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Die aktuelle Dopingflut in Kenia

Seit Wochen häufen sich die Dopingfälle und Sanktionen im kenianischen Laufsport. Auch prominente Stars sind von teils langjährigen Sperren betroffen.
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Die aktuellen Dopingfälle aus dem kenianischen Laufsport haben sich in den vergangenen Wochen in einer eindrucksvollen Häufigkeit verdichtet. Wenige Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele wirft diese Welle an Sperren, Suspendierungen und Sanktionen kein gutes Licht auf den kenianischen Laufsport, zeigt aber auch, dass der nationale und internationale Kampf gegen Doping im ostafrikanischen Land wirkt. Das Durchgreifen durch die Athletics Integrity Unit wirkt sich in teils umfangreichen Sanktionen aus. RunUp.eu gibt einen Überblick.

Anfang Juni gab die Athletics Integrity Unit (AIU), die unabhängige Dopingermittlungskommission des Leichtathletik-Weltverbandes (World Athletics), die Sperre eines Weltrekordhalters bekannt. Rhonex Kipruto ist damit der prominenteste Dopingfall des bisherigen Jahres im internationalen Laufsport, denn der 24-Jährige gehörte zum Kreis der talentiertesten, jungen Straßenläufer der Welt an. Suspendiert ist Kipruto wegen Auffälligkeiten in seinem biologischen Blutpass bereits seit 2023, nun sprach die AIU eine insgesamt sechsjährige Dopingsperre gegen ihn aus, die im Mai 2029 ablaufen wird. Außerdem strich die AIU alle Resultate von September 2018 an, womit Kipruto er folgerichtig all seine Erfolge verlor. Die Ermittler sahen in Berufung auf drei unabhängige Fachleute, die sich insgesamt 32 Blutproben des Athleten ansahen, Doping als erwiesen an.

Eindrucksvoller 10km-Lauf in Valencia

Rhonex Kipruto hat im Jänner 2020 einen 10km-Lauf in Valencia in einer Zeit von 26:14 Minuten absolviert, bis heute unerreichter Weltrekord. Auf der Streichliste befindet sich neben seinem Weltrekordlauf im 10km-Straßenlauf auch der Junioren-WM-Titel im 10.000m-Lauf im Jahr 2018 sowie die WM-Bronzemedaille 2019 in Doha. Als neuer Weltrekordhalter im 10km-Lauf dürfte demnach in Kürze der Äthiopier Berihu Aregawi bezeichnet werden, der im März 2023 im spanischen Laredo eine Zeit von 26:33 Minuten gelaufen ist. Als neuer Junioren-Weltmeister 2018 wird wohl bald Jacob Kiplimo aus Uganda genannt werden, der damals 19 Sekunden auf Kipruto verlor. Kiplimo ist heute Weltrekordhalter im Halbmarathonlauf und zweifacher Crosslauf-Weltmeister.

Der Athlet des legendären irischen Lehrers und Missionars Brother Colm O’Connell leugnet ein Vergehen. In einem Interview mit SportsBoom.com sagte Kipruto: „Ich bin kein Doper und ich werde alles tun, um die Wahrheit ans Licht zu rücken. Zu sehen, wie mir meine Karriere weggenommen wird, ist extrem schmerzhaft!“ Laut AIU beruft sich Kipruto auf multiple Faktoren, darunter natürliche, spezifische Charakteristika seines Körpers und diverse medizinische Behandlungen, die die Werte erklären sollen.

Das Blutprofil als wichtiges Tool

AIU-Chef Brett Clothier erklärt in einer AIU-Aussendung: „Der biologische Blutpass ist ein wichtiges Tool im Kampf gegen Doping bei Eliteathlet*innen. Manchmal ist es schwierig, Substanzen und Methoden zu enttarnen. Das biologische Blutprofil gibt uns die Chance, über einen langen Zeitraum Zeichen von Blutdoping zu beobachten.“ Alleine im Jahr 2023 seien über 4.700 Bluttests im Elitebereich durchgeführt worden.

Welle an Dopingfällen in Kenia

Die Sanktionen gegen Kipruto fielen in eine Zeitraum, in dem die kenianischen Anti-Doping-Agentur (ADAK) Dopingsanktionen gegen 33 Sportler*innen, darunter 26 Läufer*innen, aussprach. Sie standen auf einer Liste von rund 50 provisorisch im November 2023 suspendierten Sportler*innen. Der bekannteste Name der Sanktionierten ist Joshua Belet, der 2023 den Amsterdam Marathon gewonnen und zwei Monate davor an den Weltmeisterschaften teilgenommen hat. Dem 26-Jährigen wurde gleich die Verwendung einer Reihe von verbotenen Substanzen zur Last gelegt, wie etwa das kanadische Leichtathletik-Magazin „Athletics Illustrated“ online berichtete.

Mit dieser Initiative gelang der ADAK ein Erfolg im Kampf gegen Doping, für die kenianische Leichtathletik bedeutet sie aber einen gefährlichen Rückschlag. Denn zu Jahresbeginn stand die Leichtathletik-Nation Kenia diversen Medienberichten zu Folge nicht weit von einer Suspendierung vom Weltverband recht nahe, in ähnlicher Form, wie die russische Leichtathletik aktuell ausgeschlossen ist. In kenianischen Medienberichten entsteht der Eindruck, dass der Kenianische Leichtathletik-Verband (Athletics Kenya) ruhig bleibt und von keinen Konsequenzen über den gesamten Verband fürchtet. Die Athleti*innen wüssten, dass eine Olympia-Teilnahme aufgrund der Einstufung Kenias als „Doping-Risiko-Nation“ durch die AIU nur mit drei negativen out-of-competition-Tests im Vorfeld der Spiele möglich ist.

Gegenwärtig sind laut Statistik der AIU 81 kenianische Athlet*innen wegen Verstößen gegen den Anti-Doping-Code gesperrt. Dazu kommen jene Sanktionen, die in den letzten Monaten zu Ende gegangen sind, und jene Dopingfälle, die die kenianische Anti-Doping-Behörde registriert.

Weitere Doping-News

Marathonläuferin lebenslang gesperrt: Beatrice Toroitich, eine 42-jährige kenianische Marathonläuferin, ist von der AIU als erste Athletin aus Kenia wegen drei Dopingvergehen in den letzten Jahren lebenslang gesperrt worden. Da sie aufgrund einer Dopingsanktion in den Jahren 2019 und 2020 bereits vorbelastet ist, greift bei ihr das höhere Strafmaß für Wiederholungstäterinnen. Die bisher längste kenianische Dopingsperre sitzt aktuell Titus Ekiru ab, der für zehn Jahre gesperrt ist.

Eine der drei positiven Dopingproben, nämlich jene vom Sofia Marathon 2023, den sie als Erste beendete, wurde im österreichischen Anti-Doping-Labor in Seibersdorf ausgewertet. In den drei Proben wurden unterschiedliche verbotenen Substanden gefunden. Die Athletin kann gegen dieses Urteil noch vor dem Obersten Internationalen Gerichtshof (CAS) vorgehen. Marathon-Kollegin Josephine Chepkoech wurde ebenfalls als Wiederholungstäterin belangt, muss aber „nur“ sieben Jahre zuschauen.

Ganze Karriere de facto gelöscht: Eine drastische Sperre hat auch Toroitichs Landsmann Rogers Kwemoi erhalten. Der 26-Jährige wurde aufgrund Auffälligkeiten im biologischen Blutprofil für sechs Jahre gesperrt, außerdem wurden all seine Resultate ab 18. Juli 2016 gestrichen. Der in Japan lebende Kenianer vertrat sein Heimatland bei den Weltmeisterschaften 2019 und 2022 sowie den Olympischen Spielen 2021. Er verliert seine Medaille bei den Commonwealth Games 2018 sowie seinen Junioren-WM-Titel im 10.000m-Lauf 2016. In beiden Fällen profitiert, wie beim Fall von Kipruto, Jacob Kiplimo von Positionsverbesserungen.

Neue Ermittlungen gegen Marathon-Star: Der Dopingfall von Lawrence Cherono spitzt sich zu. Gegen den kenianischen Topläufer, der seit Juli 2022 aufgrund einer positiven Probe auf die Substanz Trimetazidin suspendiert ist, ermittelt die AIU wegen eines möglichen Manipulationsversuchs. Durch Zusatz einer fremden Substanz könnte der Athlet versucht haben, seine Probe zu verändern, berichtet das kenianische Medium Capital FM. Ermittlungen laufen, Cheronos Rechtsvertretung ist aktiv. Der 35-Jährige hat 2019 den Boston Marathon und den Chicago Marathon gewonnen, außerdem war er gleich zweimal in Amsterdam, dazu in Sevilla, Prag und Valencia siegreich.

Freispruch für Hindernislauf-Star: Die gebürtige kenianische Hindernisläuferin Norah Jeruto, die seit Jänner 2022 für Kasachstan an den Start geht, ist dagegen von den Anschuldigungen freigesprochen worden und ab sofort wieder startberechtigt. Die überlegene Weltmeisterin von 2022 wurde vom Obersten Internationalen Gerichtshof (CAS) in Lausanne von der vierjährigen Sperre, die der Leichtathletik-Weltverband (World Athletics) gegen sie ausgesprochen hatte, freigesprochen. Die AIU hat Jeruto wegen Unregelmößigkeiten in ihren Blutproben suspendiert, der CAS sah keine ausreichenden Beweise vorliegen. Jeruto begründete die Daten aus ihren Blutproben mit Geschwüren in Folge einer COVID-19-Infektion. Die Weltmeisterschaften 2023 verpasste Jeruto wegen der provisorischen Suspendierung vor dem Urteilsspruch. In Paris kann sie dabei sein, die 28-Jährige hat die Qualifikation beim Comeback geschafft.

Autor: Thomas Kofler
Bild: © Stefan Schweihofer / Pixabay (Symbolbild)

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