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Als Köpfchen und kluge Taten gefragt waren, zögerte Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA) nicht. Klar war es ein Vorteil, im dritten von drei Vorläufen zu stehen – übrigens ein brutales Aussiebverfahren, wenn von 40 Teilnehmern auf zwölf Finalisten (dreimal die drei Besten plus drei Läufer über die Zeit) reduziert wird – und zu wissen, welche Leistung in etwa für einen Finaleinzug reichen würden, wenn eine Top-Drei-Positionen angesichts der Konkurrenz nicht hoch wahrscheinlich ist. Der Oberösterreicher, der anschließend bestätigte, exakt Bescheid gewusst zu haben, startete auf der Außenbahn und ließ sich auf die letzte Position fallen, um keinerlei Energie in Positionskämpfe zu stecken. Doch als das Feld in der ersten Kurve zusammenstauchte, weil das Tempo bei 26°C Lufttemperatur um kurz nach 10 Uhr Ortszeit verlangsamte, pflügte Kamenschak einmal durch die Gruppe, übernahm Führung und Initiative und hielt das Tempo hoch. Eine Zeit von unter 3:47 Minuten, im Idealfall sogar eine von 3:45 Minuten, womit er schon in die Regionen seiner Bestzeit denken musste, waren die Anhaltspunkte. Zudem musste die Einlaufposition passen.
Es war in schmaler Grat, aber die Alternative zu einem massiven Schlussspurt um nur drei Finalplätze. Denn durch seine Entscheidung musste Kamenschak einerseits dafür sorgen, dass das Tempo hoch blieb, um die Anzahl der Finalplätze via des dritten Vorlaufs zu erhöhen. Andererseits durfte er durch die Führungsarbeit nicht so viel Kraft verpulvern, dass nur andere davon profitierten, weil er selbst im Schlussspurt nichts zusetzen konnte. Der 18-Jährige fand den Mittelweg als hätte er ausgereifte Routine darin. 1:01,68 Minuten und 2:02,97 Minuten waren die kontrollierten Durchgangszeiten nach einer und zwei Runden, für die Zielzeit war noch Luft nach oben. Wenig überraschend wurde Kamenschak ausgangs der vorletzten Runde die Führung los, der Äthiopier Ermias Girma, nominell der Beste in seinem Vorlauf, übernahm das Ruder. Tatsächlich wurde der Österreicher auf der Innenbahn etwas eingekesselt und musste ein paar unrhythmische Schritte einlegen, um in stabiler Balance zu bleiben. Dafür hielt er eine gute Position auf der Innenbahn und konnte bei der Tempoverschärfung auf der Gegengerade mitbeschleunigen.
Nun wurde dieser Vorlauf zu einem Thriller. Denn die Zeit war nicht schnell genug, um die Vorlage des im vergleichbar schnellen, ersten Vorlauf viertplatzierten Schwedens Jonathan Grahn zu unterbieten. Ausgangs der Kurve lag der Linzer auf Position sieben, hatte aber noch Kontakt zur etwas in die Länge gezogenen Spitzengruppe. Vorne spurteten die Schnellsten zu den Fixtickets: Girma, der US-amerikanerische Juniorenmeister Nathan Green und der starke Brite Ethan Hussey. Der Österreicher hatte noch Benzin im Tank für den Schlussspurt. Auf der Innenbahn ging der Norweger Esten Hauen ein und Kamenschak schnappte sich auf den letzten Metern auch noch Fikadu Girma aus dem Bahrain. Und das war eminent wichtig, denn damit wurde der Österreicher Fünfter und schnappte sich den dritten von drei Finalplätzen über die Zeitregel. „Mir ist es richtig gut gegangen heute. Dass ich im Finale stehe, ist genial“, strahlte der 18-Jährige. Eine Zeit von 3:46,60 Minuten, im Dunstkreis seiner persönlichen Bestleistung von 3:43,03 Minuten, war der statistische Eintrag für diesen tollen Erfolg. Dass Kamenschak den Neuseeländer Zane Powell um den Hauch von 0,04 Sekunden nicht mehr schnappen konnte, fiel somit nicht ins Gewicht.
Am Mittwochnachmittag Ortszeit, um 00:55 Uhr mitteleuropäischer Zeit in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, steht das Finale über 1.500m der Burschen auf dem Programm – mit der erfreulichen, möglicherweise unerwarteten, aber nicht ganz sensationellen rot-weiß-roten Beteiligung. Es ist sein zweites großes Finale auf der Bahn bei internationalen Junioren-Meisterschaften nach jenem bei der U20-EM im vergangenen Sommer in Tallinn. „Im Finale ist alles möglich. Ich werde einfach attackieren und sehen, was möglich sein wird“, frohlockte Kamenschak, der einer von fünf Europäern im Finale mit den ostafrikanischen Medaillenkandidaten und dem starken US-Amerikaner Green ist.
Natürlich sind Träume von Edelmetall aus dem Blickwinkel der Realität absurd, nicht nur aufgrund des Fakts, dass Kamenschak sich als Zwölftbester von Zwölf für das Finale qualifiziert hat. Die globale Spitze im Juniorenbereich agiert auf einem hohen Leistungslevel. Favorit ist der Kenianer Reynold Cheruiyot, der sich im zweiten Vorlauf nicht um die Konkurrenz scherte und einfach davonstiefelte. Eine Durchgangszeit von 1:56 Minuten nach 800 Metern schindete Eindruck, worauf der Kenianer weit in Führung liegend etwas reduzierte, in einer Zeit von 3:40,96 Minuten dennoch die mit Abstand schnellste aller Vorlaufzeiten markierte. Aber – und das ist ein wesentlicher Unterschied zu den heutigen Vorläufen, in denen Kamenschak bei gutem Rennverlauf schon mit einer Finalqualifikation spekuliert hat: Im Finale hat der Österreicher nichts zu verlieren, er geht mit der zehntschnellsten Vorleistung aller Teilnehmer ins Rennen (der Pole Filip Rak, im ersten Vorlauf überraschend Dritter, und der Neuseeländer Powell haben eine etwas langsamere) und er wird kaum angestachelt sein, irgendwelche Verantwortungen für das Renngeschehen übernehmen zu müssen.
Erstaunlich schnelle Zeiten gab es in den Vorläufen über 3.000m mit Hindernissen bei den Mädchen: Die Kenianerin Faith Cherotich gewann den zweiten Vorlauf in einer Zeit von 9:38,18 Minuten mit vier Sekunden Vorsprung auf die Äthiopierin Meseret Yeshaneh. Deren Landsfrau und Gold-Favoritin Sembo Almayev gewann den ersten Vorlauf klar in 9:52,65 Minuten. Die Deutsche Carolin Hinrichs schaffte den Sprung ins 15-köpfige Finalfeld.
Im 800m-Lauf der Mädchen schafften die Schweizerinnen Audrey Werro und Valentina Rosamilia die eher milde erste Hürde und qualifizierten sich für die Halbfinalläufe, die die Deutsche Cosima Ermert verpasste. Die erklärte Gold-Favoritin Juliette Whittacker aus den USA erzielte in 2:04,92 Minuten die schnellste aller Vorlaufzeiten.