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Die ersten beiden Drittel des New York City Marathon 2015 der Herren können getrost in einem Wort zusammengefasst werden: unspektakulär. Aber Kilometer 33 belieferten die Protagonisten den interessierten Beobachter mit fantastischem Sport, ein Duell auf noch nie da gewesenem Niveau…
Die ersten beiden Drittel des New York City Marathon 2015 der Herren können getrost in einem Wort zusammengefasst werden: unspektakulär. Aber Kilometer 33 belieferten die Protagonisten den interessierten Beobachter mit fantastischem Sport, ein Duell auf noch nie da gewesenem Niveau ließ die Marathon-Herzen höher schlagen. Eine erste Tempoverschärfung bei Kilometer hatte bereits die schwächeren Läufer der riesigen Spitzengruppe aussortiert, bei Kilometer 33 explodierte das Rennen nach einer Attacke von Stanley Biwott förmlich. „Das Tempo war einfach viel zu langsam. Also haben wir einige Gänge hochgeschalten“, berichtete der Kenianer später. Gemeinsam mit seinem Landsmann Geoffrey Kamworor, der phasenweise wie von einer Tarantel gestochen am Tacho drehte, und dem Äthiopier Lelisa Desisa wurde vorne nun eine harte Gangart eingeschlagen. Sieben Kilometer in Folge wurden mit einer Zeit von deutlich unter drei Minuten pro Kilometerabschnitt abgespult, erst im selektiven Central Park mit einigen Bergauf-Passagen nahm das Tempo wieder ganz leicht ab. Zu diesem Zeitpunkt war Desisa längst zurückgefallen und Halbmarathon-Weltmeister Geoffrey Kamworor rang minutenlang um den Anschluss an den überzeugenden Biwott. Dieser war sich seiner Unterlegenheit in einem eventuellen Zielsprint bewusst und hielt das Tempo hartnäckig und gnadenlos hoch – mit Erfolg. Der 29-jährige Sieger des Paris Marathon 2012 feierte im Central Park den größten Erfolg seiner Karriere. Dass am Ende noch eine ordentliche Siegerzeit von 2:10:34 herausschaute, schien ob des moderaten Tempos über weite Strecken eigentlich unmöglich.
Schritt Richtung Weltklasse
Zeigte Stanley Biwott in New York den besten Marathon seiner Karriere, so trifft dies definitiv auch für Geoffrey Kamworor zu. Der 22-jährige WM-Zweite von Peking über 10.000m demonstrierte in New York seine dazu gewonnene Marathon-Reife und zog ein grandioses Tempo auf, dem Stanley Biwott allerdings widerstehen konnte, bevor sich das Blatt endgültig wendete. „Ich bin unglaublich glücklich, auf dem Podest gelandet zu sein. Der zweite Platz ist ein tolles Resultat für mich“, freute sich Kamworor. Während der talentierte Allrounder jubelnd über die Ziellinie lief, freute sich der Sieger erst innerlich, ehe er seine Freude nach einer Durchschnauf-Phase auch nach außen zum Ausdruck brachte. „Bei meinen bisherigen großen Marathons bin ich immer im Finale eingegangen. Das war heute anders und ich konnte das Tempo halten. Das freut mich sehr“, erklärte Biwott sein Erfolgsgeheimnis. Nach Rang zwei im Vorjahr schaffte der zweifache Boston-Sieger Lelisa Desisa auch heuer wieder den Sprung auf das Podest, war vom Sieg allerdings deutlich weiter weg als im vergangenen Jahr.
Kipsang ohne Chance
Mit einem Lächeln auf den Lippen überquerte Wilson Kipsang die Ziellinie des New York City Marathon. Dass diese Emotion mit den Gefühlen des ehemaligen Weltrekordläufers übereinstimmte, darf bezweifelt werden. Denn der Titelverteidiger wurde in New York ordentlich abgekocht. Wie schon beim WM-Rennen in Peking schien lange Zeit nichts auf eine Schwäche des Favoriten hinzuweisen, doch als die Beschleunigung einsetzte, konnte der 33-Jährige nichts mehr zusetzen. Während er in Peking völlig von der Bildfläche verschwunden war, kämpfte er sich in New York auf einem vierten Platz ins Ziel. Doch als Realist hatte er erst gar nicht versucht, dem Tempo des Spitzentrios zu folgen. „Das war das Beste, was ich heute tun konnte. Ich habe alles gegeben“, lautete die ernüchternde Analyse. Rang vier bedeutete für den so erfolgreichen Kenianer das schlechteste Marathon-Ergebnis seiner Karriere, wenn man die WM-Aufgabe ausklammert. Insofern, definitiv eine Krise auf höchstem Niveau! Nur ein Fakt ist unverkennbar: Wenn Pacemaker fehlen und das Rennen deswegen deutlich langsamer beginnt, hat Kipsang immer Schwierigkeiten, wenn das Rennen dann richtig losgeht. Kipsang versuchte das zu relativieren: „Mein Speed auf den letzten zehn Kilometern war das Maximum.“ Abnormal war jedoch das Tempo von Biwott und Kamworor in dieser Phase. Hätten die beiden ihre Geschwindigkeit der letzten zehn Kilometer, die in New York keineswegs flach und einfach sind, auf die gesamte Distanz ausgedehnt, wäre eine hochgerechnete Endzeit von unter 2:01 Stunden herausgekommen…
Zwei, die sich gesucht und gefunden haben
Bei idealen Bedingungen, rund 13°C und leichter Wind aus südwestlicher Richtung, welcher auf den ersten beiden Dritteln der Strecke, die durch sämtliche fünf Stadtteile New Yorks führte, Rückenwind bedeutete, startete das Herren-Feld traditionell eine halbe Stunde nach der Elitegruppe der Damen. Unmittelbar hinter den schnellsten Läufern des Tages setzte sich das riesige Starterfeld von 50.229 Läuferinnen und Läufern aus aller Welt auf der Verrazano Narrows Bridge, der längsten Brücke der USA, voller Emotionen in Bewegung. Das war lange Zeit das einzige Highlight des Herren-Rennen, phasenweise bummelte die riesige Spitzengruppe derartig, dass sich die Kilometer-Durchschnittszeiten jenen der Damen annäherten. Im turbulenten Finale fand sich dann abseits des nicht mehr zu haltenden Spitzenduos ein weiteres, illustres Duo mit gemeinsamen Interessen: Der US-amerikanische Routinier Meb Keflezighi, der zuvor an der Spitze laufend noch freundschaftliche Gesten ins Publikum gemacht hatte, und der „Everybody’s Darling“ Yuki Kawauchi aus Japan. Der Laufamateur aus Fernost erreichte mit vor Anstrengung gezeichnetem Gesicht als Sechster die beste Platzierung eines japanischen Marathon-Läufers aller Zeiten beim New York City Marathon – und Japan zählt im Laufsport nun wirklich nicht zu den Exoten. Dabei hatte der „Citizen Runner“ abermals alles aus sich herausgeholt und konnte sich im Ziel minutenlang nicht auf den eigenen Beinen halten. Drei Sekunden später kreuzte auch Meb Keflezighi die Ziellinie und unterbot in einer Zeit von 2:13:32 Stunden den US-Mastersrekord. „Das bedeutet mir sehr viel“, sagte ein nicht restlos zufriedener 40-Jähriger. „Bei den Trials muss ich besser laufen.“ Nie zuvor war ein älterer Läufer beim New York City Marathon unter die besten Zehn gekommen, Keflezighi gelang dies beim zehnten Start bereits zum achten Mal.
Weniger glücklich schien der Äthiopier Yemane Tsegay auf Rang fünf: Mit einem Sieg hätte der WM-Silbermedaillengewinner von Peking die Führung in der World Marathon Majors Serie übernehmen können, so bliebt die Leaderposition von Eliud Kipchoge wie in Blei gegossen. Lelisa Desisa sprang auf den geteilten zweiten Platz mit Chicago-Sieger Dickson Chumba. Einen völlig verbrauchten Tag erwischte Europameister Daniele Meucci, der früh zurückfiel und aufgab. So kam sein Landsmann Andrea Lalli auf Rang elf als bester Europäer ins Ziel.
Ergebnis New York City Marathon der Herren
1. Stanley Biwott (KEN) 2:10:34 Stunden
2. Geoffrey Kamworor (KEN) 2:10:48 Stunden
3. Lelisa Desisa (ETH) 2:12:10 Stunden
4. Wilson Kipsang (KEN) 2:12:45 Stunden
5. Yemane Tsegay (ETH) 2:13:24 Stunden
6. Yuki Kawauchi (JPN) 2:13:29 Stunden
7. Meb Keflezighi (USA) 2:13:32 Stunden
8. Craig Leon (USA) 2:15:16 Stunden
9. Birhanu Kemal (ETH) 2:15:40 Stunden
10. Kevin Chelimo (KEN) 2:15:49 Stunden
New York City Marathon