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Die US-amerikanischen Topläufer Grant Fisher und Yared Nuguse verwandelten die diesjährigen Millrose Games in New York zu einem historischen Meeting. Binnen gut einer Stunde verbesserten die beiden zwei Hallen-Weltrekorde. Wie „Let’sRun.com“ berichtete, fielen bei den 116 bisherigen Auflagen des Meetings summiert drei Hallen-Weltrekorde. Diese beiden Ausnahmeleistungen waren nur die Spitze eines außergewöhnlichen Hallen-Meetings in der „Stadt, die niemals schläft“.
Das Armory Track & Field Center in New York hat schon so etliche Sternstunden der Leichtathletik erlebt. Auch in den letzten Jahren. Aber selten feierte die US-amerikanische Leichtathletik eine derartige Show an Rekord- und Superleistungen, vorwiegend von Athlet*innen, die in den USA geboren sind oder in den USA trainieren. Aber auch von einigen europäischen Läufer*innen, die die Hallensaison lieber jenseits des „Großen Teichs“ absolvieren als am „Alten Kontinenten“.
Ganz besonders waren die Scheinwerferlichter aber auf zwei amerikanische Olympia-Helden von Paris 2024 gelenkt. Grant Fisher, bei den Spielen zweifacher Medaillengewinner, stellte in einer Zeit von 7:22,91 Minuten einen neuen Hallen-Weltrekord im 3.000m-Lauf auf – im Duell mit Paris-Olympiasieger Cole Hocker, 1.500m. Nuguse, in Paris Bronzemedaillengewinner im 1.500m-Lauf, verbesserte den Hallenrekord über die Meile auf eine Zeit von 3:46,63 Minuten. Am Ende eines unglaublichen Rennens, das ihm wie Fisher eine Weltrekordprämie von 25.000 US-Dollar (das entspricht rund 24.200 Euro) einbrachte.
Das Duell begann schon an der Startlinie. Ganz außen nahmen Cole Hocker und Grant Fisher nebeneinander Aufstellung. Zweimal, denn erst einmal stoppte ein Fehlstart die Stars. Dann ging das Rennen auf der brandneuen blauen Laufbahn der Millrose Games schnell los, Fisher und Hocker setzten sich in dieser Reihenfolge in den Rücken der beiden Tempomacher.
Eigentlich ging es um den zwei Jahre alten US-Hallenrekord von Yared Nuguse, 7:28,23 Minuten. Darauf war das Tempo angelegt. Wie ein Uhrwerk absolvierte das Feld Runde um Runde in unter 30 Sekunden, die ersten beiden Kilometer in jeweils 2:29 Minuten. Zu Rennhälfte stiegen die Tempomacher aus, Fisher übernahm das Ruder. Nur der Australier Ky Robinson, in seinem ersten Jahr als Profi, ging neben Hocker das Tempo noch rund einen Kilometer mit.
600 Meter vor dem Ziel begann das spannende Finale. Hocker lancierte eine Attacke und ging an die Spitze. Fisher hielt seinen ruhigen, hochfrequentigen Laufschritt aufrecht und folgte. Die Geschwindigkeit des Duos war mit freiem Auge sichtbar, nicht nur aufgrund des immer größer werdenden Abstands nach hinten. Die vorletzte Runde absolvierte das Duo in unter 29 Sekunden, fast Hautkontakt zueinander.
Es begann die ultimative Phase des Rennens. Und tatsächlich musste sich der Olympiasieger im 1.500m-Lauf, der aufgrund seines Endspeeds bekannt ist, aus der letzten Kurve heraus dem zweifachen Olympia-Bronzemedaillengewinner auf den Langdistanzen geschlagen geben. „A battle for ages“, kommentierte der Sieger, der die Schlussrunde in 27,5 Sekunden etwa absolvierte. Wie gut Fisher momentan auf den Unterdistanzen drauf ist, hatte er bereits letzte Woche in Boston über 1.500m mit einer klaren persönlichen Bestleistung von 3:33,99 Minuten demonstriert. Nun ein weiteres Mal.
In der gut besetzten Halle erreichte der ohnehin schon ohrenbetäubende Lärm einen neuen Höhepunkt. Dank eines fabelhaften letzten Kilometers fiel nicht nur der Kontinentalrekord, sondern der Hallen-Weltrekord. In einer Endzeit von 7:22,91 Minuten war der 27-Jährige neun Zehntelsekunden schneller als der äthiopische 3.000m-Hindernislauf-Spezialist Lamecha Girma vor zwei Jahren in Liévin. Auch Hocker blieb in 7:23,14 Minuten locker unter der alten Weltrekordmarke.
Die Qualität dieser Leistungen ist irre. Vom Performance Score von World Athletics liegt nur eine 3.000m-Leistung ever über jener von Fisher am Wochenende: der Fabel-Weltrekord von Jakob Ingebrigtsen im August in Chorzow. 7:17,55 Minuten. Fisher ist in der Gesamtliste (Freiluft und Halle) nun vor Hicham El Guerrouj die Nummer vier, Hocker folgt hinter der marokkanischen Legende. Neben Ingebrigtsen liefen im Freien, wo Topzeiten etwas leichter zu erreichen sind als in der Halle, nur Langzeit-Weltrekordler Daniel Komen und Berihu Aregawi schneller als Fisher: also die Landesrekordhalter der Läuferhochburgen Kenia und Äthiopien!
Auch Ky Robinson, der in der drittletzten Runde das Tempo des Top-Duos nicht mehr halten konnte und noch von Jimmy Gressier überholt wurde, durfte jubeln. In einer Zeit von 7:30,38 Minuten nahm der 22-Jährige seinem vier Jahre jüngeren Landsmann Cameron Myers den erst sechs Tage zuvor in Boston aufgestellten australischen Hallenrekord um fast drei Sekunden ab. Nur zwei Sekunden fehlten auf den australischen Outdoor-Rekord von Stewart McSweyn, der in New York 15 Sekunden hinter Robinson ins Ziel kam.
Das fantastische Finale führte Gressier zu einem neuen französischen Hallenrekord von 7:30,18 Minuten – sieben Sekunden hinter dem US-Duo, aber schneller als der bisherige französische Freiluftrekord von Mustapha Essaid, der 27 Jahre lang Bestand hatte. Der 27-Jährige liegt nun hinter dem Spanier Mohamed Katir sowie den Briten George Mills und Josh Kerr auf Rang vier der ewigen europäischen Hallen-Bestleistung.
Das zweite große Highlight aus amerikanischer Sicht war die Wannamaker Meile der Männer, letzter Bewerb im Programm des Samstagnachmittags am „Big Apple“. Der Hallen-Weltrekord von Yomif Kejelcha aus dem Jahr 2019 stand am Prüfstand und dank optimaler Tempomacherarbeit kam Yared Nuguse in die Position, ihn anzugreifen. Das Tempo war so hoch, dass die anfänglich eingenommenen Positionen minutenlang unverändert blieben: Nuguse vorne, Landsmann Hobbs Kessler dahinter, dann der Deutsche Robert Farken, der Franzose Azzedine Habz und der Australier Cameron Myers. Sie alle konnten das irre Tempo bis zum Glockenton, der die letzte Runde ankündigte, mitgehen.
Nun folgte das große Finale. Mit verbissenem Gesicht und letzter Kraft jagte der 25-jährige Nuguse Richtung Ziellinie und hielt die Zeitnehmung bei 3:46,63 Minuten an – 0,38 Sekunden unter dem bisherigen Hallen-Weltrekord. „Es ist absurd. Ich bin noch nie einen Weltrekord gelaufen“, jubelte der Amerikaner. Nur Nuguse selbst ist als US-Amerikaner im Freien schneller über die Meile gelaufen als diese Fabelzeit unter dem Hallendach. Auch Kessler, bei den Olympischen Spielen als drittbester Amerikaner im 1.500m-Lauf Fünfter, blieb 0,11 Sekunden unter dem alten Hallen-Weltrekord. Nuguse hält nun drei der sieben schnellsten je in der Halle über die Meile gelaufenen Zeiten – er ist eine Legende auf dieser Strecke, bereits mit 25. Nun blickt die Laufwelt gespannt nach Liévin, wo Jakob Ingebrigtsen nächste Woche den Meilen-Hallen-Weltrekord angreifen will.
Wie groß der Name Cameron Myers in der Szene schon ist, zeigte die Tatsache, dass er neben den beiden US-Stars die beste Startposition außen einnehmen durfte. Auch danach zeigte der 18-Jährige eine reife Leistung, reihte sich harmonisch ins Feld und lief ruhig an fünfter Position, bis er in der letzten Runde noch einmal zulegen konnte. Aus der letzten Kurve heraus stürmend schnappte er sich Azzedine Habz und beendete das Rennen in einer Zeit von 3:47,48 Minuten. Es ist die fünftschnellste Meilenzeit der Geschichte, womit der Youngster aus „Down Under“ den australischen Hallenrekord von Oliver Hoare um gleich über drei Sekunden verbesserte. Es geht noch kurioser: Myers stellte den australischen Freiluftrekord von Oliver Hoare auf die Hundertstelsekunde ein.
Auch der viertplatzierte Azzedine Habz hatte mit einer Zeit von 3:47,56 Minuten reichlich Grund zum Feiern. Der 31-Jährige steigerte den europäischen Hallenrekord über die Meile des zweifachen Olympia-Medaillengewinners Josh Kerr um 1,31 Sekunden. Den französischen Hallenrekord von Mehdi Baala pulverisierte er gleich um fünf Sekunden, seinen eigenen, bisherigen französischen Freiluftrekord um eine Sekunde. Nur Europarekordhalter Jakob Ingebrigtsen sowie die Briten Josh Kerr, Steve Cram und Sebastian Coe sind jemals im Freien eine Meile schneller gelaufen als der neue Hallen-Rekordhalter.
Ein sensationelles Rennen bahnte sich auch für Robert Farken an, der die Schlussrunde als Dritter in Angriff nahm. Auf den letzten Metern spürte er die Verwegenheit des Rennverlaufs in den Knochen und verpasste letztlich seinen eigenen Hallenrekord, den er vor einer Woche in Boston in 3:49,45 Minuten aufgestellt hatte, um eine halbe Sekunde. In sozialen Netzwerken zeigte er sich hochzufrieden mit zwei Meilenrennen unter 3:50 Minuten binnen einer Woche.
Keine Rekorde, aber einen superspannenden Wettkampf lieferte die Wannamaker-Meile der Frauen. Linden Hall führte das Rennen in die entscheidende Phase, als Heather MacLean das Zepter eingangs der letzten Runde übernahm und mit Susan Ejore im Rücken attackierte. Doch aus der letzten Kurve heraus zündete 1.500m-Olympia-Medaillengewinnerin Georgia Bell ihren Turbo und schnappte sich in einer Zeit von 4:23,35 Minuten noch den Sieg – um 0,06 Sekunden gegen die US-Amerikanerin MacLean. Deren Landsfrau Nikki Hiltz gewann von außen kommend noch das Duell gegen die Kenianerin um Platz drei, beide hatten ebenfalls nur minimalen Rückstand auf die Siegerin. Auf den Rängen sieben und neun verpassten Maia Ramsden und Wilma Nielsen die Hallenrekorde für Neuseeland und Schweden nur knapp.
Wie Bell in einem Interview mit dem britischen Leichtathletik-Magazin „Athletics Weekly“ ankündigte, steht sie vor großen Zielen. Sie will nämlich die britischen 1.500m-Rekorde von Laura Muir, indoor und outdoor, attackieren. „Die Latte liegt nach der letzten Saison hoch. Aber ich bin sehr gespannt, wie die Dinge, die wir im Training hinzugefügt haben, funktionieren werden“, so die Trainingspartnerin von 800m-Star Keely Hodgkinson.
Ohne die erste Reihe der US-Läuferinnen an der Startlinie nutzte Shafiqua Maloney, die in den USA lebende Läuferin von den Karibik Inseln St. Vincent und Grenadinen, den Wettkampf für einen der größten Momente ihrer Karriere. Die Olympia-Vierte von Paris 2024 stürmte in einer Zeit von 1:59,07 Minuten, der zweitschnellsten ihrer Laufbahn unter dem Hallendach, zum Sieg. Als beste Amerikanerin folgte Olivia Baker mit einer Sekunde Rückstand. Nia Akins, amtierende US-Meisterin, musste sich mit Rang sieben zufrieden gegeben.
Einen weiteren US-amerikanischen Sieg gab es im 3.000m-Lauf der Frauen: Whittni Morgan setzte sich dank einer grandiosen Schlussrunde in einer Zeit von 8:28,03 Minuten gegen Josette Andrews durch. Die Irin Sarah Healy sicherte sich im Duell mit der Australierin Jessica Hull Position drei und verbesserte ihren eigenen irischen Hallenrekord um über vier Sekunden auf eine Zeit von 8:30,79 Minuten.
Spitzenzeiten produzierte der 600m-Lauf der Männer: Will Sumner gewann das Rennen in einer Zeit von 1:14,04 Minuten knapp vor Isaiah Jewett (1:14:17) und Brandon Miller (1:14,37). Sumner verpasste den Hallen-Weltrekord von Donavan Brazier aus dem Jahr 2019 lediglich um 0,27 Sekunden und liegt nun auf Rang drei der ewigen Weltbestenliste hinter Miller, der im vergangenen Jahr schon 1:14,03 Minuten gelaufen ist, und vor Jewett – eine ewige Weltbestenliste, die nun von vier Amerikanern angeführt wird!
Eine Sensation lieferte der 800m-Lauf der Männer, in dem Josh Hoey voller Selbstvertrauen von Beginn an das Zepter in die Hand nahm. Hallen-Weltmeister Bryce Hoppel, der auf eine Titelverteidigung in Nanjing verzichten will, heftete sich an die Fersen des 25-Jährigen, der aber das Tempo selbst auf der Zielgerade noch so hochhalten konnte, dass Hoppel sich trotz einer Indoor-Bestleistung von 1:44,19 Minuten geschlagen geben musste. Hoey verbesserte in einer Siegerzeit von 1:43,90 Minuten den vier Jahre alten US-Hallenrekord von Donavan Brazier um 0,31 Sekunden, auch Hoppel blieb knapp darunter.
Jonah Koech machte in 1:44,82 Minuten den Dreifachsieg der Amerikaner komplett. Hoey übernahm damit gleichzeitig auch den Hallen-Kontinentalrekord für Nord- und Mittelamerika. „Meine Strategie ist immer, so schnell wie möglich in den Wettkampf zu starten. Ich habe wirklich hart trainiert, deswegen überrascht mit der US-Rekord nicht“, erklärte Hoey im Halleninterview. Dem internationalen Lauf-Publikum ist der 25-Jährige noch nicht so bekannt, die Leistungen in New York (800m) und Boston (1.500m) in den letzten Tagen sind gemeinsam mit seinem US-Rekord über 1.000m in der Halle von Mitte Jänner die besten seiner bisherigen Karriere. Outdoor ist seine Bestleistung nur um eine Zehntelsekunde schneller als der neue US-Hallenrekord.
Die Millrose Games sind das berühmteste und traditionsreichste Hallenmeeting der Welt. Das Sportfest in New York ging bereits zum 117. Mal über die Bühne und ist seit Jahrzehnten ein Garant für höchstwertige sportliche Leistungen. Die Wannamaker Mile ist eines der berühmtesten Meilenrennen der Geschichte.
Beim zweiten World Indoor Tour Gold Meeting des Wochenendes verhinderte nur Prudence Sekgodiso mit einem südafrikanischen Hallenrekord von 1:59,88 Minuten einen Heimsieg von Majtie Kolberg in Karlsruhe. Die Deutsche wurde in 2:00,84 Minuten Zweite vor Habitam Alemu aus Äthiopien. Die Schweizerin Audrey Werro wurde Fünfte.
Im 3.000m-Lauf setzte sich der direkt aus Südafrika angereiste Holländer Stefan Nillessen in einer Zeit von 7:37,10 Minuten durch. Der Deutsche Mohamed Abdilaahi wurde in 7:38,97 Vierter vor dem Norweger Narve Gilje Nordas. Peuerbach-Sieger Florian Bremm musste sich mit Platz neun zufrieden geben.
Im 1.500m-Lauf verpasste Abdilaahis Landsmann Marius Probst als Sechster in 3:37,89 Minuten das Limit für die Hallen-EM beim Sieg des Schweden Samuel Pihlström deutlich. Der zweitplatzierte Federico Riva hatte über eine Sekunde Rückstand auf den schwedischen Sieger.
Im 3.000m-Lauf der Frauen setzte sich die Äthiopierin Lomi Muleta in einer Zeit von 8:57,72 Minuten knapp gegen Mariana Machado aus Portugal und Federico Del Buono aus Italien durch.
Das INIT Indoor Meeting feierte seine 40. Auflage mit der Rückkehr in die Europahalle, die mit 3.500 begeisterten Leichtathletik-Fans restlos ausverkauft war.
🇺🇸 Sam Parsons hat beim Meeting „Bruce Lehane Scarlet and White Invitational“ in Boston den deutschen Rekord im 3.000m-Lauf unter dem Hallendach von Dieter Baumann nur um eine halbe Sekunde verpasst. Der 30-Jährige lief eine Zeit von 7:38,06 Minuten und belegte im vom Amerikaner Liam Murphy angeführten Wettkampf Position fünf.
🇪🇸 In Valencia wollte Ex-Hallen-Weltmeister Mariano Garcia den spanischen Hallenrekord im 800m-Lauf (1:44,65, Josué Canales) angreifen. Es gelang nicht, den Wettkampf gewann der 27-Jährige allerdings in einer Zeit von 1:46,64 Minuten. Im 800m-Lauf der Frauen belegte die Schweizerin Lore Hoffmann in 2:02,82 Minuten den zweiten Platz hinter Lokalmatadorin Lorea Ibarzabal, die eine Zeit von 2:02,51 Minuten erreichte.
Autor: Thomas Kofler
Bild: © Michael Pewny / Pixabay