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Vor neun Tagen feierte der Weltrekordlauf von Daniel Komen seinen 25. Geburtstag. Am 6. Februar 1998 stürmte der damals 22-jährige Kenianer in Budapest zu einer Zeit von 7:24,90 Minuten, womit er den erst wenige Tage alten, damaligen Weltrekord von Haile Gebreslassie um eine Sekunde und 25 Sekunden verbesserte. Komen selbst war nur fünf Tage vor Budapest in Stuttgart knapp an Gebreslassies Marke gescheitert, die äthiopische Lauflegende kam Komens Rekord im darauffolgenden Winter noch einmal nahe. Dann folgte eine lange Zeit, in der Komens Weltrekord eine Art Etikett „für die Ewigkeit“ bekam.
Komen feierte 1997 seinen größten Erfolg, als er Weltmeister im 5.000m-Lauf wurde. Bis heute ist er einer von sechs Athleten, die die 1.500m unter 3:30, die 3.000m unter 7:30 und die 5.000m unter 13 Minuten gelaufen ist. Sein Weltrekord im 3.000m-Lauf unter freiem Himmel aus dem Jahr 1996 ist nach wie vor unangetastet: 7:20,67 Minuten. Sie gilt in Fachkreisen als die am schwierigsten zu unterbietende Weltrekordleistung im Laufsport der Männer. Seine Karriere endete wegen Verschleißerscheinungen seines intensiven Programms in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre früh.
Nun sind wir in einer neuen Zeitrechnung des Laufsports angekommen, etliche Weltrekorde fielen in den letzten Jahren. Der 3.000m-Lauf blieb bislang verschont. 2021 beim Meeting Hauts-de-France Pas-de-Calais in Liévin wäre der Hallen-Weltrekord beinahe gefallen. Der Äthiopier Getnet Wale schrammte um 0,08 Sekunden daran vorbei und rückte eine Verbesserung dieses Weltrekords wieder in den Bereich des realistischen Denkens. Zwei Jahre später, dieses Mal nicht unter Pandemie-Bedingungen, sondern vor voll besetzten Tribünen, entwickelte sich ein bestens organisiertes, schnelles Rennen. Drei Tempomacher, Mounir Akbache, Filip Sasinek und der Schweizer Tom Elmer, brachten eine Fünfergruppe auf Kurs. Die Zwischenzeiten nach 1.000 und 2.000m lauteten 2:28,49 und 4:58,38 Minuten. Stets lief Lamecha Girma an vorderster Front, Mohamed Katir dahinter. Als Elmer nach rund 1.750 Metern ausstieg, begab sich der äthiopische Vize-Weltmeister im 3.000m-Hindernislauf in die Rolle der Lokomotive und hielt die Schlagzahl hoch. Grant Fisher, Birhanu Balew und Jacob Krop fielen in dieser Reihenfolge zurück, bereits 900 Meter vor dem Ziel war der Abstand zwischen dem Spitzenduo und den ersten Verfolgern beachtenswert.
Es lief! Die Rundenzeiten Girmas hielten Kontakt zu den unterstützenden Green Lights an der Innenkante, die die Weltrekordpace vorgaben. Als die Glocke die letzte Runde anteaserte, hatten beide noch verfügbare Kräfte, sodass es eine frenetische Schlussrunde gab, die den letzten zum klar schnellsten Kilometer des Rennens machten. Katir konnte mit angestrengtem Gesicht nicht zum Überholmanöver ansetzen, weil Girma das Tempo hochhielt. Die Zuschauer im der Arena Stade Couvert erhoben sich von ihren Plätzen. Und dann war es amtlich: 7:23,81 Minuten, eine Sekunde und neun Hundertstel schneller als Komen 1998. Eine unfassbare Leistung für ein Hallenrennen, noch dazu von einem Läufer, der eigentlich den 3.000m-Hindernislauf als seine Spezialdisziplin ansieht, aber auch schon im vergangenen Jahr in der Halle stark lief. „Ich bin sehr glücklich mit diesem Resultat. Mein Bruder, der auch mein Coach ist, hat mich in den letzten Tagen ermutigt, den Weltrekord anzugreifen. Ich habe mich gut gefühlt und die Zuschauer waren sehr puschend“, sagte der 22-Jährige, der auch im Vorjahr in Liévin gewonnen hatte. Der spanische Zweitplatzierte erreichte eine Zeit von 7:24,68 Minuten und bleib auch noch unter Komens alter Bestmarke, vier der fünf schnellsten 3.000m-Hallenzeiten wurden nun in Liévin erzielt. Nur zwei Läufer, neben Komen noch Hicham El Guerrouj, sind Outdoor jemals schneller gelaufen als das frenetische Duo in Liévin.
Kurz vor seinem 25. Geburtstag pulverisierte Mohamed Katir den Hallen-Europarekord im 3.000m-Lauf seines Landsmanns Adel Mechaal um über sechs Sekunden. Der WM-Dritte im 1.500m-Lauf und EM-Zweite im 5.000m-Lauf blieb auch knapp zwei Sekunden unter dem Freiluft-Europarekord von Mohammed Mourhit und knapp drei Sekunden unter seinem eigenen spanischen Freiluftrekord. Dagegen konnte Grant Fisher, der hinter Krop und Balew Fünfter wurde, nicht in die Nähe des neuen US-Hallenrekords von Yared Nuguse kommen.
Einen Hallen-Weltrekord wäre auch gerne Gudaf Tsegay gelaufen und die 26-jährige Äthiopierin ließ sich ihren 1.500m-Lauf mit unheimlicher Brutalität anlaufen. Tempomacherin Aneta Lemiesz, eine der Besten ihres Fachs, sorgte mit einem irren Tempo dafür, dass während des ersten Renndrittels die hochgerechnete Siegeszeit unter 3:50 Minuten lag. Diese Schlagzahl konnte Tsegay, die auf die Dienste der zweiten Tempomacherin, die sie einfach hinter sich ließ, verzichtete, nicht halten und fiel deutlich hinter ihrem eigenen, vor zwei Jahren in Liévin erzielten Weltrekordzeit von 3:53,09 Minuten zurück. Die Zeit von 3:57,38 Minuten ist zwar nur die viertbeste ihrer Karriere unter dem Hallendach, dennoch die sechstbeste aller Zeiten. Auch, weil die Äthiopierin in der Schlussrunde noch etwas zum Zulegen hatte. Der Rest des Feldes gestaltete sein eigenes Rennen, Hirut Meshesha und Freweyni Hailu komplettierten mit persönlichen Bestleistungen ein rein äthiopisches Siegerpodest. Hanna Klein wurde in einer Zeit von 4:06,23 Minuten Fünfte und schob sich auf Platz zwei der ewigen deutschen Bestenliste hinter Konstanze Klosterhalfen. Diese Leistung entsprach aber nicht ganz dem außergewöhnlichen Niveau ihres Abschneidens beim 3.000m-Lauf in Val-de-Reuil knapp zwei Wochen zuvor.
Wenig verwunderlich nicht in Weltrekordform war aufgrund einiger gesundheitlicher Probleme im Winter Jakob Ingebrigtsen. Dennoch dominierte der Norweger auf jener Bahn, auf der er im letzten Jahr den Wetrekord gelaufen ist, den Wettkampf nach Belieben und versuchte, das Weltrekordtempo mithilfe der Tempomacher aus dem letzten Jahr, Julien Ranc und Eric Sowinski, so lange wie möglich zu halten. Daher lag er bereits zu Rennmitte meilenweit vor der Konkurrenz. Die Siegerzeit von 3:32,38 Minuten ist die elftschnellste in der Geschichte von Hallenrennen, im Interview mit dem Hallensprecher zeigte sich der 22-Jährige zufrieden. Es sei eine Standortbestimmung gewesen. Bereits im Vorfeld hatte er in sozialen Medien geschrieben, sich langsam wieder gut zu fühlen.
Einen guten Job erledigte Lokalmatador Azzedine Habz, der in einer Zeit von 3:35,27 Minuten als Zweiter ins Ziel kam. Damit verpasste er den 14 Jahre alten französischen Hallenrekord von Mehdi Baala, die ihm via blauer Wavelights angezeigt wurde, um gut eine halbe Sekunde. Dritter wurde Adel Mechaal. Habz führt die Indoor-Tour-Gesamtwertung punktegleich vor George Mills an, Ingebrigtsen ist Dritter und könnte den Gesamtsieg noch anvisieren, falls er am Mittwoch in Madrid über 1.500m antritt. Es geht immerhin um eine Zusatzprämie von 10.000 US-Dollar (rund 9.350 Euro).
Als Keely Hodgkinson als Siegerin des 800m-Laufs in einer Zeit von 1:57,71 Minuten überquerte, war ein kleiner Augenblick der Enttäuschung in der Stimme der im Livestream von World Athletics kommentierenden Trainerin Jennifer Meadows nicht zu überhören. Meadows relativierte schnell, es sei eine neue Weltjahresbestleistung und die zweitschnellste 800m-Hallenzeit einer Britin hinter Hodgkinsons eigenem Landesrekord aus dem Vorjahr. Aber bereits im Vorfeld hatte die 20-jährige Athletin die Hoffnungen auf mehr geäußert. Dabei lief sie dieses Mal im Vergleich zu Torun vor einer Woche offensiver an, die vor ihr laufende Tempomacherin Naomi Korir erreichte die Zwischenzeiten von 26,88 (200m) und 56,39 Sekunden (400m). Auch die Kenianerin Mary Moraa wehrte sich intensiver als in Torun, eingangs der letzten Runde wurde die kleine Lücke zwischen den beiden schnell größer. Doch der Eindruck täuschte: Hodgkinsons Schlussrunde in knapp unter 31 Sekunden reichte nicht für eine persönliche Bestleistung. Immerhin führt die Engländerin in der Gesamtwertung, die sich spätestens bei ihrem Heimspiel in Birmingham am 25. Februar sichern möchte.
Mary Moraa beendete ihr zweites Hallenrennen überhaupt in 2:00,61 Minuten auf Platz zwei und lag damit vor Noélie Yarigo und Halimah Nakaayi, die zuletzt zu Topzeiten gelaufen waren. Auch die Schweizerin Lore Hoffmann erwischte in 2:02,12 Minuten auf Position sieben nicht ihren besten Wettkampf.
Wenig Grund zur Freude hatte auch der Schwede Andreas Kramer im 800m-Lauf der Männer. Er ging offensiv an und hielt die Position hinter dem Tempomacher, brach aber im finalen Umlauf ein und musste sich in einer Zeit von1:47,97 Minuten fast wehrlos mit Platz vier zufrieden geben. Benjamin Robert übernahm 130 Meter vor dem Ziel die Führung und lief in einer Zeit von 1:46,78 Minuten zur Freude des Publikums zu einem recht klaren Heimsieg vor Eloitt Crestan aus Belgien und Amel Tuka aus Bosnien Herzegowina. Interessanterweise war die Siegerzeit des Holländers Tony van Diepen im B-Lauf mit 1:46,36 Minuten schneller, auch der zweitplatzierte Moad Zahafi war noch schneller als Robert wenige Minuten später.
Nicht im vollgepackten TV-Fenster untergebracht wurde der 3.000m-Lauf der Frauen, immerhin eine Disziplin, wo es eine Gesamtwertung gibt. Und die wurde bereits entschieden, da die Äthiopierin Lemlem Hailu mit nur einem noch ausstehenden Bewerb mit 22 Punkten uneinholbar in Führung liegt. Eine kleine Ausnahme gibt es: Mit einem Sieg und gleichzeitiger Verbesserung des Weltrekords könnten Alicia Monson, Diribe Welteji, Werkuha Getachew, Laura Muir und Freweyni Hailu in Birmingham noch an Lemlem Hailu vorbeiziehen. Unter Einbeziehung aller realistischen Szenarien ist aber eine Verbesserung des Hallen-Weltrekords von Genzebe Dibaba für dieses Quintett außer Reichweite.
Den Wettkampf in Lievin gewann Diribe Welteji in einer Zeit von 8:34,84 Minuten, dieses Mal im Vergleich zu Val-de-Reuil ohne frühzeitigem Jubel, aber auch ohne Weltjahresbestleistung. Lemlem Hailu, die in Karlsruhe gewonnen hatte und in Torun Dritte war, wurde Zweite vor Mizam Alem. Als beste Nicht-Äthiopierin belegte Nadia Battocletti Rang sechs, mit Werkuha Getachew und Ejgayehu Taye fehlten zwei Siegkandidatinnen bereits an der Startlinie.
3.000m-Lauf der Männer
3.000m-Lauf der Frauen
1.500m-Lauf der Männer
1.500m-Lauf der Frauen
800m-Lauf der Männer
B-Lauf
800m-Lauf der Frauen
* neuer Hallen-Weltrekord
** neuer Hallen-Europarekord
*** neue persönliche Hallen-Bestleistung
**** neue Weltjahresbestleistung