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Die 36. Auflage der kontinentalen Meisterschaften unter dem Hallendach in der polnischen Stadt Torun, womit eine der erfolgreichen Leichtathletik-Nationen Europas der letzten Jahre zum zweiten Mal diese Titelkämpfe ausrichtete, überzeugte durch ein hohes sportliches Niveau. In vielen Bewerben, auch in…
Die 36. Auflage der kontinentalen Meisterschaften unter dem Hallendach in der polnischen Stadt Torun, womit eine der erfolgreichen Leichtathletik-Nationen Europas der letzten Jahre zum zweiten Mal diese Titelkämpfe ausrichtete, überzeugte durch ein hohes sportliches Niveau. In vielen Bewerben, auch in den Laufdisziplinen und dort insbesondere bei den Männern war die Leistungsdichte auf hohem Niveau enorm. Andreas Vojta (team2012.at), Österreichs einziger Läufer in Torun, der im Vorlauf über 3.000m ausschied, kann ein Lied davon singen. In dieser Disziplin wurde auch sichtbar, dass die Crosslauf-Saison ausgefallen ist und noch mehr europäische Topläufer der langen Strecken auf der Bahn ihren Fokus auf die Hallensaison legten als in manch anderen Jahren. Auch das organisatorische Niveau in der Arena wurde gelobt.
ÖLV ohne Medaille
Das aus sieben Athletinnen und Athleten bestehende ÖLV-Team reiste ohne Medaillengewinn aus Polen zurück, nachdem Mehrkämpferin Ivona Dadic als einzige rot-weiß-rote Athletin mit realistischen Chancen auf Edelmetall auf Platz vier landete. Im Placing Table, in dem es gestaffelte Punkte für Top-acht-Positionen gibt, reichte diese Leistung dafür, dass sich der ÖLV auf Rang 27 platzierte und damit im hinteren Mittelfeld der europäischen Nationen. Auch abseits von Edelmetall konnte keiner der österreichischen Athleten mit einem Sensationsergebnis oder einer herausragenden Leistung aufwarten, wie es bei vergangenen internationalen Meisterschaften regelmäßig der Fall war. Dennoch zeigte sich ÖLV-Sportdirektor Gregor Högler mit Nachdruck zufrieden: „Das Fazit ist ein sehr positives. Sehr viele aus unserem Team sind an ihre Saisonbestleistungen herangekommen oder haben sogar persönliche Bestleistungen aufgestellt. Die EM war sicher ein Ausrufezeichen, alle haben Österreich sehr gut repräsentiert.“ Und nützte die Bühne für eine Forderung: „Für die jungen Athletinnen und Athleten gilt es jetzt, eine gute Infrastruktur zu schaffen, besonders bei der Hallen-Situation müssen wir international aufholen.“
Premiere für Oranje
Der Blick auf den Medaillenspiegel ist auch ohne rot-weiß-rote Platzierung interessant. Erstmals in der langen Geschichte der Hallen-Europameisterschaften schaffte die Niederlande den Sprung auf Platz eins. Vier Goldmedaillen, eine Silbermedaille und zwei Bronzemedaillen sind eine beachtliche Ausbeute, zu 100% aus dem Sprintbereich. Europas wohl stärkste Läuferin der Gegenwart, Sifan Hassan war gar nicht dabei – sie hätte diese hervorragende Bilanz noch aufpolieren können. Weil die Goldmedaillen im traditionell europäischen Verständnis von Medaillenspiegeln eine höhere Gewichtung haben, sind auch vermeintlich kleinere Leichtathletik-Nationen in den Top-Ten. Portugal holte in den technischen Disziplinen gleich drei Goldmedaillen, die Schweiz und Norwegen dank des Doppelsiegs von Jakob Ingebrigtsen jeweils zwei. Dessen ausgesprochene und revidierte Disqualifikation im spannenden Finallauf über 1.500m war einer der größten Aufreger des viertägigen Wettkampfprogramms, insbesondere, weil der junge Norweger nicht zum ersten Mal in dieser Situation war. Das Team Ingebrigtsen arbeitet auch auf dieser Ebene hochprofessionell in der Argumentation und der Athlet lotet seine Grenzen aus. Der Erfolg scheint ihm Recht zu geben.
Die eigentliche Nummer eins von der Insel
Weniger überraschend als die Topposition der Niederlande erscheinen die zwölf Medaillen für Großbritannien und damit die meisten aller Nationen. Bei genauerem Hinschauen ist das allerdings schon beachtlich, weil der britische Verband jener der Topnationen der europäischen Leichtathletik war, der auf die meisten Topathletinnen und -athleten verzichten musste. Gastgeber Polen freute sich über zehnmal Gold, landete im Medaillenspiegel aber unter Wert nur auf Platz neun, weil erst Patryk Dobek im 800m-Lauf die erste und einzige Goldmedaille gewann. Auffallend ist, dass Großbritannien und Polen die Laufentscheidungen abseits vom Ausnahmetalent Ingebrigtsen dominierten – ein Fingerzeit Richtung der europäischen Möglichkeiten bei den Olympischen Laufentscheidungen von Tokio im August. Von den großen europäischen Nationen landete Deutschland als einzige nicht in den Top-Ten des Medaillenspiegels, weil Titelgewinne ausblieben. Mit sechs Medaillen lag der DLV aber immerhin auf Rang vier des Placing Tables hinter Großbritannien, Polen und der Niederlande. „Ich bin nicht ganz unzufrieden“, bilanzierte daher DLV-Chefbundestrainerin Anett Stein. „Die Bilanz bewegt sich im Rahmen der Vorleistungen, mit denen wir hier angereist sind. Die Mannschaft hat gut performt.“ Hanna Kleins Bronzemedaille im 1.500m-Lauf war der Höhepunkt der Laufleistungen des deutschen Teams.
Hallen-EM zu Pandemiezeiten
Die Hallen-EM 2021 stand natürlich auch unter dem Eindruck der Pandemie und der scharfen Einschränkungen in ganz Europa. Polen stand hinter der Austragung und ermöglichte sie unter Einhaltung eines strikten COVID-19-Protokoll, dass Athleten, eine Minimalzahl an Betreuern, Medienvertreter und Funktionäre de facto im Hotel festnagelte und nur, möglichst kurze Aufenthaltszeiten in der Halle ermöglichte. „ Es war wichtig für die Leichtathletik, dass sie vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie auf der Basis eines umfassenden Hygienekonzeptes mit dieser internationalen Meisterschaft wieder sichtbar war. Dies gibt auch Veranstaltungen im Breitensport und speziell Laufveranstaltungen eine wichtige Orientierung“, sagte DLV-Generaldirektor für den Bereich Sport, Idriss Goschinska. Dennoch war nicht alles Gold, was glänzt, der Veranstalter hatte große logistische Herausforderungen umzusetzen. Ivona Dadic war die erste Österreicherin, die sich auf den Weg nach Torun machte, und beschwerte sich über das ewig lange Warten auf das COVID-19-Testergebnis in einer kühlen Tiefgarage, unmittelbar nach einer langen Anreise über München, Frankfurt und ab Warschau im Shuttle, sowie über eine Dopingkontrolle am darauffolgenden Morgen, nachdem sie erst kurz vor Mitternacht das Zimmer betreten hatte. Die Oberösterreicherin sprach von „wirklich extrem schlechten Voraussetzungen für einen Hochleistungssportler“ (Quelle: Olaf Brockmann, Facebook). Das war in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch.
Auch der deutsche 1.500m-Läufer Marius Probst, der im Vorlauf überraschend deutlich scheiterte, war wenig glücklich über die Umstände. „Ich habe auch noch nicht erlebt, zwei Tage vor dem Wettkampf 22 Stunden anzureisen“, wurde er auf der Website des DLV zitiert. Am meisten ärgerte sich wohl der irische 3.000m-Läufer Darragh McElhinney. Laut eines Berichts der irischen Tageszeitung „Independent“ legte der 20-Jährige am Montag vor der Hallen-EM in der Heimat einen positiven PCR-Test ab, den das Medium als falsch bezeichnete, weil der Athlet in den folgenden beiden Tagen jeweils einen negativen PCR- und Antigenschnelltest ablegte. Dennoch durfte er laut Wettkampfregularien aufgrund des ersten Testresultats nicht nach Polen anreisen.
Medaillenspiegel der 35. Leichtathletik-Hallen-EM, Torun 2021 (26 Entscheidungen)
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