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Seit Jahren versucht eine neue Generation kenianischer Langstreckenläufer immer wieder, den schier übermächtigen Mo Farah zu besiegen. Stets scheiterten sie an der überragenden Persönlichkeit der lebenden Legende der britischen Leichtathletik. Ihn, den schier unantastbaren und auf der Bahn im Finale…
Diese dramatische und Heldenkonstruktion vorbereitende Perspektive auf den Saisonhöhepunkt der Halbmarathonläufer ist natürlich eine einseitige. Sie beschreibt aber den Hunger der kenianischen Sportfans und der kenianischen Sportler auf Erfolge im Langstreckenlauf. Und einen schier unschlagbaren Gegner – zumindest eilt ihm der Name voraus – zu besiegen ist eine Errungenschaft, die zum Feiern einlädt – auch wenn man den großen Rivalen nicht unbedingt bei dessen Spezialdisziplin niedergerungen hatte. Doch alleine die Anwesenheit Farahs ließ die Motivation bei den Kenianern bis in die Haarspitzen schwellen. Nach einem turbulenten Auftakt gestaltete Team Kenia das Rennen geprägt von höchster Konzentration. Geoffrey Kamworor machte das Tempo und sein Freund, Landsmann und Rivale Bedan Karoki setzte sich in den Windschatten Farahs. Wie ein Löwe auf der Jagd, der seine Beute so im Auge behalten wollte, dass sie keine Chance auf ein Entkommen hatte. Farah selbst hielt sich im wohligen Windschatten der Spitzengruppe auf, das Tempo war ein schnelles. 27:59 Minuten nach zehn Kilometer. Die Kenianer wussten genau, dass sie schneller laufen konnten als der Brite, der bereits leicht abriss.
Bedan Karoki ist ein äußerst begabter Läufer und ein Kämpfer vor dem Herrn. Aber irgendwie kann der 25-Jährige einem leid tun. Ohne die Präsenz von Geoffrey Kamworor hätte er bereits zahlreiche Erfolge gefeiert, aber immer wieder steht ihm sein Landsmann im Wege: bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften 2015, bei den Weltmeisterschaften 2015 über 10.000m in der Position als bester Kenianer hinter Farah und nun bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften 2016, die dennoch den größten Erfolg Karokis darstellen. Obwohl er zum ersten Mal in seinem Leben einen Halbmarathon nicht gewinnen konnte. Aber dafür war der Leistungsunterschied zu Kamworor auf den letzten beiden Kilometern zu drastisch.
Normalerweise gibt es im Sport Sieger und Verlierer, aber nicht immer ist alles schwarz und weiß. Die eingangs skizzierte Perspektive der Kenianer nach dem sehnlichen Wunsch, endlich Mo Farah besiegen zu können, gilt umgekehrt nicht. Und man würde dem großen Läufer aus Großbritannien großes Unrecht tun, dies so zu formulieren. Denn auch wenn der Erfolgsverwöhnte Brite für einmal nicht mit einer Goldmedaille um den Hals auf dem Siegerfoto strahlen konnte und auch wenn er sichtlich enttäuscht den Zielraum verließ: Die realistische Stimme im inneren dürfte gewusst haben, dass Farah im Halbmarathon noch nicht soweit ist, um zu triumphieren. Vor allem, nachdem die Kenianer keine taktischen Fehler begingen. Vor heimischem Publikum absolvierte der der 33-Jährige drei Tage nach seinem Geburtstag ein Klasserennen. In der Schlussphase holte er gemeinsam mit dem Äthiopier Abayneh Ayele dessen Landsmann Tamirat Tola ein und es entwickelte sich ein spannendes Finale zwischen den beiden. Und wie immer, wenn es um einen langen Sprint geht, war Farah nicht zu knacken. „Natürlich wäre es schön gewesen, hierher zu kommen und zu gewinnen. Aber heute waren Bessere im Rennen. Die beiden waren so stark, ich konnte ihre Pace einfach nicht mitgehen. Es war ein unglaubliches Tempo!“, ordnete der erst zweite britische Medaillengewinner in der Geschichte von Halbmarathon-Weltmeisterschaften das Resultat bodenständig ein. Die Bronzemedaille bei seinem Halbmarathon-WM-Debüt in einer Zeit von 59:59 Minuten ist ein bemerkenswerter Erfolg – die erste Medaille eines Nicht-Afrikaners seit 2009 und die erste für Europa seit unglaublichen 20 Jahren!
Beinahe hätte die Leistung Mo Farahs sogar gereicht, um mit dem britischen Team eine Medaille in der Teamwertung zu gewinnen. 42 Sekunden fehlten am Ende auf die drittplatzierten Eritreer, die trotz namhafter Ausfälle hinter den überlegenen Kenianern und Äthiopien die Bronzemedaille holten. Mit den Iren, bei den Paul Pollock auf Rang 14 ein starkes Rennen ablieferte, und den Franzosen fanden noch zwei weitere europäische Nationen den Weg in die Top Ten. Überhaupt schnitt Europa bei den Herren deutlich besser ab als bei den Damen: eine Medaille und fünf Läufer unter den besten 20. Im Unterschied zu den Damen platzierten sich der beste Australier, der beste Japaner und der beste US-Amerikaner erst hinter diesem Quintett. 16. wurde übrigens der Äthiopier Guye Adola. Jener Mann, der den späteren Weltmeister nach dessen Malheur nach wenigen Metern wieder auf die Beine geholfen hatte und damit eine entscheidende Rolle in diesem WM-Rennen spielte.
1. Kenia 2:58:58 Stunden
2. Äthiopien 3:01:16 Stunden
3. Eritrea 3:06:18 Stunden
4. Großbritannien 3:07:00 Stunden
5. Japan 3:12:11 Stunden
6. USA 3:12:28 Stunden
7. Südafrika 3:13:13 Stunden
8. Irland 3:13:29 Stunden
9. Peru 3:15:27 Stunden
10. Frankreich 3:16:20 Stunden
Halbmarathon Weltmeisterschaften 2016 in Cardiff