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Männer die kurze Strecken laufen

Laufen ist gesund. Jeder weiß das. Dennoch sind Todesfälle bei Rennen eine erschütternde Realität. Man schiebt es gern beiseite. RunUp beleuchtet Fakten, die für alle das Bewusstsein schärfen sollen.

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Laufen ist gesund. Jeder weiß das. Dennoch sind Todesfälle bei Rennen eine erschütternde Realität. Man schiebt es gern beiseite. RunUp beleuchtet Fakten, die für alle das Bewusstsein schärfen sollen.

Laufen ist eine Wundermedizin für Körper und Geist. Der perfekte Gesundmacher. Die Aktivsportart Nummer eins. Wir lieben es, weil es auf so vielfältige Weise Freude machen kann. Es bringt physisch und psychisch ins Gleichgewicht. Manchmal ist es zäh. Manchmal ist es wie Fliegen, nur schöner. Fast immer fühlt man sich danach besser als davor.

Doch dann stirbt jemand. Beklemmende Momente. Es passiert nicht oft. Die Zahl der Toten bei Laufveranstaltungen macht weniger als ein Prozent der Verkehrstoten oder der Bergtoten aus. Zehnmal mehr Menschen kommen jährlich auf Skipisten ums Leben als bei Läufen. Diese Relationen zu kennen ist wichtig, aber Kleinrechnen funktioniert nicht. Es bleibt schockierend und einschneidend.

Gesundheitsprobleme werden demaskiert

Prof Niebauer Männer, die kurze Strecken laufenKardiologe Univ.-Prof. Dr. Dr. Josef Niebauer, MBA

Und es bleibt etwas Unverständliches zurück. Jeder weiß, dass es auf Straßen, im Gebirge und beim Skifahren gefährlich ist. Aber warum sterben Menschen bei der Ausübung jener Sportart, die von Ärzten und Fachleuten zur Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung wärmstens empfohlen wird? „Sport demaskiert oft Gesundheitsprobleme, die man bis dato noch nicht bemerkt hat. Es ist nicht so, dass Laufen diese Erkrankungen verursacht. Sondern sie sind schon da und treten aufgrund der hohen Beanspruchung hervor“, erklärt Univ.-Prof. Josef Niebauer, Primar am Universitätsinstitut für präventive und rehabilitative Sportmedizin in Salzburg im RunUp-Interview. Meldungen, wonach der A-Lauf in B-Hausen von einem tragischen Todesfall überschattet worden sei, schiebt man schnell wieder beiseite. RunUp hat gerade deshalb einige Fakten, Thesen und Diskussionspunkte zusammengetragen.

Männer deutlich mehr betroffen

Blickt man in die Medien im deutschsprachigen Raum, so finden sich Berichte zu 40 Toten bei Laufveranstaltungen im vergangenen Jahrzehnt. Diese Zahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie könnte in der Realität durchaus höher liegen. Es lässt sich daraus aber Bemerkenswertes ablesen. Das auffälligste Ergebnis: Gefährdet sind Männer, die kurze Strecken laufen. Denn 39 von 40 Toten waren Angehörige des „starken Geschlechts“.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass in Europa deutlich mehr Männer als Frauen an Laufevents teilnehmen, ist diese Quote extrem hoch. Liegen die Gründe in geschlechtsspezifischen Unterschieden in der körperlichen Konstitution? Oder spiegeln sich hier „typisch männliche“ Verhaltensweisen wieder? Beispielsweise ein ausgeprägtes Selbstvertrauen, körperlich stark und belastbar zu sein, selbst wenn man sich der Stärkung des Körpers seit Langem nicht gewidmet hat? Zeigt es einen größeren Hang zum Risiko? Eine geringere Neigung, sich helfen und beraten zu lassen – zum Beispiel von einem Arzt? „DNF is no option“ – „Aufgeben tut man einen Brief“: Sprüche wie diese drücken jedenfalls eine gefährliche Mentalität aus.

Sozialer Druck läuft mit

Die überwiegende Zahl der Todesfälle ereignete sich auf Strecken vom 3-km-Businessrun bis zum Halbmarathon. Manchmal betraf es Sportler, die durchaus Lauf- und Wettkampferfahrung hatten. Dann wiederum waren es Menschen, die sich einen Lauf über 5 oder 10 Kilometer jederzeit zutrauen, auch wenn sie wenig trainiert sind. Je mehr Menschen laufen, umso öfter hat man es „mit einem Klientel zu tun, das man früher eher als Zuschauer erwartet hätte als an der Startlinie“, wie Sportmediziner Niebauer sagt.

Das Bewusstsein, dass kürzere Läufe genauso riskant sein können – beispielsweise bei unerkannten Vorerkrankungen oder bei zurückliegenden Infekten – ist kaum entwickelt. „Ein 5er, ein 10er, ein Halbmarathon gehen immer“: Diese Einstellung bitte rasch entsorgen! In der Präventionsarbeit müssen offenbar die vermeintlich „einfachen“ Bewerbe verstärkt in den Fokus gerückt werden. Ebenso jene Läufe, bei denen sanfter sozialer Druck beispielsweise aus dem Berufsumfeld viele Menschen zur Teilnahme bringt. Es geht darum, nicht irreale Gefahrenbilder an die Wand zu malen, aber ein Bewusstsein für die Körpergesundheit zu schaffen.

Marathonläufe fast nicht betroffen

Auffällig ist, dass nur ein einziger Todesfall bei einem klassischen City-Marathon über 42,195 Kilometer verzeichnet wurde. Die Bewusstseinsbildung in Sachen Gesundheit & Marathon, die von großen Veranstaltern gemeinsam mit der Einrichtung von Medical Centern mit Untersuchungsmöglichkeiten seit Jahren aktiv betrieben wird, dürfte ihre Wirkung gezeigt haben. Niemand nimmt einen Marathon auf die leichte Schulter. Eher im Gegenteil – für viele Hobbyläufer scheint der Marathon angesichts vieler Warnungen und Ratschläge zu einer äußerst respekteinflößenden Hürde angewachsen zu sein.

Bergläufe neues Risikofeld

Den sprichwörtlichen „Bierwettenläufer“ aus den 1990er Jahren, der kurzentschlossen an den Start eines Marathons gegangen ist, um sich und seinen Kumpels etwas zu beweisen, gibt es kaum noch. Marathonläufer sind heute in der Regel seriös vorbereitet. Zudem gibt es bei City-Marathons meist ein dichtes und professionelles Netz an medizinischer Versorgung.

Ein neues Risikofeld reißt die steigende Popularität von Berg- und „Trail“-Läufen auf. Es ist bei körperlicher Erschöpfung ein entscheidender Unterschied, ob man 500 Meter von der nächsten U-Bahn Station entfernt sein Rennen beenden will, oder ob man im alpinen Gelände kraftlos am Wegrand sitzt. Dazu kommen witterungs- und geländebedingt alpine Gefahren ins Spiel, die von einigen Teilnehmern wohl unterschätzt werden.

Analysen von Todesfällen bei Lauf­events zeigen, dass sie niemals aus dem Nichts kommen und Läufer fallweise auch gegen den ausdrücklichen ärztlichen Rat an den Start gehen. Der Verzicht auf ein Rennen, auf das man sich gefreut hat, ist schwierig. Aber Achtsamkeit, Körperbewusstsein und medizinische Checks müssen für jeden Läufer stärker wiegen als Ehrgeiz und Gruppendruck.

Zum Abschluss nochmals Kardiologie-Professor Niebauer: „Man darf allerdings den Fokus nicht falsch setzen: Laufen ist gut. Laufen ist gesund. Das sollten wir uns ganz klar merken!“

Autor: Andreas Maier
Bilder: © René Vidalli | SIP / Johannes Langer

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