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Olympia 2024 – das Stade de France als Bühne der Träume

Vom 1. bis 11. August gehen in Paris die Leichtathletik-Bewerbe über die Bühne. Sie sind Teil eines grandiosen Sportereignisses.
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Am vergangenen Freitag wurden die Olympischen Spiele von Paris eröffnet. Traditionell gehen die Leichtathletik-Bewerbe in der zweiten Woche über die Bühne, in vier Jahren wird dies anders sein. Die ersten Wettkämpfe erfreuten sich einer besonderen Atmosphäre, auf die sich die Leichtathlet*innen auch im Stade de France bzw. bei den Geh- und Marathonbewerben in der Stadt freuen dürfen. Dort werden sich unzähliche Sportler*innen- und Lebensträume erfüllen.

Nach 1900 und 1924 ist Paris zum dritten Mal Gastgeber der Olympischen Spiele, nach London die erst zweite Stadt weltweit – Los Angeles wird 2028 zur dritten. London 2012 waren auch die letzten Olympischen Sommerspiele auf europäischem Boden, zum ersten Mal seit 1992 finden wieder Olympische Sommerspiele in der mitteleuropäischen Zeitzone statt. Die österreichische Leichtathletik wird von sieben Athlet*innen repräsentiert, darunter Marathonläuferin Julia Mayer (DSG Wien), deren Wettkampf am 11. August die Leichtathletik-Bewerbe beschließt, und 1.500m-Läufer Raphael Pallitsch (SVS Leichtathletik), der am kommenden Freitag in seinen Vorlauf geht.

RunUp-TV-Tipp: Die Olympischen Wettkämpfe werden im Rahmen der Olympia-Übertragungen auf ORF1, ORF Sport+, den deutschen Rundfunksendern sowie auf Eurosport 1 & 2 sowie jeweils in den Livestreams übertragen.

Die pinke Laufbahn des Stade de France

Die Leichtathletik-Bewerbe gehen im bei Leichtathletik-Bewerben 75.000 Zuschauer fassenden Stade de France im Pariser Vorort Saint-Denis über die Bühne – World Athletics spricht von einer Kapazität von 77.083 Zuschauer*innen. Die Arena wurde zur Fußball-WM 1998 neu erbaut und erlebte 2003 einen stimmungsvollen Leichtathletik-Höhepunkt mit den damaligen Weltmeisterschaften inklusive der Sternstunde des 18-jährigen Eliud Kipchoge, der im 5.000m-Lauf den marokkanischen Laufstar Hicham El Guerrouj und den 21-jährigen Kenenisa Bekele in einem legendären besiegte. Die beiden Lauflegenden stehen sich in Paris 2024 im Marathon gegenüber (siehe RunUp-Bericht). Vor den Olympischen Spielen wurde das Stadion modernisiert.

Das Organisationskomitee von Paris 2024 hat sich etliches Spektakuläres einfallen lassen, um den globalen Sport so attraktiv und stadtnah wie möglich zu präsentieren. Ästhetik, Eleganz und Kreativität spielen dabei in der „Stadt der Liebe“ eine große Rolle. Ein farblicher Tupfer ist auch die Laufbahn im Stade de France, die in pinker Farbe gehalten ist. Laut Medienberichten sei die Farbe gewählt worden, weil sie die Athlet*innen am besten zur Geltung bringt. Hergestellt wurde sie wie jede Olympia-Bahn seit 1976 vom italienischen Unternehmen Mondo, das eine technologisch hochwertigere und damit bessere Laufbahn als bei den Olympischen Spielen von Tokio verspricht. Die Hoffnungen, dass auf der neuen pinken Laufbahn in Paris pfeilschnelle Zeiten möglich sind, sind groß.

Das Programm der Leichtathletik beginnt am 1. August mit den ersten Gehbewerben und endet am 11. August mit dem Marathon der Frauen. Dazwischen sind an neun Tagen alle anderen Wettkämpfe in ein dichtes Programm gegossen, insgesamt wird 48x Gold, Silber und Bronze vergeben – zum ersten Mal, nach der Anpassung im Gehen, in gleich vielen Events bei Frauen und Männern.

Dass das Olympische Programm nicht wie traditionell mit dem Marathon der Männer, sondern erstmals mit dem Marathon der Frauen endet, nimmt auf ein wichtiges historischer Ereignis während der Französischen Revolution Bezug. Die Marathonstrecke mit Start vor dem Hotel de Ville und dem Ziel auf der Esplanade des Invalides ist mit seiner Streckenwahl hinaus zum Schloss Versailles inspiriert vom „Marsch der Frauen“ am 5. Oktober 1789.

Die Olympischen Leichtathletik-Bewerbe 2024

Zwei Hoffnungen für Mittelstreckenläufer*innen

Eine Neuigkeit bei den Leichtathletik-Bewerben betrifft die so genannte Hoffnungsrunde, die auf den Laufdistanzen den 800m- und 1.500m-Lauf einschließt. World Athletics hat die Einführung während der WM 2022 kommuniziert und erhofft sich eine größere allgemeine Aufmerksamkeit auf die Athlet*innen. Die Hoffnungsrunde bedeutet, dass nach den Vorläufen keine Athlet*in direkt ausgeschieden ist. All jene, die nicht den Direktsprung ins Halbfinale schaffen, haben in den Hoffnungsläufen eine neue Chance. Das bedeutet einerseits, dass im Extremfall Athlet*innen vier anstatt drei Runden absolvieren müssen. Andererseits dürfte die Motivation der Weltbesten groß sein, im Vorlauf bereits eine gute Leistung abzuliefern um den Auftritt in der Hoffnungsrunde zu sparen. Denn mit der zusätzlichen Runde zieht sich das Wettkampfprogramm pro Disziplin etwas in die Länge, womit mehr Regenerationszeit vorhanden ist. Für diejenigen, die nicht in die Hoffnungsrunde gehen.

Erstmals Preisgeld von World Athletics

Eine weitere Neuerung ist das Prämiensystem des Leichtathletik-Weltverbandes (World Athletics). Bisher gab es im Gegensatz zu Weltmeisterschaften bei Olympischen Spielen kein offizielles Preisgeld, sondern nur die national ausverhandelten und angebotenen Prämien. In Paris zahlt der Weltverband seinen Olympiasieger*innen 50.000 US-Dollar (das entspricht gut 46.000 Euro), in Los Angeles 2028 sollen alle Medaillengewinner*innen etwas verdienen.

Diese Entscheidung polarisiert, nicht nur, weil sie nur eine Sportart betrifft und die Leichtathletik im Solo vorgeprescht ist. WA-Präsident Sebastian Coe argumentiert den Bruch mit der Tradition die Anpassung an moderne Verhältnisse im Sport. Gegner*innen dieser Innovation sehen den Wert einer Olympischen Goldmedaille als weit höher als eine finanzielle Prämie, die aufgrund dieser Bedeutung auch als Anreiz nicht notwendig wäre.

Kein lückenloses Dopingkontrollnetz

Vor Olympischen Spielen ist traditionell das Thema Doping ein sehr präsentes. Auch in der Leichtathletik häuften sich zuletzt die Sanktionen, es wird stärker kontrolliert als zu anderen Zeitpunkten in einem Olympischen Zyklus. Der Zusammenschluss der nationalen Anti-Doping-Agenturen (ITA) gab bekannt, in Zusammenarbeit mit den internationalen Verbänden 32.650 Dopingkontrollen alleine im laufenden Kalenderjahr abgewickelt zu haben und dabei 88% der Olympia-Teilnehmer*innen, etwas mehr als 2021, mindestens einmal getestet zu haben. In China, Deutschland, Italien, Japan, Kenia, Südkorea, Türkei, Ungarn und der USA wurden gemäß einer nicht vollständigen Auflistung über 90% der Athlet*innen gemäß der Empfehlungen oder öfters getestet. Interessanterweise erreichen die europäischen Sport-Großnationen Großbritannien, Spanien, Niederlande und auch Gastgeber Frankreich diese Marke nicht.

Dass die Leichtathletik-Bewerbe in Paris 2024 ohne Dopingfall über die Bühne gehen wird (egal ob gleich enttarnt oder bei Nachtests), ist wohl Illusion. WA-Präsident Sebastian Coe setzte in einer bemerkenswerten Stellungnahme bei einem Auftritt in Wales im Mai 2024 große Hoffnungen in neue technologische Nachweisverfahren. Die Natur der Dinge zeige, dass Menschen immer dazu bereit wären, Grenzen zu überschreiten. „Sie werden nicht gut schlafen, wenn sie glauben, sie kommen mit Doping sicher durch“, warnte Coe Betrüger*innen mit deutlichen Worten.

Hohe Zustimmung

Spannend ist auch die hohe Zustimmung der Pariser Bevölkerung zur Durchführung von Olympischen Spielen. Laut einer Umfrage glauben drei von vier Pariser*innen daran, dass die infrastrukturelle Modernisierung einen positiven Einfluss auf das zukünftige Leben in der französischen Hauptstadt haben wird. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten drifteten Volksbefragungen oft in eine andere Richtung ab. Hauptbedenken in den Umfragen rund um die Olympischen Spiele 2024 waren Sicherheitsfragen. Auf ganz Frankreich ausgedehnte Umfragen brachten im übrigen ein weit weniger euphorisches Bild.

Paris hat sich jedenfalls herausgeputzt. Dazu zählten nicht nur hohe Investitionen und klare Planungen, sondern auch unpopuläre bis kritisierte Maßnahmen. In die letzte Kategorie fällt auch der Beschluss, über 12.000 Obdachlose gegen ihren Willen mit Bussen aus der Metropolregion zu schaffen, um das Stadtbild während der Spiele zu optimieren. Die britische Tageszeitung „The Guardian“ berichtete, dass viele Minderjährige betroffen waren. Hilfsorganisationen kritisierten, dass die Versorgung der Obdachlosen sich verschlechterte, weil sie keinen Zugang zu bewährten Hilfsnetzwerken mehr haben würden.

Für negative Berichterstattung sorgen schon seit Jahren die enormen Ticketpreise, unter anderem auch für das Stade de France, und die explodierenden Kosten im Bereich der Gastronomie und des Tourismus, besonders im Privatbereich.

Olympische Spiele 2024

Das größte Sportereignis der Welt zu organisieren, ist eine Mammutaufgabe mit vielen Facetten und großen Anstrengungen. Paris 2024 verspricht sich, einem historischen Rekord-Publikum von der Schokoladenseite zu präsentieren und die Spiele und Sportstätten zu den Menschen zu bringen. Drei wichtige Bereiche der Sportorganisation abseits der sportlichen Wettkämpfe:

Sicherheit: Die Sicherheit ist das zentrale Thema der heutigen Zeit bei der Organisation von Großereignissen. Das Scheinwerferlicht der ganzen Welt ist auf Paris gerichtet, das bringt enorme Herausforderungen. Zumal das Thema Sicherheit seit den Anschlägen 2015 in Paris ohnehin ein sehr sensibles ist. Rund 15 Millionen Besucherinnen erwartet die französische Hauptstadt in direktem Bezug zu den Olympischen Spielen während der 16 Wettkampftage, was allerdings nicht viel mehr ist, als zu Vergleichszeitpunkten in anderen Jahren Touristinnen in der Stadt waren. Rund 30.000 Polizeibeamte aus ganz Frankreich sind koordiniert im Einsatz, außerdem rund 15.000 Soldat*innen. Dazu kommen Zehntausende Sicherheitskräfte von privaten Agenturen. Sie alle kontrollieren vor den Sportstätten nahezu lückenlos

Budget: Fast 4,4 Milliarden Euro umfasst das Budget für die Durchführung der Olympischen Spiele 2024 in Paris. Aufgrund der Inflation wurde das Budget in den letzten Jahren deutlich aufgestockt. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron kalkuliert öffentlich, die Spiele würden die Spiele selbst refinanzieren. Laut Medienberichten werden die Gesamtkosten dieses Budget allerdings deutlich übersteigen. Die Universität Limoges prognostiziert einen wirtschaftlichen Effekt von 10,7 Millionen Euro, wie die Sportschau berichtete.

Nachhaltigkeit: Über 100.000 Speisen alleine für die Mitarbeiter des Organisationskomitees werden in den Tagen von Paris 2024 ausgegeben, rund 1,4 Millionen an die Athlet*innen. Sie alle sollen keinen Müll produzieren, wie die für Nachhaltigkeit Verantwortliche im Organisationsteam betont. Das ist nur ein Beispiel eines Gesamtkonzeptes, das Paris 2024 zu den nachhaltigsten Spielen machen soll. Die hohe Nutzung bestehender Sportstätten und der Einsatz erneuerbarer Energien sind zentrale Pfeiler dieses Konzepts, genauso wie die kurzen Wege innerhalb der Stadt.

100 Jahre danach

Die Olympischen Spiele 2024 werden trotz der vorgeschriebenen Kostenreduktionen ein gigantisches Sportfest. Im Gegensatz zu den Spielen von Tokio wird die Atmosphäre eine entscheidende Rolle einnehmen. Frankreich gehört zu den großen Sportnationen der Olympischen Geschichte, außerdem ist Paris als mitteleuropäische Stadt für den Großteil der Weltbevölkerung hervorragend oder gut erreichbar. Für über zwei Wochen ist die französische Hauptstadt damit Hauptprotagonist des Weltgeschehens, was sich hoffentlich in einem friedlichen Miteinander der unterschiedlichen Kulturen der Welt äußert.

Vor 100 Jahren waren Olympische Spiele überschaubar. Immerhin gab es mit dem Stade de Colombes bereits ein Olympiastadion mit einem Fassungsvermögen von rund 45.000 Zuschauer*innen. Star der zweiten Spiele nach dem Ersten Weltkrieg war der finnische Wunderläufer Paavo Nurmi, der in den Tagen von Paris 1924 fünf Goldmedaillen gewann (siehe RunUp-Bericht). Damals nahmen rund 660 Athlet*innen aus 40 Nationen teil, die Anreise des amerikanischen Teams etwa dauerte mit dem Schiff fast zwei Wochen. Dieses Mal sind alleine rund 2.000 Leichtathlet*innen aus über 200 Verbänden qualifiziert. Insgesamt sind knapp 11.000 Athlet*innen bei den Olympischen Spielen, das Olympische Dorf wurde in der Nähe des Stade de France gebaut. Knapp die Hälfte der Athlet*innen sind europäischer Herkunft.

Während es vor 100 Jahren keinen einzigen Wettkampf für die Frauen gab, erreicht Paris 2024 erstmals die absolute Gleichheit in den nominierten Sportler*innen, wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) stolz bekannt gab.

Autor: Thomas Kofler
Bild: Public Domain Pictures / Pixabay

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