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Immer wieder machen Geschichten über Wunderkinder im Laufsport die Runde, die Teilnahme von Kindern unter elf Jahren an Rennen über 5 Kilometern steigt rapide an. Die Frage, wie viel und wie weit Kinder im Grundschulalter laufen sollen, ist eine polarisierende…
Immer wieder machen Geschichten über Wunderkinder im Laufsport die Runde, die Teilnahme von Kindern unter elf Jahren an Rennen über 5 Kilometern steigt rapide an. Die Frage, wie viel und wie weit Kinder im Grundschulalter laufen sollen, ist eine polarisierende und erfordert die richtige Einschätzung nicht nur von Trainern und Sportlehrern, sondern auch von den Eltern.
Fertigkeiten für Ausdauersport sind gegeben
Rein rechtlich ist es Kindern im Grundschulalter erlaubt, an Läufen über eine Distanz von fünf Kilometern oder mehr teilzunehmen. Eine internationale Richtlinie wie im Marathon, wo der Leichtathletik-Weltverband Volljährigkeit als Teilnahmebedingung empfiehlt, gibt es über kürzere Distanzen nur bedingt. Auch die körperlichen Voraussetzungen bereiten jungen Menschen gute Fähigkeiten, Ausdauerläufe konkurrenzfähig zu absolvieren. „Kinder bringen aufgrund ihres geringen Körpergewichts auf natürliche Weise großes Ausdauerpotenzial mit. Das große Problem ist, dass ihre aerobe Kapazität durch schlechte Lauftechnik und Kraftlosigkeit begrenzt ist. Kinder müssen erst das Ende ihres Wachstums erreicht haben, bevor sie harte und lange Laufeinheiten absolvieren sollen. Ansonsten kann das zu ernsten Schwierigkeiten führen“, erklärt der britische Trainer Trevor Painter auf der Website der anerkannten britischen Fachzeitschrift für Leichtathletik, Athletics Weekly. „Ein guter Langstreckenläufer zu werden ist ohnehin ein lang andauernder Prozess.“
Kinder bevorzugen naturgemäß die richtigen Aktivitäten
Vor allem aufgrund dessen begegnet die Sportwissenschaft Ausdauer-laufbegeisterten Kindern reserviert. „Die meisten Studien zeigen, dass die optimale Art von körperlicher Aktivität im Grundschulalter mit hoher Intensität und nur sporadischem, gezielten Training verbunden ist – also genau das, was Kinder automatisch machen, wenn sie sich auf dem Spielplatz austoben“, erörtert Mark De Ste Croix, Professor für Kindersport und Bewegung an der Universität im britischen Gloucestershire. „In diesem Alter müssen Kinder grundlegende motorische Fähigkeiten und Fitness entwickeln. Laufen ist dabei durchaus hilfreich, allerdings kann eine Übertreibung von Ausdauerlauf in diesem Stadium schädlich sein“, erläutert der Wissenschaftler.
Die Sportwissenschaft ist überwiegend der Meinung, Ausdauersport kann schädlich für die körperliche Entwicklung von Kindern sein, da der Körper sich noch mitten im Wachstumsprozess befindet. Dementsprechend soll ausdauerspezifisches Training erst in späteren Jahren anderen Trainingsmethoden hinzugefügt werden. Trotzdem ist diese Thematik polarisierend, immer wieder kommen Gegenstimmen auf. Dr. William Roberts, Professor für Familienmedizin und Gesundheitswesen an der University of Minnesota, ist einer jener Experten, die keine Einwände gegen Ausdauersport für Kleinkinder hegen.
Weniger medizinische Betreuung
Er analysierte die Daten der 310 minderjährigen Teilnehmer des Twin City Marathon in Minneapolis und Saint Paul zwischen 1982 und 2007 (bei dieser Veranstaltung gibt es keine Altersbeschränkung, Anm.), wobei der jüngste Teilnehmer gerade einmal sieben Jahre alt war. Die im Fachmagazin „Clinical Journal of Sports Medicine“ veröffentlichten Ergebnisse waren durchaus überraschend. Nur vier beanspruchten medizinischen Service, benötigten aber keine weiterführende Behandlung. Insgesamt brauchten die Minderjährigen im Vergleichszeitraum um 50% weniger medizinische Unterstützung als die Erwachsenen. „Was wir in dieser Studie herausgefunden haben, ist, dass mit der richtigen Vorbereitung und Planung, der Marathon für bestimmte, motivierte Kinder absolut bedenkenlos ist“, erklärt Roberts.
Keine Daten zu Langzeitentwicklung
Einen essentiellen Aspekt grenzte die Studie jedoch aus: Sie untersuchte keine langfristigen Auswirkungen auf die Entwicklung des Knochenbaus. Dr. Roberts glaubt, dass sich bei einer Nachanalyse die Probleme mit Knien oder Gelenken in Grenzen halten. Mit dieser Meinung stellt er sich aber gegen den generellen wissenschaftliche Tenor. Dr. De Ste Croix warnt: „Wir sollten nie einen erwachsenen Ansatz auf ein Kind übertragen.“ Jede Tätigkeit, die eine übermäßige Belastung auf die Entwicklung von Gelenken ausübt, könne zu einem anatomischen Ungleichgewicht, einer Fehlanpassung der Wachstumsraten und so genannten „Wachstumskrankheiten“ führen, die dann einen monatelangen Sport-Stopp erfordern. Die größten Risiken als Folge großer Ausdauertrainingsumfänge im Kindesalter sind Schäden an den Kniegelenken und weiteren Gelenken im unteren Körperbereich inklusive der Muskeln und Sehnen in Gelenksnähe.
Sozialer Aspekt wichtig
Die Argumentation, warum Kinder nicht zu viel Ausdauertraining absolvieren sollen, geht weit über die einleuchtenden medizinischen Gründe hinaus. Die Eintönigkeit des Trainings ist das genaue Gegenteil zu spielerischen Aktivitäten, die Kinder naturgemäß anstreben, wobei die Gemeinschaft mit anderen Kindern eine wichtige Rolle spielt. Dieser soziale Aspekt ist ein entscheidender auch in Wettkämpfen. In welchem Rennen fühlt sich ein Kind wohler: in einem reinen Kinderlauf oder in einem, wo der Großteil der Teilnehmer erwachsen ist? Sicherlich ersteres. Im sportlichen Wettbewerb gegen Gleichgesinnte und gegen Kinder, welche sich in der physischen Entwicklung auf einem ähnlichen Niveau befinden, prägen die Freude an der Aktivität und den gesunden Ehrgeiz viel besser aus als Rennen mit bzw. gegen Erwachsene. Außerdem können sich Kinder in reinen Kinderläufen viel besser entfalten – das betrifft nicht nur das Rennen an sich, sondern das gesamte Umfeld der Veranstaltung. Sport und Bewegung sind ein wichtiger Bestandteil im Leben junger Menschen und besonders in der heutigen Zeit sind die sozialen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Kinder in ihrer aktiven Freizeit erlernen, wichtig für ihre Entwicklung.