Denn Benson Kiprutos älterer Bruder Dickson Chumba war vor einigen Jahren eine Größe in der internationalen Marathonszene. Der Streckenrkordhalter des Eindhoven Marathons gewann 2015 hier in Chicago einen World Marathon Major. Kipruto hat nach seinem Sieg in „Windy City“ am vergangenen Sonntag bereits zwei, nach seinem Überraschungssieg in Boston 2021.
Erfolgsserie für die Trainingsgruppe von Claudio Berardelli
Zwischen den beiden Kipruto-Siegen in London und Chicago gab es tatsächlich mehr Parallelen als die Namensgleichheit und die Trainingspartnerschaft unter der Regie von Claudio Berardelli, dessen Erfolgsserie in New York übrigens von Boston-Sieger Evans Chebet verlängert werden könnte. Benson Kipruto war in Chicago der stärkste aus einer kleinen Spitzengruppe, die sich in einem klassischen Ausscheidungsrennen gebildet hatte. Die Entscheidung um den Sieg fiel auch zu einem vergleichbaren Zeitpunkt. Es war der 39. Kilometer in Chicago, als erst John Korir und wenige Augenblicke später Vorjahressieger Seifu Tura den Kontakt zu Kipruto verloren. Und auch die Endzeit war eine ähnliche Kategorie: Amos hatte in London in 2:04:39 Stunden gewonnen, Benson erzielte in Chicago eine Siegerzeit von 2:04:24 Stunden. Was übrigens die drittschnellste Siegerzeit der Veranstaltungsgeschichte hinter Streckenrekordhalter Dennis Kimetto (2013) und Eliud Kipchoge (2014) darstellte.
Benson Kiprutos Halbmarathon-Splits: 1:02:25 / 1:01:59 Stunden
Benson Kiprutos 5km-Teilzeiten: 14:42 / 14:53 / 14:49 / 14:47 / 14:36 / 14:45 / 14:32 / 14:43 / 6:37 (2,195 km) Minuten
Mit klarem Negativsplit zur Topzeit
Das beachtlich starke und breit aufgestellte Elitefeld der Männer erreichte an einem sonnigen Sonntagmorgen in Chicago mit mittelstarkem Wind und kühlen Temperaturen im hohen einstelligen Plusbereich eine zehnköpfige Spitzengruppe die Halbmarathon-Zwischenzeit in 1:02:25 Stunden. Alle Favoriten waren dabei. Als der letzte Tempomacher kurz vor der Zwischenzeit bei Kilometer 30 seine Arbeit beendete, waren noch acht Läufer an der Spitze. Eric Kiptanui, im Vorjahr Sieger des Marathons auf dem Flugfeld nahe Siena, war zurückgefallen und sollte am Ende Neunter werden.
Vorne verkleinerte sich die Spitzengruppe auf den nächsten Kilometern auf vier Läufer. Stephen Kissa, der überraschend starke Marathon-Debütant, als er in Hamburg beinahe gewonnen hätte, konnte nicht mehr Schritt halten und wurde schlussendlich bis auf Position 21 zurückgereiht. Angestachelt von den Zig-Tausenden Zuschauern am Streckenrand, die einen ordentlichen Lärm machten, erzwang Kipruto vor den letzten Kilometern die Entscheidung und fabrizierte auch dank dieser schnellsten Rennphase einen klaren negativen Split. Der 31-Jährige feierte mit seinem Sieg in persönlicher Bestleistung 2:04:24 Stunden seinen bisherigen Karriere-Höhepunkt. Doch Siege beim Prag Marathon und Boston Marathon 2021 sowie jener in Toronto 2018 waren bereits davor auf seiner Visitenkarte notiert. Seinen bisher schnellsten Marathon war er 2019 in Toronto in 2:05:13 Stunden gelaufen. Nun ist er in der ersten Reihe der Weltklasse angekommen und um 75.000 US-Dollar Preisgeld reicher.
Tura und Korir auf dem Stockerl
Vorjahressieger Seifu Tura erreichte das Ziel in einer Zeit von 2:04:49 Stunden und blieb zum dritten Mal in seiner noch recht jungen Karriere unter 2:05 Stunden. Es war der dritte Marathon des Äthiopiers im laufenden Kalenderjahr, auch in Paris war er im Frühjahr Zweiter, bei den Weltmeisterschaften kam er auf Position sechs ins Ziel. Damit bleibt Äthiopien mit der Ausnahme des WM-Titels von Tamirat Tola im laufenden Jahr weiter ohne Sieg bei World Marathon Majors.
Platz drei ging an den zweifachen Los-Angeles-Marathon-Sieger John Korir, der zum ersten Mal einen Weltklasse-Marathon absolvierte und seine persönliche Bestleistung gleich um vier Minuten auf eine Zeit von 2:05:01 Stunden steigerte. Er ist der jüngere Bruder von Wesley Korir, der 2012 überraschend den Boston Marathon gewann und in Chicago auch schon einmal auf dem Stockerl stand. Als Vierter der Spitzengruppe bei Kilometer 35 erreichte Bernard Koech, im Vorjahr Zweiter beim Amsterdam Marathon, das Ziel in 2:07:15 Stunden.
Conner Mantz mit tollem Debüt
Der US-Amerikaner Conner Mantz konnte seine eigenen, hohen Erwartungen beim Marathon-Debüt erfüllen und schaffte das zweitschnellste Marathon-Debüt eines US-Amerikaners überhaupt in einer Zeit von 2:08:16 Stunden. Der 25-Jährige profitierte auch von einer sehr gut funktionierenden, zweiten Gruppe, die den Halbmarathon in einer Zeit von 1:03:45 Stunden erreichte. Die zu diesem Zeitpunkt zehnköpfige Gruppe blieb noch viele Kilometer kompakt, später hatte der Lokalmatador mit dem Japaner Kyohei Hosoya, dem Marokkaner Hamza Sahli und dem Chinesen Dong Guo Jian, der Bestleistung und chinesischen Marathon-Rekord knapp verpassen sollte, leistungsstarke Mitstreiter. Hosoya finishte als bester Nicht-Afrikaner in 2:08:05 Stunden auf Platz sechs, Mantz folgte elf Sekunden später – Platz sieben der ewigen US-Bestenliste.
Conner Mantz’ Halbmarathon-Splits: 1:03:45 / 1:04:31 Stunden
Conner Mantz’ 5km-Teilzeiten: 14:59 / 15:22 / 14:52 / 15:09 / 15:09 / 15:18 / 15:21 / 15:18 / 6:48 (2,195 km) Minuten
Fast 2.000 sub-3-Marathons
Zwar gab es im Spitzenfeld des Chicago Marathon nicht übermäßig viele persönliche Bestleistungen, wie schnell der Marathon-Kurs in der drittgrößten Stadt der USA allerdings ist, zeigen diverse Parameter. Jahre, nachdem die USA kaum Marathonläufer unter 2:10 Stunden hatten, blieben neben Mantz gleich drei weitere Amerikaner unter dieser Marke und bekamen keine schlechten Prämien dafür. Am Ende waren es im gesamten Feld 14 Läufer unter 2:10 Stunden, 39 unter 2:20, 125 unter 2:30. Und weiter: 536 Läufer unter 2:45 Stunden und – sage und schreibe – 1.894 unter drei Stunden, darunter die Österreicher Oliver Kratochvil, Manfred Wundara, Johannes Moser, Josef Pichler, Sebastian Fritzel, und Markus Graf.
20.898 männliche Marathon-Begeisterte erreichten das Ziel am Columbus Drive unweit des Ufers des Lake Michigan.
Ergebnis Bank of America Chicago Marathon 2022 der Männer
- Benson Kipruto (KEN) 2:04:24 Stunden *
- Seifu Tura (ETH) 2:04:49 Stunden
- John Korir (KEN) 2:05:01 Stunden *
- Bernard Koech (KEN) 2:07:15 Stunden
- Shifera Tamru (ETH) 2:07:53 Stunden
- Kyohei Hosoya (JPN) 2:08:05 Stunden
- Conner Mantz (USA) 2:08:16 Stunden **
- Hamza Sahli (MAR) 2:08:22 Stunden
- Eric Kiptanui (KEN) 2:08:26 Stunden
- Dong Guojian (CHN) 2:08:53 Stunden
- Zachery Panning (USA) 2:09:28 Stunden *
- Matt McDonald (USA) 2:09:49 Stunden *
- Nicholas Montanez (USA) 2:09:55 Stunden *
- Riki Nakanishi (JPN) 2:09:59 Stunden
- Abayneh Degu (ETH) 2:10:55 Stunden
- Patrick Tiernan (AUS) 2:11:02 Stunden **
- Amanuel Mesel (ERI) 2:11:38 Stunden
- Clayton Young (USA) 2:11:51 Stunden *
- Turner Wiley (USA) 2:11:59 Stunden *
- Hiroto Fukimagari (JPN) 2:13:04 Stunden
- Stephen Kissa (UGA) 2:13:16 Stunden
* neu persönliche Bestleistung
** Marathon-Debüt
Bank of America Chicago Marathon
Abbott World Marathon Majors