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Als prominente Namen eigneten sich der zweifache Boston-Sieger Lelisa Desisa und der ehemalige Weltrekordhalter Dennis Kimetto perfekt, um die Aufmerksamkeit der internationalen Laufgemeinde auf den Dubai Marathon am gestrigen Sonntag zu lenken. Zu früher Stunde Ortszeit in der Metropole am Persischen Golf glänzten aber nicht die Altstars. Bute Gemechu stürmte in einer Zeit von 2:04:51 Stunden zum Sieg beim Debüt. Bei den Frauen jubelte Landsfrau Bedatu Hirpa nach einem dramatischen Zweikampf mit ihrer Landsfrau Dera Dida in einer Zeit von 2:18:27 Stunden über den größten Erfolg ihrer Karriere.
Mit dem Etikett, der perfekte Marathon für Debütanten zu sein, spielt und wirbt der Dubai Marathon gezielt und bietet sich seit Jahren als Sprungbrett für junge äthiopische Läufer an. Er tut es mit Recht, denn diese Strategie hat große Erfolge erzielt. Bei den letzten elf Gelegenheiten siegte sieben Mal ein Läufer, der seinen ersten Marathon bestritt. Aus einigen sind internationale Topläufer geworden, allen voran Lelisa Desisa, der 2013 in Dubai triumphierte und später zweimal den Boston Marathon, einmal den New York City Marathon gewann und 2019 Marathon-Weltmeister wurde. Aber auch die vier anderen Sieger kamen nicht als Routiniers, sondern als junge, unerfahrene Marathonläufer nach Dubai. 2017-Sieger Tamirat Tola ist heute Olympiasieger im Marathon. 2015-Sieger Lemi Berhanu gewann im selben Jahr den Klassiker in Boston.
Ayele Abshero (2012)
Lelisa Desisa (2013)
Tsegaye Mekonnen (2014)
Getaneh Mollah (2019)
Olika Adugna (2020)
Abdisa Tola (2023)
Addisu Gobena (2024)
Die beiden Dubai-Sieger der letzten Jahre, Abdisa Tola und Addisu Gobena, warten noch auf ihren zweiten großen Karriereschritt. Der erste ist durch das traditionell üppige Preisgeld in Dubai von 80.000 US-Dollar für den Sieger (das entspricht rund 78.000 Euro) stets ein wichtiger, auch abseits des Sports.
Vielleicht kann der diesjährige Sieger Bute Gemechu in die Fußstapfen jener Landsleute im vergangenen Jahrzehnt treten, die aus ihrem Dubai-Sieg eine erfolgreiche internationale Karriere gestaltet haben. „Ich wusste nicht, was möglich sein würde. Ich habe vor zwei Monaten entschlossen, in Dubai mein Marathon-Debüt zu laufen“, erklärte der Überraschungssieger nach dem Rennen.
Bute Gemechu ist 23 Jahre alt und ein richtiger No-Name in der Szene. World Athletics kennt inklusive des Dubai-Triumphs vier Resultate: vom Halbmarathon in Ravenna 2023 sowie von den Halbmarathonläufen in Verona und Istanbul 2024. Bei letzterem zeigte er mit einer Zeit von 1:00:03 Stunden auf. Sie ist aber, nach heutigen Maßstäben, kein Hinweis auf Marathon-Weltklasse. Viel mehr ein Hinweis auf sein Weltklasse-Potenzial ist der Debütmarathon in Dubai, den Gemechu mit zwei ausgeglichenen Marathon-Hälften in einer Zeit von 2:04:51 Stunden finishte – und damit die schnellste Siegerzeit seit 2019 schaffte, was auf der planebenen und kurvenarmen Strecke in Dubai durchaus erwähnenswert ist.
Auf dem Weg zur neuen Weltjahresbestleistung entwickelte sich anfänglich ein Rennen mit überschaubarer Tempogestaltung. Erst nach einem Rennviertel ging ein Ruck durch das Elitefeld, das bei der Halbmarathon-Zwischenzeit noch 13 Akteure umfasste. Kurz vor dem Ziel gelang dem Youngster die Vorentscheidung. Gemechu setzte sich mit 23 Sekunden Vorsprung auf Berehanu Tsegu, ebenfalls ein Debütant, und Shifera Tamru, der 37 Sekunden Rückstand hatte, durch. Auf den ersten 14 Plätzen landeten äthiopische Läufer. Den Ruf nach der Idealbühne für Debütanten unterstützten gleich sieben Läufer in den besten zehn, die ohne Marathon-Erfahrung nach Dubai gekommen waren.
Dabei hat möglicherweise der ein oder andere darauf gehofft, dass beim diesjährigen Dubai Marathon alles anders sein würde. Elf Jahre nach seinem erfolgreichen Marathon-Debüt war Lelisa Desisa als Rückkehrer der große Star der Vorberichterstattung und Vorfreude auf den Dubai Marathon 2025. Achtmal hat der Äthiopier, der kurz vor seinem 35. Geburtstag steht, bei einem World Marathon Major einen Stockerlplatz belegt, zudem stand er zweimal auf einem WM-Podium. Die Story von seinem Revival am Ort seines erfolgreichen Debüts hätte Charme gehabt.
Denn nach seinen Triumphen in New York 2018 und bei den Weltmeisterschaften 2019 geriet seine Karriere gewaltig ins Stocken. Seither beendete er lediglich einen Marathon – und der war inferior, 2020 in Valencia. Bei den Olympischen Spielen in Sapporo und den Weltmeisterschaften in Eugene sah er die Ziellinie genauso wenig wie bei drei Boston Marathons. Seit der Aufgabe beim Boston Marathon 2023 fehlte sogar jegliches Wettkampfergebnis.
Gestern fiel neuerlich ein „DNF“ in die Statistik, Desisa beendete sein Rennen nachdem er kurz vor der Halbmarathon-Zwischenzeit den Anschluss nach vorne verloren hatte und zwischen Kilometer 25 und Kilometer 30 förmlich eingebrochen war. Zurück an der Stätte seines ersten großen Erfolgs gelang die Wiederauferstehung also nicht.
Nicht viel besser erging es Dennis Kimetto, der immerhin ins Ziel kam. Der ehemalige Weltrekordhalter (2014 bis 2018) erreichte zwar in einer Zeit von 2:14:56 Stunden als abgeschlagener 15., musste jedoch noch früher als Desisa abreißen lassen. Bereits bei Kilometer 20 lag der Kenianer fast eine Minute hinter der Spitze, der Rückstand wuchs im letzten Renndrittel sukzessive an.
Kimetto, der 2018 der große Name beim Vienna City Marathon war, dort aber frühzeitig aufgeben musste, ist mittlerweile fast 41 Jahre alt. Der Auftritt in Dubai war der erste registrierte in einem Wettkampf seit dem Daegu International Marathon im Frühling 2019, wo er, wie ein Jahr zuvor in Wien, nicht ins Ziel kam. Seither kämpfte er mit diversen Verletzungen, wie er am Freitag in Dubai bei der Pressekonferenz schilderte. „Ich bin froh, dass ich zurück bin und das Rennen beenden konnte“, sagte er gegenüber kenianischen Medien und kündigte einen weiteren Marathon im April an. Seinen letzten Marathon unter 2:10 Stunden ist Kimetto ein halbes Jahr nach seinem Weltrekordlauf von Berlin 2014 in London gelaufen.
Zum 24. Mal ging der Dubai Marathon in diesem Jahr über die Bühne, rund 17.000 Anmeldungen gingen ein, der Großteil für die Kurzdistanzen. Im 10km-Lauf belegte die Schottin Eilish McColgan in einer Zeit von 31:14 Minuten den dritten Platz.
Die Marathonläufer*innen genossen beim Startschuss um 6 Uhr morgens für die Region ideale Bedingungen mit Temperaturen um 11°C. 1.801 von ihnen erreichten die Ziellinie. Dass sowohl der Sieger als auch die Siegerin ihre ersten Marathon-Hälften jeweils um eine Sekunde schneller als die zweite gestalteten, ist ein statistisches Kuriosum.
Ein hochspannendes Duell im Kampf um den Sieg lieferte das Frauenrennen, das in Dubai, wie in den letzten Jahren, weniger aus starken Debütantinnen, sondern auch aus namhaften, arrivierten Läuferinnen bestand. Nach einer Halbmarathon-Durchgangszeit von 1:09:13 Stunden lagen die beiden Äthiopierinnen Dera Dida und Bedatu Hirpa rund 15 Kilometer vor dem Ziel alleine an der Spitze. Dida, die Ehefrau von Marathon-Olympiasieger Tamirat Tola und Dubai-Siegerin 2023, hängte ihre Kontrahentin und Trainingsparnterin in der Folge zweimal ab.
Nach der zweiten Attacke schien das Pendel Richtung der 28-Jährigen ausschlagen, zwei Kilometer vor dem Ende hatte sie noch einen Vorsprung von zehn Sekunden. Beide Äthiopierinnen waren in der Schlussphase recht erschöpft, doch Dida brach ein wenig ärger ein als Hirpa. Und so kam es auf der langen Zielgerade noch zur Wende: Bedatu Hirpa siegte in einer Zeit von 2:18:27 Stunden mit fünf Sekunden Vorsprung auf Dera Dida. „Ich habe immer daran geglaubt, gewinnen zu können“, jubelte die Siegerin und neue Inhaberin der Weltjahresbestleistung. Ihre Laufschuhe hielt sie im Ziel wie eine Trophäe in die Höhe.
Tigist Girma, die als einzige mit einer Bestleistung unter 2:19 Stunden vor dem Rennen als Favoritin galt, komplettierte in einer Zeit 2:20:47 Stunden das Stockerl, erst auf Rang 17 folgte die erste Läuferin ohne äthiopischen Pass.
Für Hirpa ist der Triumph in Dubai der größte ihrer bisherigen Karriere. Sie verbesserte ihre persönliche Bestleistung um über zweieinhalb Minuten. 2024 gewann die 25-Jährige den Prag Marathon, außerdem gelangen in Frankfurt 2018 (3.), Dubai 2020 (3.) und Amsterdam 2024 (5.) Spitzenplätze.
Dida blieb zum dritten Mal unter 2:20 Stunden und verbesserte ihre persönliche Bestleistung vom Berlin Marathon 2023 um knapp eine Minute, dürfte sich aber auch darüber geärgert haben, mit 40.000 US-Dollar nur die Hälfte der Siegesprämie erhalten zu haben. In Dubai hat sie nun ihre „Medaillensammlung“ komplettiert: Nach Sieg und Rang drei folgte 2025 nun der zweite Platz. Beide Athletinnen trainieren unter dem äthiopischen Startrainer Gemedu Dedefo, der die Erfolge seiner Athletinnen vor Ort miterlebt hat.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © Giancarlo Colombo, Dubai Marathon