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Mit Ausnahme von Guye Adola 2021 stehen nur die Lauflegenden Eliud Kipchoge und Kenenisa Bekele in den Siegerlisten des Berlin Marathon der letzten neun Jahre. In diese prominente Riege hat sich gestern der junge Äthiopier Milkesa Mengesha eingefügt – und das mit einer Berlin-würdigen Spitzenzeit von 2:03:17 Stunden. Vier bemerkenswerte Leistungen im Jubiläumsrennen des 50. Berlin Marathon bei den Männern.
Selten ist beim Berlin Marathon in den letzten Jahr der Raum für junge, in die Spitze drängende Toptalente gegeben gewesen, triumphierend ins Ziel hinter dem Brandenburger Tor zu laufen. Das Olympische Jahr 2024 ist ein Mitgrund, warum dieses Mal der große Top-Name in Berlin fehlte. Es gab freilich wundersame Marathon-Debüts wie jene von Guye Adola, der 2017 beinahe den großen Eliud Kipchoge besiegt hätte, oder Tadese Takele, der im Vorjahr als Dritter in 2:03:24 Stunden ins Ziel gekommen war.
Ihnen hat der 24-jährige Milkesa Mengesha aber etwas voraus: Er gewann den Berlin Marathon und lief dabei eine persönliche Bestleistung von 2:03:17 Stunden. „Es war gut, dass ich nicht einer der großen Favoriten war. Dadurch konnte ich ohne jeglichen Druck laufen“, meinte der Sieger. Der Triumph gelang in einem klassischen und spannenden Ausscheidungsrennen, in dem sich der Äthiopier als der Stärkste präsentierte und diese Überlegenheit in das entsprechende Ergebnis ummünzte.
Cybrian Kotut war mit einer Zeit von 2:03:22 Stunden als Zweiter der beste Kenianer, Haymanot Alew aus Äthiopien komplettierte in 2:03:31 Stunden das Stockerl noch vor dem Kenianer Stephen Kiprop (2:03:37). Alle vier liefen klare Bestleistungen. Nie zuvor waren beim Berlin Marathon vier Läufer im Ziel, bevor die Zeitnehmung auf 2:04 Stunden umschwenkte.
Der auf dem Papier favorisierte Tadese Takele musste sich mit Rang sieben, der Kenianer Kibiwott Kandie, der lange um die Präsenz in der Spitzengruppe gekämpft hatte, gar mit Rang 13 zufrieden geben. Beide mussten dem extrem hohen Tempo auf den ersten zehn Kilometern und in Folge bis hin zur Halbmarathon-Durchgangszeit von 1:00:57 Stunden Tribut zollen.
Der BMW Berlin Marathon 2024 war Milkesa Mengeshas fünfter Marathon und gleichzeitig der mit Abstand größte Erfolg seiner Karriere. Er gewann 2023 in Daegu und lief bei den Weltmeisterschaften von Budapest auf den guten sechsten Platz. Im Frühjahr 2024 musste er den London Marathon aufgeben.
Der junge Äthiopier wurde als vielseitiger Athlet ausgebildet. 2019 gewann er auf der schwierigen Strecke in Aarhus Junioren-WM-Gold im Crosslauf. Damals hatte übrigens ein gewisser Jakob Ingebrigtsen keine Chance gegen die von Mengesha angeführte ostafrikanische Spitze. Vorerst konzentrierte sich Mengesha auf die Bahn und schaffte die Olympia-Qualifikation für Tokio, wo er Zehnter im 5.000m-Lauf wurde – als Bester eines gedemütigten äthiopischen Teams. Gleichzeitig steigerte er sich 2021 auf eine Halbmarathon-Bestleistung von 59:48 Minuten in Lissabon.
Nachdem 2022 die WM-Qualifikation über 10.000m misslang, gelangen deutliche Fortschritte auf der Straße: der Sieg beim Kopenhagen Halbmarathon (58:58) sowie das Marathon-Debüt in Valencia (2:05:29). Der Umstieg war geglückt, im Alter von 24 gehört Milkesa Mengesha spätestens seit gestern zur Marathon-Weltklasse. Er ist nun in den Top-20 der ewigen Marathon-Bestenliste, als sechstbester Äthiopier.
Fast ungläubig nahm Sebastian Hendel im Zielraum Gratulationen entgegen, als erster Deutscher das Ziel des BMW Berlin Marathon 2024 erreicht zu haben. In einer Zeit von 2:07:33 Stunden war er auf Platz 17 der Gesamtwertung auch der beste Europäer vor dem entfesselten Jacob Sommer Simonsen aus Dänemark.
Hendel hatte sich im Frühjahr beim Hamburg Marathon auf eine Zeit von 2:08:51 Stunden gesteigert und machte in Berlin den nächsten Schritt. „Ab Kilometer 30 habe ich mich immer besser gefühlt und bin zum Schluss teilweise Kilometerzeiten von 3:00 Minuten gelaufen“, sagte er stolz. Der 28-Jährige, nun die Nummer fünf der ewigen Bestenliste des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), hatte gar nicht mehr damit gerechnet, als bester Deutscher ins Ziel zu laufen. Doch rund zehn Kilometer vor dem Ziel überholte er Hendrik Pfeiffer und dann wenige Kilometer vor dem Ziel auch noch Filimon Abraham, auf den er bei Kilometer 30 noch eineinhalb Minuten Rückstand hatte.
Pfeiffer konnte mit seiner Endzeit von 2:08:20 Stunden, der zweitbesten seiner Karriere, aufgrund von leichten Magenproblemen gut leben. Er reduzierte ab Kilometer 25 sein Tempo und fand in einen guten Rhythmus bis zum Ziel. Platz 24 fiel in die Wertung. Weitere zwei Positionen hinter ihm finishte Filimon Abraham, der nach seinem furiosen Angangstempo mit Zwischenzeiten von 1:02:24 (Halbmarathon) und 1:29:07 (30 km) am Ende einbrach und sogar noch seine persönliche Bestleistung von 2:08:22 Stunden um eine halbe Minute verpasste. Das Risiko, die WM-Norm von Tokio 2025 von 2:06:30 Stunden unterbieten zu wollen, hat sich für den 31-Jährigen nicht ausgezahlt.
Johannes Motschmann lief eine Zeit von 2:12:02 Stunden und kam unmittelbar vor dem besten Österreicher, Peter Herzog (Union Salzburg), ins Ziel – über Herzogs Leistung berichtet RunUp.eu in einem separaten Artikel. Der 30-Jährige war in Richtung einer Endzeit von 2:08 Stunden aggressiv und schließlich überambitioniert angelaufen, konnte das hohe Tempo aber nur bis Kilometer 25 halten und verlor anschließend viel Zeit. Auch Tom Gröschel bei seinem Abschiedsrennen und Erik Hille schafften es aus deutscher Sicht unter die besten 40. Haftom Welday gab auf.
Mit 28 Läufern unter 2:10 Stunden feierte der Berlin Marathon in der breiteren Spitze einen unheimlich hochkarätigen Marathon, die idealen äußeren Laufbedingungen und die schnelle Strecke halfen. 60 Läufer blieben unter 2:20 Stunden.
Abseits der ostafrikanischen Elite gelang Yohei Ikeda eine bemerkenswerte Marathon-Leistung. In der Verfolgergruppe beheimatet, die den Halbmarathon in 1:02:25 Stunden passierte, hielt er bis auf den letzten Kilometer ein gleichmäßiges Tempo und verpasste erst auf der Zielgerade den japanischen Marathonrekord von Kengo Suzuki um letztlich 16 Sekunden.
Ikeda, 26 Jahre alt, ist mit seiner Zeit von 2:05:12 Stunden nun die Nummer zwei der ewigen japanischen Bestenliste. International hat er bis gestern keine großen Fußstapfen hinterlassen, der sechste Platz beim Berlin Marathon ist sein drittes Marathon-Resultat. 2023 gelang ihm beim Osaka Marathon ein bemerkenswertes Debüt in 2:06:53 Stunden. Nun hat er als erster Japaner das WM-Limit für die Heim-WM in Tokio im September 2025 in der Tasche, keine unattraktive Ausgangsposition!
Henrik Jörgensen ist die dänische Marathon-Legende schlechthin. 1988 gewann er als einziger dänischer Läufer der Geschichte den bedeutenden London Marathon. Drei Jahre zuvor hatte er beim Sieg des damaligen Weltrekordhalters Steven Jones eine Bestzeit von 2:09:43 Stunden aufgestellt. Dieser dänische Rekord hielt fast 40 Jahre lang, bis Jacob Sommer Simonsen ihn am gestrigen Tag in Berlin um knapp zwei Minuten unterbot. Der 29-Jährige, der seine Topform bereits beim Kopenhagen Halbmarathon angedeutet hatte, steigerte seine Bestleistung um dreieinhalb Minuten.
In einem Bericht auf der Website des dänischen Leichtathletik-Verbandes meinte Henrik Gehlert, Trainer des Atheleten, das Duo habe die Motivation aus der knapp verpassten Olympia-Qualifikation gezogen und alles auf den Berlin Marathon gesetzt: „Wäre er in Paris gelaufen, wäre ein dänischer Rekord vielleicht nicht so schnell möglich gewesen.“ Nationaltrainerin Kersti Jakobsen sagte im dänischen Fernsehen, sie erwarte in Zukunft noch mehr von Simonsen, da er relativ neu in der Marathonszene sei.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © SIP / Johannes Langer, SCC Events / Jean Marc Wiesner