Newsletter Subscribe
Enter your email address below and subscribe to our newsletter
Wer in Rotterdam einen Marathon läuft, der studiert in den Tagen davor den Wetterbericht. Regelmäßig bläst der Wind durch die holländische Hauptstadt, das wird auch am Sonntag so sein. Moderat, bei ansonsten perfekten Bedingungen: leichte Bewölkung, Temperaturen im obersten einstelligen Plusbereich und daher trockene Laufstrecke. Die Bedingungen für ein schnelles Rennen sind gegeben.
Und das soll es auf der schnellen Strecke der Traditionsveranstaltung, die in Zeiten vor der Gründung der World Marathon Majors und auch noch einige Jahre danach ein noch höheres Standing unter den Topathleten gehabt hat als in einigen Jahren dazwischen, auch in diesem Jahr geben. Nicht einmal sechs Monate nach der verschobenen Veranstaltung im Jahr 2021, die mit dem Europarekord von Bashir Abdi in 2:03:36 Stunden einen Paukenschlag produziert hat. Die Verschiebung des London Marathon in den Herbst mag ein kleiner Grund dafür sein, warum das Feld in Rotterdam bei den Männern in diesem Frühjahr so herausragend ist.
Bashir Abdi, ein Belgier mit persönlichem Bezug zu Rotterdam, ist auch heuer wieder ein heißes Eisen. Er führt die Meldeliste an, die Erwartungshaltung liegt aufgrund seines Vorjahressieges hoch. Es war damals der erste europäische in Rotterdam seit 1998. „Für mich ist das der Nummer-eins-Marathon auf der Welt“, erklärte der 32-Jährige. Der zweite Europäer mit Siegchancen ist Lokalmatador Abdi Nageeye, dessen Wurzeln wie jene von Abdi in Somalia liegen. Nageeye ist in Sapporo vor Abdi auf dem silbernen zweiten Rang ins Ziel gelaufen, doch der Belgier ist ihm auf einer anderen Ebene einen Schritt voraus: eine Weltklassezeit im Marathon. Nageeye hält bei einer Zeit von 2:06:17 Stunden, das ist holländischer Rekord – aufgestellt hat er diese Zeit in Rotterdam 2019. Nun fühlt der 32-Jährige den richtigen Zeitpunkt gekommen für den nächsten Schritt. „Ich bin mir sicher, dass ich eine 2:04er Zeit laufen kann und ich denke, Rotterdam ist einer der besten Plätze auf der Welt, das zu tun“, so der Holländer, der im vergangenen Herbst Vater einer Tochter geworden ist. Dass er im Duell mit Bashir Abdi der Außenseiter ist, ist dem Olympia-Silbermedaillengewinner bewusst: „Seine Entwicklungsschritte sind gigantisch.“ Abdi konterte: „Ich hoffe, wir können gemeinsam schnell laufen.“
Unlängst sprachen die beiden Trainingspartner in einem Social-Media-Beitrag über den ehemaligen Fußballstar Arjen Robben, der den Rotterdam Marathon laufen will. „Das ist kein Fußball, kein Spiel. Marathon zermürbt“, scherzte Abdi. Robben ist zuletzt einen Halbmarathon in 1:20 Stunden gelaufen und hat laut holländischen Medien Gefallen am Laufsport gefunden.
Einer der stärksten Gegner des Duos, das im NN Running Team, das den Rotterdam Marathon organisiert, in einer Trainingspartnerschaft fungiert, ist ein echter Rotterdam-Spezialist: Marius Kipserem aus Kenia hat den Marathon hier bereits zweimal gewonnen: 2016 in 2:06:11 und 2019 in 2:04:11 Stunden. Am schnellsten gelaufen ist er in Rotterdam aber in Oktober, als er sich in 2:04:04 Stunden hinter Abdi einreihen musste. Das Interessante am 33-jährigen, sehr erfahrenen Kenianer ist: Außerhalb Rotterdam ist er noch nie einen Topmarathon gelaufen, mit Ausnahme jenes in Abu Dhabi, der dann ein Stückchen zu kurz war.
Kipserem will heuer zurückschlagen und kündigte dem Veranstalter bei seiner fünften Rotterdam-Marathon-Teilnahme selbstbewusst einen Sieg, eine persönliche Bestleistung und einen Streckenrekord an. Neben ihm ist Reuben Kipyego mit einer Bestleistung von 2:03:55 Stunden der zweite starke Kenianer im Rennen, Kenneth Kipkemoi und Philemon Kacheran haben Bestzeiten rund um 2:06 Stunden und liegen in der Liste noch vor Nageeye, der nur die neuntschnellste Vorleistung im Feld hat. Kipkemboi hat den Rotterdam Marathon 2018 gewonnen und kommt frisch aus einer zweijährigen Dopingsperre. Der Veranstalter hat kurzfristig noch Getaneh Molla an die Startlinie gebracht. Der 28-jährige Halbmarathon-WM-Fünfte von 2018 hat 2019 den Dubai Marathon in einer Zeit von 2:03:34 Stunden gewonnen und war in diesem Jahr Zweiter beim Great Ethiopian Run im Jänner. Das starke äthiopische Trio ergänzen Leul Gebresilase, der schon mehrfach unter 2:05 Stunden gelaufen ist, und Dawit Wolde, der hier im Oktober mit Rang drei in 2:04:27 Stunden geglänzt hat.
Neben der starken ostafrikanischen Gruppe sind auch einige gute Europäer im Rennen, abseits des Top-Duos „Abdi & Abdi“: die Holländer Björn Koreman, Sieger des Marathons im Wiener Prater 2020, und Ronald Schröer, die Iren Stephen Scullion und Paul Pollack sowie der Türke Mert Girmalegesse.
In Rotterdam hin und wieder etwas vernachlässigt, ist in diesem Jahr auch das Frauenrennen flott besetzt. Das Top-Trio bilden die Ostafrikanerinnen mit Titelverteidigerin Stella Barsosio aus Kenia, Haven Hailu aus Äthiopien, die 2021 in 2:20:19 Stunden Dritte beim Amsterdam Marathon war, und die für den Bahrain startende Rose Chelimo. Die 32-jährige, gebürtige Kenianerin hat ihren etwas überraschenden WM-Titel von London 2017 eigentlich nur einmal bestätigen können und das war bei den Weltmeisterschaften zwei Jahre später in Doha, als sie die Silbermedaille gewann. Nur: Das war ihr bisher letzter Wettkampf.
Hollands Nummer eins im Rennen ist Nienke Brinkman, die als Quereinsteigerin mit einer Marathonzeit von 2:26:34 Stunden beim Valencia Marathon 2021 selbst Insider überrascht hat. Die in der Schweiz lebende und arbeitende, ehemalige Feldhockeyspielerin bestreitet ihren ersten Marathon in ihrer Heimat und hat Ambitionen, sich weiter zu verbessern. Der holländische Verband hat übrigens die internationalen Limits verschärft: Für die WM ist eine Zeit von 2:28 Stunden, für die EM eine Zeit von 2:31:30 Stunden notwendig – keine Sorgenfalten bei Brinkman, die mittlerweile für das NN Running Team läuft und beide Limits in der Tasche hat. Mit Sara Catarina Riberio aus Portugal und Carolina Wikström aus Schweden, die laut einer Meldung auf der Website des schwedischen Verbandes nach zwei Halbmarathons in 1:11 Stunden in der Vorbereitung eine persönliche Bestleistung anstrebt, sind zwei weitere schnelle Europäerinnen am Start, auch die Fininnen Alisa Vaino und Nina Chydenius sowie die Spanierin Elena Loyo und die Tschechin Marcela Joglova können unter 2:30 Stunden laufen. Die Kenianerin Daisy Cherotich gibt ihr Marathondebüt. Die deutschen Farben im Eliterennen der Frauen vertritt Thea Heim, die über eine Bestleistungv on 2:36:10 Stunden verfügt.
Die 41. Auflage des Rotterdam Marthons erwartet rund 15.000 Marathonstarter und rund 16.000 Teilnehmende am Viertelmarathon, weitere rund 6.000 sind am Samstag aktiv.