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Die Bühne seines Heimmeetings war gerichtet und Andreas Almgren stürmte durch die offene Tür. Der 30-jährige Schwede verbesserte vor heimischem Publikum den Europarekord im 5.000m-Lauf auf eine Zeit von 12:44,27 Minuten und sorgte damit für eines der Highlights bei der Bauhaus Galan am Sonntagabend im Olympiastadion von Stockholm.
Es war eine Demonstration! Freilich, die Weltklasse war nicht anwesend und 1.500m-Olympiasieger Cole Hocker ist im 5.000m-Lauf (noch) keine Nummer. Doch Andreas Almgren degradierte die Konkurrenz auf dem letzten Kilometer des 5.000m-Laufs im Rahmen des Diamond-League-Meetings in Stockholm auf erstaunliche Art und Weise. Am Ende eines Rennens, das vom Start weg 61er und 62er Rundenzeiten aufwies und das er wie ein Uhrwerk bestritt, beschleunigte er und finishte in einer Zeit von 12:44,27 Minuten – neuer Europarekord. Nur Kuma Girma, vor drei Tagen beim Diamond-League-Meeting in Oslo und dem dortigen Überraschungssieg von Nico Young Dritter (siehe RunUp.eu-Bericht), und Hallen-WM-Bronzemedaillengewinner (3.000m) Ky Robinson aus Australien blieben ebenfalls noch unter 13 Minuten. Der viertplatzierte Mike Foppen verbesserte den niederländischen Landesrekord auf eine Zeit von 13:02,43 Minuten.
Im Vergleich zu anderen Laufentscheidungen an diesem frühen Sonntagabend im alt ehrwürdigen Olympiastadion der schwedischen Hauptstadt hätte vorher kaum jemand Geld darauf gesetzt, dass ausgerechnet diese Laufentscheidung die Schlagzeilen der Laufbewerbe bestimmen möge. Denn für Diamond-League-Verhältnisse fehlten die Superstars. In diese Rolle schlüpfte der Lokalmatador, der erst wenige Tage zuvor seinen 30. Geburtstag gefeiert hatte und ab Rennmitte zu dieser Sensation ansetzte. „Das ist wahrscheinlich die bisher denkwürdigste Nacht meines Lebens und meiner Karriere“, sagte der Skandinavier im Diamond-League-Interview. „Ich wollte vor meinem Publikum mein Bestes geben und etwas Besonderes schaffen.“ Das gelang: Der Schwede verbesserte den 29 Jahre alten Meetingrekord der kenianischen Lauflegende Daniel Komen.
Doch damit nicht genug: Andreas Almgren verbesserte den zwei Jahre alten Europarekord des Spaniers Mohamed Katir um 0,74 Sekunden auf eine Zeit von 12:44,27 Minuten. Dieses Ziel habe er sich für den Sommer 2025 vorgenommen. Ganz so aus dem Nichts kam der Rekordlauf des Schweden freilich nicht, wenngleich die Karriere des hochtalentierten Junioren-WM-Medaillengewinners von 2014 (800m) gegen Ende des letzten Jahrzehnts aufgrund einer Serie von Verletzungen, möglicherweise als Folge von zu intensivem Training, nicht die Richtung eingeschlagen hat wie intendiert.
Seit drei Jahren verbesserte er sich kontinuierlich und in großen Schritten, im vergangenen Frühsommer lief er zwei 5.000m-Läufe in unter 13 Minuten, darunter seinen bisherigen schwedischen Rekord von 12:50,94 Minuten in Oslo. Sein schwedischer Rekord im 5km-Lauf liegt bei einer Zeit von 13:05 Minuten, beeindruckender sind jedoch seine Rekorde auf den längeren Distanzen: 26:53 Minuten, Europarekord im 10km-Lauf, 59:23 Minuten im Halbmarathon, 26:52,87 Minuten im 10.000m-Lauf. All diese Rekordläufe des ehemaligen Mittelstreckenläufers stehen nun aber im Schatten der 12:44,27 Minuten, laut Performance Score von World Athletics die wertvollste Leistung bisher in der Karriere des Schweden. Mit ihr liegt er auf Position zehn der ewigen Weltbestenliste.
Geburtsdatum: 12. Juni 1995
Nationalität: schwedisch
Persönliche Bestleistungen:
800m-Lauf: 1:45,59 Minuten
1.500m-Lauf: 3:32,00 Minuten
3.000m-Lauf: 7:34,31 Minuten (schwedischer Rekord)
5.000m-Lauf: 12:44,27 Minuten (Europarekord)
5km-Straßenlauf: 13:05 Minuten (schwedischer Rekord)
10.000m-Lauf: 26:52,87 Minuten (Europarekord)
10km-Straßenlauf: 26:53 Minuten (Europarekord)
Halbmarathon: 59:23 Minuten (schwedischer Rekord)
Almgren trainiert seit Jahren nach der „norwegischen Trainingsmethode“, steht in engem Austausch mit den Ingebrigtsen-Brüdern und folgt sehr stark deren Philosophie, wie ein Interview mit dem norwegischen Fernsehsender NRK vor gut einem Jahr berichtete.
Den nächsten Schritt in der Formentwicklung in dieser Saison machte Emmanuel Wanyonyi, der bereits in Oslo den 800m-Lauf gewonnen hat. Von vorne laufend siegte der Kenianer in einer Topzeit und neuen Weltjahresbestleistung von 1:41,95 Minuten, fast eine Sekunde schneller als am Donnerstag mit vergleichbarem taktischen Rennverlauf. Bei idealen Laufbedingungen für die Mittelstrecke verwies der 20-Jährige den algerischen Vorjahressieger Djamel Sedjati, der auf der Zielgerade noch an Josh Hoey und Gabriel Tual vorbeispurtete, um 0,32 Sekunden auf den zweiten Platz. Der US-amerikanische Hallen-Weltmeister belegte in einer persönlichen Bestleistung von 1:42,43 Minuten den dritten Platz vor Tual, der wie in Oslo Vierter wurde, sich aber in seiner Zeit auch steigerte. Hoey liegt nun auf Platz drei der ewigen US-Bestenliste im 800m-Lauf. Völlig eingegangen ist dagegen der Olympia-Vierte und ehemalige Hallen-Weltmeister Bryce Hoppel.
Nicht als Erste ins Ziel schaffte es Wanyonyis Landsfrau Mary Moraa im 800m-Lauf der Frauen, die aber in einer Zeit von 1:57,83 Minuten den mit Abstand besten Wettkampf ihrer bisher eher bescheidenen Saison mit einigen überraschend dürftigen Auftritten im Rahmen der Grand Slam Track zeigte. Die Sensation des Rennens lieferte Georgia Hunter-Bell, die sich auf den letzten 100 Metern mit einem frenetischen Schlussspurt noch von Position sechs auf der Außenbahn an die Spitze schob. „Ich bin ein bisschen festgesteckt und musste schon in der Kurve ein paar Extrameter einlegen. Aber ich habe mich wirklich stark und gut gefühlt“, schilderte Hunter-Bell.
Die Siegerzeit von 1:57,66 Minuten ist die drittschnellste in der Karriere der Olympia-Medaillengewinnerin im 1.500m-Lauf. Damit sprang die 31-Jährige für ihre Trainingspartnerin Keely Hodgkinson in die Bresche. Die Olympiasiegerin wollte in Stockholm eigentlich ihre Saisonpremiere geben, doch ein Rückschlag in der Erholungsphase einer Oberschenkelverletzung ließ die Engländerin laut BBC den Wettkampfeinstieg in die Freiluftsaison kurzfristig verschieben.
Eine neuerlich sehr starke Leistung lieferte die junge Schweizerin Audrey Werro ab. In einer Zeit von 1:58,35 Minuten belegte sie unmittelbar hinter der südafrikanischen Hallen-Weltmeisterin Prudence Sekgodiso den vierten Platz. Es war die viertschnellste Zeit in der Karriere der 21-Jährigen.
Der Sieg im 3.000m-Lauf der Frauen ging an die Australierin Linden Hall, die in einer Zeit von 8:30,01 Minuten das Duell gegen Sarah Chelangat von vorne laufend für sich entschied und sich auf Platz drei der ewigen australischen Bestenliste in dieser Disziplin verbesserte. Es war ihr zweiter Diamond-League-Sieg, auch den ersten hatte die 33-Jährige vor drei Jahren auf halber Distanz in diesem Stadion geholt. Die 24-jährige Afrikanerin verbesserte ihren eigenen Landesrekord für Uganda. Beachtlich war die Leistung der erst 19-jährigen Britin Innes Fitzgerald, die in einer persönlichen Bestzeit von 8:32,90 Minuten den dritten Platz belegte. Den 40 Jahre alten Juniorinnen-Europarekord ihrer Landsfrau Zola Budd verpasste sie um vier Sekunden.
Seit 1967 findet Schwedens wichtigstes Leichtathletik-Meeting im ehrwürdigen Olympia-Stadion von Stockholm, Wettkampfstätte der Olympischen Spiele 1912, statt. In keinem anderen Stadion der Welt wurden in der Historie laut Wikipedia mehr Weltrekorde aufgestellt als in Stockholm. Seit 2010 ist es traditioneller Austragungsort eines Diamond-League-Meetings.
Keine Diamond-League-Punkte wurden im 3.000m-Hindernislauf der Männer vergeben. Karl Bebendorf feierte dennoch einen prestigeträchtigen Sieg und markierte in einer Zeit von 8:11,81 Minuten eine neue persönliche Bestleistung. Der Deutsche Leichtathletik-Verband zitierte den 29-Jährigen: „Ich habe nach meinem Trainerwechsel gespürt, dass ich mich verbessert habe.“ Der neue deutsche Rekord von Frederik Ruppert sei für ihn eine Motivation. Zu den Geschlagenen gehörten unter anderem der zweitplatzierte Neuseeländer Geordie Beamish und der äthiopische Favorit Getnet Wale auf Position fünf.
Einen Heimsieg feierte im Vorprogramm auch der schwedische Rekordhalter Samuel Pihlström im 1.500m-Lauf. Der 24-Jährige setzte sich in einer Zeit von 3:31,53 Minuten vor dem Italiener Federico Riva und Kristian Hansen aus Dänemark durch. George Mills, seit vier Tagen britischer Rekordhalter im 5.000m-Lauf, belegte in einer Zeit von 3:32,67 Minuten den fünften Platz auf der aus seiner Sicht Unterdistanz.
🇬🇧 Am vergangenen Wochenende gab es in Europa zwei wichtige 10.000m-Läufe. Bei den offenen britischen Meisterschaften in Birmingham holten Megan Keith in einer Zeit von 31:19,33 Minuten und Emile Cairess, Olympia-Vierter im Marathon von Paris, in einer Zeit von 27:27,95 Minuten. Keith musste sich überraschend der Italienerin Elisa Palmero geschlagen geben, die den Kampf um den Wettkampfsieg in einer Zeit von 31:18,88 Minuten für sich entschied. Cairess gewann dank seiner neuen persönlichen Bestleistung den Titel mit einem Vorsprung von 47 Sekunden. Beim Gouden Spike Meeting in Leiden lief Mekdes Woldu in einer Zeit von 31:23,45 Minuten einen neuen französischen 10.000m-Rekord. Schneller war nur Rebecca Chelangat aus Uganda in einer Zeit von 3:21,74 Minuten. Alina Reh meldete sich mit Platz sechs zurück. Bei den Männern siegte Brian Kibor aus Kenia in 27:29,38 Minuten.
🇺🇸 Donavan Brazier hat im zweiten Wettkampf nach seinem Comeback einen weiteren großen Schritt gemacht. Der ehemalige Weltmeister gewann den 800m-Lauf im Rahmen des Portland Track Festival, einem Meeting der World Athletics Continental Tour Bronze, in einer Zeit von 1:43,81 Minuten. Auch die Siegerzeit bei den Frauen war hochklassig: Jessica Hull aus Australien erzielte eine Zeit von 1:58,69 Minuten.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © Thomas Windestam for Diamond League AG