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Eigentlich hat sich das Internationale Olympische Komitee nicht weit aus dem Fenster gelehnt – Begnadigung für Russland. Gleichzeitig hat sich das IOC aber schon aus dem Fenster gelehnt, denn es hat sich mit der Welt Anti Doping Agentur angelegt. Die…
Eigentlich hat sich das Internationale Olympische Komitee nicht weit aus dem Fenster gelehnt – Begnadigung für Russland. Gleichzeitig hat sich das IOC aber schon aus dem Fenster gelehnt, denn es hat sich mit der Welt Anti Doping Agentur angelegt. Die ansonsten oft zahme WADA gibt dieses Mal Kontra auf die Anschuldigungen des IOC. Und schon sind Spannungen spürbar.
„Das IOC ist nicht verantwortlich für das Timing des McLaren-Reports.“ Das war eines der Argumente, die IOC-Präsident Thomas Bach vorbrachte, um Erklärungsversuche für das milde Vorgehen gegen Russland vorzutragen. Viel zu kurzfristig, so die Meinung des Deutschen und erweckte damit den klaren Eindruck der Kritik an die Welt Anti Doping Agentur. So ganz nach dem Motto: Eine Agentur, die zur Hälfte vom IOC finanziert wird, solle nicht den Übermut haben, das große IOC so kurz vor den Spielen mit einer solch schwerwiegenden Situation zu überraschen. „Das IOC ist nicht verantwortlich für die Tatsache, dass die WADA die ihnen angebotenen Informationen vor einigen Jahren nicht intensiv verfolgt hat. Das IOC ist auch nicht verantwortlich für die Akkreditierung der Anti-Doping-Labore“, so der IOC-Präsident weiter. Ähnliche Töne kamen auch von Francesco Ritti, Präsident des Verbandes der Olympischen Sommersport-Verbände (ASOIF).
Diese Verbalattacken wollte die WADA nicht auf sich sitzen lassen. Der Report von Richard McLaren sei ohne zeitliche Verzögerung veröffentlicht worden, stellte WADA-Präsident Craig Reedie klar, gleichzeitig einer der Vize-Präsidenten des IOC. Sein Vorgänger Richard Pound sprach verärgert von einem Ablenkungsmanöver und wies darauf hin, dass brisante Informationen bereits vor dem endgültigen WADA-Bericht bekannt waren: „Der Golfball lag bereits da und musste nun noch geschlagen werden.“ Interessanterweise billigten aber beide die Vorgangsweise des IOC bei der Abstimmung der IOC-Mitglieder.
Verärgert reagierte auch Richard McLaren auf die Anschuldigungen des IOC: „Ich habe gewissenhaft an diesem Bericht gearbeitet und im Sinne dieser Gewissenhaftigkeit frühest möglich veröffentlicht.“ Der Kanadier verwies darauf, dass die aktuelle Diskussion nicht ehrlich und praktisch geführt werde, sondern hysterisch und politisch. Unterstützung bekam die WADA auch von 19 europäischen Sportministern, darunter jener aus Österreich, die mit einem gemeinsamen Statement die WADA stützten. Nationale Regierungen sind für die zweite Hälfte der Finanzierung der WADA verantwortlich.
Eine weitere Entscheidung des IOC stieß bei der WADA auf völliges Unverständnis: die nicht erteilte Startgenehmigung Yuliya Stepanovas. „Die WADA ist sehr besorgt über die Botschaft, die damit für die Zukunft an Whistleblower wie sie gesendet wird“, formulierte der neue WADA-Generalsekretär Oliver Niggli vorsichtig. Aus Verärgerung über das Vorgehen des Internationalen Olympischen Komitees hat die WADA die obligatorische Pressekonferenz vor dem Start der Olympischen Spiele abgesagt.
Der IOC-Entschluss, Russland bei den Olympischen Spielen 2016 an den Start gehen zu lassen, widerspricht nicht nur der klaren Empfehlung der WADA, sondern auch jener der IAAF. Die Suspendierung des Russischen Leichtathletik-Verbandes durch den Leichtathletik-Weltverband hatte die Diskussion über einen möglichen Olympia-Ausschluss Russlands erst in Gang gebracht. Viele Experten sehen das Vorgehen des IOC mit Thomas Bach an der Spitze auch als Signal gegen Sebastian Coe, dessen engagiertes Wirken an der Spitze eines der mächtigsten Sportverbände der Welt einigen ein Dorn im Auge sein könnte. Der 59-jährige, zweifache Olympiasieger, wurde nicht als Mitglied ins IOC aufgenommen – traditionell für einen Präsidenten eines derartig starken Weltverbandes eine reine Formalie. Coe hat sich gegen diese Entscheidung, die als Botschaft gegen seine Arbeit verstanden werden kann, nicht geäußert, sondern will sich darauf konzentrieren, seinen Kurs weiter zu fahren. Aufgrund mehrerer Morddrohungen, die in letzter Zeit in sein Büro geflattert waren, bewegt sich Coe in Rio nur im Rahmen verstärkter Sicherheitsmaßnahmen.