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Am späten Donnerstagabend verkündeten der Europäische Leichtathletik-Verband (European Athletics), das lokale Organisationskomitee in Paris und der Französische Leichtathletik-Verband (FFA) gemeinsam die Absage der Leichtathletik-Europameisterschaften 2020, die für den Zeitraum von 25. bis 30. August im Stade Charléty der französischen Hauptstadt…
Am späten Donnerstagabend verkündeten der Europäische Leichtathletik-Verband (European Athletics), das lokale Organisationskomitee in Paris und der Französische Leichtathletik-Verband (FFA) gemeinsam die Absage der Leichtathletik-Europameisterschaften 2020, die für den Zeitraum von 25. bis 30. August im Stade Charléty der französischen Hauptstadt geplant waren. Die Entscheidung wurde getroffen, nachdem der Veranstalter in enger Konsultation mit den französischen Behörden die Situation bewertet hat. „Diese Entscheidung wurde durch das Ausmaß der Gesundheitskrise, die die gesamte Welt erschüttert hat, und durch alle kontextuellen Unsicherheiten diktiert. Es war unsere soziale und moralische Verantwortung, diese Europameisterschaften abzusagen. Unser Hauptanliegen ist die Gesundheit aller, aber wir haben auch die sportlichen Aspekte und wirtschaftlichen Interessen in unseren Überlegungen berücksichtigt“, erklärt André Giraud, Präsident des FFA, in einem offiziellen Statement.
„Schmerzhaft, aber vernünftig“
Mit dieser Absage, die Giraud als „schmerzhaft für alle Leichtathleten und Sportbegeisterten“, aber gleichzeitig als „vernünftigste Entscheidung“ bezeichnete, wurden die wochenlang aufgrund der kontinentalen Ausnahmesituation aufgrund der Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie reifenden Befürchtungen der europäischen Leichtathletinnen und Leichtathleten wahr: Auch der letzte Saisonhöhepunkt im Wettkampfjahr 2020 lässt sich nicht realisieren. Eine Verschiebung der Leichtathletik-EM 2020 kam wohl aus terminlichen Gründen deshalb nicht in Frage, weil der Sommer 2021 durch die verlegten Olympischen Spiele besetzt ist und die nächsten Europameisterschaften bereits im mit Highlights überfüllten Leichtathletik-Sommer 2022 stattfinden – dann als Teil der in München ausgetragen Multisport-EM. Auf der Website des FFA heißt es nur, dass eine Verschiebung um ein Jahr gar nicht angedacht war. Möglicherweise spielen wirtschaftliche Unsicherheiten der vom wirtschaftlichen Shutdown und von den Auswirkungen der Pandemie schwer getroffenen „Grande Nation“ eine Rolle. Ein weiterer plausibler Grund: die volle Konzentration auf die Vorbereitung der Olympischen Spiele 2024 von Paris.
„Diverse Optionen“ analysiert
In der „Stadt der Liebe“ reagierte man naturgemäß geknickt auf die Absage. „Wir haben wirklich alles versucht“, betont OK-Präsident Jean Gracia, ehemaliger Generalsekretär des französischen Verbandes und langjähriger Vize-Präsident von European Athletics. „Wir haben alle gehofft, dass sich die Situation schnell verbessern könnte, aber leider ist das nicht der Fall. Wir haben diverse Optionen auf den Tisch gelegt.“ Der Französische Leichtathletik-Verband listete auf der eigenen Website die Hauptgründe auf, die in der Situationsanalyse zum Entschluss der Absage führten. Erstens wollte man nicht die Gesundheit aller Beteiligten einem Risiko aussetzen. Zweitens ließen sich Fragen ob der internationalen Reiseeinschränkungen selbst im Schengen-Raum aktuell nicht beantworten. Drittens wollte man den europäischen Leichtathleten klare Signale aussenden, nun mehr keine gesundheitlichen Risiken in der Vorbereitung auf die EM eingehen und keine Chancenungleichheit gegenüber Konkurrenten aus anderen Ländern befürchten zu müssen.
Auch bei European Athletics bedauert man das Unvermeidliche. „Es ist natürlich sehr schade, dass wir die Absage der EM 2020 kommunizieren müssen. Wir haben bis zuletzt gehofft, dass wir mit diesem Event im Spätsommer der Sportwelt ein Highlight bieten können, trotz dieser schwierigen Zeit. Die Gesundheit und Sicherheit aller Athleten, der Stakeholder inklusive der Offiziellen und Partner, Fans und all jener, die mit der EM 2020 verbunden wären, hat einen hohen Wert. Wir suchen immer nach dem besten Weg für die Mitglieder der europäischen Leichtathletik und das Publikum“, erklärt Dobromir Karamarinov, der als interimistischer EA-Präsident den sich von einem Schlaganfall erholenden Svein Arne Hansen vertritt.
Saisonziel für viele österreichischen Leichtathleten gestrichen
Für die österreichische Leichtathletik haben Europameisterschaften einen hohen Stellenwert, da der Österreichische Leichtathletik-Verband für die kontinentalen Titelkämpfe etliche Athleten nominieren kann, während üblicherweise lediglich eine nationale Elite für die sportliche Qualifikation für global umspannende Leichtathletik-Meisterschaften in Frage kommt. Daher ist nun für viele Leichtathletinnen und Leichtathleten der heimischen Spitze klar, dass in der Wettkampfsaison 2020 kein internationales Highlight stattfindet und die (internationale) Saison de facto komplett ausfällt. Die nächste Chance, sich für eine Leichtathletik-EM zu qualifizieren, gibt es 2022, dann praktisch direkt vor der Haustür in München. Eine Stellungnahme des ÖLV zur Absage der EM in Paris liegt zurzeit noch nicht vor.
Keine Veranstaltungen bis Mitte Juli in Frankreich
Frankreich zählt zu jenen Nationen weltweit, die von der COVID-19-Pandemie (bisher) am schwersten getroffen wurde. Nur in den USA, Italien und Spanien gibt es laut Daten der Johns Hopkins University (23.04.20) mehr Infektions- und Todesfälle als in Frankreich, wo in einigen Regionen die Kapazitäten des Gesundheitssystem keine Antworten auf die anfänglich unkontrollierte Ausbreitung des Virus mehr finden konnten. Daher hat die französische Regierung sich für verhältnismäßig weitreichende gesellschaftliche Einschränkungen entschieden und (Sport-)Veranstaltungen bis mindestens Mitte Juli untersagt. Während die Leichtathletik-EM daher die Planungen in der finalen Organisationsphase stoppte, hofft die Tour de France nach wie vor, nach einer Verschiebung um knapp zwei Monate an jenem Wochenende, an dem die Leichtathletik-EM geplant war, starten zu können.
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