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Jacob Kiplimo pulverisiert Halbmarathon-Weltrekord

Jacob Kiplimo hat sich beim Barcelona Halbmarathon den Weltrekord zurückgeholt und ihn in eine neue Dimension geführt. Die Zeit von 56:42 Minuten ist eine enorme Leistung.
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Nie zuvor hat es einen Halbmarathon in unter 57 Minuten geben. Noch nicht einmal eine Zeit unter 57:30 Minuten ist bisher gelungen. Umso größer waren die Augen der Laufwelt am gestrigen Sonntagvormittag, als der Livestream des Barcelona Halbmarathon schier Unwirkliches in alle Welt aussandte. Jacob Kiplimo, mit 24 Jahren bereits ein gemachter Star, war schon einmal drei Jahre lang der Inhaber des Halbmarathon-Weltrekords. Nun ist er es wieder, mit der historischen Leistung von 56:42 Minuten. Dafür muss man einen Kilometersplit von 2:41 Minuten 21mal wiederholen und das Tempo 109 weitere Meter hochhalten. Oder im Schnitt eine Geschwindigkeit von 22,3 km/h laufen. Jacob Kiplimo tat dies.

Angekündigt und geliefert! Eine Expresslieferung mit Schleife drauf. Dass Jacob Kiplimo, der beste Halbmarathonläufer der Gegenwart, beim Barcelona Halbmarathon, durchaus bekannt für seine schnelle Strecke, den Weltrekord von Yomif Kejelcha brechen würde, hatte eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Erstens, aufgrund seiner Stärke: Kiplimo ist vor vier Jahren eine Halbmarathonzeit von 57:37 Minuten gelaufen, vor dreieinhalb Jahren einen Weltrekord in 57:31 Minuten. Der Äthiopier hat diesen im Oktober in Valencia um eine Sekunde verbessert. Mit 19 war Kiplimo bereits Weltmeister in dieser Disziplin. Es ist seine Spezialität!

Zweitens, der Performance Score von Kejelchas Halbmarathon-Weltrekord war im Vergleich mit Kiptums Marathon-Weltrekord deutlich niedriger. Drittens zeigte Kiplimo zuletzt beim Siebenhügellauf in Nijmegen und beim Silvesterlauf in Madrid bereits eine starke Form, bei seinem letzten Halbmarathon im September in Kopenhagen musste er sich aber nach einem unkonventionellen Verhalten im Endspurt mit Rang zwei zufrieden geben. Viertens ist Kiplimo bekannt dafür, nicht auf Tempomacher angewiesen zu sein, um ein hohes Tempo anzuschlagen. Das machte er sich in Barcelona auch mit einer frühen Attacke zunutze.

eDreams Mitja Marato Barcelona by Brooks

Die schnellsten Halbmarathon-Leistungen der Geschichte

  • 56:42 Minuten – Jacob Kiplimo (UGA), Barcelona 2025
  • 57:30 Minuten – Yomif Kejelcha (ETH), Valencia 2024
  • 57:31 Minuten – Jacob Kiplimo (UGA), Lissabon 2021
  • 57:32 Minuten – Kibiwott Kandie (KEN), Valencia 2020
  • 57:37 Minuten – Jacob Kiplimo (UGA), Valencia 2020
  • 57:40 Minuten – Kibiwott Kandie (KEN), Valencia 2023
  • 57:41 Minuten – Yomif Kejelcha (ETH), Valencia 2023
  • 57:41 Minuten – Hagos Gebrhiwet (ETH), Valencia 2023
  • 57:49 Minuten – Rhonex Kipruto (KEN), Valencia 2020
  • 57:50 Minuten – Selemon Barega (ETH), Valencia 2023

Ein enormer Sprung

Bei aller Wahrscheinlichkeit: Die Schlagzeile hinter diesem Weltrekord ist nicht die Tatsache an sich, sondern die Dimension der Steigerung. Nie zuvor gelang in dieser Disziplin eine Weltrekord-Verbesserung um 48 Sekunden! Mit einem Performance Score von 1.323 Punkten ist Kiplimos Weltrekord der hochwertigste aller Laufdisziplinen – recht deutlich vor Kiptums Weltrekord und etwas besser als Jakob Ingebrigtsens Weltrekord im 3.000m-Lauf auf der Bahn. Und: Kiplimos Weltrekord ist laut Performance Score, der eine durchaus akzeptable, aber keine präzise Vergleichbarkeit zwischen Disziplinen erlaubt, besser einzustufen als die Frauen-Weltrekorde im 10km-Lauf von Agnes Ngetich und im Marathon von Ruth Chepngetich, beide nicht selten als Ausnahmeleistungen tituliert.

Historische Marken im Halbmarathonlauf der Männer

  • unter 1:00 Stunden – Moses Tanui (KEN), 59:47 (Mailand 1993)
  • unter 59 Minuten – Haile Gebrselassie (ETH), 58:55 (Phoenix 2006)
  • unter 58 Minuten – Kibiwott Kandie (KEN), 57:32 Minuten (Valencia 2020)
  • unter 57 Minuten – Jacob Kiplimo (UGA), 56:42 Minuten (Barcelona 2025)

Ein traumhafter Lauftag

„Ich bin sehr aufgeregt darüber, was mit heute gelungen ist. Ich wollte ein fantastisches Rennen laufen, aber ich habe nicht mit einer Zeit unter 57 Minuten gerechnet. Ich wollte von Beginn an Gas geben und als ich gesehen habe, auf welchem Niveau ich unterwegs war, wollte ich unbedingt meinen Rhythmus so gut wie möglich halten“, sagte der strahlende Sieger im Ziel.

Wie so häufig bei Rennen in Spanien waren die Wetterbedingungen gestern in Barcelona ideal: Bei 13° Lufttemperatur wehte nicht einmal ein Lüftchen. „Absolut perfekte Bedingungen!“, lobte Kiplimo. „Alles lief besser als erwartet, daher bin ich auch das Risiko gegangen.“ Neun der zehn schnellsten Halbmarathonläufe der Geschichte wurden auf spanischem Boden realisiert.

Jacob Kiplimos 5km-Splits: 13:38 / 13:12 / 13:17 / 13:32 / 3:03 (1,0975 km) Minuten

Vorzeichen für London?

Verblüffend war Kiplimos Überzeugung, das Tempo bis zum Schluss durchhalten zu können. Er beschleunigte nach den ersten fünf Kilometern, seine „langsamste“ Rennphase, deutlich. Nach 26:50 Minuten waren die ersten zehn Kilometer geschafft, das ist nur zwei Sekunden über seiner 10km-Bestleistung. Die Zwischenzeit bei Kilometer 15 von 40:07 Minuten lag knapp eine halbe Minute unter seiner eigenen Weltbestleistung über diese Distanz, aufgestellt vor drei Monaten in Nijmegen.

Mit dieser Leistung erzeugte Jacob Kiplimo, zweifacher Weltmeister im Crosslauf und Halbmarathon-Weltmeister von 2020, ein spannungsgeladenes Signal Richtung seines nun mit noch mehr Euphorie und Interesse zu erwartenden Marathon-Debüts beim Frühlings-Höhepunkt des Laufsports, dem London Marathon am 27. April. Vielleicht ist der unglaubliche Halbmarathonlauf von Jacob Kiplimo ein Vorbote seiner Fähigkeiten, zukünftig als erster Läufer der Welt einen Marathon in unter zwei Stunden zu laufen – auf einer zertifizierten Strecke wohlgemerkt.

Die Weltrekorde im Vergleich

  • 1323 – Jacob Kiplimo (UGA), Halbmarathon der Männer (56:42)
  • 1317 – Agnes Ngetich (KEN), 10km-Lauf der Frauen (28:46)
  • 1312 – Ruth Chepngetich (KEN), Marathon der Frauen (2:09:56)
  • 1307 – Kelvin Kiptum (KEN), Marathon der Männer (2:00:35)
  • 1285 – Rhonex Kipruto (KEN), 10km-Lauf der Männer (26:24)
  • 1281 – Letesenbet Gidey (ETH), Halbmarathon der Frauen (1:02:52)

Erfolgserlebnis für Kamworor

Im Schatten des Überragenden meldete sich der dreifache Halbmarathon-Weltmeister Geoffrey Kamworor in Barcelona ebenfalls mit einem Statement zurück. Der zweite Platz in einer Zeit von 58:44 Minuten mag aufgrund des stattlichen Rückstands von über zwei Minuten auf dem Sieger trügen, ist aber die zweitschnellste Karrierezeit des 32-Jährigen, der in den letzten Jahren von einer schweren und mehreren kleineren Verletzungen zurückgeworfen worden ist. Der Kenianer bereitet sich laut kenianischen Medien auf den Rotterdam Marathon vor.

Abgesehen von diesen beiden blieben nur noch Samwel Mailu, ehemaliger Sieger des Vienna City Marathon und WM-Dritter im Halbmarathon von 2023, und Europameister Yemaneberhan Crippa unter einer Stunde. Crippa, der ebenfalls in London laufen wird, markierte in einer Zeit von 59:52 Minuten die dritte eines italienischen Halbmarathonläufers unter einer Stunde, es war seine zweitbeste Zeit nach dem italienischen Rekordlauf von Neapel 2022. Aufgrund von Schwierigkeiten im Magenbereich konnte er das angeschlagene Europarekord-Tempo (59:13, Julien Wanders) nicht bis zum Schluss durchziehen. Zweitbester Europäer im Feld war Abdi Nageeye, Sieger des New York City Marathon 2024, in einer Zeit von 1:00:58 Stunden. Jakob Sommer Simonsen markierte in einer Zeit von 1:01:11 Stunden einen neuen dänischen Halbmarathon-Rekord.

Nicht ins Spitzenfeld lief dagegen der deutsche Rekordhalter Amanal Petros, der sich in einer Zeit von 1:01:51 Stunden mit Position 17 zufrieden geben musste. Im Vorfeld hatte ihn eine Erkältung etwas ausgebremst. Zwei starke europäische Läufer, Morhad Amdouni aus Frankreich und Carlos Mayo aus Spanien, fehlten in der Startaufstellung. Einen großen Erfolg feierte dagegen der junge Schweizer Loic Berger, üblicherweise im Berg- und Trailauf zuhause. Der 19-Jährige verbesserte den 25 Jahre alten Schweizer Juniorenrekord auf eine Zeit von 1:07:21 Stunden, wie der Schweizer Leichtathletik-Verband (Swiss Athletics) bekannt gab. Auch Berglauf-Europameister Roberto Delorenzi war im Wettkampf, den er in einer Zeit von 1:07:44 Stunden finishte.

eDreams Mitja Marato Barcelona by Brooks

Der Barcelona Halbmarathon feierte bei seiner 35. Auflage mit rund 30.000 Anmeldungen einen neuen Rekord. Auch der Frauenanteil von 40% ist eine neue Veranstaltungsbestleistung. Ebenfalls rund 40% des Teilnehmer*innenfeldes stammte aus dem Ausland, insgesamt beteiligten sich 95 verschiedene Nationalitäten.

Streckenrekord durch Jepkosgei

Strahlende Siegerin bei den Frauen war Joyciline Jepkosgei, die in einer Zeit von 1:04:13 Stunden ihren erst im Vorjahr aufgestellten Streckenrekord – und damit auch ihre persönliche Bestleistung – um 16 Sekunden verbesserte und sich wie Kiplimo an die Spitze der Weltjahresbestleistung setzte. „Ich liebe es in Barcelona zu laufen“, sagte die 31-Jährige, die letztes Wochenende noch Fünfte bei den kenianischen Meisterschaften im Crosslauf war. Für die Vize-Weltmeisterin von 2018 war es der bereits fünfte Halbmarathon unter 1:05 Stunden, keine andere Athletin hat mehr.

Joyciline Jepkosgeis 5km-Splits: 15:12 / 15:00 / 15:19 / 15:29 / 3:13 Minuten

Auch Jepkosgei Triumph war einer im Alleingang. Mit über zwei Minuten Rückstand sicherte sich ihre kenianische Landsfrau Gladys Chepkurui den zweiten Platz, fast zwei weitere Minuten Rückstand hatte die drittplatzierte Zerihun Alemtsehay, eine bisher faktisch unbekannte Läuferin aus Äthiopien. Beste Europäerin war die Britin Jessica Warner-Judd in 1:09:37 Stunden auf Platz sechs, ihr folgten die spanische Hindernisläuferin Carolina Robles, die bei ihrem Halbmarathon-Debüt bestach, und Landsfrau Abbie Donnelly ebenfalls unter 1:10 Stunden.

Bestleistung für Hirczy

Lange in der Gruppe rund um Siegerin Joyciline Jepkosgei lief der beste Österreicher im Feld mit. Dominik Hirczy (Lauftreff Nussdorf) verlor die Kenianerin erst im letzten Rennviertel etwas aus den Augen, schaffte aber in einer Zeit von 1:04:40 Stunden eine neue persönliche Bestleistung. Damit verbesserte sich der Pongauer auf Platz 22 der ÖLV-Bestenliste und vor die beiden Innerhofer-Zwillinge auf Rang zwei der Salzburger Bestenliste hinter Peter Herzog. Seinen bisher schnellsten Halbmarathon war Hirczy im Oktober beim Jedermannlauf in Salzburg gelaufen, als er als Dritter seine erste Staatsmeisterschaftsmedaille emotional im Ziel feierte.

Dominik Hirczys 5km-Splits: 15:13 / 15:00 / 15:18 / 15:49 / 3:20 (1,0975 km) Minuten
Dominik Hirczy feiert beim Jedermannlauf 2024 den Gewinn der Bronzemedaille im Staatsmeisterschaftsrennen über die Halbmarathon-Distanz. © Jedermannlauf / Theresa Marka

Kejelcha scheitert am 10km-Weltrekord

Einen zweiten Weltrekord auf spanischem Boden hätte an diesem Wochenende gerne Yomif Kejelcha aufgestellt. Parallel zum Verlust seines Weltrekords im Halbmarathon attackierte der Äthiopier, unterstützt vom in Castellon lebenden Tempomacher Rodrigue Kwizera, den 10km-Weltrekord von Rhonex Kipruto (26:24), aktuell wegen einer langen Dopingsperre auf der Reservebank. Wie die spanische Sportzeitung „Marca“ schreibt, könnte das Oberste Internationale Sportgericht in Lausanne diese Leistung allerdings aufgrund der Sanktionen gegen Kipruto noch streichen.

In Castellon finishte der 27-jährige Kejelcha in einer Zeit von 26:31 Minuten und erreichte die zweitschnellste Zeit der Geschichte über diese Distanz. Er blieb zwei Sekunden unter dem zwei Jahre alten äthiopischen Rekord von Berihu Aregawi, war aber nicht zufrieden: „Es ist ein Rückschlag für mich. Ich war voll überzeugt, heute den Weltrekord zu brechen.“ Der zweitplatzierte Kuma Girma lieferte eine beachtenswerte Debütleistung von 26:58 Minuten ab. Er ist der jüngere Bruder des 3.000m-Hindernislauf-Weltrekordhalters Lamecha Girma.

Frauen-Siegerin Medina Eisa, erst 20 Jahre alt, markierte in einer Zeit von 29:25 Minuten die fünftbeste Leistung über diese Distanz und verpasste den drei Jahre alten Streckenrekord ihrer Landsfrau Yalemzerf Yehualaw um elf Sekunden. Die hochtalentierte Nachwuchsläuferin hat noch nie einen so langen Wettkampf bestritten. Yehualaws Streckenrekord war fast zwei Jahre lang der Weltrekord und ist heute noch der äthiopische Rekord. Die zweitplatzierte Likina Amebaw, eine in Spanien wohnhafte Äthiopierin, schob sich mit einer Bestleistung von 29:40 Minuten auf Rang neun der ewigen Bestenliste.

Die Topleistung aus europäischer Sicht gelang Klara Lukan. Die Slowenin verpasste in einer Zeit von 30:26 Minuten den Europarekord von Eilish McColgan lediglich um sieben Sekunden. Diane van Es, zuletzt mit einem starken 5km-Lauf in Monaco, verpasste ihren eigenen holländischen Rekord um eine halbe Minute und wurde Neunte.

Autor: Thomas Kofler
Bild: © Dan Vernon for World Athletics (Jacob Kiplimo bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften 2020)

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