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Österreichs Laufsport am Prüfstand – Straßenlauf der Damen
Nach den Olympischen Spielen ist vor den Olympischen Spielen – und noch dringlicher: vor den Weltmeisterschaften in London und weiteren bedeutenden Straßenläufen auf nationalem und internationalem Boden. Für den Österreichischen Leichtathletik-Verband geht eine ereignisreiche Saison zu Ende. Das gilt auch…
Nach den Olympischen Spielen ist vor den Olympischen Spielen – und noch dringlicher: vor den Weltmeisterschaften in London und weiteren bedeutenden Straßenläufen auf nationalem und internationalem Boden. Für den Österreichischen Leichtathletik-Verband geht eine ereignisreiche Saison zu Ende. Das gilt auch für den Laufsport. RunAustria analysiert den Status quo im österreichischen Laufsport, beleuchtet gegenwärtige Entwicklungen der Athleten und richtet den Blick auf die kommenden Höhepunkte im Sportjahr 2017 und darüber hinaus. Teil 3: Straßenlauf der Damen.
Österreichs Marathonlauf der Damen befindet sich in einer Übergangsphase!
Eine Situationsanalyse im Straßenlauf der Damen scheint nicht leicht. Denn insbesondere, wenn man die Königsdisziplin anschaut, befindet sich Österreichs Laufsport in einem Umbruch. Die Zeiten, in denen in Österreich regelmäßig Marathonzeiten unter 2:40 Stunden angeboten werden konnten, liegen schon Jahre zurück. In den vergangenen sieben Saisonen gelang dies einzig Andrea Mayr (SVS Leichtathletik) in Wien 2010, bei ihren beiden Olympia-Qualifikationsrennen in Frankfurt 2011 und 2015 sowie bei der Olympischen Entscheidung in London 2012. Die 37-Jährige ist nach wie vor Österreichs beste Marathonläuferin – sowohl statistisch (Sie hält den ÖLV-Rekord in einer Zeit von 2:30:43 Stunden, gelaufen bei ihrem Sieg beim Vienna City Marathon 2009) als auch mit ihrem aktuellen Leistungsvermögen. Dahinter hat sich in den letzten Jahren eine Gruppe formiert, die zwar persönlich gute Leistungen erzielte und dabei sogar Erfolge feierte (Andrea Weber beim Graz Marathon, Karin Freitag beim Lucca Marathon), aber für Aufgaben auf internationalem Parkett nicht in Frage kommt.
Österreichs beste Marathonläuferin ist die beste Bergläuferin der Welt!
National die unumstrittene Nummer eins ist für die Oberösterreicherin auf internationalem Terrain das olympische „Dabeisein“ das höchste der Gefühle. Dies liegt nicht einzig an der Überlegenheit der afrikanischen Läuferinnen, sondern schlichtweg daran, dass im Marathon die Trauben generell hoch hängen. Mayr selbst räumt offen und realistisch ein, dass ihr Leistungsvermögen über die 42,195 Kilometer nicht für die europäische, geschweige denn die Weltspitze reicht. Daher hat sie sich in den vergangenen Jahren die Highlights herausgepickt und sich sowohl 2012 als auch 2016 für die Olympischen Spiele qualifiziert.
Deutlich besser ist Mayrs Standing im Berglauf, den sie zu ihrer Lieblingsdisziplin gemacht hat. Im Laufe der Jahre wurde ihre Rolle im Berglauf immer dominanter. Im Grunde genommen ist die 37-jährige Allrounderin in dieser Disziplin seit Jahren unbezwingbar. Ist sie am Start, kommen alle anderen erst nach ihr ins Ziel. Die als Ärztin voll ins Berufsleben integrierte Oberösterreicherin stürmte in den vergangenen Jahren zu einem WM-Titel nach dem anderen. Auch wenige Wochen nach den Olympischen Spielen von Rio war sie bei den Berglauf-Weltmeisterschaften in Sapareva Banya nicht zu schlagen. Mittlerweile zählt ihre außergewöhnliche Karriere sechs Berglauf-WM-Titel und vier Berglauf-EM-Titel, dazu kommen drei weitere Medaillengewinne.
Im Sog Mayrs ist es dem ÖLV in den letzten Jahren immer wieder gelungen, bei internationalen Berglauf-Meisterschaften gute Ergebnisse zu erzielen, wie zum Beispiel der EM-Medaillengewinn durch Sabine Reiner (hellblau.POWERTEAM) 2014. Ohne den Berglauf als nur in einzelnen Ländern mit Überzeugung betriebene Teildisziplin des insgesamt weltumspannenden Laufsports degradieren zu wollen: Es ist natürlich etwas ganz anderes, im internationalen Straßenlauf Erfolge zu feiern. Dies soll Mayrs beeindruckende Leistungen nicht schmälern. Nur differenzieren, dass die Österreicherin im Berglauf eine (noch aktive) Legende und im internationalen Straßenlauf eine Läuferin von vielen ist.
Österreich sucht nach jungen Marathonläuferinnen, die international bestehen können
Offiziell bindende Bekenntnisse gibt es noch keine, allerdings ist es fraglich, ob Andrea Mayr überhaupt noch einen Marathon läuft. „Gefühlsmäßig“ sei es ihr letzte gewesen, wurde sie nach den Olympischen Spielen in den Oberösterreichischen Nachrichten zitiert. Ähnliche Vorhaben gab es allerdings bereits vier Jahre davor nach London und diese hielten keine Olympiade lang. Bei den Olympischen Spielen von Tokio 2020 wäre sie bereits 40 Jahre alt und bereits in den vergangenen Jahren war einzig der besondere Reiz der Olympischen Spiele Motivator zur harten Marathon-Vorbereitung.
Hinblicklich der Spiele in Tokio ist also der Marathon-Nachwuchs gefragt. Auch wenn rasante Entwicklungen mit Überraschungseffekt nicht sehr wahrscheinlich sind, bieten sich dem ÖLV Optionen, in den nächsten Jahren bei internationalen Marathonentscheidungen nicht nur die Zuschauerrolle übernehmen zu müssen.
Am naheliegendsten ist die noch junge Marathon-Laufbahn von Anita Baierl (TuS Kremsmünster), die heuer beim Salzburg Marathon zwar keine berauschende Premiere über die 42,195 Kilometer feierte, aber angesichts erschwerender Umstände in ihrem privaten Umfeld eine ordentliche. Den ersten Schritt in eine neue Ära ihrer Karriere hatte sie mit dem Gewinn der Goldmedaille bei den Staatsmeisterschaften in der Mozartstadt geschafft. Außer dem Marathon-Debüt glückte 2016 nicht viel, die Oberösterreicherin erlebte durch den Tod ihres Vaters und Trainers allerdings auf der emotionalen Ebene sehr schwierige Zeiten.
Halbmarathon-Bestzeit als Mutmacher
Mehrere Indikatoren weisen darauf hin, dass Anita Baierl in die Fußstapfen Andrea Mayrs treten und vielleicht schon in Tokio an den Olympischen Spielen teilnehmen kann. Mit ihren 28 Jahren ist Baierl für eine Marathonläuferin noch jung und kann mit angereicherten Erfahrungen mitentwickeln. Die größte Hoffnung liefert aber ihr Raketenstart im Halbmarathon. 2014 lief sie in Salzburg erstmals ein Rennen über die Distanz von 21,0975 Kilometer und blieb unter 1:16 Stunden. Rund ein halbes Jahr später stürmte sie in Berlin in ihrem zweiten Halbmarathon zu einer persönlichen Bestleistung von 1:13:23 Stunden. Damit ist Baierl knapp zwei Minuten hinter Andrea Mayrs Halbmarathon-Rekord aus dem Jahr 2015 die Nummer drei in der ewigen Bestenliste des ÖLV. Nach dem abgelaufenen Wettkampfjahr 2016 gilt allerdings die Devise, zu diesem Leistungsvermögen zurückzukehren. Mit konstanten sportlichen Leistungen, stabilem Gemüt und Nervenstärke. Gelingt das, ist der EM-Marathon in Berlin im Sommer 2018 das nächste sehr attraktive Ziel.
Böser Trainingsunfall stoppt Höhenflug von Susanne Mair!
Es hätte einer der letzten Trainingsläufe vor den Staatsmeisterschaften im Halbmarathon 2015 am Wörthersee sein sollen. Es wurde zu jenem Trainingslauf, der eine hoffnungsvolle Karriere unsanft bremste und das Leben von Susanne Mair (Union Raika Lienz) veränderte. Bei einer Kollision mit dem (Gott sei Dank ausgeschaltenem) Mähwerk eines Unimogs des Baubezirksamts Lienz zog sich die junge Osttirolerin schwere Verletzungen an den Beinen zu. In einer stundenlangen Notoperation wurde Mair bestmöglich erstversorgt und es entwickelte sich alles zum Guten. Entgegen erster Befürchtungen erholte sich der Körper von Susanne Mair komplett von diesem schweren Unfall, sie nahm 2016 bereits wieder an ersten Wettkämpfen teil.
Ziel Olympia weiter im Blick
Vor diesem tragischen Zwischenfall war die 22-Jährige eine hoffnungsvolle Läuferin, die im Halbmarathon einen ÖLV-U23-Rekord lief, im Berglauf aufzeigen konnte und bereits an einer Berglauf-WM teilnahm. Nach der Rehabilitation ist Mair immer noch ein junges Lauftalent, das sich aber neu entwickeln muss. Bevor leistungssportliche Ziele gesetzt werden, stehen die Gesundheit und die gänzliche Verarbeitung des Vorgefallenen im absoluten Vordergrund. Das Wettkampfjahr 2017 wird ersten Aufschluss über die läuferische Zukunft der Osttirolerin geben. In einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ hat sie bereits wenige Monate nach dem Unfall ein großes Ziel ins Auge gefasst – den Olympischen Marathon von Tokio. „Vielleicht hat der Unfall seinen Sinn gehabt, dass ich besser auf meinen Körper achte. Ich passe jetzt viel mehr auf und schätze die Kleinigkeiten im Leben!“, sagte die Pharmazie-Studentin damals.
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