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Olympische Verschiebungstendenz

Heute in vier Monaten endet die XXXII. Olympiade der Neuzeit mit der Entzündung des Olympischen Feuers im Olympiastadion von Tokio. Zumindest laut des offiziell noch aktuellen Ursprungstermins des Internationalen Olympischen Komitees. Eigentlich wären wir seit Jahren und Jahrzehnten nichts anderes…

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Heute in vier Monaten endet die XXXII. Olympiade der Neuzeit mit der Entzündung des Olympischen Feuers im Olympiastadion von Tokio. Zumindest laut des offiziell noch aktuellen Ursprungstermins des Internationalen Olympischen Komitees. Eigentlich wären wir seit Jahren und Jahrzehnten nichts anderes gewohnt. Doch zunehmender Druck durch die COVID-19-Pandemie selbst und aus der global umspannenden Sorgenwelle aufgrund der medizinisch in einigen Weltregionen scheinbar ungehemmten Verbreitung des Virus bringt nun diese vermeintlich unumstößliche Großveranstaltung gehörig ins Wanken. Stakeholder aus nationalem Sport etlicher Länder gehen bereits von einer Verschiebung um mindestens ein Jahr aus, Medienberichterstattungen und -kommentare schlagen in dieselbe Kerbe. Das erfahrene IOC-Mitglied Richard Pound, ehemaliger WADA-Präsident, wurde gestern in der Tageszeitung „USA Today“ zitiert, dass die Verschiebung der Spiele von Tokio bereits beschlossene Sache wäre. Die Bestätigung fehlt noch. Das IOC hat vor Tagen erstmals öffentlich eingestanden, über diverse Szenarien nachzudenken, die nicht eine plangemäße Durchführung beinhalten, auch wenn dies nach wie vor Plan A wäre. In einem Monat will man sich entscheiden, der Druck ist vorerst aus dem Kessel entwichen. Etwas. In der Gerüchteküche köchelt es aber munter weiter.
Fast zeitgleich hat auch Japans Premierminister Shinzo Abe öffentlich zugegeben, dass das japanische OK sich im Hintergrund mit Reserveszenarien befasst. Schweren Herzens, denn mit rigiden Maßnahmen hat Japan augenscheinlich die Ausbreitung des Coronavirus erfolgreich gedämmt und fühlt sich selbst in guten Voraussetzungen, in passendem gesundheitlichen Kontext, die Spiele vom 24. Juli bis 9. August durchzuführen. Aber vermutlich mit japanischer Gewissenheit. Als vor wenigen Tagen die Olympische Flamme in Japan landete und sie am Bahnhof in Sendai erstmals seit den Winterspielen von Nagano 1998 der japanischen Öffentlichkeit präsentiert wurde, tummelten sich über 50.000 Zuschauer, Interessierte, Schaulustige und Sportfans auf recht engem Raum. Ein Symbol, dass die Angst vor der Corona-Verbreitung in Japan bereits verdrängt wurde. Repräsentativ war dieser Auflauf allerdings nicht: Laut Umfragen glaubt mittlerweile die überwiegende Mehrheit der Japanerinnen und Japaner an eine Verschiebung oder Absage der Spiele. Die Sorge vor einer neuen, zweiten Infektionswelle durch Einreisen aus dem Ausland ist präsent. Für dieses Szenario wäre das größte globale Sportereignis das perfekte Umfeld im negativen Sinne.
 

Definitiv: Es muss eine Entscheidung gefällt werden und zwar die richtige. Eine, die von der Gemeinschaft von bis zu 206 Nationalen Olympischen Komitees unterstützt wird, nicht von einzelnen Interessenten eingefordert.

Das IOC, das mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eng zusammenarbeitet, steht vor schwierigen Abwägungen. Dass die Entscheidungsträger vier Monate vor dem Start so bedrängt werden, scheint in einer Zeit, wo selbst die Mehrzahl der Experten sich zu keinen detaillierten Prognosen hinreißen lassen und Signale aus Ostasien auf eine regionale Kontrollierbarkeit der Krankheitswelle hindeuten, nicht wirklich angemessen. Auch, wenn mathematische und statistische Rechenmodelle ein düsteres Zukunftsbild zeichnen. Definitiv: Es muss eine Entscheidung gefällt werden und zwar die richtige. Und die richtige sollte wirtschaftliche Interessen nicht einen zu großen Platz eingestehen, sondern die flächendeckende Gesundheit und die gemeinsame Bewältigung der gegenwärtigen Gesundheitskrise in den Vordergrund stellen. Eine, die von der Gemeinschaft von bis zu 206 Nationalen Olympischen Komitees unterstützt wird, nicht von einzelnen Interessenten eingefordert. Es ist sehr hinterfragenswert, warum die Entscheidung jetzt so offensiv eingefordert werden muss. Vier Monate vor dem Start, wo die Pandemie fast täglich neue Erkenntnisse und Trends mit sich bringt. Wo erste zarte Pflänzchen der Medikation zur Linderung der Pandemie an mehreren Standorten der Welt sich auf dem Weg zum Erblühen befinden könnten.
Nationale Olympische Komitees und Sportverbände fahren schwere Geschütze auf: Das norwegische NOK hat noch skandinavisch vorsichtig angefragt und den Wunsch geäußert, das IOC möge nur an den Spielen festhalten, wenn die Gesundheit aller Beteiligten gesichert wäre. Die Intention war aber eine indirekte Forderung der Verschiebung. Direkter artikulierten sich die NOKs aus Kanada und Australien, die jetzt schon ankündigten, keine Sportlerinnen und Sportler zu entsenden, sollte das IOC am geplanten Termin festhalten. Ähnliche Gedanken und Töne strömen aus den USA, Brasilien, Irland, Großbritannien, Deutschland, der Schweiz, Holland, Serbien, Kroatien, Neuseeland usw. aus. Heute auch aus Österreich, wo Sportminister Werner Kogler die Verschiebung der Olympischen Spiele als notwendig ansieht. Sportverbände wie der US-Schwimmverband sowie die mächtigen Leichtathletik-Verbände in Deutschland und den USA sowie zuletzt sogar der Leichtathletik-Weltverband, hervorgehend aus einem geleakten Brief, bedrängen das IOC öffentlich mit Nachdruck zu einer Verschiebung. Einzelne Sportlerinnen und Sportler ebenfalls. Abgesehen von World Athletics, dessen Präsident Sebastian Coe sich auf die einhellige Meinung der Präsidenten der Kontinentalverbände berief, sind all diese Äußerungen, Entscheidungen und Urteile entstammen nationaler und individueller Interessen – ein unwillkommener Verhaltenstrend in dieser Krisenzeit, wo internationale Zusammenarbeit generell nicht mehr prioritär erscheint. Man sorgt sich primär um die suboptimalen Vorbereitungsvoraussetzungen der eigenen Sportlerinnen und Sportler und nicht darum, wie sicher die Olympischen Spiele im Sommer sein würden. Denn das kann heute noch keiner mit Treffsicherheit sagen. Darin hat IOC-Präsident Thomas Bach vermeintlich recht. Interessant ist auch, dass sich in der genannten Liste wirtschaftlich und politisch bedeutende Länder befinden, die der Corona-Pandemie lange Zeit die Ernsthaftigkeit absprachen, sie auf ein regionales Phänomen in der „Fremde“ (Trump) reduzierten, auf wichtige Präventivmaßnahmen offenbar verzichteten und in der gegenwärtigen Überforderung mit voller Kraft ins Hysterie-Horn blasen.
 

All diese Äußerungen, Entscheidungen und Urteile entstammen nationaler und individueller Interessen. Man sorgt sich primär um die suboptimalen Vorbereitungsvoraussetzungen der eigenen Sportlerinnen und Sportler und nicht darum, wie sicher die Olympischen Spiele im Sommer sein würden. Denn das kann heute noch keiner mit Treffsicherheit sagen.

Mit dieser Haltung, die prophylaktische Wahrung der nationalen Interessen an die Spitze der Relevanz zu hieven, widersprechen Athleten, Verbände und nationale Olympische Komitees übrigens zwei der drei bedeutenden Olympischen Werte. Und das sollte auch in der veränderten, heutigen Zeit Olympischer Spiele mit äußerster Vorsicht getan werden, will man sich nicht die eigene, glorreiche Olympische Geschichte kaputt machen. Nämlich a) dem Olympischen Wert der Freundschaft, der Annäherung und des gegenseitigen Verständnisses zwischen Völkern. Der Solidarität, der gemeinsamen Freude und des Optimus, in einem friedlichen Rahmen durch Sport eine bessere Welt zu schaffen. Der Überwindung Grenzen- und Nationen übergreifender Unterschiede sowie wirtschaftlicher und politischer Differenzen. Und b) dem Olympischen Wert des gegenseitigen Respekts über die ethnischen Eigenheiten hinaus, des gegenseitigen Fairplays.
 

Mit dieser Haltung widersprechen Athleten, Verbände und nationale Olympische Komitees übrigens zwei der drei bedeutenden Olympischen Werte.

Ausgenommen aus diesem ist der Verzicht auf Doping – dieser Wert wurde in der Vergangenheit ohnehin teilweise mit Füßen getreten und dessen Kontrolle kann durch die eingeschränkte Arbeit der nationalen Anti-Doping-Agenturen aktuell nicht im gewünschten Umfang gewährleistet werden. Ein tatsächlich guter Grund, von der Austragung Olympischer Spiele abzusehen – wäre da nicht der dunkle, vergleichstrübende Blick in die Vergangenheit, wo mangelnde Fairness und der Verzicht auf Betrug kein Verhinderungsgrund waren (z.B. die Dopingwelle in London 2012, großteils retrospektiv bewiesen). An der Austragung der Olympischen Spiele von Rio 2016 hat übrigens auch keiner Zweifel angemeldet, obwohl das WADA-akkreditierte Anti-Doping-Labor von Rio de Janeiro, eines von zwei in Südamerika, seit fast zwei Jahren suspendiert und daher geschlossen war und sämtliche Dopingproben über den großen Teich geflogen werden mussten. Obwohl das Testprogramm vor Ort von Experten mit schlechtesten Noten bewertet wurden. Obwohl zahlreiche Sportarten den Start russischer Sportler erlaubten, obwohl der staatlich gelenkte Dopingskandal bereits bewiesen war. Dafür forderten viele a priori die Absage wegen des Zika-Virus. Ein inhaltlich katastrophal schlechter Vergleich zu heute, keine Frage – aber vom zeitlichen Abstand zur Eröffnungsfeier ein durchaus passender, zumal es Boykott-Androhungen bei Nicht-Verschiebung der Spiele von nationalen Olympischen Komitees gegeben hat. Auch aus einem anderen Grund hinkt der Vergleich: Damals grassierte das Virus im Ausrichterland der Spiele und den angrenzenden Ländern, aktuell vorwiegend Tausende Kilometer davon entfernt.
Tatsächlich wahrt das Vorpreschen der zitierten Akteure aber den dritten Olympischen Wert: c), die Höchstleistung. Dem Olympischen Ideal entsprechend sollen alle Athletinnen und Athleten bei Olympischen Spielen ihr Bestes geben und an die Grenze ihrer persönlichen Ambitionen und Leistungsgrenze agieren. Das ist in der heutigen Zeit in der Tat nur realistisch, wenn die monatelange Vorbereitung so gut als möglich umsetzbar ist, was durch die gegenwärtigen Verhaltensregeln in zahlreichen Nationen sowie die praktisch eingestellten Reiseaktivitäten nicht möglich ist. Die fehlenden Wettkampfmöglichkeiten setzen dem noch einen drauf. Ein sozialer Gedanke dazu: De facto kommen die aktuellen Maßnahmen in den meisten europäischen Ländern einem Berufsverbot für Spitzensportler da. Ob der Hilferuf über diese per Definition sicherlich unerwünschte Situation durch sozial gut abgefederte Spitzensportler zum jetzigen Zeitpunkt, wo die Corona-Pandemie in etlichen westlichen Ländern gerade erst Fuß gefasst hat, in der Gesellschaft einen willkommenen Anklang findet, sei dahingestellt. Schließlich kämpfen Land auf, Land ab Unternehmen ums finanzielle Überleben, Menschen rutschen in die Beschäftigungslosigkeit, müssen fürchten, wie sie die monatlichen Fixkosten gegenwärtig oder in naher Zukunft begleichen können oder befinden sich überdies in psychisch schwierigen Situationen. Keine Einzelschicksale, sondern flächendeckende Phänomene. Und purer Ernst. Das schiebt das Thema Olympische Spiele und die aktuelle Situation der Athleten in der Wertigkeitsskala des Bedeutsamen weit nach hinten. Und die oft zitierte Chancengleichheit existiert ohnehin nicht: Ein Schwimmer aus dem Sudan hat nie dieselben Chancen wie ein Schwimmer aus Australien, ein Leichtathlet aus Palau nie die gleichen wie einer aus Deutschland. Nur aktuell ist die „Wir-Perspektive“ der westlichen Welt im vermeintlichen Nachteil, nicht andere – das trägt zum Ton des in westlichen Medien transportierten öffentlichen Drucks auf das IOC bei.
 

Aktuell ist die „Wir-Perspektive“ der westlichen Welt im vermeintlichen Nachteil, nicht andere – das trägt zum Druck auf das IOC bei.

In all den Diskussionen kam eine Perspektive flächendeckend tagelang gar nicht oder selten als Randnotiz vor. Die japanische. Sie mag inhaltlich nicht die wichtigste sein, aber da die Olympischen Spiele in Japan stattfinden sollen, gehört sie gehört. Japan wünscht sich mit der plangemäßen Durchführung des global umspannenden Sportereignisses, welches die maximale globale Aufmerksamkeit erlangt, den symbolischen Sieg über die Corona-Epidemie mit einem großen Fest der Weltgemeinschaft feiern zu dürfen. Eine Symbolik, die zweifelsohne keine Ermessensgrundlage liefern darf. Viel mehr aber der Aufwand der japanischen Bevölkerung. Nie zu vor wurde von der öffentlichen Hand so viel Geld in die Hand genommen, um Olympische Spiele vorzubereiten. Rund 13,5 Milliarden Euro beträgt laut aktuellen Schätzungen das Budget der Präfektur in Tokio – andere Quellen sprechen von der doppelten Summe in der erwarteten Endabrechnung. Es ist schon mindestens eine Generation her, als Olympische Vorbereitungen zuletzt so sorgenfrei verliefen, weil die Japaner mit enormen Aufwand, Gewissenhaftigkeit und nationalem Zusammenhalt an einem Strang ziehen. Diese bewundernswerten Fähigkeiten verstecken sich in der japanischen Kultur, wie der ehemalige japanische Rugby-Nationaltrainer, Eddie Jones, Sohn einer Japanerin und eines Australiers, in einem Interview mit der australischen Tageszeitung „Sydney Morning Herald“ schildert: „Japaner bilden eine sehr entschlossene, getriebene Gesellschaft. Sie sind es gewohnt, schwierige Zeiten zu durchleben: nach dem Zweiten Weltkrieg, zahlreichen schweren Erdbeben, dem Tsunami mit dem Super-GAU von Fukushima. Das hat sie zu widerstandsfähigen Menschen gemacht, die alles tun, um ein Ziel zu erreichen, wenn ihnen eine Aufgabe übertragen wurde. Sie sind loyale, ehrliche Menschen. Das ist Teil der japanischen Gesellschaft. So schlimm das Coronavirus auch ist, sie sind fest entschlossen, die Olympischen Spiele 2020 in Tokio abzuhalten.“
 

„Japaner bilden eine sehr entschlossene, getriebene Gesellschaft. Sie sind es gewohnt, schwierige Zeiten zu durchleben. Das hat sie zu widerstandsfähigen Menschen gemacht, die alles tun, um ein Ziel zu erreichen.“

Sollte der Extremfall eintreten, ist eine Komplettabsage der Olympischen Spiele 2020 de facto ausgeschlossen. Keiner ist daran interessiert, weder das IOC, das sein Kerngeschäft verlieren würde, die Medien, die Heidengelder für die Übertragungsrechte hingeblättert haben (z.B. bezahlt NBC rund 1,2 Milliarden Euro pro Olympische Spiele) und den entsprechenden Service exklusiv senden wollen, noch der Sport. Etliche Sportarten würden dies finanziell nicht überleben oder würden in der internationalen Bedeutungsskala weit nach unten rutschen. Experten schätzen im Falle einer Absage einen Verlust von bis zu 65 Milliarden Euro. „Geisterspiele“ ohne Publikum – emotional unvorstellbar, aus wirtschaftlicher Sicht ein sehr unangenehmer und insgesamt ein unerwünschter Notfallgedanke. Ohne ausländisches Publikum mit japanischen Sportfans – emotional wahrscheinlicher, aus historischer Sicht auch, z.B. wohnten nur wenige Europäer den Olympischen Spielen von Seoul 1988 bei, aber den Olympischen Werten der internationalen Verbundenheit widerspräche diese Variante auch.
Sollten die Olympischen Spiele 2020 verschoben werden, wäre eine Verlegung in den Herbst die kostengünstigste und auch von der Terminplanung her angenehmste Variante – mit dem großen Fragezeichen, ob zwei oder drei Extramonate Zeit massive Verbesserung in einer Gesundheitskrise zulassen, die im Sommer noch Olympische Spiele unmöglich gemacht haben. Japan wird sehr wahrscheinlich dennoch dafür plädieren. Bliebe eine Verschiebung um ein Jahr, was den dichten und komplexen Sportkalender des Jahres 2021 komplett über den Haufen werfen würde. Da ungerade Jahre von zahlreichen Verbänden traditionell für Weltmeisterschaften genutzt werden, wäre diese Entscheidung die Kreation eines organisatorischen Wahnsinns und würde eine Welle weiterer Verschiebungen wohl zur Folge haben. Dieser Gedanke demonstriert in aller Deutlichkeit, wie unverzichtbar Olympische Spiele für den Sport sind. Blieben Olympische Sommerspiele 2022 als Doppel mit den Winterspielen, die in Peking über die Bühne gehen sollen. Die Verlegung der Fußball-WM von Katar in den Winter bietet ein Zeitfenster. Dann übrigens könnte das IOC einen neuen Gastgeber bestimmen. Das allerdings wäre die allergrößte Frechheit gegenüber dem bemühten Japan.
 

Eine Neuvergabe wäre die allergrößte Frechheit gegenüber dem bemühten Japan.

In Zeiten wie diesen haben wir, vielleicht auch mit einem Stück Überraschung, gelernt, dass wirtschaftliche Interessen doch nicht die Prioritätsskala in der westlichen Welt anführen. Dennoch muss mit einem Blick auf die Olympischen Spiele die romantische Vorstellung von friedlichen Sportwettkämpfen zur Unterhaltung eines globalen Publikums, welche zu Zeiten der Wieder-Erfindung der Olympischen Spiele intendiert wurde, beiseite geschoben werden. Olympische Spiele sind im Jahr 2020 ein massiver Wirtschaftsfaktor: für das IOC, den Sport selbst, der am meisten profitiert, und letztendlich für die ausrichtende Stadt bzw. das ausrichtende Land. Unfair verteilt ist die Risikofrage, denn bei Absage oder Verschiebung würden Tokio und Japan auf Unmengen an finanziellen Anstrengungen sitzen bleiben. Da eine Absage nicht diskutiert wird, weil da auch im Sport finanziell verheerende Effekte zu beklagen wären und, was das Sponsoring betrifft, erwartbare Nachfolgeeffekte nicht ausbleiben würden, ist nennenswert, dass eine Verschiebung zwar den finanziellen Totalverlust lindern, aber dennoch massive finanzielle Einbußen bedeuten würde. Japanische Experten schätzen finanzielle Verluste von rund 5,5 Milliarden Euro. Die UEFA erwartet für den finanziellen Verlust (mehrere hundert Millionen Euro), der durch die Verschiebung der Fußball-EM 2020 zustande kommt, die Solidarität der Mitgliedsverbände. Vermutlich nicht mit verbal lieb formulierten Botschaften, sondern in zählbarer Währung. Sollte dieses Szenario auch der Olympischen Bewegung drohen, ist eine derartige Diskussion angemessen. Denn laut Olympischen Werten, Stichworte internationale Verbundenheit, Solidarität, Chancengleichheit und Fairness, sind Olympische Spiele ein Geben und Nehmen.

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