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Wir haben sie lange gesucht und gefunden: den König und die Königin des Marathons. Jene Läuferin und jenen Läufer, die wie keine anderen den Marathon repräsentieren, weil sie genau in der Mitte dieses Sports zu Hause sind.
Wir haben sie lange gesucht und gefunden: den König und die Königin des Marathons. Jene Läuferin und jenen Läufer, die wie keine anderen den Marathon repräsentieren, weil sie genau in der Mitte dieses Sports zu Hause sind.
Nicht zu schnell, nicht zu langsam. Nicht zu fanatisch, aber doch motiviert. Nicht zu jung, nicht zu alt. Warum sie in ihrem Sport perfekt im Durchschnitt liegen, erzählen sie in einem der bisher ungewöhnlichsten Interviews in der RunUp-Historie. Roland Romanik
An einem ganz gewöhnlichen Arbeitstag mit durchschnittlichen Frühlingstemperaturen bekommen wir Besuch in der Magazinredaktion. Wir sind überrascht, wie normal die beiden Gäste sind. Sie sind keine Stars, eher unauffällig, Menschen wie du und ich. Kaffee? Gerne. Bier? Ja, bitte! Ein paar Haferkekse? Die müssen beim Redaktionsteam oft als Zwischendurch-Snack herhalten. Kenne ich nicht, nein danke. Ja, lecker, die habe ich auch manchmal zuhause.
Anna und Christian sind hier, um sich für einen der ungewöhnlichsten Beiträge in der Geschichte des Magazins zu präsentieren. RunUp hat sich auf die Suche nach der durchschnittlichsten Marathonläuferin Österreichs und ihrem männlichen Pendant gemacht. Und wir sind am Ende fündig geworden. Statistiken und Umfrageergebnisse wurden gelesen, analysiert, in alle Richtungen gedreht, wieder analysiert; persönliche Erfahrungen des Re-daktionsteams rund ums Laufen wurden auf den Meeting-Tisch gelegt, von allen Seiten betrachtet, neu geordnet, durch Meinungen von außen umgeworfen, korrigiert und wieder neu zusammengefügt. Wir sind der Wahrheit bzw. dem „Mittelpunkt“ sehr nahe gekommen. Aber lesen Sie selbst.
Anna: Ja, ich war heute schon unterwegs. Bin eher der Morgenmensch. Kein Muffel. So ein frühes Training schaffe ich zweimal in der Woche, den langen Lauf mache ich dann meistens sonntags. Wenn ich nicht zu müde bin, laufe ich auch noch am Samstag.
Christian: Viermal pro Woche laufen ist auch mein Plan. Wenn ich gut drauf bin, bin ich sogar fünfmal unterwegs. Vorausgesetzt, es geht sich mit dem Job aus.
Christian: Ich bin diplomierter Techniker bei einer mittelgroßen Firma in Oberösterreich. Mit großteils fixen Arbeitszeiten, Vollzeit, aber es bleibt auch Zeit für den Sport.
Anna: Ich bin im Einzelhandel ausgebildet, arbeite Teilzeit im Verkauf von Ernährungs- und Gesundheitsartikeln. Ich habe eine Zusatzausbildung gemacht, weil mich der Gesundheitsbereich besonders interessiert.
Christian: Ernährungsfanatiker bin ich keiner. Ich darf hier wahrscheinlich gar nicht laut sagen, dass ich auch gerne mal ein Bier trinke, oder?
Anna: Freilich darfst du, ich lebe ja auch nicht immer enthaltsam. Meine neue Droge heißt aber Superfood. Da gibt es viel zu entdecken und experimentieren: Chia-Samen, Goji-Beeren, Aronia-Saft, Maca-Wurzeln – ich bin manchmal das laufende Reformhaus. Aber reden wir lieber übers Laufen!
Anna: 39 bin ich. Im besten Laufalter, wie man sagt. Zwölf Jahre verheiratet, ein Kind, Einfamilienhaus mit 99 m2 Wohnfläche am Stadtrand von Wien.
Christian: Ich bin heuer 41 geworden. Auch Hausbesitzer, auch verheiratet, zwei Kinder, um die sich in erster Linie meine Frau kümmert.
Anna: Gut. Ich stehe um 6:25 Uhr auf, trinke täglich zwei bis drei Tassen Kaffee, esse rund 135 Kilo Gemüse und 90 Kilo Obst pro Jahr, schlafe täglich mehr als acht Stunden, mein Body-Mass-Index liegt bei 20,4 … was sonst noch … gehe ein- bis zweimal pro Jahr ins Kino, habe ein Auto und ein Fahrrad, TV, Handy und Internet – und besitze eine Bankomatkarte.
Christian: Ich stehe ein wenig später auf, für die Körperpflege brauche ich ca. 40 Minuten pro Tag, trinke ebenfalls zwei oder drei Tassen Kaffee, auch wie erwähnt gerne mal ein Bier, liebe das Grillen mit Freunden, kann ohne Fleisch nicht sein, bin ebenfalls Auto- und Fahrradbesitzer. Mein BMI liegt bei 23,6. Ich habe eine Lebensversicherung abgeschlossen, eine private Kranken- und Unfallversicherung …
Anna: … und ich einen Bausparer! Für die Körperpflege opfere ich übrigens 54 Minuten täglich, falls es euch interessiert.
Anna: Bei mir sind es bisher drei gewesen. Zwei in Österreich, einer im Ausland. Österreich ist halt praktisch, wenn wegen der örtlichen Nähe nicht so viel zu organisieren ist. Und einer pro Jahr reicht, dazu laufe ich einen oder zwei Halbmarathons oder einen kürzeren Erlebnislauf.
Christian: Ich bin fünf Marathons gelaufen, davon zwei im Ausland. Jeweils einen pro Jahr in den vergangenen fünf Jahren. Eine Reise ins Ausland kann attraktiv sein. Vielleicht auch gemeinsam mit Freunden oder der Familie bzw. in einer Gruppe von Trainingskollegen. Ich plage mich auch gerne bei 5- oder 10-km-Rennen, wenn es sich gut ausgeht.
Anna: Ich laufe den Marathon in 4 Stunden und 18 Minuten.
Christian: Und ich in 3:54:47.
Christian: Freilich, ich bin Tüftler und Perfektionist, beruflich und auch im Training. Bin beim Sporteln fast immer mit der Laufuhr beschäftigt. Als Techniker reizen mich alle Tools und Gimmicks, die diese Hightech-Dinger bieten.
Anna: Ich habe auch eine Uhr, weil mir Puls- und Geschwindigkeitskontrolle im Training wichtig sind. Für mich müssen aber auch Design und Style der Uhr passen, ich bin ja eine Frau (lacht). Rosa geht aber gar nicht.
Christian: Du schminkst dich wahrscheinlich auch fürs Laufen, oder?
Anna: Es ist ja nicht verboten, beim Sport gut ausschauen und eine gute Figur machen zu wollen. Das liegt in der Natur der Sache.
Anna: Outfit habe ich ausreichend, alles farblich gut abgestimmt. Das ist mir schon auch wichtig. Ich besitze drei Paar Laufschuhe, zwei für die Straße, eines für Trailläufe.
Christian: Bei mir stehen auch drei Paar im Schrank. Laufbekleidung habe ich eher wenig, die muss nur praktisch sein. Das Aussehen ist nicht unbedingt wichtig, eher die Qualität der Ware.
Christian: Ich war früher gerne beim Laufspezialisten und habe mich beraten lassen. Und auch viel Geld ausgegeben. Mittlerweile weiß ich schon ganz gut, was ich brauche und will. Ich bestelle meine Schuhe oft im Internet.
Anna: Ich probiere gerne etwas aus. Und weil ich gerne online shoppe, ist auch manchmal ein Laufschuh dabei. Wenn er nicht passt, schicke ich ihn zurück.
Christian: Nein, genau das ist mir zu mühsam. Wenn ich Laufschuhe bestelle und die dann nicht passen, ärgere ich mich. Ich will ja gleich auf die Strecke damit.
Anna: Ich glaube, der Marathonläufer ist eher ein Einzelgänger. Ich bin auch lieber alleine unterwegs. Sonst hätte ich mir gleich einen Teamsport aussuchen können.
Christian: Die Umsetzung meines individuellen Trainingskonzepts kann in einer Gruppe kaum funktionieren. Wenn ich meine Runden alleine drehe, kann ich Tempo und Intensität selber bestimmen und muss mich nicht an das Niveau anderer anpassen. In Ausnahmefällen bin ich aber schon auch mit anderen unterwegs, vor allem außerhalb der Marathonvorbereitung.
Christian: Natürlich reizt es mich, anderen von meiner Motivation und meinen Erfolgen zu erzählen. Ich teile aber nicht alles mit meinen Freunden und Bekannten.
Anna: Ich laufe auch lieber alleine, bin nur ganz selten zu zweit oder in Gruppen unterwegs. Social Media nutze ich nicht, um Infos übers Laufen zu verteilen. Da geht es mir um ganz andere Dinge.
Christian: Rad- und Fitnesstraining.
Anna: Fitness, Rad fahren, schwimmen – und Yoga. Christian, das würde dir zur besseren Flexibilität und Stabilität auch nicht schaden.
Christian: Na ja, vielleicht mal ausprobieren …
Anna: Ich trainiere gerne nach Plan, halte mich aber auch nicht an jedes Detail. Ich habe ja Familie, die mir wichtig ist. Der Pulsmesser ist im Training meistens dabei, auch beim Marathon. Wo ich einen Marathon laufe, hängt von mehreren Faktoren ab: der Termin, die örtliche Nähe und mein Bauchgefühl, wenn ich mich im Internet über eine Veranstaltung informiere. Rund um die Veranstaltung müssen für mich das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen, die Stimmung und das Erlebnis beim Lauf passen und die Strecke attraktiv sein.
Christian: Ich halte viel von der persönlichen Empfehlung von Marathons, achte auf das Image der Veranstaltung, auch auf die Strecke und liebe die Herausforderung, eine gute Zeit zu laufen. Im Training benutze ich den Pulsmesser, im Rennen aber nicht. Ich kenne meinen Körper mittlerweile ganz gut.
Christian: Ich habe immer Kohlenhydrat-Gels dabei und versuche auf der Strecke genügend zu trinken. Je nach Wetter. Auch Iso-Getränke. Ich nutze jede Labestelle, vergeude dort aber nicht zu viele Sekunden.
Anna: Gels, Wasser, selten auch isotonische Getränke. Und wenn der Magen knurrt und ich länger als geplant unterwegs bin, dann bin ich auch über ein Stück Obst wie eine Orange oder eine Banane froh. Beim Trinken gehe ich. Aus den Plastikbechern kannst du beim Laufen eh nicht ordentlich trinken.
Christian: Ich übe das Trinken im Training. Aber du hast Recht, aus den Bechern schüttest du das Wasser eher auf Shirt und Hose als in den Mund.
Anna: Stadtrundgang am Tag vor dem Rennen, ewiges Herumstehen auf der Marathonmesse, frisch gewaschene Socken, zu hohes Anfangstempo
Christian: Brustwarzen nicht abkleben, Magnesium vor dem Start nehmen, Eier und Speck zum Frühstück, ganz hinten im Startbereich stehen
Anna (lacht): Kein Kommentar. Obwohl … ein wenig kuscheln darf schon sein. Ich muss mich ja nicht auspowern vor meinem wichtigsten sportlichen Tag im Jahr.
Christian: Ich gebe es offen zu, ich spare mir die Energie für das Rennen. Nachher gerne – wenn ich noch kann.
Danke für euren Besuch und das nette Gespräch!
Autor: Roland Romanik
Bilder: © Johannes Langer