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Die Positionen fünf für Victoria Hudson (SVS Leichtathletik) im Speerwurf der Frauen und sieben von Lukas Weißhaidinger (ÖTB OÖ LA) waren die besten Platzierungen des achtköpfigen österreichischen Nationalteams bei den Weltmeisterschaften in Ungarns Hauptstadt und brachten damit den Österreichischen Leichtathletik-Verband auf Platz 54 unter 71 Platzierten im Placing Table – jene Übersicht, die Punkte für Top-Acht-Platzierungen vergibt. „Meine Bilanz fällt positiv aus, weil auch Chancen auf Medaillen da waren. Dazu kommt noch ein Semifinale und eine persönliche Bestleistung, das ist sehr erfreulich“, meint ÖLV-Sportdirektor Gregor Högler. „Jene, die das erste Mal bei meiner WM dabei waren, haben sich sehr gut verkauft und konnten Erfahrungen für kommende Großereignisse sammeln.“ Die persönliche Bestleistung geht auf das Konto von 1.500m-Läufer Raphael Pallitsch (SVS Leichtathletik), der als krasser Außenseiter in den Vorläufen Rang 35 erreichte. Julia Mayer (DSG Wien) war im Marathon der Frauen die zweite rot-weiß-rote Läuferin im WM-Aufgebot und finishte nach Krämpfen in der Schlussphase auf Platz 50.
Mit den sechs Punkten im Placing Table liegt Österreich im Dunstkreis vergleichbarer Nationen, so etwa nur knapp hinter Rumänien oder der Schweiz (44.) sowie Serbien (37.) oder Gastgeber Ungarn (36.) bzw. gleichauf mit Portugal oder dem ehemaligen WM-Gastgeber Katar und vor Mexiko, Südkorea und – man höre und staune – Südafrika (68.). Auch der Schweizer Leichtathletik-Verband (Swiss Athletics) zog eine positive Bilanz, insbesondere aufgrund der „hervorragenden Perspektiven“. Fünf Final-Qualifikationen in der Weltsportart Leichtathletik seien für die Schweiz eine gute Ausbeute, meint Philipp Bandi, Chef Leistungssport beim Verband. „Die Ansprüche sind in den letzten Jahren mit jedem erfolgreichen Großanlass gestiegen. Es spricht für die großen Ambitionen unseres jungen Teams, dass einige von uns nicht restlos zufrieden sind“, fügte er an. Nun gelte es, sich nicht zurückzulehnen und die positive Entwicklung der Schweizer Leichtathletik inklusive der Erfolge bei den Nachwuchs-Kontinentalmeisterschaften weiterzuführen.
46 Nationen holten in den Tagen von Budapest mindestens eine Medaille, Deutschland gehörte nicht dazu. Ein historischer Tiefpunkt, den der Deutsche Leichtathletik-Verband nicht schönreden konnte. „Mit dem Ist-Zustand können wir nicht zufrieden sein. Im Gesamtkontext ist das ein Ergebnis, das es zu verbessern gilt“, schlug der DLV-Sportdirektor Jörg Bügner bei der Abschlusspressekonferenz in Budapest freilich sanfte Töne an. Überlagert vom starken Abschneiden auf kontinentaler Ebene in München 2022 war das bereits negative Abschneiden an den Weltmeisterschaften in Eugene schnell übertönt, eine Schönfärbung, die heuer nicht gelingen wird. „Natürlich hätten wir uns diese WM anders gewünscht. Wir sind nicht hergekommen, um mit leeren Händen wieder nach Hause zu fahren. Die Weltspitze hat sich signifikant weiterentwickelt, teilweise reichen deutsche Rekorde nicht mehr zur Medaille, auch das gehört zur Wahrheit. Die Medaillen verteilen sich auf immer mehr Nationen“, bilanzierte DLV-Präsident Jürgen Kessing. Er forderte eine bessere Förderung von Talenten und hochqualifzierte Trainerinnen und Trainer, die diese in optimalen Rahmenbedingungen an die Weltspitze bringen. In deutschen Medienberichten wurde die deutsche Sportförderung angeprangert, die der Leichtathletik nicht die finanziellen Möglichkeiten gäbe, um an der Weltspitze konkurrenzfähig zu sein.
Ein gutes Fazit zogen dagegen die deutschen TV-Sender ARD und ZDF, die von durchgehend hohen Reichweiten der Übertragungen aus Budapest berichteten. Ganz anders als die Analyse des DLV lautete sie in anderen europäischen Ländern. Großbritannien war mit zehn Medaillen die erfolgreichste europäische Nation in der Anzahl von Edelmetall und belegte nach Platz elf im Vorjahr dieses Mal den siebten Platz. Besser platziert war Großbritannien zuletzt 2015, so viele Medaillen gab es erst einmal und zwar 1993. Nach technischen Problemen an britischen Flughäfen musste ein Großteil des britischen Teams allerdings vorerst in Budapest bleiben.
Gar Rang drei im Medaillenspiegel erzielte Spanien mit vier Goldmedaillen und einer Silbermedaille. Alle vier Goldenen kamen aus einer Disziplin, dem Gehen. So hoch war Spanien bei einer WM im Medaillenspiegeln noch nie platziert, dasselbe gilt für das zweitplatzierte Kanada mit vier Goldmedaillen und zwei Silbernen. Im Medaillenspiegel kamen die Niederlande sowie die skandinavischen Länder Norwegen und Schweden aus Europa noch in die Top-Ten, im Placing Table neben Großbritannien und Spanien noch die Niederlande und Italien. Italiens Verbandspräsident Stefano Mei sieht die italienische Leichtathletik nach dem erfolgreichsten WM-Abschneiden seit über 20 Jahren auf einem guten Weg Richtung Olympischer Spiele 2024 und 2028 sowie nicht zuletzt der Heim-EM 2024 in Rom. Auch der italienische TV-Sender RAI veröffentlichte erfolgreiche Reichweiten.
Die europäischen Verbände feierten die erfolgreichsten Weltmeisterschaften seit 2017, als die WM zuletzt auf europäischem Boden über die Bühne ging. Auch im Laufbereich war das Abschneiden der europäischen Läuferinnen und Läufer gegen die Übermacht aus Kenia (zehn Medaillen) und Äthiopien (neun Medaillen) verbessert, zudem kommt mit den beiden Goldmedaillen Ugandas ein dritter Player aus Ostafrika dazu. In den Marathonläufen holten die Israelis Maru Teferi (Silber) und Lonah Chemtai Salpeter (knapp an einer Medaille vorbei) die Kohlen für die europäischen Verbände aus dem Feuer. Im 10.000m-Lauf bleibt, auch aufgrund des Sturzes von Sifan Hassan, Europas Laufsport deutlich hinter dem afrikanischen zurück. Dasselbe gilt, trotz beachtlicher europäischer Leistungen bei den Frauen, für die 3.000m-Hindernisläufe.
Historisch war der europäische Doppelsieg mit Jakob Ingebrigtsen und Mohamed Katir über 5.000m. Im Mittelstreckenlauf könnten die Top-Europäer auf Augenhöhe mit der Konkurrenz aus Afrika und Nordamerika um Edelmetall kämpfen. Herausragend war dabei der europäische Dreifachsieg im 1.500m-Lauf mit Josh Kerr an der Spitze, die Ausnahme bildet Faith Kipyegon, die als Doppel-Weltmeisterin über 1.500m und 5.000m der Laufstar dieser Titelkämpfe war – und damit das schaffte, was Ingebrigtsen neuerlich nicht gelang.
Beachtlich ist, dass die USA als klar überlegene Leichtathletik-Nation der Welt wie schon in Eugene 2022 nur eine Medaille im Laufbereich gewann, nämlich jeweils durch Athing Mu am Schlusstag.
Vom Leichtathletik-Weltverband (World Athletics) erhielt der Veranstalter in Budapest ein Sonderlob für die Durchführung der Titelkämpfe. „Ich kann mich nicht an eine bessere Atmosphäre bei Weltmeisterschaften erinnern. Das waren in der Tat großartige Wettkämpfe“, schwärmte WA-Präsident Sebastian Coe und berichtete von einem hohen Organisationsqualität und hervorragender Zusammenarbeit mit lokalen Entscheidungsträgern bereits im Vorfeld.
Überzeugend war nicht die Infrastruktur des neuen Leichtathletik-Nationalstadions in Budapest und jene drumherum, sondern auch die Auslastung der Zuschauer-Kapazität an den neun Wettkampftagen. Die Abendsessions waren durchgehend gut besucht, wenngleich nicht immer ausverkauft. Dennoch dürfte eine durchschnittliche Beteiligung von 30.000 Zuschauern pro Abend realistisch sein, ein beachtlicher Wert. Der Veranstalter sprach von über 400.000 verkauften Tickets. Das Stadion wird nun um mehr als 50% seiner Zuschauerkapazität rückgebaut und geht in den Besitz des ungarischen Leichtathletik-Verbandes über. Der neidische Blick aus Wien der Donau entlang runter dürfte ihm sicher sein.