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Diamanten für Semenya, Jebet, Muir und Gebrhiwet in Zürich
Alle drei Laufentscheidungen bei den Damen versprachen auf dem Papier dank enger Zwischenstände Spannung im Kampf um den Gesamtsieg im Diamond Race. Während Caster Semenya und Weltrekordläuferin Ruth Jebet ihrer Favoritenrolle souverän gerecht wurden, überraschte Laura Muir erneut. 1.500m-Läuferin Faith…
Alle drei Laufentscheidungen bei den Damen versprachen auf dem Papier dank enger Zwischenstände Spannung im Kampf um den Gesamtsieg im Diamond Race. Während Caster Semenya und Weltrekordläuferin Ruth Jebet ihrer Favoritenrolle souverän gerecht wurden, überraschte Laura Muir erneut. 1.500m-Läuferin Faith Kipyegon war jedoch nicht die einzige mehrfache Saisonsiegerin, der gegen Saisonende die Luft auszugehen schien. Denn auch im 5.000m-Lauf der Herren wurde das Klassement noch einmal gestürzt.
Semenya souverän
Viele hatten im Rahmen von „Weltklasse Zürich“ eine Attacke Caster Semenyas auf den Weltrekord erwartet, einen Angriff auf den Meetingrekord hat die Südafrikanerin angekündigt. Am Ende gab es trotz eines mit ordentlichem Tempo gestalteten Rennens keinen Rekord, aber den fünften Saisonsieg der Favoritin in einer Zeit von 1:56,44 Minuten. Auch wenn der Abstand zur Dauer-Konkurrenz Francine Niyonsaba und Margaret Wambui in dieser Saison desöfteren schon deutlicher war, geriet der mit 40.000$ prämierte Gesamtsieg im Diamond Race nie in Gefahr. „Ich hatte heute viel Spaß, aber ich bin ein bisschen müde. Es fiel mir nicht leicht, den Speed bis zur Ziellinie zu halten“, bilanzierte die Südafrikanerin vor ihrem letzten Saison-Auftritt in Berlin am Wochenende. „In diesem Jahr war ich noch nicht bereit für den Weltrekord. Aber was will man mehr erwarten, es war eine exzellente Saison für mich“, schickte die 25-Jährige hinterher.
Büchel leicht übermotiviert
Pacemakerin Ilona Usovich eröffnete mit einer Showrunde in einem rasanten Tempo von 55,37 Minuten. Der Effekt der Tempomacherin verpuffte am nicht interessierten Feld, Semenya führte es rund eine Sekunde später in die zweite Runde. Lokalmatadorin Selina Büchel hatte sich zum Saisonende noch einmal viel vorgenommen und nahm ihre Beine in die Hand. Sie schob sich zwischen Semenya und Niyonsaba und musste selbst den dritten Platz erst in der letzten Kurve an Margaret Wambui abgeben. Auf der Zielgerade ging der Schweizerin aber der Saft aus und sie wurde bis auf Rang zehn durchgereicht – in einer für sie dennoch vernünftigen Zeit von 1:59,48 Minuten. „Die Atmosphäre war phänomenal. Es war eine große Freude hier zu laufen. Leider nicht mit dem Resultat, das ich wollte. Aber ich nehme die positive Energie der Zuschauer und dieser großartigen Atmosphäre mit in den Urlaub“, bilanzierte Büchel. Diesen Urlaub macht sie übrigens in der Schweiz, „weil es bei uns so wunderschön ist und ich eh das ganze Jahr auf Reisen bin.“
Übliche Besetzung auf dem Stockerl
Während vorne die gewohnte Reihenfolge Semenya-Niyonsaba-Wambui früh klare Konturen annahm, sprintete die Polin Joanna Jozwick zu ihrem mit Abstand besten Diamond-League-Resultat in diesem Jahr (Rang vier) vor US-Meisterin Kate Grace, die ebenso wie Europameisterin Nataliya Pryshchepa auf Rang sieben eine neue persönliche Bestleistung markierte (1:58,28 und 1:58,60 Minuten). Die zuletzt starken Melissa Bishop, Eunice Sum (zwei Diamond-League-Podeste in Folge) und Lynsey Sharp fanden sich zur Abwechslung im Hinterfeld ein. Das Starterfeld hatte allerdings mindestens die Qualität des Olympischen Finals von Rio de Janeiro und ganz vorne standen am Ende jene Läuferinnen, die bereits die ganze Saison über die Szene bestimmt hatten. Das Leitmotto „Olympia an einem Tag“ konnte das fantastische Meeting im EM-Austragungsort von 2014 in vielen Disziplinen halten, im 800m-Lauf der Damen absolut.
Jebet kontrolliert und dominiert
Nach Olympiasieg und Weltrekord hat Ruth Jebet ihre Spuren in der Wettkampfsaison bereits unverwüstlich hinterlassen. Ihre Ankündigung, sie würde nach dem Weltrekord in Paris ihre Saison beenden, weil sie müde sei, bewahrheitete sich angesichts der Chance, das Diamond Race zu gewinnen, nicht. Aber dadurch hat sie eventuellen erneuten Weltrekord-Ambitionen im Letzigrund trotz idealer Bedingungen bereits Wind aus den Segeln genommen. Die langen Reisen nach Rio, dann nach Manama, wo König Hamad bin Isa Al Chalifa die erste Olympiasiegerin seines Landes feierlich empfing, und wieder zurück nach Europa haben geschlaucht. Angesichts einer fürstlichen Entlohnung, wie sie bei den reichen Scheichs in Nahost Gang und Gäbe ist, wird sich der Aufwand gelohnt haben. Nun kommen noch 40.000$ für den Gesamtsieg im Diamond Race und 10.000$ für den Einzelsieg dazu. Zwar gab es keinen Weltrekord, aber in einer Zeit von 9:07,00 Minuten einen fetten neuen Stadionrekord. Die Erwartungshaltung nach dem Weltrekord und den weiteren Leistungen ist unfassbar gestiegen, wie emotionslos die zehntschnellste Zeit der Geschichte in Zürich aufgefasst wurde.
Ruth Jebet kontrollierte das Rennen von Beginn an, hielt sich aber trotz eines hohen Angangstempos von 2:57 Minuten auf dem ersten Kilometer zurück. Die 19-Jährige hatte jedoch alles im Griff und setzte sich frühzeitig deutlich von ihrer Verfolgerin Hyvin Kiyeng ab. Die Kenianerin belegte abermals Rang zwei, konnten Jebet jedoch nie gefährden. Im 3.000m-Hindernislauf geht damit eine höchst denkwürdige Saison zu Ende, die maßgeblich von der jungen Kenianerin in Diensten des Königreichs Bahrain beeinflusst wurde. Nur mehr vier der historisch besten zehn Zeiten wurden nicht im Kalenderjahr 2016 gelaufen. Zahlreiche nationale und kontinentale Rekordleistungen auch abseits Bahrains und Kenias ziehen sich wie ein roter Faden durch die für diese bei den Damen noch junge Disziplin fabelhafte Saison.
Harakiri mit Anlauf und Crash
Im Gegensatz zu ihrer Landsfrau Stephanie Garcia nahm sich Emma Coburn im ersten Drittel vornehm zurück und ging das Tempo der Spitzengruppe nicht mit. Erst in der zweiten Hälfte beschleunigte sie und sammelte die Afrikanerinnen, die unter dem Tempodiktat Jebets im Finale litten, ein. Erneut zementierte die 25-Jährige ihre Stellung als drittbeste Hindernisläuferin der Welt, Chepkoech belegte nach Rang zwei in Stockholm – wo viele der Stars fehlten – bereits zum dritten Mal den vierten Platz, exklusive jenem in Rio. Die Äthiopierinnen Etenesh Diro und Sofia Assefa erreichten das Ziel dahinter.
Überraschend war es schon, dass Stephanie Garcia, zuletzt in Paris mit „Hausrekord“, das Tempo der kenianischen Pacemakerin Caroline Tuigong mitging und sich ins afrikanische Quartett schwindelte. Die wahnsinnige Strategie forderte eine bittere Quittung. Bereits nach einem Kilometer bezwang sie technisch unsauber den Wassergraben, kurz darauf war ihr Rennen nach einem spektakulären Sturz hinter einem Hindernis vorbei. Für Lokalmatadorin Fabienne Schlumpf war das Rennen erwartungsgemäß eine Nummer zu groß. Sie kam als 13. und Letzte ins Ziel. Nur zwei Positionen davor platzierte sich die Australierin Genevieve LaCaze, die am Wochenende in Paris noch einen Kontinentalrekord gelaufen war.
Muir kontert Kipyegon aus, Rowbury überrascht
Die vielleicht spannendste Entscheidung am Abend war chronologisch gesehen der erste Laufbewerb der Damen des Meetings. Dass die Britin Laura Muir fünf Tage nach ihrem furiosen Landesrekord in Paris gewillt war, die in dieser Saison überlegene Faith Kipyegon im Diamond Race noch abzufangen, zeigte sich bereits an der Startaufstellung. Muir brachte ihre vertraute Landsfrau Jennifer Meadows mit und die erfahrene Engländerin bereitete der jungen Schottin das Rennen genau nach deren Bedürfnisse vor. Die 800m-Spezialistin, die nach der EM in Amsterdam eigentlich ihre Karriere beendet hat, absolvierte die ersten 800 Meter an der Spitze in einer Zeit von 2:08,10 Minuten fast auf die Hundertstelsekunde plangemäß und stieg wenig später aus. Muir hielt sich stets im Windschatten ihrer Landsfrau, als Faith Kipyegon überraschend früh – nämlich 500 Meter vor dem Ziel – die Initiative übernahm. Die kenianische Olympiasiegerin beschleunigte merklich, doch Muir blieb dran. Dahinter fädelten sich die sehr aufmerksam laufenden US-Amerikanerinnen Shannon Rowbury und Jennifer Simpson auf.
Als Kipyegon in die letzten Kurve einbog, stauchte die Spitzengruppe eng zusammen. Bereits ausgangs der Kurve waren die Mühen im Gesicht der Kenianerin abzulesen. Muir attackierte außen und zog vorbei. Kipyegon war nun völlig chancenlos und wurde bis auf Rang sieben durchgereicht. Weil vorne Shannon Rowbury einen sehenswerten Sprint auf der Innenbahn gegen die Schottin noch hauchdünn gewann, hätte Kipyegon ein vierter Platz zum Sieg im Diamond Race gereicht. Aber so gab es die Wendung und Muir sicherte sich nach einem neuerlich starken Auftritt mit Rang zwei in einer Zeit von 3:57,85 Minuten den grandiosen Gesamtsieg. Dieser ist umso höher zu werten, weil Kipyegon abgesehen vom Rennen in Zürich in dieser Saison in Shanghai, Eugene und Oslo gewann, dazu Olympiasiegerin wurde, und nur in Paris hinter Muir Rang zwei belegt hat. „Es ist unglaublich! Ich habe nie so etwas Großartiges erwartet. Das ist eine ganz große Geschichte für mich!“, jubelte die 23-jährige Muir, der in ihren Interviews häufig ein Variantenreichtum im Ausdruck abgeht.
Rowbury: Spezialistin im Letzigrund
Dass Shannon Rowbury sich im Zürcher Letzigrund, das mit 25.000 begeisterten Zuschauern abermals restlos ausverkauft war und eine phänomenale Stimmung erzeugte, besonders wohl fühlt, ist spätestens nach diesem Sieg in einer Saisonbestzeit von 3:57,78 Minuten unumstritten. Bereits vor zwei Jahren lief sie hier eines ihrer besten Rennen, als sie in einem spannenden Schlusssprint ihrer Landsfrau Jennifer Simpson unterlag. In diesem Jahr hatte sie das Hunderstelsekunden-Glück auf ihrer Seite und sorgte wie gewohnt zu Saisonschluss für ein Top-Resultat. Landsfrau Simpson musste sich hinter der endschnellen Niederländerin Sifan Hassan auf Rang vier einordnen, dann folgten die Äthiopierinnen Dawit Seyaum und Besu Sadu in persönlicher Bestleistung von 3:59,47 Minuten. Keine Rolle spielte die Kenianerin Hellen Obiri bei ihrer Rückkehr auf die ehemalige Spezialdistanz und wurde in einem aufgrund des hohen Tempos weit aufgefächerten Feldes abgeschlagene Elfte. Noch schlimmer erwischte es Europameisterin Angelika Cichocka, die fast 20 Sekunden nach Rowbury das Ziel erreichte.
Gebrhiwet fängt Landsleute ab
Neben Kipyegon konnte auch der Äthiopier Muktar Edris seinen Vorsprung im Diamond Race nicht ins Ziel retten. Der im Frühsommer überlegene 22-Jährige hat seine Form ausgerechnet zur wichtigsten Phase der Saison verloren und kam in Zürich nicht über Rang zehn hinaus. Weil auch sein Verfolger Yomif Kejelcha, in Paris noch strahlender Sieger über 3.000m, trotz seiner Initiative in der Schlussphase des Rennens nicht über Rang sieben hinauskam und damit ebenfalls punktelos blieb, jubelte der lachende Dritte. Hagos Gebrhiwet, Bronzemedaillengewinnerin in Rio, legte eine überragende Schlussrunde auf die Bahn und gewann in einer Zeit von 13:14,82 Minuten alles.
Jager und die Flucht nach vorne
Dass der 5.000m-Lauf in Zürich so spannend verlief, lag vor allen Dingen an Hindernis-Spezialist Evan Jager. Der setzte sich nämlich in den Windschatten der beiden kenianischen Pacemakerin Hillary Maiyo und Cornelius Kangogo. Dagegen hatte das Feld kein Interesse an diesem Tempo und so führte die Dreiergruppe bereits früh mit einem Vorsprung von rund 80 Metern. Amerikanische Journalisten hatten einen offensiven Auftritt den Olympia-Silbermedaillengewinners in seiner Spezialdisziplin bereits angekündigt und plötzlich war der 27-Jährige ein ernsthafter Kandidat auf dem Sieg. Nun alleine unterwegs hatte Jager einen Kilometer vor dem Schluss immer noch rund 50 Meter Vorsprung und der hielt, weil hinten ein taktisches Abtasten im Vordergrund stand.
Jäger erwischt Hasen im Finale
Als die Glocke ertönte, war der Abstand immer noch beträchtlich. Nun aber ging im Verfolgerfeld die Post ordentlich ab. Erst beschleunigte Kejelcha, dann ging Gebrhiwet auf der Gegengerade in den Spurtmodus über. Und so war es 100 Meter vor dem Ziel so weit, dass der kleine Äthiopier am müden US-Amerikaner vorbeisprintete. Auch Olympia-Silbermedaillengewinner Paul Chelimo schob sich noch an Jager vorbei, der einen respektablen dritten Platz belegte. Hinter Albert Rop und Abdelaati Iguider komplettierte der 41-Jährige Bernard Lagat bei seinem letzten Diamond League Rennen seiner großartigen Karriere das hervorragende Mannschaftsergebnis der Amerikaner. Der ehemalige zweifache Weltmeister war übrigens 0,17 Sekunden schneller als der amtierende 3.000m-Hallenweltmeister Kejelcha, der 22 (!) Jahre jünger ist. Ein Wort noch zum erneuten kenianischen Debakel über die 5.000m: Der beste im Klassement war Cornelius Kangogo, der als Pacemaker nach getaner Arbeit durchlief…
Entscheidungen im Diamond Race (nach 7 Entscheidungen)
800m der Damen
1. Caster Semenya (RSA) 60 Punkte (5 Siege)
2. Francine Niyonsaba (BUR) 50 Punkte (2 Siege)
3. Eunice Sum (KEN) 17 Punkte
1.500m / Meile der Damen
1. Laura Muir (GBR) 40 Punkte (2 Siege)
2. Faith Kipyegon (KEN) 36 Punkte (3 Siege)
3. Shannon Rowbury (USA) 23 Punkte (1 Sieg)
3.000m-Hindernislauf der Damen
1. Ruth Jebet (BRN) 56 Punkte (4 Siege)
2. Hyvin Kiyeng (KEN) 44 Punkte (2 Siege)
3. Sofia Assefa (ETH) 19 Punkte
5.000m / 3.000m der Herren
1. Hagos Gebrhiwet (ETH) 35 Punkte (2 Siege)
2. Muktar Edris (ETH) 30 Punkte (2 Siege)
3. Yomif Kejelcha (ETH) 22 Punkte (1 Sieg) Diamond League Meeting in Zürich
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