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Sechs der acht Diamond-League-Gesamtsiege beim zweitägigen Finale in Brüssel gingen an Kenias Läufer*innen, darunter sämtliche vier Entscheidungen bei den Frauen. Überraschend kommt der Sieg von Amos Serem im 3.000m-Hindernislauf. Denn er beendet eine eindrucksvolle Siegesserie.
Benjamin Kigen war der letzte Läufer, der Soufiane El Bakkali in einem 3.000m-Hindernislauf – Vorläufe bei Meisterschaften ausgenommen – besiegen konnte. Nicht einmal der neue Weltrekordhalter Lamecha Girma, der nach seinem schweren Sturz bei den Olympischen Spielen die Saison frühzeitig beendet hatte, hat dies bisher geschafft. Was auch daran liegt, dass das letzte Duell der beiden Stars in der Diamond League vor über zwei Jahren über die Bühne ging.
Heute spricht in der Szene von Benjamin Kigen niemand mehr. Nach seinem enttäuschenden achten Platz bei den Kenya Trials Mitte Juni beendete der 31-Jährige vorzeitig seine Saison. Sein letztes Spitzenresultat war eben jener Sieg in Zürich 2021, wenige Wochen, nachdem er in Tokio Olympia-Bronze hinter El Bakkali und Girma gewonnen hatte.
Die drei Jahre andauernde Siegesserie des Marokkaners enthielt die Olympische Goldmedaille von Paris 2024, zwei WM-Titel und zehn Siege in der prestigeträchtigsten Meetingserie der Welt. Doch beim Memorial van Damme, fast drei Wochen, nachdem ihm das Fotofinish den Sieg in Schlesien über Serem rettete, musste der 28-Jährige wieder einmal in den sauren Apfel beißen. Der Nordafrikaner wirkte in diesem Jahr auch deswegen nicht so überlegen, weil er sich zu Saisonbeginn mit einer Knieverletzung herumplagen musste – alle drei Siege waren hart erkämpft. Nach dem finalen Wettkampf der Saison meinte er, die Müdigkeit zu spüren: „Nach den Olympischen Spielen ist es schwierig, mit derselben Energie in die Rennen zu gehen.“
Bisher kein Glück in engen Entscheidungen hatte Amos Serem. Beim Diamond-League-Meeting in Paris unterlag er im Juli laut „Let’s.Run.com“ dem Äthiopier Samuel Firewu um zwei, in Schlesien El Bakkali um drei Tausendstelsekunden jeweils mit hauchzartem Unterschied. In Brüssel war der Sieg schließlich eindeutig: In einer Zeit von 8:06,90 Minuten legte der 22-Jährige 1,7 Sekunden zwischen sich und dem bisherigen Seriensieger. Auch der drittplatzierte Mohamed Amin Jhinaoui aus Tunesien, der eine starke Wettkampfsaison beendete, blieb unter 8:10 Minuten. „Ich habe mich großartig gefühlt heute. Ich habe immer gefühlt, dass ich einen Sieg bei so einem großen Rennen drin hätte. Ich bin überglücklich, meine Saison auf diese Weise zu beenden und hoffe, nächstes Jahr mit starker Form zurückzukehren“, jubelte Serem.
Sein Aufstieg kam nicht von ungefähr. 2021 wurde er im heimischen Nairobi Junioren-Weltmeister im 3.000m-Hindernislauf, ein Jahr später sicherte er sich bei den Commonwealth Games in Birmingham die Bronzemedaille. Die WM 2023 verpasste der diesjährige kenianische Meister bei den nationalen Vorausscheidungen noch knapp, doch hin auf die aktuelle Wettkampfsaison gelang ein entscheidender Leistungssprung. Serem war der beste kenianische Hindernisläufer der Saison, bei den Olympischen Spielen verpasste er allerdings nach einem turbulenten Vorlauf eine Top-Platzierung – Landsmann Abraham Kibiwot, in Brüssel Vierter, sprang als Bronzemedaillengewinner in die Bresche. Doch Serems Sieg beim Memorial van Damme dürfte die Hoffnung der kenianischen Lauffans nähren, die gegenwärtige Durststrecke in der einstigen Erfolgsdisziplin der Kenianer bald zu beenden. Nächste Saison gibt es mit der WM in Tokio die nächste große Chance dazu. Auch Soufiane El Bakkali legte bereits in Brüssel den Fokus auf die Vorbereitung dieses Großevents.
Im 800m-Lauf versuchte Marco Arop einen Angriff auf den Weltrekord von David Rudisha, der seit 2012 bei einer Zeit von 1:40,91 Minuten liegt und in diesem Jahr erstmals seither in Reichweite geriet, aber noch nicht verbessert werden konnte. Eine erste Runde von 49,28 Sekunden ließ das Publikum im Stade Roi Badouin mit Faszination auf die Laufbahn blicken. Doch auf der Zielgerade ging dem führenden Kanadier die Kraft aus. Erst überholte ihn Djamel Sedjati aus Algerien, dann der Kenianer Emmanuel Wanyonyi, Anfangs der Zielgerade noch Vierter. Der Olympiasieger huschte noch in Führung und gewann in 1:42,70 Minuten vor Sedjati und Arop. Bester Europäer war Frankreichs Rekordhalter Gabriel Tual vor Lokalmatador Elliot Crestan.
Jakob Ingebrigstsen beendete am regennassen Freitagabend in Brüssel eine turbulente 1.500m-Saison mit einem weiteren Sieg und entschied damit die Diamond League zum dritten Mal in Folge für sich. Der Norweger agierte anders als gewohnt und verbrachte die ersten 800m im Hinterfeld, die Tempomacher waren ohnehin nicht auf höchstes Tempo getrimmt. In einer Zeit von 3:30,37 Minuten war der 23-Jährige trotz seiner langsamsten Laufzeit in einem Diamond-League-Rennen über diese Distanz seit eineinhalb Jahren ungefährdet und siegte vor Timothy Cheruiyot, der sich im Endspurt Olympiasieger Cole Hocker haarscharf vom Leib hielt. Zürich-Sieger Yared Nuguse war dieses Mal als Sechster hinter dem starken Belgier Jochem Vermeulen chancenlos. Auf einen Start über die 5.000m verzichtete Ingebrigtsen, Olympiasieger in dieser Disziplin, da dieser nicht einmal eine Stunde vor dem 1.500m-Lauf angesetzt war.
Im 5.000m-Lauf entschied der Schlussspurt zugunsten Berihu Aregawis, der sich in einer starken Zeit von 12:43,66 Minuten gegen seine Landsleute Hagos Gebrhiwet und Telahun Bekele durchsetzte und sich damit seinen zweiten Gesamtsieg in der Wanda Diamond League sicherte. Aregawi, der sich über die kühlen Temperaturen in der belgischen Hauptstadt beschwerte, hatte in Paris als Zweiter im 10.000m-Lauf hinter Joshua Cheptegei für eine der wenigen äthiopischen Medaillen gesorgt. Der lange Zeit führende Yomif Kejelcha musste sich mit Platz fünf zufrieden geben. Lokalmatador Isaac Kimeli schlug sich als Sechster achtbar, der Schweizer Dominic Lobalu musste sich mit Platz neun zufrieden geben.
Bereits zum fünften Mal ist Faith Kipyegon die Gesamtsiegerin der Diamond League im 1.500m-Lauf. Die dreifache Olympiasiegerin hatte in Brüssel mit Diribe Welteji aber eine starke Kontrahentin, die in ihrem Windschatten aus der letzten Kurve heraus lief und sie zu einem energischen Schlussspurt zwang. Am Ende lag die 30-jährige Kenianerin wie gewohnt vorne und unterbot in einer Zeit von 3:54,75 Minuten den bisherigen Meetingrekord der Türkin Süreyya Ayhan-Kop aus dem Jahr 2003. „Mein Ziel war es, die Saison so zu beenden, wie ich es getan habe. Es war ein gutes Rennen, aber sicherlich kein einfaches. Denn für die schnellen Rundenzeiten waren die Temperaturen heute zu niedrig. Ich musste bis zur Ziellinie fokussiert bleiben“, analysierte Kipyegon. Die Kenianerin ist seit über drei Jahren in ihrer Spezialdisziplin ungeschlagen und wird ihre Saison mit einem weiteren Auftritt in New York zu Monatsende ausklingen lassen.
Faszinierend ist das Niveau von Kipyegon: Ihre Siegerzeit von Brüssel reiht sich unter die Top-50 der schnellsten 1.500m-Zeiten der Geschichte. Gleichzeitig ist es laut „Let’sRun.com“ ihre „langsamste“ in der Diamond League seit Mai 2023. Welteji erzielte eine Zeit von 3:55,25 Minuten, den Schlussspurt aus dem Verfolgerfeld gewann die Australierin Jessica Hull, die die mit Abstand beste Saison ihrer Karriere mit einem weiteren Topresultat beendete. Neun Läuferinnen blieben unter vier Minuten, der Belgierin Elise Vanderelst gelang vor heimischem Publikum die Verbesserung ihres eigenen belgischen Rekords um eineinhalb Sekunden auf eine Zeit von 4:01,26 Minuten.
In Abwesenheit von Olympiasiegerin Keely Hodgkinson, die ihre Saison nach dem Triumph von Paris beendet hatte, und Athing Mu wurde Mary Moraa ihrer Favoritenrolle im 800m-Lauf gerecht. Die Kenianer lief überlegen zu ihrem zweiten Diamond-League-Gesamtsieg nach 2022 und erzielte in 1:56,56 Minuten ihre schnellste Zeit im laufenden Kalenderjahr. Mit knapp einer Sekunde Rückstand sicherte sich die Britin Georgia Bell, auch über 800m immer besser, den zweiten Platz. Das Fotofinish um Rang drei ging an Natoya Goule-Toppin vor Rénelle Lamote.
Im 5.000m-Lauf beendete die zweifache Olympiasiegerin Beatrice Chebet die Bahnsaison 2024 auf der Überholspur. Auch in Brüssel triumphierte sie im Alleingang, nachdem sie bereits anfangs des zweiten Renndrittels die Führung übernommen hatte. In einer Spitzenzeit von 14:09,82 Minuten, eine um neun Sekunden schnellere Zeit als der bisherige Meetingrekord von Almaz Ayana (2016), legte sie zwölf Sekunden zwischen sich und der 19-jährigen Äthiopierin Medina Eisa, die wiederum fast sieben Sekunden Vorsprung auf ihre Landsfrau Fotyen Tesfay hatte. Sie sei sehr dankbar für eine unglaubliche Saison und freue sich nun auf das Feiern im Kreise der Familie, sagte Chebet. „Es wird nicht einfach, die nächste Saison noch besser zu gestalten. Aber ich werde mein Bestes geben!“
Der 3.000m-Hindernislauf endete mit einer Überraschung: Die 20-jährige Kenianerin Faith Cherotich setzte sich in einer Zeit von 9:02,36 Minuten gegen die zuletzt beiden schnellsten Läuferinnen in dieser Disziplin durch. Olympiasiegerin Winfred Yavi hatte im Endspurt das Nachsehen und eine halbe Sekunde Rückstand, die drittplatzierte Peruth Chemutai, Olympiasiegerin von Tokio, gut fünf Sekunden. „Das bedeutet mir sehr viel, ich bin ein super Rennen gelaufen“, jubelte die junge Kenianerin, die erstmals als Siegerin über eine Diamond-League-Ziellinie lief. „Es war zu kalt für ein Weltrekordrennen“, erklärte Yavi. Ein starkes Saisonfinish zeigte Gesa Krause als Vierte in einer Zeit von 9:08,94 Minuten – so schnell ist die 32-Jährige zuletzt vor drei Jahren gelaufen.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © Diamond League AG for Diamond League AG