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Eine eindrucksvolle Serie an Dopingfällen

Wöchentlich werden neue Sanktionen gegen überführte Läuferinnen und Läufer ausgesprochen. Überwiegend kommen sie aus Kenia. RunUp.eu gibt einen aktuellen Überblick.
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Die Laufwelt hat ihren nächsten prominenten Dopingfall. Es ist wieder einer aus Kenia. Jenem Land, das mittlerweile den Löwenanteil an des Betrugs überführten Läuferinnen und Läufern liefert. Brimin Kipkorir zählte zu den Marathon-Assen der ostafrikanischen Laufhochburg. Die Liste kenianischer Dopingfälle im Laufsport hat enorme Dimensionen erreicht und beschäftigt die Laufwelt. Trotz der Spitzenposition ist Doping im Laufsport kein rein kenianisches Phänomen. Die Athletics Integrity Unit und andere Anti-Doping-Behörden konnten in letzter Zeit immer wieder Treffer landen und Betrügende stoppen. Ein Überblick.

Brimin Misoi Kipkorir ist von der Athletics Integrity Unit (AIU) folgerichtig provisorisch suspendiert worden, nachdem das positive Ergebnis des am 22. Novembers abgenommenen Dopingtests bekannt wurde. Es ist ein doppeltes positives Ergebnis, nämlich auf EPO-Doping und auf die Substanz Furosemid, ein Diuretikum. Der Kenianer ist durchaus ein bekannter Name in der Szene. 2022 gewann er den Frankfurt Marathon und wiederholte diesen Erfolg ein Jahr später an selber Stelle mit einer Topzeit von 2:04:53 Stunden. 2024 gewann er den Sydney Marathon mit neuem Streckenrekord, als zukünftig neuer World Marathon Major damals mit einem starken Elitefeld bestückt.

Sieg in Taipei vor Aberkennung

Am problematischsten ist vorerst aber der Sieg beim Taipei Marathon kurz vor Weihnachten – also gut drei Wochen nach der Abnahme der Dopingkontrolle, die ihm nun zum Verhängnis werden könnte. Denn sollte die B-Probe das Resultat nicht entkräftigen, droht dem Athlet eine langjährige Sperre, die gleichbedeutend mit seinem vorzeitigen Karriereende sein könnte. Und den Titel beim Taipei Marathon wird er voraussichtlich verlieren. Kipkorir mag nicht der größte Name der Szene sein, auch nicht in seiner Bekanntheit. Aber Platz 26 in der Weltrangliste als zwölftbester Kenianer zeigt seine Stellung.

Es sind keine guten Nachrichten für den Taipei Marathon in diesen Tagen. Denn auch die Zweitplatzierte des Frauenrennens, Caren Cheptoek aus Kenia, hat nun einen Dopingschatten über ihrer Karriere. Sie gab nach dem Rennen eine positive Dopingprobe auf Methylprednisolon ab und muss zwei Jahre lang zuschauen, wie kenianische Medien berichteten.

Zwei junge Kenianer vor Sperre

Noch aktueller sind die Fälle von Edward Zakayo und Edinah Jebitok. Beide stehen vor einer Sperre aufgrund Missachtung des Whereabout-Systems. Diese wird üblicherweise mit einer Zweijahres-Sperre betraut, wenn Athletinnen und Athleten binnen eines Zeitraums von zwölf Monaten dreimal nicht am angegebenen Ort für eine unangekündigte Dopingkontrolle anzutreffen sind – ein Fenster von einer Stunde pro Tag müssen Spitzensportler*innen dafür vorsehen.

Der 23-jährige Zakayo war 2018 Junioren-Weltmeister im 5.000m-Lauf, die 23-jährige Jebitok gewann 2023 den Silvesterlauf in Peuerbach und war im selben Jahr Achte bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften. Laut der kenianischen Tageszeitung „Daily Nation“ wurden alleine in den letzten drei Monaten 22 kenianische Athletinnen und Athleten wegen eines Dopingverstoßes sanktioniert, das ist ein Fall pro vier Tage. In der Liste der gegenwärtig gesperrten Athletinnen und Athleten von Athletics Integrity Unit (AIU) befinden sich 124 aus Kenia. Das ist der Spitzenwert vor Indien und Russland – und ein Vielfaches im Vergleich zu allen anderen nationalen Verbänden.

Konsequenz in der Sanktionsqualität

Mit welcher Drastik die AIU mittlerweile die Sanktionen ausspricht, durchaus im Quervergleich mit anderen internationalen Sportverbänden gemeint, zeigt der Fall seiner Landsfrau Diana Kipyokei. Die Sensationssiegerin des Boston Marathon 2021, an dessen Ende sie eine positive Dopingsperre abgab, wurde für sechs Jahre gesperrt – mit rückwirkendem Beginn im Juni 2022. Sie hatte versucht, die Ermittlungen zu manipulieren, weswegen die AIU ihr Strafmaß empfindlich erhöhte.

Ebenfalls gleich sechs Jahre gesperrt wurde die Kenianerin Emmaculate Anyango. Der Fall der 24-Jährigen ist deshalb so bemerkenswert, weil sie binnen viereinhalb Monaten im ersten Halbjahr 2024 nicht weniger als viermal positiv auf unterschiedliche verbotene Substanzen getestet wurde, dreimal waren es Out-of-Competition-Kontrollen, also unangekündigte. Durch diese beachtliche Summierung definierte die AIU „erschwerende Umstände“ und erhöhte die übliche Sanktion von vier Jahren Sperre um satte 50%.

Die Kenianerin ist jahrelang niemanden durch ein herausragendes Talent aufgefallen, ehe sie im Winter 2023/24 plötzlich mit zwei pfeilschnellen 10km-Läufen verblüffte. Mit der Leistung von 28:57 Minuten in Valencia 2024 schwang sie sich zur zweitschnellsten 10km-Läuferin der Geschichte auf, der Weltrekord wurde genau in diesem Rennen von ihrer Landsfrau Agnes Ngetich aufgestellt. So schnell der Stern in den Himmel emporstieg, so unrühmlich und plötzlich war sein Abgang. Die Leistung von Valencia könnte aber ihre gültige Anerkennung behalten.

Ein Dopingfall im Weltflüchtlingsteam

Ein besonderer Dopingfall der letzten Zeit ist jener von Anjelina Nadai Lohalith. Die 30-Jährige stammt ursprünglich aus dem Südsudan und wurde in den Wirren des Bürgerkriegs Anfangs des Jahrhunderts im Kindesalter in ein Flüchtlingscamp jenseits der kenianischen Grenze geschickt. Dort wurde sie gefördert und vor den Olympischen Spielen 2016 in das damals neu gegründete Refugee Olympic Team des IOC aufgenommen.

In den Folgejahren nahm sie regelmäßig als Teil des Weltflüchtlingsteams von World Athletics an Weltmeisterschaften und auch an den Olympischen Spielen von Tokio teil. Bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften 2024 von Belgrad, wo sie als starke 23. ins Ziel gekommen ist, gab sie nach dem Wettkampf eine positive Dopingprobe ab. Das Ergebnis wurde im österreichischen Anti-Doping-Labor in Seibersdorf analysiert.

Präzedenzurteil in der Schweiz

In der Leichtathletik liegt zurzeit ein deutlicher Dopingschwerpunkt auf den Ländern Kenia und Indien, dazu das seit 2015 vom Leichtathletik-Weltverband suspendierte Russland. Der Kampf gegen Doping im Spitzensport erzielt aber auch in Europa den ein oder anderen bemerkenswerten Erfolg. Im Jänner gab die Swiss Sports Integrity, die nationale Anti-Doping-Behörde der Schweiz, die Verurteilung und 14-jährige Sperre eines Schweizer Arztes bekannt, der verbotene Mittel an Sportler*innen verabreicht habe. Ausgesprochen hat die Sanktion das Schweizer Sportgericht.

Der prominenteste Dopingfall im europäischen Laufsport der letzten Zeit ist jener von Mohamed Katir. Der Spanier, eine Zeit lang gewissermaßen die Nummer zwei im europäischen Laufsport der Stadion-Leichtathletik hinter Jakob Ingebrigtsen, war im Jahr 2023 dreimal nicht für Dopingkontrollen auffindbar und wurde mit einer zweijährigen Sperre belegt. Im Nachhinein kam die Athletics Integrity Unit dem WM- und EM-Medaillengewinner aber auf die Schliche, dass er die Ermittlungen mit gefälschten Reisedokumenten und -nachweisen zu manipulieren versuchte. Als Folge verlängerte die AIU die Sperre kurzerhand um zwei weitere Jahre bis Februar 2028.

Der prominenteste äthiopische Dopingfall der letzten Zeit ist jener von Marathonläuferin Tsegay Gemechu. Die ehemalige Siegerin des Tokio Marathon wurde unmittelbar vor dem Valencia Marathon 2024, bei dem sie als Favoritin galt, aufgrund von Unregelmäßigkeiten in ihrem Blutprofil für vier Jahre gesperrt. Insgesamt 50 Blutproben in einem Zeitraum von gut vier Jahren dienten einem Expertenkomitee zur einstimmigen Einschätzung, das diese Unregelmäßigkeiten auf Doping-Missbrauch zurückzuführen sind. Äthiopien ist von der AIU wie auch Kenia zur Nation mit der höchsten Gefahr von Doping-Missbrauch eingestuft, die Test-Logistik hat aber nicht die Qualität wie seit wenigen Jahren jene in Kenia.

Autor: Thomas Kofler
Bild: © Stefan Schweihofer / Pixabay

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