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Als Mizuki Noguchi im Jahr 2005 den Berlin Marathon in einer Zeit von 2:19:12 Stunden gewonnen hat, agierten die japanischen Eliteläuferinnen im Marathonlauf der Frauen mit den Besten selbst aus Ostafrika auf Augenhöhe – nur die britische Ausnahmeläuferin Paula Radcliffe stand damals noch eine kleine Stufe darüber. Noguchi selbst hatte ein Jahr vorher in Athen die Olympischen Goldmedaille gewonnen und war damit ihrer Landsfrau Naoko Takahashi gefolgt, die in Sydney 2000 den Olympischen Marathon gewonnen hatte. Noguchis Bestzeit von 2:19:12 Stunden hielt bis gestern, über 18 Jahre lang, als japanischer Landes- und asiatischer Kontinentalrekord. Nun geht das Zepter an Honami Maeda über. Japans schnellste Marathonläuferin kann nicht die Sphären erreichen, die Afrikas Eliteläuferinnen und Europarekordhalterin Sifan Hassan vorlegen. Aber sie hat als erste japanische Läuferin aller Zeiten einen Marathon unter 2:19 Stunden erreicht: 2:18:59. Mizuki Noguchi kommentierte das Rennen übrigens im japanischen Fernsehen und zollte ihrer Nachfolgerin Respekt.
Es gibt im japanischen Marathonlauf freilich andere Läuferinnen, der ein solcher Coup eher zuzutrauen gewesen wäre. Zum Beispiel Hitomi Niiya, deren Attacke auf den japanischen Rekord in Berlin 2023 schiefging. Als Siegerin der Marathon Grand Championships 2019 nahm Maeda an den Olympischen Spielen von Tokio teil, wo sie in Sapporo als 33. ins Ziel lief. Bei den nationalen Vorausscheidungen 2023 für Paris scheiterte die 27-Jährige als Siebte aber deutlich, dank ihres neuen japanischen Rekords hat sie aber Anrecht auf einen Olympia-Startplatz, sofern dieser Rekord bis zum Ende der laufenden japanischen Marathonsaison hält. Realistischerweise hat nur Hitomi Niiya das Potenzial einer weiteren Verbesserung. Sie wird vermutlich Anfang März in Nagoya laufen.
Wie selbstverständlich ging die erfahrene Marathonläuferin mit einer persönlichen Bestleistung von 2:22:32 Stunden (Nagoya 2023) das Tempo der Spitzengruppe bei optimalen Marathon-Bedingungen mit Temperaturen von 9°C mit. Angesichts der Tatsache, dass nur Zeiten unter 2:21:41 Stunden den dritten Startplatz für Paris 2024 von Ai Hosoda gefährden konnten, ist es kein Wunder, dass Japans Eliteläuferinnen mit Risiko in ihre Rennen der letzten Chancen gehen. Nach 1:09:46 Stunden erreichten acht Läuferinnen die Zwischenzeit beim Halbmarathon, darunter die drei Tempomacherinnen Meseret Belete aus Äthiopien, Irine Kimais aus Kenia und eben Niiya, die sich selbstlos in den Dienst ihrer Landsfrauen und Kontrahentinnen um ein Olympia-Ticket stellte. Sie arbeiteten bis Kilometer 30, als Maeda überraschenderweise mit einer Beschleunigung die Konkurrenz austestete. Ein Kilometer in einem Split von 3:11 Minuten zersplitterte sämtliche Gruppen. Nur die Äthiopierin Workenesh Edesa konnte einigermaßen mit. Ugandas Rekordhalterin Stella Chesang und die Japanerin Sayako Sato mussten abreißen lassen, mit Mizuki Matsuda hatte eine weitere japanische Topläuferin schon kurz nach dem Halbmarathon eine Lücke aufgehen lassen.
So erstaunlich der Auftritt von Maeda war, der Wettkampfsieg gelang ihr nicht. Edesa konterte zehn Kilometer vor dem Ziel und schüttelte die 27-jährige Japanerin etwas ab. Doch Maeda hielt weiterhin das Tempo unglaublich hoch, das Top-Duo des Rennens schaffte jeweils einen Negativ-Split. Die achtsekündige Lücke zwischen der Zwischenzeit bei Kilometer 40 und im Ziel blieb konstant. Die 31-jährige Edesa, die in Berlin schon zweimal unter 2:20 Stunden gelaufen ist, egalisierte ihre persönliche Bestleistung auf die Sekunde genau und finishte in 2:18:51 Stunden, zwei Minuten und eine Sekunde schneller als der Streckenrekord von Matsuda aus dem Jahr 2022. Damit feierte die Äthiopierin ihren ersten Marathonsieg seit Prag 2023, in zweieinhalb Monaten will sie den Boston Marathon bestreiten.
Matsuda, die den Marathon in ihrer Heimatstadt bereits dreimal gewinnen konnte, musste sich in einer Zeit von 2:23:07 Stunden mit Platz drei zufrieden geben. Den holte sie sich, obwohl sie bei Kilometer 35 über 100 Sekunden hinter Chesang gelegen ist, mit einem Überholmanöver auf dem letzten Kilometer. Laut eines Berichts von Japan Running News denkt die 28-Jährige in ihrer Enttäuschung, dass es neuerlich nicht für eine Olympia-Teilnahme gereicht hat, darüber nach, ihre Karriere zu beenden. Drittbeste Japanerin war Sato in einer Zeit von 2:24:43 Stunden auf Platz fünf, sie war nach Kilometer 35 ziemlich eingebrochen und musste für die schnelle Anfangsphase büßen.
Der Osaka Women’s Marathon, eine Platin-Label-Veranstaltung, hatte in diesem Jahr insofern eine besondere Bedeutung, da der Leichtathletik-Weltverband (World Athletics) mindestens 64 der 80 Olympia-Startplätze für Paris mit Ende Jänner an die Mitgliedsverbände verteilen wird. In Wahrheit sind es 73 bei den Frauen, da so viele Läuferinnen das Direkt-Limit bereits geschafft haben, während bei den Männern 63 Direkt-Limits gezählt werden. Dementsprechend spannend ist die Weltranglistenposition von Tebello Ramakongoana aus Lesotho, Überraschungsvierter bei den Weltmeisterschaften von Budapest.
Da der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) die Startkontingente bereits verteilen will, um eine möglichst lange und von Sicherheit geprägte Vorbereitung auf Paris zu ermöglichen, war der gestrige Sonntag die letzte Möglichkeit, einen der besten drei deutschen Plätze im Qualifikationszeitraum zu erreichen. Katharina Steinruck trat in Osaka als Letzte in den Ring, ihre Orientierungszeit war die Leistung von Laura Hottenrott beim Valencia Marathon von 2:24:32 Stunden. Fast auf die Sekunde genau für die entsprechende Marschroute überquerte sie in 1:12:17 Stunden die Zwischenzeit beim Halbmarathon, aber bereits in diesen Momenten verlor sie entscheidende Sekunden, die am Ende fehlen sollten. Die 34-Jährige steigerte sich um über eine Minute auf eine Zeit von 2:24:56 Stunden, verpasste aber Hottenrotts Zeit um 24 Sekunden – in ähnlichen Dimensionen wie Deborah Schöneborn vor zwei Wochen in Houston (siehe RunAustria-Bericht).
Und so musste Steinruck wie auch schon Schöneborn einen Spagat zwischen dem lachenden und weinenden Auge schaffen, bei der Olympia-Teilnehmerin von Sapporo 2021 überwog das lachende: „Ich bin sehr glücklich! Ich bin Bestzeit gelaufen und Sechste geworden in diesem starken Feld. Auch wenn es natürlich sehr hart war, konnte ich das Rennen genießen“, wird sie auf der Website des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zitiert. Und ihren Landsleuten wünscht sie aus Fernost: „Ich möchte einen Riesen-Glückwunsch an die drei Mädels und Jungs aussprechen, die zu Olympia fahren. Sie haben die Latte dieses Mal wirklich sehr hochgelegt.“
Übrigens fehlen Steinruck nun noch 21 Sekunden auf die Bestleistung ihrer Mutter Katrin Dörre-Heinig, erzielt als Siegerin des Hamburg Marathon 1999. Dörre-Heinig hat den Marathon in der japanischen Metropole in den Jahren 1984, 1991, 1996 und 1997 für sich entschieden und ist nach wie vor Rekordsiegerin des seit 1982 durchgeführten Events. Die 42. Auflage war der erste Marathon ihrer Tochter seit den Europameisterschaften von München. 2023 war für sie aufgrund von Long-Covid-Auswirkungen keine intensive Marathon-Vorbereitung möglich.
* neue persönliche Bestleistung
** neuer Streckenrekord
*** neuer Asienrekord