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Der Europameister im 3.000m-Hindernislauf heißt zum vierten Mal Mahiedine Mekhissi-Benabbad. Mit dem vierten Titel in einer Disziplin und dem fünften insgesamt – der Franzose gewann 2014 den 1.500m-Lauf – stellte der beste Hindernisläufer der europäischen Leichtathletik-Geschichte mehrere EM-Rekorde ein (siehe…
Der Europameister im 3.000m-Hindernislauf heißt zum vierten Mal Mahiedine Mekhissi-Benabbad. Mit dem vierten Titel in einer Disziplin und dem fünften insgesamt – der Franzose gewann 2014 den 1.500m-Lauf – stellte der beste Hindernisläufer der europäischen Leichtathletik-Geschichte mehrere EM-Rekorde ein (siehe RunAustria-Vorbericht). Seit Barcelona 2010 inklusive ist Mekhissi-Benabbad auf europäischem Parkett sportlich ungeschlagen – in Zürich 2014 machte ihm nur eine sportliche Undiszipliniertheit einen Strich durch die Rechnung, als er wegen frühzeitigem Trikot-Ausziehen folgerichtig disqualifiziert wurde. „Dieser Europameistertitel macht mich sehr stolz. Ich bin überglücklich, dass ich erneut gewinnen konnte. Ich habe heute etwas Historisches erreicht, unzählige Emotionen durchfließen meinen Körper“, so der 33-Jährige nach dem Rennen. In zwei Jahren wird er vor heimischem Publikum in Paris das Projekt EM-Titel Nummer fünf im Hindernislauf angehen. In Berlin ist Mehissi-Benabbad am Samstag noch über 5.000m am Start. Mit berechtigten Medaillenhoffnungen.
Ungefährdet zum Sieg
So wirklich gefährdet war der Erfolg des haushohen Favoriten in Berlin zu keinem Zeitpunkt. Konzentriert hielt er sich überwiegend auf dem zweiten Platz auf. 500 Meter vor dem Ziel zog er am zu diesem Zeitpunkt führenden Italiener Yohanes Chiappinelli vorbei und gewann problemlos in einer Zeit von 8:31,66 Minuten vor dem Spanier Fernando Carro und dem jungen Italiener. Bereits vor Überschreiten der Ziellinie riss Mekhissi-Benabbad beide Arme zum Jubel in den Himmel. Auf einen skandalösen Zwischenfall verzichtete er dieses Mal wie schon vor zwei Jahren in Amsterdam und freute sich geerdet über das zweite französische Lauf-Gold in den Tagen von Berlin.
Bad Boy
Der in Frankreich geborene Athlet algerischer Einwanderer ist in der Leichtathletik-Fangemeinde ein polarisierender Typ. Neben seinen bemerkenswerten Erfolgen auf europäischem und internationalem Parkett als jahrelang einziger Widersacher der Kenianer mit drei Olympischen Medaillen reihen sich eine Serie von Eklats auf, die das Attribut „Bad Boy“ redlich verdienen. Nach seinem EM-Titel in Barcelona schubste er das Maskottchen zu Boden. 2011 lieferte er sich beim Meeting in Monaco eine Schlägerei mit Landsmann Mehdi Baala, nur Sekunden nach dem Zieleinlauf. In Helsinki 2012 rammte er das Maskottchen, in dem ein 14-jähriges Mädchen steckte, rabiat aus dem Weg, in Zürich 2014 folgte die beschriebene Trikot-Affäre und bei den Olympischen Spielen 2016 der Protest des französischen Verbandes inklusive einer unsympathischen Ankündigung des Athleten gegen Ezekiel Kemboi, die dem an sich chancenlosen Mekhissi am grünen Tisch die Bronzemedaille einbrachte. Mekhissi verweist lieber auf die Statistik – und die zählt schlussendlich. Europameistertitel in Barcelona 2010, Helsinki 2012, Amsterdam 2016 und Berlin 2018 – alle im Hindernislauf.
Chiappinellis Bronze-Taktik
Das Finale im gut gefüllten Berliner Olympiastadion startete mit einem gemächlichen Tempo. Erst Yoann Kowal, Europameister von 2014, forcierte nach knapp einem Kilometer erstmals das Tempo. Da waren bereits 3:02,31 Minuten vergangen, die meisten Frauen-Rennen in der Diamond League werden mittlerweile schneller angelaufen. Dann lancierte Yohanes Chiappinelli seine Strategie, die er so häufig zeigt, wenn die Konkurrenz nicht übermächtig ist wie in der Diamond League. Er griff an und diktierte der Konkurrenz sein Tempo vor. Sofort zog sich das Feld in die Länge, Mekhissi ordnete sich hinter dem Italiener ein. Mit Mühe wurden dahinter Lücken geschlossen, eine Fünfergruppe ging in die Länge gezogen in die Entscheidung. Während der Pole Krystian Zalewski und der überraschend starke Brite Zak Seddon nicht mehr mithalten konnte, pfiff auch Chiappinelli aus dem letzten Loch. Dafür agierte der Spanier Fernando Carro im Finale großartig, zog auf der Gegengerade am Italiener vorbei. Doch für eine Attacke auf Mekhissi reichte es beileibe nicht mehr. „Ich genieße das Ergebnis sehr“, sagte Carro nach dem Rennen. Die Silbermedaille ist ein toller Erfolg für den 26-jährigen Senkrechtstarter dieser Saison, der binnen eines Jahres seine Bestleistung um zehn Sekunden steigern konnte. Ebenso nahm er die spanische Erfolgsserie in Hindernisläufen der letzten Jahre wieder auf.
Zweite italienische Medaille
Yohanes Chiappinelli sicherte sich die Bronzemedaille und gewann damit das zweite Edelmetall für Italien. „Um ehrlich zu sein, ich habe das nicht erwartet. Ich bin überglückich. Jetzt heißt’s für mich: Ab in den zweiwöchigen Urlaub!“, jubelte der Youngster. Mit seinem Kollegen Yemaneberhan Crippa, Bronzemedaillengewinner im 10.000m-Lauf, verbinden ihn unheimlich viele Gemeinsamkeiten. Crippa ist 21 Jahre alt und wurde mit fünf Jahren von einer Mailänder Familie adoptiert. Chiappinelli wird in wenigen Tagen 21 und wurde im Alter von sieben Jahren von Professoren der Universität in Siena adoptiert. Beide sind in Äthiopien geboren, beide wurden 2017 U23-Europameister und führen nun eine junge Garde hoffnungsvoller Talente im italienischen Nationalteam an. Vor zwei Jahren hat Chiappinelli dem ehemaligen Europameister Francesco Panetta den Junioren-Landesrekord abgejagt. Es ist die erste Medaille Italiens im Hindernislauf seit Alessandro Lambruschini vor 20 Jahren.
„Blech“ für Kowal
Ein gutes Finale hatte wie immer auch Yoann Kowal, doch der französische Routinier war in der heißen Phase zu weit hinten und musste sich mit dem vierten Platz zufrieden geben. Der lange Zeit an der Spitze mitkämpfende Napoleon Solomon aus Schweden, ein guter Crossläufer, wurde sogar bis auf Rang zwölf durchgereicht. Österreichs Hindernis-EM-Teilnahmer Luca Sinn (UAB Athletics) schied bereits im Vorlauf als 22. aus. Auch interessant: Beide Vorläufe erzielten eine schnellere Siegerzeit als der Finallauf.
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