Altenburg. © privat

Als Mitarbeiter im Sicherheitskonzept des Berlin Marathon fand er es einen Nachteil, wie schlecht vorhersehbar der Eventablauf für die Sicherheitskräfte erschien. Einen Marathon vorhersehbar zu machen: Nun war ihm die Möglichkeit auf wissenschaftlichem Fundament gegeben. Wenige Jahre später simulierte er den New York City Marathon mit einer 99,6%igen Genauigkeit zum tatsächlichen Veranstaltungsablauf. Heute leitet Altenburg den Studiengang an der Manchester Metropolitan University.

Analyse der Daten aus dem letzten Jahr

Ein Marathon liefert einige Vorteile für die Berechnungen: Das Läuferfeld bewegt sich auf einer vordefinierten Strecke in eine Richtung. Außerdem gibt es durch die Zeitnehmung alle fünf Kilometer verlässliche Parameter für eine Analyse. Die wichtige Aufgabe seines Einsatzes für den Wien Marathon sind also weniger die großen Fragen, sondern die Details, die zur Optimierung dienen und damit ermöglichen, dass auf der gleichen Strecke in der gleichen Zeitspanne mehr Läufer*innen ihr Lauferlebnis genießen können als davor, ohne in ihrem Laufrhythmus beeinträchtigt zu werden. „Wir haben die Zeitnehmungsdaten von 2024 analysiert, die durchgehende Streckenbreite vermessen und Baustellen einkalkuliert. Die Kenngröße unserer Orientierung: 80 bis 100 Läufer*innen pro Meter!“, erklärt der Experte.

Unterschiedliche Herausforderungen

Laufveranstaltungen in Metropolen finden andere Voraussetzungen vor als Laufveranstaltungen in kleinen Städten bis hin zu Dorfläufen. In Österreich ist die Divergenz aus geografischen Gründen enorm. Als Zwei-Millionen-Stadt gehört Wien zu den größten Städten in Europa und kann, ähnlich wie London oder Berlin, auf breite Straßen und großes räumliches Potenzial für die Marathonstrecke zurückgreifen. Das sieht in den drei nächstgrößten Städten des Landes, Graz, Linz und Salzburg, ganz anders aus. Besonders Graz und Salzburg zeichnen sich durch Innenstädte aus, deren Kompaktheit und Enge auch durch die natürliche Umgebung der Stadtberge bedingt ist. Raum und Platz sind hier ein wertvolles Gut, die Möglichkeiten für Laufevents mit Tausenden Teilnehmer*innen daher begrenzt.

Angepasste Infrastruktur

Im Herbst 2024 kamen mit dem Sparkasse 3-Länder-Marathon und dem Graz Marathon die ersten beiden großen österreichischen Laufveranstaltungen in den Genuss des Aufschwungs bei den Teilnehmerzahlen im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr. Am Bodensee reagierte man im Organisationsablauf und teilte den Start der Hauptbewerbe in zwei verschiedene Starts mit deutlichem zeitlichem Abstand. Auch beim Graz Marathon haben die höheren Anmeldezahlen zu einer spürbar höheren Frequenz auf der Laufstrecke gesorgt. „Wir haben präventiv die Infrastruktur gut anpassen können. Alle Bereiche wurden im Sinne der Läufer*innen aufgestockt, um mögliche Engpässe wie zum Beispiel bei den Labestationen oder den Finishermedaillen zu vermeiden“, berichtet Veranstalter Michael Kummerer, der das positive Feedback von Teilnehmer*innenseite in Nachhinein betont.

Start zum Graz Marathon 2023. © GEPA pictures / Mario Buehner-Weinrauch / Graz Marathon

Sollte sich ein weiterer Teilnehmer*innenzuwachs für die diesjährige Veranstaltung anbahnen, kann der Kärntner sich eine Trennung der einzelnen Bewerbe am Sonntag vorstellen. „Die Gefahr wäre ein Läuferstau. Wir werden die Erfahrungen aus 2024 in unsere Planungen einfließen lassen und gegebenenfalls entsprechende Adaptionen vornehmen“, so Kummerer. Wie bei allen anderen wichtigen Marathon-Veranstaltungen in Österreich starten auch beim Graz Marathon mehrere Bewerbe gleichzeitig. Unterschiedliche Distanzen in einem Feld meinen nicht selten auch unterschiedliche Laufrhythmen entlang der Strecke.

Auch Linz Marathon freut sich über Wachstum

Eine Woche nach dem Vienna City Marathon steht mit dem Linz Donau Marathon das zweite Highlight im heimischen Marathon-Frühling 2025 auf dem Programm. Wie in der Bundeshauptstadt laufen die Anmeldungen auch bei der größten Lauf-Veranstaltung in Oberösterreich gut. Bereits die knapp 1.000 Besucher*innen beim Oberbank Donau Forum Linz Anfang Februar, bei dem unter anderem Österreichs Marathonrekordhalterin Julia Mayer (DSG Wien) zu Gast war, waren ein Signal für das verstärkte Interesse, das in Linz dem Laufsport geschenkt wird.

Bei einem kürzlichen Pressetermin berichtete das Veranstalterteam von einem Plus in Höhe von 20% im Vergleich zu den Vorjahreszahlen. Diese Anstiegstendenz animierte das Veranstaltungsteam bereits frühzeitig bei diversen Bestellungen zu Neukalkulationen. „Aufgrund der Bestrebungen, den Linz Donau Marathon als Green Event durchzuführen, ist das für uns eine doppelte Herausforderung, eine höhere Anzahl an Läufer*innen auf zufriedenstellendem Niveau zu versorgen“, erklärt Günther Weidlinger. Mit den außergewöhnlich hohen Temperaturen des letzten Jahres in frischer Erinnerung betont der Renndirektor auch die Herausforderungen für die Sicherheitskräfte und Blaulichtorganisationen bei höheren Teilnahmezahlen.

Ein Schnappschuss mitten in das Startprozedere beim Linz Marathon 2024. © Linz Marathon / Klaus Mitterhauser

Herausforderungen Mobilität und Zielverpflegung

Natürlich freut man sich in Linz über das Teilnehmerplus. Weidlinger betont Herausforderungen, die in der Diskussion von Crowd Science bei den größten Marathonläufen der Welt nicht oberste Priorität haben. Eine relevante ist die Teilnehmermobilität, da in Linz ähnlich wie in Wien, aber im Gegensatz zu Graz und Salzburg, der Start und das Ziel nicht benachbart sind. „In Linz gibt es keine U-Bahn, die die Teilnehmer*innen zum Start bringt. Auch während der Veranstaltung steht der Öffentliche Linzer Stadtverkehr großteils still. Während sich die Wiener Bevölkerung am Tag des Marathons dank der U-Bahn recht frei bewegen kann, sind wir zu Kompromissen mit der Linzer Stadtbevölkerung angehalten, die mit dem Laufevent an sich mehrheitlich nichts am Hut hat.“ Das sei ein kräftiges Argument gegen eine zeitliche Ausdehnung des Programms. Auch in Graz hat „eine perfekte Abstimmung“ mit der Holding Graz eine hohe Priorität, wie Michael Kummerer unterstreicht. Es gehe darum, den öffentlichen Verkehr sowohl im Sinne der Teilnehmer*innen als auch im Sinne der nicht laufenden Bevölkerung möglichst gut zu steuern.

In der oberösterreichischen Landeshauptstadt sieht Weidlinger die Engstelle bei großem Teilnehmerzuwachs im Zielbereich. „Die Herausforderung liegt darin, dass die Straßen und der Hauptplatz in Linz nicht mit den Anmeldezahlen mitwachsen. Sie bestimmen die Kapazitäten, mit denen wir als Veranstalter vernünftig arbeiten können“, gibt er zu bedenken. Als Engstelle sieht er gegenwärtig weniger den Zieleinlauf über die Landstraße, sondern viel mehr im Bereich hinter der Ziellinie am Hauptplatz. „Uns ist die Qualität der Betreuung unserer Teilnehmer*innen auch hinter der Ziellinie enorm wichtig, gerade in der Zielverpflegungszone.“

Der ehemalige ÖLV-Rekordhalter im Marathon und dutzendfache Staatsmeister befürchtet, dass der Linz Marathon ähnlich wie der Vienna City Marathon die Anmeldung für den ein oder anderen Bewerb möglicherweise vorzeitig schließen müsse, um präventiv eine zu hohe Zieleinlaufdichte im Viertel- und Halbmarathon zu verhindern. „Das mag als unpopuläre Maßnahme gelten. In Wahrheit fällt sie aber zum Vorteil der angemeldeten Teilnehmer*innen aus, deren Erlebnisqualität erhalten bleibt.“ Im Idealfall könne eine spezielle Segmentierung zwischen den Bewerben den Teilnehmerzuwachs effizienter gestalten. Eine weitere Chance für Organisatoren sieht Weidlinger im erhöhten Budget durch die höheren Anmeldezahlen, welches in eine Steigerung des Teilnehmererlebnisses reinvestiert werden könne.

Weniger Überholmanöver

Zurück zum Vienna City Marathon und zu den Crowd-Science-Berechnungen von Marcel Altenburg. Wie üblich hat er den Vienna City Marathon rückwärts simuliert. Also vom Ziel über die gesamte Strecke, auf der Engstellen das Kriterium Platz definieren, bis zum Start.

Florian Holeczek, Organisationsverantwortlicher beim VCM, kennt die Schlüsselpassagen: Sie befinden sich bei Kilometer zehn und bei Kilometer 40. „Der Schlüssel liegt in den Überholmanövern. Die kosten am meisten Platz. Daher müssen wir die Starteinteilung so gestalten, dass wir die Überholmanöver drastisch verringern.“ In diesem Schlüssel liegt die Lösung, innerhalb desselben Veranstaltungszeitraums wie in den letzten Jahren, deutlich mehr Teilnehmer*innen sicher und möglichst reibungslos von der Start- bis zur Ziellinie zu bringen.

Erleichterung in Zusammenarbeit

Holecek ist begeistert von der neuen Vorhersehbarkeit des Vienna City Marathon, die am 6. April im Sinne des Realitätschecks auf dem Prüfstand steht. „Die Simulation ist genau das, was wir in der Organisationsarbeit gebraucht haben. Die Zusammenarbeit mit den Behörden ist um vieles leichter, weil wir Leuten, die sich nicht tagtäglich mit dem Marathon beschäftigen, präzise veranschaulichen können, wovon wir reden und wo die Herausforderungen liegen. Beispielsweise ist es ein großer Vorteil, wenn die Polizei im Vorfeld exakt weiß, zu welchem Zeitpunkt an welchem Ort wie viele Personen sich bewegen.“

Die Herausforderung der Organisationsverantwortlichen liegt nun insbesondere darin, alle Teilnehmer*innen so in die Startaufstellung zu leiten, dass sie am theoretisch richtigen Platz für sie loslaufen. Altenburg hat mit drei Teilnehmer*innen pro Quadratmeter am Start kalkuliert, bis zu vier hält er bei einem Laufevent im Optimalfall für machbar. Als erste Maßnahme fordert der VCM Leistungsnachweise für den Startbereich, der für alle Marathonläufer*innen mit Leistung unter drei Stunden bzw. Halbmarathonläufer*innen mit Leistung unter 1:30 Stunden vorgesehen ist. VCM-Geschäftsführerin Kathrin Widu weiß, dass der Schlüssel im effizienten Leitsystem des Feldes hin zu den Startblöcken liegt und kündigt an: „Wir werden die Wege zum Start und in die Aufstellung der verschiedenen Wellen auf jeden Fall optimieren.“

Der Start zum Salzburg Marathon 2024. © Salzburg Marathon / Christian Köhler

Eine nachhaltige Entwicklung

Die die österreichische Laufszene gegenwärtig dominierenden Zuwächse bei den Veranstaltungen, großteils Richtung längere Distanzen, großteils von jungen Läufer*innen und verstärkt von weiblichen, ist Teil einer internationalen Entwicklung mit Substanz, wie Widu betont. Sie spricht vom „Experience-Hunting Boom“ und definiert die Herausforderungen für die Laufveranstalter: „Es geht darum, den ,Sweet Spot’ zu finden, möglichst vielen Menschen bei bester Erlebnisqualität die Teilnahme zu ermöglichen.“

Dass der gegenwärtige Laufboom eine nachhaltige Entwicklung besonders in Richtung Marathon und Halbmarathon vorzeichnet, davon ist auch Günther Weidlinger überzeugt: „Das Ziel Marathon ist wieder ein hohes für die individuelle To-Do-Liste. Klar, ein Marathon ist durch die schnelllebige Zeit von heute eine größere Herausforderung als er vielleicht einmal war. Aber die Bestrebungen hin zu einer Work-Life-Balance, die der Freizeit einen höheren Stellenwert einräumt, schenkt Laufbegeisterten wieder mehr Zeit für eine sinnvolle Marathon-Vorbereitung. Daher blicke ich dem großen Zulauf junger Teilnehmer*innen im Marathon mit viel Zukunftsoptimismus entgegen.“

Autor: Thomas Kofler
Bilder: © VCM / Roman Pfeiffer, © VCM / Serhii Aleksieiev, © GEPA Pictures / Mario Buehner-Weinrauch / Graz Marathon, © Linz Marathon / Klaus Mitterhauser, © Salzburg Marathon / Christian Köhler

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