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35.000 Läufer*innen und Läufer mit 135 unterschiedlichen Nationalitäten gehen am kommenden Sonntag in Valencia auf die Marathonstrecke. Also just dort, wo verheerende Unwetter vor wenigen Wochenende so große Zerstörung gebracht haben, dass die Ausrichtung bedroht war. Nun steht der Valencia Marathon 2024 unter einem besonderen Stern, nämlich im Zeichen der Solidarität. Doch auch der Spitzensport spielt eine große Rolle.
Manchmal schreibt der Sport Geschichten… Sisay Lemma wäre als ausdrücklicher Favorit auf die Olympische Goldmedaille nach Paris gefahren. Im wesentlichen deshalb, weil er den Valencia Marathon 2023 in einer beeindruckenden Zeit von 2:01:48 Stunden gewonnen und vier Monate später den Boston Marathon dominiert hat. Doch Lemma verletzte sich in der Vorbereitung, Tamirat Tola rückte für ihn ins äthiopische Aufgebot nach und stürmte auf eindrucksvolle Art und Weise zu Olympischem Gold.
Nach sieben Monaten Wettkampfpause kehrt der zweifache World Marathon Major Sieger zurück auf die Wettkampfbühne und versucht gegenüber dem Vorjahr noch eine kleine Steigerung zu schaffen. Angesichts der irren Prämie von einer Million Euro für einen neuen Weltrekord scheint es ausgeschlossen, dass die prominente Spitzengruppe rund um ihren Favoriten nicht hochambitioniert anläuft.
…zum Elitefeld der Männer:
1️⃣ Sisay Lemma ist nicht der Schnellste laut Vorleistung auf der Liste der Eliteläufer. Äthiopiens Rekordhalter Kenenisa Bekele läuft ebenfalls in der spanischen Hafenstadt. Doch der 42-Jährige ist natürlich nicht mehr in seinem biologisch idealen Spektrum für sportliche Höchstleistung.
2️⃣ Das Elitefeld kommt gänzlich ohne kenianische Marathon-Spezialisten aus. Angeführt wird es von fünf prominenten Äthiopiern, die für ein schnelles Rennen sorgten sollen. Dennoch wird es kenianische Spitzenleistungen geben. Denn gleich drei aussichtsreiche kenianische Athleten geben ihr Marathon-Debüt, darunter Halbmarathon-Weltmeister Sebastian Sawe. Dazu kommt Daniel Mateiko, der seinen ersten Marathon im Frühjahr in London abbrechen musste und Eliud Kipchoges persönlicher Tipp für den nächsten kenianischen Marathonstar ist.
3️⃣ 31 Läufer auf der Meldeliste weisen eine persönliche Bestleistung von unter 2:10 Stunden auf. Darunter befinden sich 18 europäische Läufer, darunter Europameister Richard Ringer, der Vize-Europameister Maru Teferi aus Israel und der ehemalige Europarekordhalter Sondre Nordstad Moen. Dazu kommen auch spannende europäische Marathon-Debütanten: der spanische Halbmarathon-Rekordhalter Carlos Mayo und der Italiener Pietro Riva, beide mit Halbmarathon-Bestleistungen unter einer Stunde ausgerüstet.
„Eine große Karriere steht vor ihrem Abschluss“, schreibt der Schweizer Leichtathletik-Verband (Swiss Athletics) auf seiner Website. Im Alter von 42 Jahren wird Tadesse Abraham zum letzten Mal einen Marathon mit spitzensportlichen Anspruch absolvieren. Dabei würde sich der Olympia-Teilnehmer gerne einen Herzenswunsch erfüllen, um am Höhepunkt seines Schaffens von der Bühne abzutreten. Im März verfehlte er beim Barcelona Marathon eine Zeit unter 2:05 Stunden gerade einmal eine Sekunde.
Der Valencia Marathon wird nicht das allerletzte Profirennen des zweimaligen VCM-Starters und Europameisters im Halbmarathon von 2016, der sich im kenianischen Iten auf seinen letzten Marathon mit dem Ziel der 2:04er Zeit vorbereitet hat. Auf heimatlicher Bühne nimmt er im Laufe des Dezembers noch die Course de l’Escalade nächste Woche in Genf sowie die Weihnachtsläufe in Sion und Zürich mit.
Auch die deutsche Marathonszene blickt mit Interesse auf den Valencia Marathon. Der Olympia-Zwölfte Richard Ringer, der hier im letzten Jahr seine Bestleistung von 2:07:05 Stunden aufgestellt hat, möchte eben diese verbessern und auch gleich das WM-Limit von 2:06:30 Stunden ins Visier nehmen. „Nach Olympia war es diese Mal eine knapp bemessene Vorbereitung. Aber ich habe alles versucht, um in die nötige Form zu kommen“, wird er auf der Website des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zitiert.
Auch Samuel Fitwi, der das WM-Limit mit seiner Leistung beim Dubai Marathon 2024 schon in der Tasche hat, zielt auf eine neue Bestleistung ab. Der ehemalige Linz-Sieger Simon Boch peilt eine 2:08er Zeit an, Johannes Motschmann will erstmals unter 2:10 Stunden laufen. Nils Voigt gibt sein Marathon-Debüt. Bei den Frauen ist Deutschlands Topläuferin in Valencia Laura Hottenrott, die den Frankfurt Marathon frühzeitig abgebrochen ist.
Nicht nur aufgrund der verletzungsbedingten Absage von Weltmeisterin und Streckenrekordhalterin Amane Beriso ist das Teilnehmerinnenfeld beim diesjährigen Valencia Marathon an der Spitze nicht so hochkarätig wie in den vergangenen Jahren – und auch nicht im Vergleich zu den letzten World Marathon Majors in diesem Herbst. Gerade einmal drei äthiopische Läuferinnen mit Bestleistungen unter 2:20 Stunden stehen drauf: Megertu Alemu, Hiwot Gebrekidan und Tiruye Mesfin. Alle drei haben noch nie einen so prestigeträchtigen Marathon gewonnen wie den Valencia Marathon. Chancen auf Spizenresultate dürfen sich damit auch Stella Chesang, Rekordhalterin von Uganda, und die spanische Rekordhalterin Majida Maayouf machen.
… im Elitefeld der Frauen
1️⃣ Sara Hall: Im Alter von 41 Jahren strebt die WM-Fünfte von 2022 nach wie vor nach Topzeiten. Der Chicago Marathon vor knapp zwei Monaten ging schief, somit ist Valencia die zweite Chance für die Amerikanerin in diesem Herbst. Sie hat ihren vierten Marathon-Aufbau in diesem Kalenderjahr hinter sich. Fünfmal ist Hall in den letzten fünf Jahren einen Marathon unter 2:23 Stunden gelaufen.
2️⃣ Malindi Elmore: Noch drei Jahre älter als Hall ist die Kanadierin Malindi Elmore, die bei den Olympischen Spielen von Sapporo als Neunte bestechen konnte. Der Auftritt in Valencia ist der erste seit den Spielen von Paris für die Spätberufene, wo sie als 35. das Ziel erreicht hat. Laut kanadischen Medienberichten strebt sie eine Verbesserung ihrer Bestleistung von 2:23:30 Stunden an. Damit käme sie in die Nähe des Landesrekords von Natasha Wodak.
3️⃣ Sofia Assefa: Die Äthiopierin war ein Hindernis-Ass vergangener Tage. 2012 gewann sie die Olympische Silbermedaille im 3.000m-Hindernislauf, ein Jahr später WM-Bronze. In Rio lief sie beiden Spielen noch einmal ins Spitzenfeld, nach einer verpatzten Wettkampfsaison 2017 war aber vorerst Schluss für sie. Sechs Jahre später kehrte sie beim Amsterdam Marathon plötzlich auf die Wettkampfbühne zurück. Der Valencia Marathon wird der erste Wettkampf seither für die 37-Jährige.
Aufgrund der Unwetter-Katastrophe in der Region um Valencia Ende Oktober war wochenlang unsicher, ob der Valencia Marathon überhaupt stattfinden würde. Erst vor wenigen Tagen erfolgte das grüne Licht. „Der Marathon wird eine Umarmung für diese verwundete Stadt und ein Moment, in dem Sport zu Hoffnung und Hilfe für diejenigen wird, die es am meisten brauchen“, spricht der Veranstalter von einem Symbol der Unterstützung für alle, die von den Unwettern betroffen waren. Über die Plattform „Valencia läuft für Valencia“ laufen hochkarätige Spendenprojekte. Der Veranstalter leistet einen Solidaritätsbeitrag von 3 Euro pro Finisher*in zugunsten von Wiederaufbauprojekten im Ballungsraum von Valencia.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © SIP / Johannes Langer vom Valencia Marathon 2023.