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Manuel Innerhofer holte bei den Off Road Europameisterschaften in Annecy die beiden Top-Positionen für das österreichische Team. Mit den Rängen 14 und elf konnte er besser abschneiden als nach den Achilessehnenproblemen im Winter erwartet. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Hans-Peter und Christof Hochenwarter bzw. Martin Enzenberger schaffte Österreichs Männerteam die Positionen sechs und sieben in den Nationenwertung. Mit starken Leistung auf sich aufmerksam machen konnte Maximilian Meusburger bei den Junioren, das Frauen- und Trailrunningteam brachte solide Leistungen ohne Topplatzierungen.
„Wenn mir vorher jemand diese Platzierungen vorhergesagt hätte, wäre ich voll zufrieden gewesen“, bilanziert Manuel Innerhofer (LC Oberpinzgau) sein EM-Abschneiden angesichts des Trainingsrückstandes bei spezifischen Laufeinheiten aufgrund von Beschwerden an der Achillessehne im Winter. Aber im Nachhinein ist die Analyse ein zweischneidiges Schwert. „Im Vertical habe ich im Steilhang einfach zu viel Zeit verloren. Das war eine Passage, die in Verbindung mit den schwierigen Bedingungen mir nicht zugute gekommen ist“, meinte er. Mit den enorm rutschigen Streckenpassagen hätten nicht nur die Österreicher, sondern auch einige prominente Teilnehmer wie der WM-Sechste Daniel Osanz aus Spanien oder Titelverteidiger Cesare Maestri aus Italien große Probleme gehabt, berichtet Innerhofer die Eindrücke aus dem Rennen. Dafür wären es für die Briten genau die richtigen Umstände gewesen.
Auch mit dem elften Platz beim Up & Down Bewerb am Sonntag war Innerhofer zufrieden. Nach guten Passagen bergauf rechnete sich der 28-Jährige sogar noch mehr aus, aber gehemmt von durch Seitenstechen gehemmte Atmung machte sich in den Bergabpassagen der Trainingsrückstand bemerkbar: „Ich konnte einfach nicht den schnellen Schritt, den ich von mir von der Straße kenne, nicht ziehen und daher mein Potenzial nicht voll ausschöpfen. Sonst hätte ich noch einige Positionen weiter vorne landen können.“
Im Vertical am Freitag galt es für die 69 Teilnehmer den schwierigen Bedingungen mit Dauerregen, tiefem, rutschigen Untergrund und kühlen Temperaturen am Berg zu trotzen. Nach der steilsten Passage lagen drei Österreicher unter den Top-30, Skibergsteiger Christof Hochenwarter (SC Hermagor) am weitesten vorne. Das ÖLV-Trio hatte dabei bereits eineinhalb Minuten Rückstand auf die Spitze, konnte sich aber in den nun weniger steilen Passagen besser halten und konstant Boden gutmachen. Am besten gelang das Manuel Innerhofer, der sich bis auf die 14. Position nach vorne kämpfen konnte. Seine beiden Landsleute blieben lange Zeit beieinander, erst auf den letzten Metern konnte der Salzburger den Kärntner noch überholen. Mit den Rängen 25 und 26 vervollständigten sie das gute Team-Ergebnis, das Österreich auf Platz sechs führte, direkt vor dem Team aus Deutschland mit Medaillengewinner Lukas Ehrle, und, unter anderen, auch vor den nur neuntplatzierten Spaniern.
Der Sonntagsbewerb mit dem Up & Down entsprach dann erwartungsgemäß nicht den Stärken Hochenwarters (Platz 61), weshalb die Innerhofer-Zwillinge die österreichischen Kohlen aus dem Feuer holen mussten. Das Duo agierte in der Anfangsphase direkt hintereinander in der größeren Verfolgergruppe, aber innerhalb der Top-20. Zu Rennmitte konnte sich Manuel neuerlich nach vorne orientieren und lag zwischenzeitlich auf dem zehnten Platz, während Hans-Peter aus den Top-20 hinausfiel. Im Finale verlor Manuel, vor zwei Jahren in diesem Bewerb Vierter, noch eine Position und wurde Elfter. Hans-Peter, vor zwei Jahren Sechster, konnte in der Schlussphase noch einige Positionen wettmachen, unter anderem überholte er den starken Schweizer Dominik Rolli, und finishte auf Platz 18. Martin Enzenberger (TGW Zehnkampf Union), am Freitag auf Platz 44, kam als 50. und damit drittbester Österreicher ins Ziel, wodurch Rang sieben in der Nationenwertung in die Wertung einging.
Hans-Peter Innerhofer (LC Oberpinzgau) war mit seinen Platzierungen nicht rundum glücklich, mit der Leistung dagegen im Reinen. „Ich habe alles gegeben und wenn die Leistung stimmt und man alles aus dem Körper herausgeholt hat, muss man zufrieden sein, auch wenn ich gerne weiter vorne gelandet wäre“, sagte er. „Eigentlich war das Profil und die Streckenführung besonders beim Up & Down günstig für uns, aber der Untergrund hat enorm viel Kraft gekostet. Teilweise sind wir bei jedem Schritt voll in den ,Gatsch’ eingebrochen und es war extrem rutschig.“ Am Sonntag sei er technisch schon besser gelaufen als am Freitag, eine höhere Frequenz mit kleineren Schritten. „Aber es war sehr schwierig, dass die Kraftübertragung ordentlich gelingt.“ Da sah sein Bruder Manuel einen Vorteil für sich gegenüber Hans-Peter, aber auch der internationalen Konkurrenz, die aus den vergangenen Wochen schon viele Wettkampfkilometer in den Beinen haben: „Meine Beine waren frisch und mental war ich hungrig!“
Star des Events war überraschend Nina Engelhard aus Deutschland. Die 27-Jährige startete am Freitag erstmals im Dress der deutschen Nationalmannschaft und düpierte auf der 7,6 Kilometer langen Strecke hinauf in den Wald von Semnoz die komplette Berglauf-Elite des Kontinenten. In einer Zeit von 50:08 Minuten hatte die Deutsche am Ende 1:35 Minuten Vorsprung auf die Britin Scout Adkin und 2:25 Minuten Vorsprung auf Monica Madalina Florea aus Rumänien. Beide Medaillengewinnerinnen waren bereits bei den letzten Off Road Europameisterschaften 2022 im europäischen Spitzenfeld, nicht jedoch die bis dato nur Insidern bekannte Engelhard, die überdies zugab, dass die nass-kalten Bedingungen des Wochenendes so gar nicht die ihren waren. „Plötzlich war ich alleine vorne und der Vorsprung wurde immer größer. Es war eine große Überraschung!“
Diese Überraschung vervollständigte die Deutsche zwei Tage später im 16 Kilometer langen Up & Down, wo sie nach anfänglicher Zurückhaltung die Führung übernahm und in einer Zeit von 1:22:44 Stunden die zweite Goldmedaille des Wochenendes gewann. Die Schweizer Orientierungslauf-Spezialistin Judith Wyder und die Rumänin Monica Madalina Florea trotz eines Sturzes sicherten sich die weiteren Medaillengewinne, Adkin verpasste Bronze um drei Sekunden. „Die Euphorie hat beflügelt. Ich bin unendlich glücklich und zufrieden und freue mich auf alles, was im Berglauf noch kommt. Es war ein irres Wochenende!“, jubelte Engelhard, zitiert auf der Website des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Engelhard scheint in keinem DLV-Kader auf, nicht einmal im Berglauf- und Trailrunningteam – nun ist sie zweifache Europameisterin.
Dagegen waren diese Titelkämpfe nicht jene der bereits fünffachen Titelträgerin Maude Mathys. Die Schweizerin wurde 17. im Uphill und Zehnte im Up & Down, hatte in beiden Rennen jedoch zu keiner Zeit etwas mit der Medaillenvergabe zu tun. Das beste österreichische Resultat bei den Frauen fuhr Anna Plattner (LG Decker Itter) im Uphill mit Rang 23 ein, exakt acht Minuten hinter der überlegenen Siegerin. Im Up & Down landete die Tirolerin zehn Positionen weiter hinten. Anna-Sophie Meusburger (Im Wald läuft’s) verbuchte die Plätze 38 und 47, Nora Havlinova (DSG Wien) die Positionen 47 und 45. Damit erreichte das Team Österreich die Ränge acht und neun in den Nationenwertungen.
Achtbar schlug sich Maximilian Meusburger (Im Wald läuft’s), jüngerer Bruder von Anna-Sophie, mit den tollen Rängen 15 (Uphill) und zwölf (Up & Down).
Für die deutschen Erfolge in Annecy war nicht Engelhard alleine zuständig. Lukas Ehrle, vor zwei Jahren noch Junioren-Europameister und seit vielen Jahren angeteasertes Top-Talent im Berglauf, zeigte seine Klasse mit der Bronzemedaille im Uphill-Rennen, wo er sich lediglich den beiden starken Briten Joe Steward und Jacob Adkin, Bruder von Scout, geschlagen geben musste, und der Silbermedaille im Up & Down Bewerb. Dort lieferte sich der 19-Jährige ein grandioses Duell mit dem Schweizer Roberto Delorenzi, der sich in einer Bergauf-Passage absetzen konnte. Ehrle holte ihn in einer langen asphaltierten, abschüssigen Passage wieder ein, ehe das Pendel im Finale doch Richtung des Schweizers ausschlug. Delorenzi, amtierender Schweizer Berglauf-Meister, siegte in 1:11:28 Stunden mit drei Sekunden Vorsprung, Dritter wurde der Franzose Theodore Klein. Noch am Freitag hatte Delorenzi das Duell mit Ehrle knapp verloren, damals ging es um die Bronzemedaille.
Ehrle zeigte sich überglücklich mit den beiden Medaillen und freute sich mit seiner kleinen Schwester Julia mit. Die 16-Jährige dominierte am Freitag das Juniorinnenrennen im Uphill und legte auf der 5,6 Kilometer langen Strecke mit der steilen Anfangshälfte sagenhafte 1:50 Minuten zwischen sich und Silbermedaillengewinnerin Eve Whitaker aus Großbritannien, die zusätzlich im Up & Down die Bronzemedaille hinter der französischen Siegerin Margot Dajoux und Ingeborg Hole aus Norwegen gewann. „Das Rennen hat viel Spaß gemacht, es war richtig cool und ich freue mich riesig, dass ich gewonnen habe“, wird sie auf der Website des DLV zitiert.
Im Medaillenspiegel reihte sich Deutschland auf Rang vier ein, unmittelbar davor liegen mit ebenfalls drei Goldmedaillen Großbritannien, das abgesehen vom Doppelsieg im Vertical der Männer hauptsächlich in den Nationenwertungen punktete, und das stark besetzte Schweizer Team. Obwohl Mathys dieses Mal ihren Beitrag in den Einzelrennen nicht liefern konnte, schaffte es die Schweiz zu insgesamt achtmal Edelmetall. Herausragend dabei war neben dem Titel für Delorenzi, der aus der Trailrunningszene kommt, das Juniorenrennen im Vertical, das Matthieu Bührer in einer Zeit von 36:09 Minuten vor seinem Landsman Loic Berger gewann. Die Schweizer Junioren räumten bereits bei der WMTRC 2023 in Innsbruck ab, als Bührer als bester Europäer die Bronzemedaille in der Einzel- und das Schweizer Team die Goldmedaille in der Nationenwertung gewonnen haben.
Die Off Road Europameisterschaften 2024 am Lac du Annecy standen aber ganz im Zeichen des gastgebenden Nationalteams. Am besten sichtbar wurde dies am Samstag bei den Entscheidungen im Trailrunning. Thomas Cardin (4:58:22) gewann das Männerrennen vor Benjamin Roubiol und Loic Rolland, Clementine Geoffray holte wenig später in einer Zeit von 5:44:37 Stunden den Titel bei den Frauen vor Blandine L’Hirondel und Adeline Martin. Mit der Mindestanzahl der möglichen Punkte von sechs dominierten beide Teams auch die Nationenwertungen, womit vier der elf französischen Goldmedaillen aus dem Trailrunning stammten. Beide Teams diktierten dabei die Rennen von Beginn an mit einer Teamtaktik, gegen die bei den Männern auch der in Innsbruck lebende Brite Thomas Roach keine Chance hatte und am Ende mit dem vierten Platz nach Hause fuhr.
Bester Österreicher im Trail-Bewerb war Andreas Rieder (LG Decker Itter) auf Platz 30 wenige Positionen gefolgt von Alexander Hutter (Team F7) und Christian Stern (SV Raiba Stubai). Das ergab die Positionen zehn in der Nationenwertung. Bei den Frauen belegte Claudia Rosegger (Kolland Topsport Gaal) Platz 28, sechs Positionen vor Esther Fellhofer (SC LT Breitenbach).
Frankreichs Erfolgsliste begann jedoch schon am Freitag: Mit einer dichten Teamleistung von drei Top-Ten-Platzierungen sicherte sich das Frauenteam die Goldmedaille im Vertical, ohne auf dem Einzelstockerl vertreten zu sein. Bronzemedaillengewinnerin Lili Beck hatte zuvor das französische Juniorinnenteam zu Nationen-Gold vor Großbritannien geführt, dazu kamen an Tag eins zwei Bronze- und eine Silbermedaille. Am Abschlusstag gewann Dajoux das Juniorinnenrennen und führte das Team zu Gold, im Juniorenrennen dominierten die Franzosen mit einem „Sweep“ durch Antoine Puyebois, Jules Mongellaz und Mael Henric – mit der entsprechenden Goldmedaille im Team. Das Männer-Team sicherte sich Gold in der Nationenwertung des Up & Down.
Zu den großen Geschlagenen in Annecy gehörten die Spanier mit nur je einer Silber- und Bronzemedaille sowie die Italiener, die in den Teamwertungen insgesamt fünf Medaillen holten, aber keine in Gold. Titelverteidiger Cesare Maestri erlitt im Vertical mit Platz 41 eine schwere Niederlage, wobei er angesichts der sich anbahnenden Niederlage wohl nicht bis zum Schluss Vollgas gab. Er rehabilitierte sich mit Platz vier im Up & Down.
Die EM-Strecken rund um Annecy brachten spannenden Herausforderungen in allen Bewerben. „Die Streckenprofile waren hochinteressant, einmal etwas anderes. Es hat sehr viel Spaß gemacht“, lobte etwa Manuel Innerhofer. Die beliebte Gegend in den französischen Alpen konnte sich wettertechnisch zu Beginn des meteorologischen Sommers allerdings nicht von der Schokoladenseite zeigen, was zusätzliche Herausforderungen für alle Teilnehmer*innen brachte. Bei Dauerregen und rund 10°C beim Start im Tal fanden am ersten Tag die Uphill-Bewerbe statt. Dabei war der Boden teilweise so tief und rutschig, dass an gewissen Passagen selbst beim Bergauflaufen die Vorsicht dominierte. Nicht viel besser war das Wetter an den darauffolgenden Tagen bei konstant niedrigen Temperaturen, wobei es bei den Up & Down Bewerben nicht regnete, aber der Boden teilweise tief war und die Bergspitzen in Nebel gehüllt waren.
Bei den im Zwei-Jahres-Rhythmus ausgetragenen Off Road Europameisterschaften finden an drei Tagen die Entscheidungen im Vertical (Berglauf, Uphill), Trailrunning und im Mountain Classic (Berglauf, Up & Down) statt. Es war zum zweiten Mal nach 2022 der Fall, dass der Berglauf und das Trailrunning gemeinsame Europameisterschaften ausrichteten. Die 7,6 Kilometer lange Strecke beim Uphill der Elite sah 950 Höhenmeter vor. Beim Trailrunning standen auf knapp 58 Kilometern über 3.500 Höhenmeter im An- und Abstieg auf dem Programm. Im Mountain Classic waren bei der Elite auf 16 Kilometern 960 Höhenmeter im An- und 1.010 Höhenmeter im Abstieg zu überwinden.
Autor: Thomas Kofler
Titelbild: © ÖLV / Michael Geisler