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Der 50. Staatsmeistertitel, eine besondere Zahl, war für Andreas Vojta beim Linz Marathon ein „Meilenstein wie ein Trostpflaster“. Im frühsommerlichen Hitzemarathon konnte der Niederösterreicher sein Leistungspotenzial nicht abrufen, die Tür für Paris 2024 ist nun ins Schloss gefallen.
Die Erschöpfung war Andreas Vojta (team2012.at) nach Überqueren der Ziellinie am Linzer Hauptplatz ins Gesicht geschrieben. Dicke Schweißperlen hafteten an seiner Stirn, der Blick etwas leer, die Müdigkeit und Erschöpfung omnipräsent. Die ersten Worte vertrockneten im Mund und mündeten in einer umissverständlichen Geste, die die Hand Richtung Mund führte. Flüssigkeit.
Wenig später kehrte wieder etwas Ruhe in den Körper zurück und Vojta führte, wie man ihn seit vielen Jahren kennt und schätzt, trotz der Enttäuschung ruhig alle Gespräche mit den anwesenden und interessierten Journalisten. Vor den Kameras und Mikrophonen lieferte er die Erklärung, warum für ihn an diesem Tag mit den für 7. April so unüblich hohen Temperaturen nicht mehr möglich war. „Ich war bei Kilometer 15 vom Kreislauf her schon am Limit. Und das ist beim Marathon einfach viel zu früh!“ Mit 27 Kilometern vor der Brust blieb ihm nichts anderes übrig, als das Tempo in einen Bereich zu drosseln, das es ihm erlaubte, zu finishen. „Es war heute einfach zu heiß, um in den Bestleistungsbereich laufen zu können. Die Sonne hat gnadenlos heruntergebrannt, ab Kilometer 25 war es nur noch ein Überlebenskampf“, so Vojta.
Temperaturen von bereits 17°C am Start um 9:30 Uhr, schnell steigende bis über 20°C bei seiner Zielankunft und noch deutlich verschärfter für die vielen Hobbyläufer*innen, die sich unter diesen Bedingungen den Strapazen Marathon aussetzten und von der hervorragenden Stimmung am Streckenrand der sich sonnenden Zuschauer*innen motivieren ließen – aber vor allem die gnadenlose, direkte Sonneneinstrahlung, die die gefühlten Temperaturen deutlich höher ausfielen ließen, waren denkbar ungünstige Voraussetzungen. Es ist das Los des Marathon-Profis, nur wenige Gelegenheiten auf Wettkampf-Performance zu haben. „Natürlich wird man da neidisch, wenn man sieht, wie perfekt es andere dann haben. In Valencia oder Sevilla“, so Vojta. Es sei enttäuschend, aber zu akzeptieren.
Als Freudenmoment blieb der Gewinn seines 50. Titels bei nationalen Meisterschaften übrig, eine beeindruckende Zahl, mit der Vojta nur noch drei Titel hinter Günther Weidlinger liegt. Der Niederösterreicher hat mit 49 Einzeltitel aber bereits mehr Einzeltitel als der Oberösterreicher, heutiger Rennleiter beim Linz Marathon.
Mit seinem Angangstempo ist Vojta der Ambition nachgekommen, einen Versuch Richtung einer für die Weltrangliste brauchbaren Zeit plus der 45 Bonuspunkte für den Staatsmeistertitel zu starten. Die Endzeit von 2:19:15 Stunden bringt diesbezüglich nichts. Auch im dritten Marathon seiner Karriere konnte Vojta sein Potenzial im Marathon nicht abrufen. Der frühe Einbruch beim Debüt in Wien vor einem Jahr, als der Gerasdorfer offenbar noch nicht bereit für die große Aufgabe war. Die Steigerung beim Frankfurt Marathon, wo er aber im finalen Renndrittel federn lassen musste und nach 2:13:43 Stunden ins Ziel kam. Und nun der Linz Marathon.
Ob bei besseren Bedingungen ein Lauf Richtung des österreichischen Rekords möglich gewesen zu sein, diese Diskussion wollte er nicht aufkommen lassen. Der Konjunktiv ist kein Maßstab! „Der Reiz, im Marathon weiterzumachen, liegt für mich darin, mein Potenzial auf die Straße zu bringen“, bekräftigte er. Den nächsten Versuch dafür werde er freilich erst starten, wenn Paris 2024 Geschichte ist.
2021 fehlte wenig für eine Olympia-Qualifikation über 5.000m, 2012 war der junge Athlet als 1.500m-Läufer in London einmal schon dabei. Vojtas Enttäuschung schien sich in Linz auch deshalb in Grenzen zu halten, es nicht nach Paris geschafft zu haben, weil ihm bewusst war, wie hoch die Trauben im Marathon hängen – das mag mittlerweile auch für andere Laufdisziplinen gelten. 2:08:10 Stunden, das Olympia-Limit für Paris, liegt zwei Minuten unter Peter Herzogs ÖLV-Rekord im Marathon. Vielleicht gibt es am Ende des Qualifikationszeitraums in vier Wochen gar keine andere Möglichkeit als diese, in Paris dabei zu sein.
Vojta lenkt seine Aufmerksamkeit Richtung Europameisterschaften im Halbmarathon, in der Hoffnung, dass sein gegenwärtiger Europaranglistenplatz für eine Teilnahme reicht. Aktuell ist Vojta 53., seine Landsleute Mario Bauernfeind (ÖBV Pro Team) und Peter Herzog (Union Salzburg LA), die sich mit ihren Marathon-Leistungen in zwei Wochen in Wien noch steigern können, liegen auf den Positionen 59 und 61. 60 Startplätze sind für den EM-Halbmarathon vorgesehen, der Qualifikationszeitraum reicht noch bis Ende Mai.
Unverhofft kommt oft und die Feste gehören gefeiert, wie sie fallen: Carola Bendl-Tschiedel (LG Wien) musste 47 Jahre alt werden, um ihren ersten Staatsmeistertitel überhaupt zu feiern. Diesen Erfolg verdiente sie sich redlich, trotz der Umstände absolvierte sie einen gleichmäßigen Marathon, den sie nach 2:52:23 Stunden Laufzeit vollendete. „Es ist ein absolut besonderer Tag für mich. Es war kein leichter Marathon aufgrund der Hitze, ich habe mich alle fünf Kilometer von Labestation zu Labestation gerettet, um mich abzukühlen. Ich habe aber gemerkt, dass sich meine Beine gut anfühlen und ich das Tempo halten konnte. Daher ist zur Qual auch Genuss dazugekommen“, erzählte sie im Ziel. Bendl-Tschiedel beendete den Linz Marathon als Fünfte vor Karin Rosenberger (Running Team Lannach), die in 2:58:14 Stunden die Silbermedaille bei den Staatsmeisterschaften gewann. Beatrix Kreiner (LG Wien) dekorierte sich mit Bronze.
Bei den Männern durchlebte Dominik Stadlmann (KUS ÖBV Pro Team) ein knallhartes Marathon-Debüt und musste den Umständen derartig Tribut zollen, dass er in der zweiten Marathon-Hälfte vom Stockerl fiel. Dem Oberösterreicher Markus Lemp (LC Sicking) gelang eine persönliche Bestleistung von 2:28:01 Stunden, womit er die Silbermedaille vor Georg Schrank (runninGraz) gewann. Schrank holte sich damit wie vor zwei Jahren beim Salzburg Marathon Staatsmeisterschaftsbronze.
Angesichts der Bedingungen gelang Goitom Kifle als Sieger des Männerrennens in einer Zeit von 2:08:15 Stunden ein beachtlich hochwertiges Resultat. Der Eritreer, der von seinem Manager Tadesse Abraham auf dem Fahrrad begleitet wurde, setzte sich im Finale von seinem kenianischen Kontrahenten Denis Chirchir ab und jubelte über seinen ersten internationalen Marathon-Sieg. Bereits zum fünften Mal gelang ihm eine Leistung im niedrigen 2:08er-Bereich, dazu zwei bessere Resultate auf der schnellen Strecke von Valencia. Seine Qualität wies der 30-Jährige auch bei internationalen Meisterschaften nach: Rang 14 bei den Olympischen Spielen von Sapporo und Rang 22 bei den Weltmeisterschaften von Eugene. Chirchir, der äthiopische Mitfavorit Dejene Debela, und der Kenianer Fredrick Kibii blieben ebenfalls unter 2:09 Stunden und demonstrierten, dass die Renngestaltung mit guten Tempomachern gelungen ist. Staatsmeister Vojta komplettierte die Top-Ten.
Abraham ist selbst Spitzenläufer, der 41-jährige Schweizer verblüffte die Laufwelt erst Mitte März beim Barcelona Marathon, den er in einer Zeit von 2:05:01 Stunden gewann. Bei den Frauen behielt die Vorjahresdritte Rebecah Jeruto aus Kenia in einer Zeit von 2:33:05 Stunden in Linz die Oberhand. Sie setzte sich in einem Dreikampf mit ihrer Landsfrau Lina Jepkemoi und der Äthiopierin Gulume Tekle durch. Den Besten des Tages bei den Marathonläuferinnen waren die Strapazen der Bedingungen im Zielraum sichtlich anzuerkennen.
Männer
1. Goitom Kilfe (ERI) 2:08:15 Stunden
2. Denis Chirchir (KEN) 2:08:28 Stunden
3. Dejene Debela (ETH) 2:08:38 Stunden
4. Fredrick Kibii (KEN) 2:08:56 Stunden
5. Wisley Kimeli (KEN) 2:09:40 Stunden
6. Victor Serem (KEN) 2:09:53 Stunden
7. Edwin Kimaiyo (KEN) 2:11:44 Stunden
8. Vincent Rono (KEN) 2:14:26 Stunden
9. Anthony Ekai (KEN) 2:17:55 Stunden
10. Andreas Vojta (AUT) 2:19:15 Stunden
Frauen
1. Rebecah Jeruto (KEN) 2:33:05 Stunden
2. Lina Jepkemoi (KEN) 2:34:04 Stunden
3. Gulume Tekle (ETH) 2:34:13 Stunden
4. Rigbe Tesfamariam (ETH) 2:48:32 Stunden
5. Carola Bendl-Tschiedel (AUT) 2:52:23 Stunden
6. Karin Rosenberger (AUT) 2:58:14 Stunden
7. Elisabeth Brandl (GER) 2:59:04 Stunden
8. Beatrix Krainer (AUT) 3:04:45 Stunden
Mit 17.413 Voranmeldungen für alle Bewerbe und alleine 1.419 für den Marathon inklusive der Staatsmeisterschaften gelang dem Oberbank Linz Donau Marathon ein kräftiges Anmeldeplus im Vergleich zum Vorjahr. Die teilnahmestärksten Bewerbe waren der Viertelmarathon mit 4.269 Läufer*innen im Ziel und der Halbmarathon mit 3.510 Läufer*innen im Ziel. Der neue 5km-Lauf zog über 1.500 Finisher*innen an.
Autor: Thomas Kofler
Bild: © Linz Marathon / Silvia Reitmaier