Neuer Weltrekord im Halbmarathon

„Das ist ein wahr gewordener Traum für mich“, erklärte eine sichtlich überglückliche neue Weltrekordhalterin im Interview mit der BBC, die vom Antrim Coast Halbmarathon in Larne, einer kleinen Hafenstadt nördlich von Belfast, live berichtete. Für die Laufwelt ist es ein Paukenschlag und ein kleiner Meilenstein. Erstmals blieb eine Läuferin im Halbmarathon unter 1:03:44 Stunden, Yalemzerf Yehualaw verbesserte die erst vor knapp fünf Monaten in Istanbul aufgestellte Marke von Ruth Chepngetich um 18 Sekunden.

Rasante Entwicklung

Was aber noch erstaunlicher ist: Chepgnetich hatte den Weltrekord bereits um 29 Sekunden verbessert, was bedeutet, dass der Weltrekord im Halbmarathon binnen eineinhalb Jahren um 47 Sekunden fiel. Erst 2017 war überhaupt die Schallmauer von 1:05 Stunden durchbrochen worden. Es ist eine unglaubliche Entwicklung, die in der Entwicklung hoch leistungsfähiger Laufschuhe wohl nur einen von mehreren Gründen findet. Ein anderer scheint, dass Halbmarathonläufe wie alle Straßenläufe abseits des Marathons, der immer schon eine Sonderstellung in der Ausstrahlung hatte, immer attraktiver werden und mehr junge Spitzenathletinnen und -athleten anziehen, die ihre Bahnkarriere überspringen.

Yalemzerf Yehualaw ist erst frische 22 Jahre alt und vor zwei Jahren als Straßenläuferin erstmals aufgetaucht. Bei ihrem allerersten Wettkampf außerhalb Afrikas stürmte die Newcomerin in Neu Dehli zu einer Zeit von 1:06:01 Stunden, nur Wochen später gewann sie in Xiamen ihren ersten Halbmarathon außerhalb Afrikas. Davor war sie in Rabat Goldmedaillengewinnerin bei den Afrikaspielen geworden. Dass ausgerechnet sie Weltrekordhalterin ist, ist nicht so überraschend. Denn die junge Äthiopierin entwickelte sich schrittweise weiter, gewann bei den Weltmeisterschaften 2020 die Bronzemedaille und knackte mit ihrem Sieg in Neu Delhi Ende November erstmals die Marke von 1:05 Stunden. Heute, neun Monate später, ist sie nicht eine der wenigen Läuferinnen, die diese Marke bereits zweimal unterboten hat. Nein, sie hat es nach Rang zwei in Istanbul Anfang April als erste überhaupt bereits zum dritten Mal geschafft.

Yehualaw, die im NN Running Team trainiert, genoss in Nordirland perfekte Unterstützung ihrer holländischen Tempomacher Roy Hoornweg und Mohamed Ali. Das Tempo war von Beginn an schwindelerregend, im Kampf um den Sieg war die Äthiopierin eh konkurrenzlos. Fast das gesamte Rennen über hielt sie einen Schnitt von minimal über drei Minuten pro Kilometer, was zur Fabelendzeit von 1:03:44 Stunden führte. Von der Wertigkeit der Leistungseinschätzung laut Result Score von World Athletics ist der neue Weltrekord der Frauen hochwertiger als jener von Kibiwott Kandie (57:32) bei den Männern und noch deutlich hochwertiger als der irre Marathon-Weltrekord von Brigid Kosgei (2:14:04).

Exakt sechs Minuten später erreichte die 19-jährige Kenianerin Jane Nyamboke, die ihren ersten Wettkampf außerhalb der kenianischen Landesgrenzen absolvierte, das Ziel als Zweite.

Yimer Sieger bei den Männern

Auch bei den Männern gab es mit Jemal Yimer einen äthiopischen Favoritensieg. Der äthiopische Rekordhalter blieb zwar weit entfernt von seinen besten Halbmarathonzeiten, gewann den Endspurt aber gegen seinen Landsmann Tesfahun Akalnew und den Kenianer Shadrack Kimining und verbuchte eine Siegerzeit von 1:00:30 Stunden.

Bester Brite war der viertschnellste der britischen Halbmarathon-Geschichte, Marc Scott in einer Zeit von 1:00:35 Stunden, womit er seine persönliche Bestleistung aus dem Vorjahresrennen in Larne um vier Sekunden steigerte. Bei den Olympischen Spielen war Scott 14. im 10.000m-Lauf und über die halbe Distanz im Vorlauf gescheitert.

Einer der ersten größeren Straßenläufe seit langem

Der Veranstalter des international eher unbekannten Antrim Coast Halbmarathon ist bereits im Winter mit großen Ambitionen an die Öffentlichkeit getreten und hat mit der schnellen Strecke durch das UNESCO-Weltkulturerbe in Larne geworben. Außerdem mit der Verpflichtung von Mo Farah und damit, dass der Antrim Coast Halbmarathon einer der ersten Straßenläufe weltweit nach den Olympischen Spielen sein würde. Und einer der ersten seit Pandemiebeginn mit einem größeren Feld für Freizeitläuferinnen und Freizeitläufer, immerhin knapp 3.000 liefen ins Ziel.

Der britische Star und Vorjahressieger konnte aus gesundheitlichen Gründen in diesem Jahr nicht teilnehmen, weilte aber als Zuschauer im Geburtsort seines Coaches Gary Lough. Die Rolle des Stars des Events hat Yehualaw übernommen. Die Olympischen Spiele hat Yehualaw übrigens verpasst, weil sie bei den Trials im 10.000m-Lauf nur den vierten Platz belegt hat.

Ergebnisse Antrim Coast Half Marathon 2021

Frauen

1. Yalemzerf Yehualaw (ETH) 1:03:44 Stunden *
2. Jane Nyamboke (KEN) 1:09:44 Stunden **
3. Rose Harvey (GBR) 1:10:28 Stunden ***
4. Georgie Schwierig (GBR) 1:11:12 Stunden ***
5. Fionnuala Ross (GBR) 1:13:09 Stunden ***
6. Ann-Marie McGlynn (GBR) 1:13:12 Stunden
7. Becky Briggs (GBR) 1:13:31 Stunden
8. Jessica Craig (GBR) 1:14:48 Stunden ***
9. Chloe Richardson (GBR) 1:14:57 Stunden ***
10. Aoife Kilgallon (IRE) 1:15:06 Stunden ***

Männer

1. Jemal Yimer (ETH) 1:00:30 Stunden
2. Tesfahun Akalnew (ETH) 1:00:31 Stunden
3. Shadrack Kimining (KEN) 1:00:32 Stunden
4. Marc Scott (GBR) 1:00:35 Stunden ***
5. Nigel Martin (GBR) 1:03:22 Stunden ***
6. Ryen Creech (IRE) 1:03:26 Stunden ***
7. Paul O’Donnell (IRE) 1:03:37 Stunden **
8. Ross Skelton (GBR) 1:03:40 Stunden ***
9. Stephen Scullion (IRE) 1:03:54 Stunden
10. Mohamed Ali (NED) 1:04:08 Stunden

* neuer Halbmarathon-Weltrekord
** Halbmarathon-Debüt
*** neue persönliche Bestleistung

Antrim Coast Halbmarathon