Newsletter Subscribe
Enter your email address below and subscribe to our newsletter
13:54 Minuten – so lautet der neue Weltrekord im 5km-Straßenlauf. Beatrice Chebet hat ihn bei der Cursa dels Nassos, dem Silvesterlauf in Barcelona, aufgestellt und damit auch den Weltrekord im 5.000m-Lauf auf der Bahn deutlich unterboten. Der kenianische Superstar ist die erste Läuferin, die diese Distanz unabhängig des Untergrunds in unter 14 Minuten absolviert hat.
2:47 Minuten pro Kilometer! Fünfmal. So schnell muss frau laufen, wenn sie einen 5km-Straßenlauf in einer Zeit von 13:54 Minuten beenden will. Gelungen ist das Beatrice Chebet am frühen Silvesterabend in Barcelona. Es klingt nach einer Sensation, insbesondere im Vergleich zu den bisherigen Bestwerten in dieser Disziplin. Doch so herausragend die Leistung erscheint: Laut Performance Score von World Athletics liegt sie im Vergleich mit anderen Weltrekorden im mittleren Bereich.
So bewertet dieser den 10km-Weltrekord von Agnes Ngetich und den Marathon-Weltrekord von Ruth Chepngetich deutlich höher, aber auch Chebets Weltrekord im 10.000m-Lauf. Die Kenianerin war ja die erste, die auf dieser Distanz die Marke von 29 Minuten auf der Bahn knacken konnte. Dagegen werden die Weltrekorde auf den Olympischen Distanzen 5.000m, 800m und 3.000m-Hindernislauf als „schwächer“ bewertet, der 1.500m-Weltrekord von Faith Kipyegon erreicht denselben Score von 1.295 Punkten wie Chebets neuer Weltrekord über fünf Kilometer.
1️⃣9️⃣ Sekunden schneller als der bisherige 5km-Weltrekord, ebenfalls gehalten von Beatrice Chebet und ebenfalls gelaufen auf der Strecke der Cursa dels Nassos. Bei ihrem Vorjahressieg triumphierte die Kenianerin allerdings in einem reinen Frauenrennen, der so genannte „Women’s Only“-Rekord.
1️⃣9️⃣ Sekunden schneller als die 5km-Durchgangszeit von Agnes Ngetich beim 10km-Lauf in Valencia im Jänner 2024, als die Kenianerin den Fabelweltrekord von 28:46 Minuten aufstellte.
6️⃣ Sekunden schneller als der 5.000m-Weltrekord von Gudaf Tsegay, gelaufen beim Diamond-League-Finale 2023 in Eugene im direkten Duell mit Beatrice Chebet.
Jahrzehntelang galt die Orientierung, dass Distanzen auf der Tartanbahn im Stadion schneller bewältigt werden konnten als auf der Straße. Die vor knapp einem Jahrzehnt eingeleitete revolutionäre Neuausrichtung der Laufschuhe, zuerst im Straßenlauf, hat sie erst abgeschwächt und nun durch die enorme Entwicklung der Leistungen auf diversen Straßenlauf-Distanzen in den letzten Jahren revidiert.
Freilich mag der Vergleich hinken, weil die gestiegene Popularität des Straßenlaufs insbesondere auf Distanzen, die adäquat auch im Stadion gelaufen werden, längst nicht vergleichbar ist mit früher. Dennoch ist Chebets neuer Weltrekord wie der 10km-Weltrekord von Ngetich schneller als der Vergleichsbestwert auf der Bahn – zwei von zwei bei vergleichbaren Distanzen. Bei den Männern ist es umgekehrt: Dort halten die Bahn-Weltrekorde von Joshua Cheptegei den Straßenbestwerten (noch) stand.
Bei der Cursa dels Nassos genoss Beatrice Chebet beste äußere Bedingungen (14°C.) sowie den Support eines männlichen Tempomachers. Die zweifache Crosslauf-Weltmeisterin konnte mit dieser Ausgangsposition von Beginn an ein höchstes Tempo anschlagen. Ihre Klasse ergab einen enormen Vorsprung: Das äthiopische Lauftalent Medina Eisa wurde in einer Zeit von 14:23 Minuten, nur knapp vorbei am äthiopischen Rekord und neuer Junioren-Weltrekord, Zweite vor Belinda Chemutai aus Uganda (14:36).
Im Ziel feierte die Siegerin, eingehüllt in einer kenianischen Flagge, gemeinsam mit ihrem Ehemann Peter Bii, der, wie nicht selten im kenianischen Laufsport, auch gleichzeitig Chebets Trainer ist. „Ich bin super happy, weil alles nach Plan verlief. Zwei Starts in Barcelona, zwei Weltrekorde. Was will man mehr?“, freute sie sich. Die kenianische Plattform „Pulse Sports Kenya“ zitierte die 24-Jährige, dass ihr nächstes großes Ziel der Weltrekord im 10km-Straßenlauf sei – den will sie am 9. März in Lissabon attackieren.
Dass diese Weltrekorde und Meilensteine der Athletin viel bedeuten, sagte sie einmal in einem Interview mit der kenianischen Plattform „Citizen Digital“: „In Zukunft werden die Leute Beatrice als erste Kenianerin in Erinnerung behalten, die diesen Meilenstein (10.000m-Weltrekord unter 29 Minuten, Anm. d. Red.) gesetzt hat und Olympisches Gold nach Hause gebracht hat.“
Nachdem Beatrice Chebet, vor der Pandemie Junioren-Weltmeisterin über 5.000m und im Crosslauf, in den letzten Jahren bei diversen globalen Medaillengewinnen noch arrivierten Stars den Vortritt lassen musste, markierte der Weltrekord beim Silvesterlauf 2023 den Startpunkt zu einer traumhaften Wettkampfsaison 2024, die mit dem neuerlichen Weltrekord am letzten Tag des Jahres 2024 einen Kreis schloss. Allerspätestens seither ist Beatrice Chebet ein Superstar in der Leichtathletik!
🥇 30. März – Gold bei der Crosslauf-WM in Belgrad
🔝 25. Mai – Weltrekord im 10.000m-Lauf in Eugene (28:54,14)
🥇 5. August – Gold bei den Olympischen Spielen in Paris (5.000m)
🥇 9. August – Gold bei den Olympischen Spielen in Paris (10.000m)
🏆 14. September – Diamond-League-Gesamtsieg in Brüssel (5.000m)
🔝 31. Dezember – Weltrekord im 5km-Straßenlauf in Barcelona (13:54)
Chebet hat im gesamten Wettkampfjahr 2024 nur zwei Wettkämpfe nicht gewonnen. Beide waren nationale Trialrennen, bei denen es einzig darum ging, in die Top-Drei zu kommen. Auf internationalem Parkett blieb sie ungeschlagen. Trotz dieser beeindruckenden Serie fehlte Chebets Name auf der Liste der Finalistinnen auf den Award der Leichtathletin des Jahres des Leichtathletik-Weltverbandes (World Athletics), was bei vielen Leichtathletik-Expert*innen auf Unverständnis stieß.
Ein ganz anderes Bild zeigte die symbolische Award-Vergabe der US-amerikanischen Lauf-Plattform „Let’sRun.com“, die Jahr für Jahr eine gewisse Beachtung erlangt. Chebet wurde darin nicht nur zur Läuferin des Jahres bestimmt, sondern sogar als Leichtathletin des Jahres – und das im Zweikampf gegen den US-amerikanischen Superstar Sydney McLaughlin-Levrone. Die Laufsport-Experten der Plattform argumentierten, Chebet hätte das gesamte Jahr über auf verschiedenen Untergründen triumphiert und dabei mit Faith Kipyegon und Sifan Hassan zwei der besten Läuferinnen der Geschichte in direkten Duellen besiegt – als Bonus zu den Goldmedaillen.
Beatrice Chebet hat längst den Fokus Richtung Wettkampf-Saison 2025 mit den Weltmeisterschaften von Tokio als ihrem größten Ziel gelegt. Ihr scheint bewusst, dass eine grandiose Wettkampfsaison wie jene im Jahr 2024 durchaus die Ausnahme bleiben könnte. „Man sagt: An die Spitze zu kommen ist viel leichter als dort seinen Platz zu verteidigen“, gab sie in einem Interview mit der kenianischen Tageszeitung „The Star“ im Vorfeld des Silvesterlaufs in Barcelona zu bedenken. „Aber ich bin bereit, noch härter zu arbeiten und alle Schritte zu übernehmen, um weiterhin die Beste zu sein.“ Damit sei sie bisher gut gefahren, schließlich hätten Disziplin und harte Arbeit sie dahin gebracht, wo sie heute ist.
Fünf Tage nach dem Sieg im Silvesterlauf gewann Beatrice Chebet den Crosslauf Juan Muguerza Memorial im spanischen Elgoibar in einer Zeit von 25:49 Minuten mit einem beeindruckenden Vorsprung von 42 Sekunden auf die junge Äthiopierin Melknat Wudu. Es war ihr zweiter Sieg in der diesjährigen Crosslaufsaison nach jenem in Sevilla Mitte November, beides Events der World Cross Country Tour Gold.
Bei den Männern gewann Berihu Aregawi, Sieger der San Silvestre Vallecana in Madrid, den Crosslauf Juan Muguerza Memorial in einer Zeit von 29:36 Minuten knapp vor dem burundischen Crosslauf-Spezialisten Rodrigue Kwizera. Die Männer absolvierten eine Strecke von 9.707 Metern. Wie Chebet hat auch Aregawi den Crosslauf Juan Muguerza Memorial bereits im vergangenen Jahr gewonnen.
Die Cursa dels Nassos hatte der Kenianer Matthew Kipkoech mit einer Zeit von 13:28 Minuten zeitgleich mit dem französischen Außenseiter Pierrik Jocteur-Monrozier und mit zwei Sekunden Vorsprung auf Abdessamad Oukhelfen aus Spanien gewonnen. Der spanische Topfavorit Thierry Ndikumenwayo hatte kurzfristig aufgrund einer Verletzung absagen müssen. Damit fiel auch die erhoffte Jagd auf den Europarekord aus.
Autor: Thomas Kofler
Bild: © Christel Saneh for World Athletics – Beatrice Chebet jubelt über die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen (10.000m).